Vorläufiges über W. Bauers neue Hebearbeiten
[432] Vorläufiges über W. Bauer’s neue Hebearbeiten. Am 17. Juni Nachmittags haben W. Bauer’s Arbeitsschiffe beim „Ludwig“ Anker geworfen. Das Wetter zeigte sich jedoch dem Unternehmen entschieden ungünstig. Die seit Wochen anhaltenden Regengüsse, die den Rhein stark anschwellten, so daß dieser den See weit hinein mit seinem Schlammgeleite verunreinigte, und heftige Stürme wetteiferten mit einander, Bauer auch diesmal den Anfang schwer und die Arbeit nicht zum Spiel werden zu lassen. Der See war so trübe, daß die Taucher bei 20 Fuß Tiefe in Milch zu schweben glaubten und schließlich den Ludwig nur durch die Führung der Lothleine fanden, weil Wasser, Grund und Schiff eine Farbe hatten. Bauer selbst erkannte bei seiner ersten diesmaligen Niederfahrt nicht sogleich, ob er auf dem Vorder- oder Hintertheil des Ludwig angekommen sei, und mußte erst durch genaues Untersuchen sich zurecht finden.
Besonders waren die drei ersten Tage ganz darnach beschaffen, als sollten Muth und Thatkraft der Männer auf den Schiffen an alle möglichen Gefahren des Sees auf einmal gewöhnt werden. Taucher und Matrosen lagen in fortwährendem Kampf mit ihm. Wir lassen unseren Lesern das Interessanteste über diese ersten Tage von W. Bauer selbst erzahlen. Er schreibt u. A. „Am 18. (Juni) machten wir einen Ballon-Haken hinunter. Kaum daran, kommt ein Sturm; ich muß ihn wieder aufnehmen lassen. Um 4 Uhr zum zweiten Mal hinunter, erst den Haken, dann den Ballon zum Einhängen. Der Ballon treibt aber auf dem Grunde eine Schlammwolke auf, daß der Taucher die Schließe nicht finden kann und sich von halb fünf bis ein Viertel auf acht Uhr vergeblich daran abmüht. Da geht die Sonne unter, und es ist in der Tiefe völlig Nacht. – Am 19. früh 2 Uhr bricht ein heftiges Gewitter mit Sturm los. Drei Ankertaue müssen gekappt werden. Die Locomobilen drohen, trotz der Anschraubung, vom Schiff loszureißen und über Deck zu stürzen. Die Matrosen springen wie Gespenster im Hemde auf dem Deck herum, nur der Blitz leuchtet und blendet zugleich. Ein Matrose fällt zu den Pumpen in den unteren Schiffraum und würde die Rippen gebrochen haben, wenn sie nicht von ausnehmend guter Beschaffenheit waren. Ein Anderer folgt meinem Befehle, den Receptor (der wagerecht, kranartig, am Mast befestigte Baum, an welchem die Taucher in die Tiefe gelassen, drunten geleitet und wieder gehoben werden), der sich losgerissen, wieder beizuziehen, aber er wird von der Wucht des Sturmes, am Tau hängend, über das Schiff hinausgeschleudert und baumelt entsetzlich in der Luft, bis wir ihn wieder hereinbekommen. Den Nichtseeleuten, Maschinisten etc. wird es indeß weh und übel, und nicht blos der Regen, auch das steigende Bootwasser hält oben und unten große Wäsche an uns. Erst um 6 Uhr wurde es ruhig, und um 10 Uhr waren die Anker wieder beigeholt. Das Tauchen beginnt, aber um 12 Uhr müssen wir die Arbeit wieder einstellen, weil ein heftiger Nordwest zu blasen beginnt und bis zum Abend nicht aufhört. Abends 7 Uhr fahre ich nach Staad, das Boot halb mit Wasser gefüllt, und eile von da zu Fuß nach Rorschach.
Am 20. bin ich früh 4 Uhr bei den Schiffen. Sie werden wieder richtig gestellt, und um 10 Uhr beginnt das Tauchen. Der erste Ballon „Deutschland“ ist festgemacht am Ludwig und wird vollgepumpt. Er steht wundervoll! „Deutschland“ zieht mit aller Macht an der Lösung der Aufgabe. Da soll der Taucher den Schlauch und die Taue (an welchen der Ballon in die Tiefe gelassen wird) lösen. Letzteres macht er sehr gut, aber beim Schluß des Habus (bei der Verbindung von Ballon und Schlauch) übersieht er, daß der Steckschlüssel nur einen Zapfen erfaßt hat, der Hahn bleibt auf, und nach der Trennung des Schlauchs vom Ballon tritt die Luft mit Heftigkeit wieder aus, braucht zwar über eine Stunde zum völligen Entweichen, aber dann liegt eben „Deutschland“ doch am Boden. In dieser Zeit geht das Wetter von Neuem los, Taue und Schläuche müssen eiligst geborgen werden, und um 2 Uhr fahre ich, von Aerger ganz und halb von den Wellen verschlungen, wieder nach Staad, um meinem Herzen mit diesem Brief an Dich Luft zu machen. Das Alles gehört freilich zum Handwerk, und es frischt den Geist zur That an, aber zu lange darf es nicht dauern.“
So weit W. Bauer. Uebrigens ist er, nach den jetzigen Vorarbeiten für die Durchführung der Erfindung, voll Zuversicht; seine vielerprobte echtdeutsche Geduld wird auch die Launen der Jahreszeit am Hochgebirg überwinden.
Die Sammlungen für W. Bauer sind in höchst ehrenwerther Weise fortgegangen. Es sind jetzt noch drei Quittungen (26, 27 u. 28) von je ca. 954, 548 u. 870 Thalern zu veröffentlichen, womit die Gartenlaube sofort beginnen und rasch damit fortfahren wird. Möge die Theilnahme für das nationale Unternehmen sich nunmehr so lebendig bis zum Ende erhalten.