Von unten auf
[13] Von unten auf!
Ein Dämpfer kam von Biberich: – stolz war die Furche, die er zog;
Er qualmt’ und räderte zu Thal, daß rechts und links die Brandung flog!
Von Wimpeln und von Flaggen voll, schoß er hinab keck und erfreut:
Den König, der in Preußen herrscht, nach seiner Rheinburg trug er heut’.
Der Rhein war wie ein Spiegel schier und das Verdeck war blank und glatt!
Die Dielen blitzten frisch gebohnt, und auf den schmalen her und hin
Vergnügten Auges wandelten der König und die Königin!
Nach allen Seiten schaut’ umher und winkte das erhab’ne Paar;
Sie sahn zu Rhein, sie sahn zu Berg: – wie war das Schifflein doch so nett!
Es ging sich auf den Dielen fast, als wie auf Sanssouci’s Parket!
Doch unter all der Nettigkeit und unter all der schwimmenden Pracht,
Da frißt und flammt das Element‚ das sie von dannen schießen macht;
Da steht und schürt und ordnet er – der Proletarier-Maschinist!
Da draußen lacht und grünt die Welt, da draußen blitzt und rauscht der Rhein –
Er stiert den lieben langen Tag in seine Flammen nur hinein!
Im wollnen Hemde, halbernackt, vor seiner Esse muß er steh’n,
Jetzt ist der Ofen zugekeilt, und Alles geht und Alles paßt;
So gönnt er auf Minuten denn sich eine kurze Sklavenrast.
Mit halbem Leibe taucht er auf aus seinem lodernden Versteck;
In seiner Fallthür steht er da, und überschaut sich das Verdeck.
Mit der gewölbten haar’gen Brust auf das Geländer breit gestützt –
So läßt er schweifen seinen Blick, so murrt er leis dem Fürsten zu:
„Wie mahnt dies Boot mich an den Staat! Licht auf den Höhen wandelst Du!
Tief unten aber in der Nacht und in der Arbeit dunkelm Schooß,
Nicht meines nur, auch Deines, Herr! Wer hält die Räder Dir im Takt,
Wenn nicht mit schwielenharter Faust der Heizer seine Eisen packt?
„Du bist viel weniger ein Zeus, als ich, O König, ein Titan!
Beherrsch’ ich nicht, auf dem Du gehst, den allzeit kochenden Vulkan?
Und siehe, das Gebäude stürzt, von welchem Du die Spitze bist!
„Der Boden birst, aufschlägt die Gluth und sprengt Dich krachend in die Luft!
Wir aber steigen feuerfest aufwärts an’s Licht aus unsrer Gruft!
Wir sind die Kraft! Wir hämmern jung das alte morsche Ding den Staat,
„Dann schreit’ ich jauchzend durch die Welt! Auf meinen Schultern, stark und breit,
Ein neuer Sankt Christophorus, trag’ ich den Christ der neuen Zeit!
Ich bin der Riese, der nicht wankt! Ich bin’s, durch den zum Siegesfest
Ueber den tosenden Strom der Zeit der Heiland Geist sich tragen läßt!“
Dann geht er wieder an sein Werk, nimmt sein Geschirr, und stocht und purrt.
Die Hebel knirschen auf und ab, die Flamme strahlt ihm in’s Gesicht,
Der Dampf rumort; – er aber sagt: „Heut, zornig Element noch nicht!“
Der bunte Dämpfer unterdeß legt vor Kapellen zischend an;
Der Heizer auch blickt auf zur Burg; von seinen Flammen nur behorcht,
Lacht er: „Ei, wie man immer doch für künftige Ruinen sorgt!“