« §2 Heinrich Hertz
Ueber die Induction in rotirenden Kugeln
§4 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).

|[17]

§ 3.
Vollständige Lösung für unendlich dünne Hohlkugeln.

Es soll jetzt die Wirkung der Selbstinduction in Betracht gezogen werden, es werde jedoch in diesem Paragraphen die Betrachtung auf eine unendlich dünne Kugelschaale beschränkt. Der Einfachheit halber werde in der ausgeführten Rechnung als positiv vorausgesetzt.

Einer üblichen Anschauungsweise folgend, betrachten wir zunächst den gesammten Inductionsact als eine unendliche Reihe einzelner Inductionen; die von den äussern Magneten inducirte Strömung inducirt eine zweite, diese eine dritte, und so fort ins Unendliche. Wir berechnen alle diese Ströme und addiren sie, so lange die Summe gegen einen endlichen Grenzwerth convergirt, stellt dieser sicherlich die thatsächlich stattfindende Strömung dar.

Sei



ein Theil der äussern Potentialfunktion. Das von dieser inducirte Potential ist:



| [1] Lassen wir erstens innerhalb der Hohlkugel eine zweite rotiren, welche der ersten unendlich nahe sei und sich mit gleicher Geschwindigkeit bewege, so wird in dieser von den Strömen erster Ordnung eine Strömung inducirt, deren magnetisches Potential im Innern ist:



Lassen wir zweitens ausserhalb der ursprünglichen Hohlkugel eine zweite rotiren, die der ersten unendlich nahe sei, so wird in dieser durch den Einfluss der Ströme erster Ordnung eine Strömung inducirt werden, deren Potential im Innern ist:



Beide Ausdrücke für fallen zusammen. Mit beiden fällt daher auch das Potential derjenigen Strömung zusammen, welche die Strömung erster Ordnung in der Kugelschaale selber inducirt. Indem wir in ganz derselben Weise die folgenden Inductionen berechnen und Alles addiren, erhalten wir für die Gesammtwirkung:



Die erhaltenen Ausdrücke lassen sich weiter entwickeln, wenn man noch weiter zerlegt. Man hat:


| Wir beschränken die Untersuchung auf ein Glied dieser Reihe, und sei also:



Dann haben wir:



Setzen wir zur Abkürzung


ist eine reine Zahl


so wird jetzt:



Ist ein ächter Bruch, so convergirt die in enthaltene Reihe und wir erhalten:



Ist [2], so divergirt die in vorkommende Reihe, und die Auffassung des Phänomens als einer Reihe successiver Inductionen ist nicht mehr zulässig, da jede folgende grösser als die vorhergehende werden würde.

Nichtsdestoweniger gelten die aufgestellten Formeln für jedes wie man leicht a posteriori verificirt und auch durch dieselben Schlüsse ableiten kann, welche wir bei Hohlkugeln| von endlicher Dicke anzuwenden haben werden. Da ich die vorliegenden Formeln nochmals aus den allgemeinen ableiten werde, will ich mich hier nicht bei denselben aufhalten.

Wir setzen noch:



dann können wir schreiben:


[3]


Das Resultat ist also das folgende:

1. Die Strömungsfunktion, welche eine einfache Kugelfunktion inducirt, ist eine einfache Kugelflächenfunktion derselben Art, wie diejenige, welche in der inducirenden Funktion enthalten ist. Die Construction, welche wir früher (§ 2, 2) zur Bestimmung der Strömungskurven anwandten, können wir daher [4] auch hier beibehalten, wir haben aber die behandelte Kugelschicht im Sinne der Rotation um einen gewissen Winkel gegen die früher festgesetzte Lage zu drehen. Dieser Winkel ist bei kleinen Drehungsgeschwindigkeiten diesen proportional, bei grösseren convergirt er gegen die Grösse Die Intensität, welche anfangs den Rotationsgeschwindigkeiten proportional wächst, wächst bei steigenden Werthen derselben immer langsamer und convergirt gegen eine feste Grenze.

2. Wird schliesslich so wird also


[5]
| Dieser Schluss gilt nicht, für diejenigen Glieder der Entwickelung, welche symmetrisch zur Rotationsaxe sind. Für diese ist also also gleich Null für jede Drehungsgeschwindigkeit. Diese Glieder rufen keine Strömung, sondern nur eine Vertheilung freier Elekticität in der Kugel hervor.

Eine unendlich schnell rotirende Hohlkugel lässt also nur diejenigen Theile des äusseren Potentiales in ihrem Innern wirken, welche symmetrisch zur Axe sind, sind solche Glieder nicht vorhanden, so ist das Innere der Kugel gegen den Einfluss von Aussen geschützt. Ist das Potential eine Kugelfunktion, so findet die Strömung in den Linien gleichen Potentiales statt.

3. Für das elektrische Potential, welches entspricht, hatten wir gefunden ohne Berücksichtigung der Selbstinduction:



Mit Berücksichtigung der Selbstinduction werden wir haben: [6]



Daraus folgt: Die Gestalt der Niveaulinien des Potentials bleibt (für jede inducirende Kugelfunktion) ungeändert durch die Selbstinduction, die Niveaulinien erscheinen um denselben Winkel gedreht, wie die Strömungslinien. Für die Theile des äussern Potentials, welche symmetrisch zur Achse sind, wächst ins Unendliche bei wachsender Geschwindigkeit, für die übrigen convergirt es gegen einen endlichen Grenzwerth, welcher sich leicht bestimmen lässt.


Ausartungen der Kugelschaale.
Wir lassen jetzt den Radius der Kugelschaale unendlich [7] werden, die Variationen des inducirenden Potentials aber endlich bleiben, wir untersuchen sodann näher die elektrische Bewegung am Aequator und am Pol. Wir erhalten so die Theorie geradlinig bewegter und rotirender ebener Platten. Erstere kann als ein specieller Fall letzterer angesehen werden, es empfiehlt| sich aber in mancher Hinsicht, diese Fälle gesondert zu behandeln.

A. Geradlinig bewegte Platten.

Wir führen das Coordinatensystem der ein, dessen Zusammenhang mit den durch Tafel 1 b. gegeben ist.

Die Richtung der ist die positive Bewegungsrichtung. [8] Die wirkenden Magnete denken wir uns in der Kugel, also auf der Seite der negativen Wir haben zu untersuchen, welche Form in den die Kugelfunktion



annimmt.

Um endliche Variationen zu erhalten, haben wir und werden zu lassen von der Ordnung von wir setzen



Wir ersetzen ferner



durch



Dadurch geht über:



muss in eine solche Funktion von übergehen, dass das Produkt derselben mit der Gleichung genügt. Eine solche Funktion ist oder wenn



ist.

Sonach nehmen die früheren Kugelfunktionen jetzt die Form an



und verwandte.| Als Summe solcher Formen ist die äussere Potentialfunktion darzustellen. Diese Darstellung hat durch Fourier’sche Integrale zu erfolgen.

Für jedes Glied (Element) der Entwickelung geht nun die Lösung unmittelbar aus dem früheren hervor. Für das angeführte setzen wir



worin die Geschwindigkeit der Platte bezeichnet, und haben:


[9]


Durch Summation über alle Glieder folgen die vollständigen Integrale des Problems. Die Summation lässt sich ausführen für den Fall, dass unendlich wird. Dann ist



also



Auf der den Magneten abgewandten Seite ist dann das Potential Null, die Strömung erfolgt überall in den Niveaulinien des inducirenden Potentiales.

Abgesehen von diesem Grenzfall ist indessen die Anwendung der obigen Lösung eine sehr weitläufige; wir sehen uns deshalb nach Näherungsmethoden um. Zu solchen gelangen wir zunächst wieder durch Einführung der successiven Inductionen. Damit die Betrachtung derselben erlaubt sei, muss ein ächter Bruch sein, ist diese Bedingung erfüllt, so führt die Rechnung, wie schon im allgemeinen Falle gezeigt ist, zu einem convergenten Resultat.| Wir gehen wieder von der unendlichen Hohlkugel aus. Zu der inducirenden Potentialfunction gehörte im äussern Raum die inducirte Potentialfunktion:



Lassen wir nun unendlich werden, während wir ersetzen



so wird



Aber es ist:



Also ist, nach Summation über alle



Aus diesem können wir nun in ganz derselben Weise das inducirte Potential zweiter Ordnung erhalten, und indem wir in derselben Weise fortrechnen, erhalten wir schliesslich das Resultat:


[10]




Diese Reihe führt, hinreichend fortgesetzt, zu dem exacten Resultat; in der That ist sie nur die Entwickelung desselben| nach steigenden Potenzen von wie sich in folgender Weise zeigt:

In der Kugelschaale lässt sich das zu gehörige in der Form darstellen: (Seite 19 unten.)



Machen wir nun wieder die auf die ebene Platte bezüglichen Substitutionen, entwickeln



und setzen für seinen Werth



so folgt



aus welcher Entwickelung die vorige folgt, wenn man die Relationen



anwendet, und die Summation über alle und ausführt. Hieran knüpft sich naturgemäss der Versuch, für sehr grosse Werthe von ein Entwickelung nach absteigenden Potenzen dieser Grösse zu erhalten.

Ist so haben wir


| also:



Die Glieder dieser Reihe lassen nun allerdings, wie der Versuch zeigt, eine Darstellung, welche unmittelbar die Summation über alle erlaubt, nicht zu; setzen wir aber voraus, das symmetrisch zur Achse sei, so dass in seiner Entwickelung nur Glieder mit vorkommen, so haben wir



und können dann wenigstens für die Glieder erster Ordnung in die Summation ausführen. Indem wir uns auf diese [11] beschränken, erhalten wir:



und für das sehr klein werdende Gesammtpotential auf der positiven Seite:



Ausser der schon angeführten Bedingung müssen wir dieser Formel jedoch eine weitere Beschränkung auferlegen.

Ist nämlich auch noch so gross, so wird doch für gewisse Elememente, für welche verschwindet also die benutzte Entwickelung ungültig werden. Dieser Umstand hat zur Folge, dass der aufgestellte Ausdruck nur in einem begrenzten Gebiet gilt, welches übrigens um so weiter ist, je| grösser wird. Ich verweise deshalb auf die gleich folgende Betrachtung (Seite 29).

Wir bestimmen noch das Potential der freien Elektricität. Dasselbe ergiebt sich aus dem für die Hohlkugel gewonnenen [12] Resultat durch ganz dieselben Substitutionen, welche wir beständig angewandt haben und wird erhalten:

1. ohne Berücksichtigung der Selbstinduktion:



2. mit Berücksichtigung derselben:



Von Interesse ist der Fall, dass die Geschwindigkeit unendlich wird. Nehmen wir an, dass symmetrisch zur Achse ist, und beschränken uns auf ein endliches Gebiet, so haben wir für



also wird



nähert sich also bei wachsender Geschwindigkeit einem festen endlichen Grenzwerthe.

B. Rotirende Scheibe.

Es werde jetzt die Nachbarschaft des Poles betrachtet, wir [13] erhalten so die Theorie einer unendlichen rotirenden Scheibe. Die inducirenden Magnete mögen wieder im Innern der Kugel| gedacht sein. Die Schlüsse, welche wir anzuwenden haben, sind den im vorigen Falle gemachten ganz analog.

Als Coordinaten benutzen wir soll hier den senkrechten Abstand von der Rotationsaxe bezeichnen. In den allgemeinen Formeln haben wir dann zu ersetzen:



nach Einführung dieser Substitutionen haben wir unendlich werden zu lassen. Es geht dann eine einfache Kugelfunktiun über, in die Form:



(und in analoge), in welcher die te Bessel’sche Funktion bezeichnet. Durch Integrale, welche den Fourier’schen ganz annlog sind, ist das gegebene in Glieder dieser Form zu zerspalten.

Wir behandeln jedes Glied einzeln.

Setzen wir:



so ist für das angeführte Glied die Lösung des Problems:


[14]


Durch Summation ergeben sich die vollständigen Integrale.

Wir suchen wieder eine Entwickelung nach Potenzen von zu erhalten, durch Berücksichtigung der successiven Inductionen. Durch genau dieselben Schlüsse wie oben erhalten wir:|
[15]


Die Gültigkeit dieser Formeln ist aber an eine Beschränkung geknüpft, welche den früheren analogen aufzuerlegen wir nicht nöthig hatten. Ihre Ableitung setzt nämlich voraus, dass [16] für jedes einzelne Glied der Entwickelung von die Anschauung der Gesammtinduction als einer Reihe successiver Inductionen erlaubt sei. Nach den Resultaten, die wir für Kugeln erhalten haben, ist diese Bedingung nur für diejenigen Glieder erfüllt, für welche ein ächter Bruch ist. Nun kann aber jeden Werth von Null bis annehmen, für eine Reihe von Gliedern ist daher die nothwendige Bedingung nicht erfüllt, das Resultat kann also nur ein angenähertes sein. In Bezug hierauf bemerke ich folgendes:

1. Im Endlichen verschwinden die Glieder, für welche einen sehr kleinen Werth hat, gegen diejenigen, für welche einen endlichen Werth hat. Der in obiger Formel begangene Fehler muss daher zunächst für grosse einen merklichen Werth erhalten.

2. Die Grösse kann immer so klein gedacht werden, dass innerhalb eines gegebenen Gebietes die Annäherung eine gegebene sei. Denn eine Verkleinerung von vermindert die Anzahl der Glieder, welcher der erforderlichen Bedingung nicht genügen, eine beliebige Verkleinerung vermindert die Anzahl derselben in beliebigem Grade.

Die genaue Bestimmung des Gültigkeitsgebietes bei einem gegebenen und gegebener Annäherung dürfte Schwierigkeiten haben, für die Anwendungen ist diese Bestimmung ohne Wichtigkeit, da es sich hier erstens immer um sehr kleine| Werthe von zweitens nicht um unendliche, sondern um begrenzte Platten handelt.

Die Gleichung



[17] ist exact, wenn man von der Selbstinduction absieht. Es zeigt sich also, dass die Erlaubniss, von der Selbstinduction absehen zu dürfen, nicht nur an die Bedingung, dass klein sei, sondern auch an die Beschränkung auf ein gewisses endliches Gebiet geknüpft ist. Die Grösse dieses Gebietes hängt von ab, über dasselbe hinaus aber ist ohne Berücksichtigung der Selbstinduction auch keine angenäherte Bestimmung der Strömung mehr möglich. Ein ganz analoges Resultat wird uns am Ende des § 4 begegnen.

Auch eine Entwickelung für grosse Werthe von lässt sich aufstellen. Wir bezeichnen mit den Theil von welcher symmetrisch zur Rotationsaxe ist, mit den Rest. Dem entspricht für jede Drehungsgeschwindigkeit der Werth [18] Wir erhalten daher, wenn wir als symmetrisch zur Achse annehmen, für grosse Werthe von



Die Ableitung ist dieselbe wie oben. Die Reihe lässt sich hier auch vollständig und auch für solche ausführen, welche nicht symmetrisch zur Achse sind; ich gehe darauf nicht weiter ein.

Zum Schluss bestimmen wir das Potential der freien Elektricität. Durch die passenden Substitutionen ergiebt sich aus den allgemeinen Formeln:|[31]

1. ohne Berücksichtigung der Selbstinduction:



Diesem ist eventuell eine Constante von der Grösse [19] hinzuzufügen, dass in der Unendlichkeit wird. Die Formel, zu welcher wir gelangt sind, ist schon von Herrn Jochmann angegeben für den Fall, dass symmetrisch zur Achse ist, es zeigt sich, dass dieselbe ganz allgemein gilt.

2. mit Berücksichtigung der Selbstinduction haben wir:



Für werdende erhalten wir, wenn symmetrisch zur Achse ist:



Das erste Glied wächst mit ins Unendliche.

Wir haben bei der Behandlung ebener Platten immer angenommen, dass nur auf einer Seite der bewegten Platte sich inducirende Magnete befinden; diese Voraussetzung ist unwesentlich. Ist sie nicht erfüllt, so zerlegen wir das gesammte Potential nach seinem Ursprung in zwei Theile, und behandeln jeden so, wie dies oben an einem von ihnen gezeigt ist.



  1. Berechnung der successiven Inductionen. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  2. Eine kupferne Hohlkugel von 50 mm Radius, 2mm Wandstärke, muss beiläufig ca. 87 Umdrehungen in der Sekunde machen, damit für werde.
  3. Die Lösung: WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  4. Construction der Stromlinien. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  5. Die Geschwindigkeit ist unendlich. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  6. Das elektrische Potential. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  7. Ebene Platten. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  8. Gerdlinig bewegte Platten. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  9. Die Lösung. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  10. Zweite Form der Lösung. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  11. Annähernde Lösung für grosse Werthe der Geschwindigkeit. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  12. Potential der freien Electricität. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  13. Rotirende Scheiben. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  14. Die Lösung. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  15. Zweite Form der Lösung. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  16. Bemerkungen zu lezterer. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  17. Möglichkeit, die Selbstinduction zu vernachlässigen. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  18. Annäherung für grosse Werthe der Geschwindigkeit. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.
  19. Potential der freien Elektricität. WS: Die Randnotiz wurde als Fußnote übertragen.