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Titel: Treue Cameradschaft
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aus: Die Gartenlaube, Heft 37, S. 616
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1878
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[616] Treue Cameradschaft. In Nr. 49, Jahrgang 1870, brachten wir unter „Blätter und Blüten“ ein „Erinnerungsblatt für die Opfer von Laon“. Unsere Leser werden sich noch der Katastrophe vom 9. September 1870 erinnern, der eine größere Anzahl deutscher Soldaten zum Opfer fiel. Unter Anknüpfung an das eben erwähnte Erinnerungsblatt heute Folgendes:

Der in der Provinz Sachsen bestehende „Provinzialverein ehemaliger Jäger und Schützen“ pflegt alljährlich am Jahrestage der Katastrophe von Laon das gemeinschaftliche Grab seiner bei der Explosion des Pulvermagazins gefallenen Cameraden – fünf Oberjäger und siebenunddreißig Jäger der ersten Compagnie des Magdeburgischen Jägerbataillons Nr. 4 – welche auf dem Friedhofe zu Laon ihre letzte Ruhestätte gefunden haben mit Blumen und Kränzen schmücken zu lassen. So auch im vorigen Jahre, wo der Maire von Laon die Bekränzung gütigst übernommen hatte. Als nun obiger Verein am 7. Juli dieses Jahres in Naumburg an der Saale sein fünftes Stiftungsfest feierte, ging an denselben nachstehender Brief ein, der uns auf unsern Wunsch durch die Güte des Herrn Vorsitzenden zum Abdruck überlassen worden:

„An den ‚Provinzialverein ehemaliger Jäger und Schützen‘!

Im Jahre 1877 bereiste ich geschäftlich mehrere Provinzen Frankreichs, und so kam ich am 9. September, einem Sonntage, also am Jahrestage der Sprengung der Citadelle durch die Franzosen (1870) nach Laon. Nur einige wenige Gebäude ließen noch von der Katastrophe etwas erblicken, und indem ich langsam durch die Straßen der Stadt schlenderte, fuhr es mir durch den Sinn: Du mußt das Grab der hier gefallenen Jäger besuchen. Gewiß steht dasselbe heute kahl und verlassen da, und nicht eine Hand hat es zu seinem heutigen Jahrestage schmücken können. Ich will es im Namen vieler Anderer thun. Gedacht, gethan! Nachdem ich mir für meinen Zweck einen Kranz besorgt, machte ich mich auf den Weg und erreichte nach einigem Befragen die Ruhestätten.

Verehrte Herren des ‚Provinzialvereins der Jäger und Schützen‘, Sie werden wissen, was ich sagen will. Ich fand das Grab mitten im Feindeslande reich mit Blumen und Kränzen geschmückt, ja so geschmückt, daß Blumen und Blätter dicht neben einander lagen und Kränze die am Kreuze geschriebenen Worte bedeckten. Bald erfuhr ich, daß Ihr Verein es ist, welcher alljährlich für Bekränzung dieses Grabes Sorge trägt. Ich legte meinen Kranz auf die Blumen und Blätter, und dem Drange meines Herzens folgend, welches durch die cameradschaftliche Liebe tief gerührt war, faltete ich unwillkürlich die Hände. Verehrte Herren, es war mir, als ob mir alle die kleinen Blumen freundlich zunickten, als ob sie mir alle herzlichsten Dank der Todten an Sie auftragen wollten, und als ich nach einem einstündigen Aufenthalte dem Grabe mein leises ‚Lebewohl‘ zurief, war es mir wieder, als ob mit tausend Stimmen mir nachgeflüstert würde: ‚Grüß, grüß unsere Kameraden daheim!‘ Indem ich dieser heiligen Pflicht, dem Drange meines Herzens hiermit Folge leiste, spreche ich Ihnen, schon aus Anerkennung dessen, was Sie an diesem Grabe thun, meine höchste Achtung aus und schließe mit dem Wunsche: möge Ihr Verein blühen, wachsen und erstarken! L. W.“

Ehre einer so thatbereiten cameradschaftlichen Pietät!