Textdaten
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Autor: R. D.
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Titel: Trenck’s Trinkbecher
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 52, S. 823–824
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1866
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Friedrich von der Trenck und sein Zinnbecher
Blätter und Blüthen
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[823] Trenck’s Trinkbecher. In der „Gartenlaube“ vom Jahre 1865, Nr. 1, S. 6 bis 7 ward zuerst ausführliche Nachricht gegeben über die Gefängnißbibel des Freiherrn Friedrich von der Trenck, die sich zu jener Zeit in dem Besitze des Buchhändlers und Autographensammlers O. A. Schulz in Leipzig befand. Der Verfasser des beregten Artikels sprach damals den Wunsch aus, daß diese merkwürdige Bibel, worin Trenck außer vielen anderen interessanten Mittheilungen mit seinem Blute seine eigene traurige Leidensgeschichte im Kerker niederschrieb, einmal in eine große Bibliothek, oder eine Sammlung historischer Merkwürdigkeiten übergehen möchte; dieser Wunsch hat Erfüllung gefunden. Der König Johann von Sachsen brachte, in Folge des oben erwähnten Aufsatzes in der Gartenlaube, die genannte Bibel käuflich an sich. Außer diesem ehrwürdigen Buche kam aber nachmals auch ein zinnerner Becher, den Trenck in seiner grausamen Gefangenschaft benutzte, in den Besitz des Königs.

Auch diesen Becher gebrauchte Trenck, um mit einem fein zugespitzten [824] Bretnagel eine Menge Verse, nebst dazu gehörigen Bildern, so zierlich und kunstvoll darauf einzugraviren, daß dieselben, theilweise nur durch das Mikroskop zu entziffern sind. Noch andere Becher sollen sich in Berlin, sowie in Wien, einer auch in der Gegend von Merseburg befinden; und außerdem trifft man in den Trenck’schen Gedichtsammlungen aus den Jahren 1767, 1786 und 1789 auf eine große Anzahl von Becherversen, die wahrscheinlich wieder anderen dergleichen Bechern angehört haben. In den Versen des einen Bechers finden sich Anklänge an die Verse eines anderen Bechers, oder es wiederholen sich auch einzelne Verse mit fast übereinstimmendem Wortlaute auf verschiedenen Bechern. Die folgenden Verse stehen unter anderen auf dem vom Könige Johann von Sachsen erworbenen Zinnbecher; sie lauten wortgetreu also:

„Mein Leser! wann Du mich auf diesem Becher siehst!
Frey, Edel, Menschlich denkst und Vorurtheile fliehst?
So wirst Du Stof für mich und Dich zum Denken finden.
Dann hilff dem Armen Trenck, Verläumder überwinden!
Ach forsche was mich drückt! Sprich, wo ich seufzend schweige!
Und reiche mir die Hand, eh’ ich zum Grabe steige!“

Eine genaue Beschreibung dieses Bechers giebt J. Petzholdt in einer kleinen Broschüre, welche vor Kurzem bei G. Schönfeld in Dresden unter dem Titel „Fr. v. d. Trenck’s Erzählung seiner Fluchtversuche aus Magdeburg“ erschienen ist. Wir erlauben uns nun, den Lesern der „Gartenlaube“ einige weitere Proben der auf dem Becher befindlichen Verse nebst den dazu gehörigen Bildern zu geben:

Eines der Bilder stellt Trenck in Ketten dar: vor ihm steht die Göttin der Vernunft mit einem Lichte.

Die dazu gehörigen Verse lauten wörtlich also: „Hier in meiner Trauer Höhlen, hält mir die Vernunft das Licht und mit Vorwurffs freyer Seelen, fehlt es mir an Großmud nicht. Will sogar kein Petrus sagen, daß er Gott im Leiden kennt; wie kann ich als Mensch denn klagen, wen ein Freund sich von mir trennt? wenn Verläumdung zaumfrey wütet: wenn der Trieb zur Welt mich nagt: wenn Cupido Schwermut brütet, bleibt mein Herz doch unverzagt. und weil das mich nicht verdammet, wird die Zeit mein Richter sein. Urtheil, das vom Pöbel stammet, macht mich weder schwarz noch rein, Unglück ist ja kein Verbrechen: Strafe schimpfft nicht, nein die That. Nur die kluge Welt soll sprechen, was der Trenck verdienet hat. Mancher trägt der Sklaven Last, der da sollte Ordens tragen: und den Kerker sollten plagen, der wohnt glücklich im Pallast. Wer in Fesseln edel denket, und im Unglück lachen kan, bleibt, wird gleich sein Recht gekränket, in sich selbst ein großer Mann.“ –

In dem Bilde zu den vorstehenden Versen, scheint Trenck seine Leidensgeschichte symbolisch dargestellt zu haben. Nimmt man es jedoch als symbolische Darstellung, so würde die weibliche Figur ohne Zweifel als die Prinzessin Amalie von Preußen zu denken sein, welche ihr Bruder Friedrich der Zweite durchaus mit einem mecklenburgischen Fürsten, dessen Wappen auf dem Bilde mit zu sehen ist, zu verheirathen gewünscht haben soll. –

Auf die Verse: „Ein faulles Pferd wird fett, und achtet nicht der Knüttel. Ein Mensch der sklavisch denkt, verdient den Sklaven Kittel. und meistens wohnet doch der Faulle im Pallast: schlägt den der fleißig ist, vermehrt der Sklaven Last. und ist ein asinus mit Excellenzen tittel,“ folgt ein Bild, welches eine Erntescene darstellt: ein beladener Wagen fährt über eine Schildkröte. Hierzu gehören folgende Verse: „Vor Gewalt hilfft kein Schild: Dieses lehrt der Schildkröt Bild. ihre Schale kann viel tragen, aber nicht beladne Wagen. Mensch wer du auch immer bist! glaub daß niemand sicher ist! denn wann wir am meisten prahlen, so zerbrechen unsre Schalen. Wann uns Glück und Klugheit deckt, hat der Neid den Zahn gebleckt. und wer wierd vor seinen Bissen, Schilde zu erfinden wissen!“

Solcher Bilder mit erklärenden Versen hat unser Trenck’scher Becher vierzehn.

Wie uns Herr Petzholdt berichtet, besitzt Herr Buchhändler O. A Schulz noch eine zweite Trenck’sche Gefängnißbibel, die der unglückliche Gefangene ebenfalls zu Aufzeichnungen mit seinem eigenen Blute benutzte. Trenck begleitete die in dieser Bibel enthaltenen Mittheilungen mit einem von ihm selbst verfaßten Register; wir machen hier nur auf folgende Stücke aufmerksam: 1. „Französischer Brief an Ihro Königliche Hoheit die Prinzessin Amalia“; 2. „Französ. Brief an Ihro Majestät den König“; 3. „Lateinische Anrede an den Leser“; 4. „Der gefangene Damon an Doris“; 5. „Neujahrswunsch an Ihro königl. Hoheit die Prinzessin Amalie“; 6. „Satyrische Erzählung von dem Geschick der Frau Justitia“ etc. Für diese Bibel fordert der gegenwärtige Besitzer vierhundert Thaler.

Das grausame Geschick Trenck’s erhält noch immer in den weitesten Kreisen die Sympathien für ihn wach, und sein Tod durch die Guillotine giebt seinem vielbewegten Leben ein tragisches Ende. R. D.