Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Tragödien und Komödien des Aberglaubens. I.
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 2, S. 28–30
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[28]

Tragödien und Komödien des Aberglaubens.

I.

Der Aberglaube ist ein dumpfer Fanatismus, eine traurige Karikatur des Glaubens; sein Wesen und Wirken hat das Wort des Dichters treffend gezeichnet: „Der schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn“. Gewaltig und machtvoll ist der fromme Glaube, er vermag, wie ein sinniger Spruch lautet, Berge zu versetzen; nicht minder mächtig ist der Aberglaube, er zerschlägt diese Berge, er löst sie auf in unendliche Trümmer, er schafft ein wildes Chaos von Stein und Gerölle, er ertödtet das freudige Leben, er vernichtet jede heitere Harmonie. Wie freundlich malten die alten Deutschen das Wesen der Frau, das sinnige Weben ihres Geistes, den geheimnißvollen Zauber ihres Gemüths, wie erhob das Christenthum die Frau aus Noth und Elend, aus Versunkenheit und Armseligkeit zu Glanz und Größe, zu Huld und Adel! Aber als die christlich-germanische Kultur ihren Gipfel überschritten hatte, da erfand sie die Hexen und ließ die Flammen lodern um unglückliche, jammererfüllte Frauengestalten.

Wie Herrliches, Mannigfaltiges, Großartiges bietet das Walten der Natur im „alten“ Harz, wie hat die Poesie ihn verklärt in goldenen Märchen, lieblichen Sagen, unsterblichen Liedern. Rein und erhaben sind die Genüsse, die seine freundlichen Berge, seine grünen Hügel, seine rauschenden Bäche und Flüsse, seine heitern Thäler, die dunklen Tannenwälder, die die Höhen krönen, der lichtgrüne Laubwald, der sich an die Gehänge schmiegt, erwecken, und doch war das der Masse des Volkes und ist es vielfach noch nur Nebensache. Eine irregeleitete Phantasie sah in den romantischen Bergformen eine Teufelsmauer, einen Teufelsstuhl, eine Teufelskanzel, einen Hexenaltar und ein Hexenwaschbecken; die wildschönste Stelle wurde zum Schauplatz des Hexensabbaths mit seinen schauerlichen Mysterien; selbst die freundliche Anemone alpina ward zum Hexenbesen, der Brockengranit zum Hexenstein. Die liebevolle Naturbetrachtung erfreut und erfüllt das Gemüth mit freundlichen Bildern und spinnt das sinnige Märchen, der Aberglaube geht auf Abenteuer aus, auf die Jagd nach dem Unsinnigen, er läßt die Orgie reifen und auch diese noch entarten.

Der Aberglaube, „des Glaubens liebstes Kind“, ist ja so lange harmloser Art, als er gleichsam zum Privatgebrauch angewandt wird, um seinen Bekenner mit Hoffnung und Vertrauen zu erfüllen, der erlahmenden Willenskraft einen neuen Schwung zu verleihen. Der unbefangene Mensch kann solches Thun mit dem heiteren entschuldigenden Lächeln des Philosophen betrachten. Aber der Aberglaube wird gefährlich und die Quelle von Unheil und selbst Verbrechen, sobald er in seiner Anwendung auf andere Menschen die Probe auf seine eingebildete Wunderkraft leisten soll. Es gilt darum und es ist eine ernste Pflicht aller Freunde einer wahren Volksaufklärung, mit allen Mitteln dem Wahne entgegenzutreten; das soll auch im folgenden geschehen, indem wir an einer Reihe von Fällen wie in einem Spiegel die meist tragischen, hier und da zum Glück aber auch nur komischen Wirkungen dieses bösen Feindes einer gesunden Volksentwickelung zeigen. Es giebt heute keine Hexenprozesse mehr, aber an Hexen, Teufel und böse Geister glaubt man im Volke immer noch in erschreckender Weise, und dieser Blödsinn weiß auch immer noch sein Dasein zum bitteren Schaden der Betroffenen zu beweisen.

Erst jüngst ereignete sich in der Gegend von Lübeck auf einem Dorfe solch ein Fall. Es starb da ein kleines Mädchen und die Mutter desselben vermeinte in ihrem Schmerz, der Tod desselben könne nicht auf natürliche Art, sondern nur durch Behexung erfolgt sein. Eines der alten Weiber, die mit der Teufelei bösartiger Beschränktheit im Bunde sind und deren es überall, zumal auf dem Lande, nur zu viele giebt, fand sich nun bei der Unglücklichen ein und bestärkte sie in ihrer Verrücktheit. Sie kam dann gegen Geldlohn mit einem „Zauberspiegel“ und machte der Mutter ihren Hokuspokus vor, ihr darin diejenige Person zu zeigen, welche das Kind so behext habe, daß es sterben mußte. Richtig: irgend eine Fratze im Spiegel erschien der Mutter als das Gesicht derjenigen Frau im Dorfe, welche schon als Hexe verrufen war. Dies genügte, den Ruf der Bezichtigten derartig zu verschlimmern, daß sie im ganzen Dorfe verfolgt und geächtet wurde und aller gesetzliche Schutz sie nicht mehr vor der moralischen und materiellen Schädigung durch den Aberglauben ihrer Mitbürger, noch mehr wohl ihrer Mitbürgerinnen zu bewahren vermochte. Und dieser Hexenaberglauben-Bacillus überträgt sich natürlich auch auf die empfänglichen Kindergemüther und wuchert da für die neue Generation trotz aller Volksschule weiter.

Tragischer spielte der Aberglaube einem Weibe mit, das aus Eifersucht zu ihm ihre Zuflucht genommen hatte. Es war ein Mädchen vom Lande, das einen hausierenden Wiener Goldwarenhändler geheirathet hatte. Der Mann war seines Geschäftes wegen wenig zu Hause und die Einsamkeit bereitete der jungen und geistbeschränkten Frau Langeweile. Sie fühlte sich unglücklich und marterte sich damit, daß sie ihren Mann für untreu hielt. Um sich darüber Gewißheit zu verschaffen, befragte sie eine der „Wahrsagerinnen“, welche schon viel Unheil in braven Familien gewissenlos angerichtet haben. Die weise Frau gab ihrem gläubigen Opfer den Rath, daß man dem Manne den „Tritt vernageln“ müsse. Um diesen Unsinn auszuführen, besorgte sie einen rostigen „Sargnagel vom Kirchhof“, wie sie versicherte, und den sollte die junge Frau vor dem Bette ihres [29] Mannes da einschlagen, wo er beim Aufstehen und Zubettgehen den Fuß hinzusetzen pflegte. Falls er ihr untreu wäre, so würde er kraft dieses Nagels krank werden und schließlich auch sterben. Trotz dieser abschreckenden Folgen, welche der Thörin eingeredet wurden, ging sie aus den Rath ein und „vernagelte“ ihrem Mann den Tritt. Zufälligerweise wurde er nun wirklich krank. Darüber gerieth aber die Frau, die inzwischen Mutter geworden war, in große Angst und in so heftige Gewissensnoth, daß sie ihr Geheimniß dem Arzte anvertraute. Derselbe hatte schließlich mehr damit zu thun, die Frau wegen ihrer sinnlosen That zu beruhigen, als den kranken Mann wieder herzustellen. Das letztere gelang ihm, das erstere nicht. Reue und Scham machten die junge Frau gemüthskrank und sie mußte von ihrem gesundeten Mann ins Irrenhaus gebracht werden.

Ein Berliner Berichterstatter hat einmal seine Studien über die allerdings harmlosen und komischen Aeußerungen des Aberglaubens mitgetheilt, welchem sich die Mitglieder der Stammgesellschaften in den Volksküchen der Reichshauptstadt hingeben. Danach legten manche der Gäste Bedeutung darauf, ob sie auf ihrem Platz am Speisetisch die Flasche mit Wasser rechts oder links zur Hand hatten; stand sie rechts von ihnen, so fürchteten sie, daß es mit der Aussicht auf Arbeit „wässerig“ sei. Diejenigen dagegen, welche sich aufs Betteln verlegt hatten, erachteten es als übles Vorzeichen, wenn sie links stand. Diese Wasserflasche oder -kanne auf der Tafel spielt so eine große Rolle in der Volksküchengesellschaft. Sind doch andere wieder beflissen, die Kanne mit dem Henkel auf sich zuzudrehen „damit das Wasser von ihnen weggehe.“ Auch die Straße hat da abergläubische Bedeutung. Die einen wollen sie im Rücken haben, damit sie nicht „auf die Straße hinaussehen“, die andern denken umgekehrt, sie soll ihnen Aussicht gewähren, und setzen sich danach. Obdachlose oder nicht arbeitende bettelnde Personen rechts neben sich zu haben, sucht man besonders zu vermeiden, da deren Elend gleichsam ansteckende. Wirkung haben könnte.

Wenn Beelzebub den Beelzebub austreibt. so ist dies für vernünftige. Leute gewiß eine ebenso große Befriedigung, wie meistens auch ein sehr erheiterndes Schauspiel. Im Friaulschen giebt es ein besonderes Fest für diesen abergläubischen Brauch. Nach dem Städtchen Classetto ziehen an dem hierfür bestimmten Tage im Mai große Pilgerscharen, viele darunter barfuß, welche diejenigen mit sich führen, die an Nervenkrankheiten, Hysterie, Veitstanz und dergleichen leiden. Es ist nämlich für alle Welt dort und auch für die Kranken eine ausgemachte Sache, daß sie von bösen Geistern besessen seien. Aber in Classetto, diesem altgesegneten. Ort, sollen sie ihnen ausgetrieben werden. Hier bringt man die Besessenen in die Kirche, und alsbald geht die Austreibung im handfesten naturalistischen Stil vor sich. Aus lauter Barmherzigkeit walkt das gesunde Volk das kranke durch schüttelt und rüttelt es, und je mehr die Aermsten schreien, für desto erfolgreicher gilt die Kur. Endlich stürzen die Gemißhandelten ohnmächtig zusammen, und das ist der Augenblick des Triumphes für ihre Peiniger Hosianna! Hosianna! ertönt es in der Kirche verzückt aus aller Munde. Die königlich italienische Polizei, welche für diese biederen Volkssitten aus der mittelalterlichen Zeit kein rechtes Verständniß besitzt, ist zwar dieser Teufelei auch schon kräftig entgegengetreten, aber es ist wie mit dem Haberfeldtreiben in Bayern: im geheimen wird der Unsinn alle Jahre wieder fortgesetzt.

Bei einer meiner sommerlichen Niederlassungen im Bregenzer Walde erzählten die Herren des Gerichts von Bezau an der Wirthstafel unter anderem die Geschichte vom Troddeltony, die hier vortrefflich am Platze ist. Dieser Troddeltony war ein sonderbarer Bursche, der Vermögen besaß und künstlerische Liebhabereien damit befriedigte. Als er ein sehr schönes Weib geheirathet hatte, baute er sich auch ein hübsches Haus in einem Dorfe im Bregenzer Walde und schnitzelte dasselbe äußerlich selber mit Figuren gar seltsamlich aus. Nach mehreren Jahren seines ganz einsiedlerischen Lebens war er mit seinem Gelde zu Ende und wurde arm wie Hiob aus seinem Schnitzhäuschen auf die gemeine Landstraße gesetzt. Er ging fort, man wußte nicht wohin. Nur die Hirten behaupteten, ihn im Walde öfter gesehen zu haben. Endlich entdeckten ihn Forstleute in einer unwegsamen Schlucht bei dem „Zillerkampen“ unter einem überhängenden [30] Felsen, wo er sich eine Hütte aus Holz und mit Moos und Tannenreisig bekleidet erbaut hatte. Wegen Vagabundage wurde er angeklagt und blieb einige Zeit in Haft. Als man ihn freigelassen hatte, verschwand er wieder im Walde.

In einer Nacht nun stieß ein Forstmann, der „rothe Jakob“ genannt. ein boshafter Gesell, zufällig auf den ihm wohlbekannten Troddeltony.

„Heh, was machst denn? Hast Dir wieder ein Hüttle gebaut?“

„Ja,“ sagte der Tony, sich in die Brust werfend, „und diesmal spürt es keiner von Euch aus.“

„Wovon lebst denn? Vom Wildern natürlich?“

„Leben muß man doch?“

„Wenn ich Dich nun mitnehme aufs Gericht?“

„Das wirst Du nicht thun, gelt?“ bat der Bursche.

„Dummer Kerl!“ meinte darauf der rothe Jakob, „Du solltest Dich für die Gendarmen unsichtbar machen, dann könntest Du auch bei Tage gehen, wohin Du wolltest und brauchtest nicht zu befürchten, abgefaßt zu werden.“

„Unsichtbar? Wie meinst Du das, Jakob?“

Der Jäger machte ein pfiffig geheimnisvolles Gesicht und raunte dem Neugierigen zu:

„Wenn Du einer frisch vergrabenen Leiche genau um die Mitternachtsstunde das Hemd abziehst und es selber anlegst, so sieht Dich kein Teufel und kein Gendarm. Dann bist Du unsichtbar.“

Darauf ging der verschmitzte Förster weiter seines Weges durch den finstern Wald, überzeugt, daß der Tony in die Falle gehen werde, die er ihm gestellt hatte.

Am nächsten Tage verbreitete sich durch Holzschläger die Kunde, daß der rothe Jakob in die Ach abgestürzt sei und das Genick gebrochen habe. Man holte seine Leiche und begrub sie auf dem Dorffriedhof.

Nachts schlich sich ein Mann zwischen den einsamen Gräbern hindurch und blieb an der frischen Gruft des Försters hocken. Lange lauschte er in der lautlosen Finsterniß. Dann schaufelte er die Erde heraus, bis er auf den Sarg stieß“ in dem Jakob lag. Er brach den Deckel vermittels mitgebrachter Werkzeuge aus, legte ihn zur Seit und horchte dann wieder. Nichts zu sehen und zu hören aus dem vom Dorf entlegenen Friedhof. Da schlug es vom Kirchthurm Mitternacht. Sofort zog er der Leiche das Hemd ab und barg es bei sich, hob den Deckel wieder zurück, schaufelte die Erde darüber und entfernte sich hastig mit seinem Raube.

Sogleich legte er auch das Hemd des Toden über seine Kleidung und wanderte furchtlos die Landstraße ab, überzeugt, daß ihn niemand sehen könne. In dieser Nacht begegnete ihm kein Mensch: Aber nach ein paar Tagen brachten die Gendarmen den Troddeltony im Totenhemde des rothen Jakob ins Gefängniß nach Bezau, und der Verdacht, den Jäger in den Tod gestürzt zu haben, zog ihm eine lange Untersuchung zu, welche aber zu keinem Ergebniß führte.

Wie viele ähnliche Fälle, durch den Aberglauben bewirkt, spielen sich nicht geheimnisvoll in den Bergen ab! Denn da vor allem ist er in allen möglichen Arten eingenistet. Abgesehen von dem religiösen Volksbedürfniß, die Heiligen der Kirche um gut Erntewetter und Schutz des Viehs auf den Almen zu bitten, herrscht dort noch immer mehr oder weniger die Einfalt, welche die Religion mit Zaubereien in Verbindung setzt, wie es in allen Welttheilen, bei Gebirgsvölkern zumal, der Fall ist. Hat der Tiroler Schaden an seinem Vieh gelitten, so hält er es für geboten, deswegen zum heiligen Leonhard zu wallfahrten, welcher als der besondere Viehpatron verehrt wird. Wer den Sohn der Berge deswegen belächeln und an den Thierarzt verweisen würde, den würde er mißachten als einen der „Herren“, die halt keine Religion haben, und selbst alle Belehrungen aufgeklärter Geistlicher stoßen auf hartnäckigen Widerspruch im Bauernvolke. Wie dies sein Heil bei Gewitter vom Wettersegen des Priesters und nicht von solch einem Ding wie einem Blitzableiter erhofft, so auch vom Läuten geweihter Kirchenglocken die Vertreibung von Hexen und Gespenstern, die bei ihm ihr Unwesen treiben. Im Pusterthal wüthete einmal im Juli ein Unwetter. Die Meßner zweier eng benachbarten Gemeinden griffen nach den Glockensträngen, die Geistlichen hüben wie drüben nach ihrem Brevier. Eine der beiden Gemeinden wurde gleichwohl schwer heimgesucht und ihre Ernte wurde mit faustgroßen Schloßen vollständig vernichtet. Da kamen die Bauern dieses Dorfes mit zornigen Vorwürfen an ihren Geistlichen, der sich damit zu rechtfertigen suchte, daß sein Amtsbruder in der Nachbargemeinde alles Unglück herübergebetet haben müsse. Sie stutzten, fanden die Sache wahrscheinlich und begannen nun einen förmlichen Krieg mit den Nachbarn, wobei es blutige Köpfe in Menge gab.

Von ebendaher erzählt Adolf Pichler in seinen Skizzen „aus den Tiroler Bergen“ eine köstliche Hexengeschichte – aus früherer Zeit natürlich, von damals, als die Mütter noch an Teufel und Teufelsspuk glaubten, was ihre gebildeteren Töchter von heute ja nicht mehr thun, wie sie wenigstens den Fremden versichern. Ein Bua ging gewöhnlich in später Stunde an einem Heustadel vorbei zu seinem Mädel ans Fenster. Als er nun einmal um Mitternacht guter Dinge heimkehrte, sah er Licht aus den Spalten des Stadels schimmern und hörte eilte Geige drinnen spielen. Er guckte neugierig durch eine Ritze und bemerkte zu seinem schauderhaften Erstaunen auf der Diele einen rothen Hund sitzen, der emsig auf der Geige fiedelte. Allerlei Katzen tanzten dazu um ihn herum. Der Bua, nicht faul, warf einen Stein unter sie, der den Hund traf. Der Hund heulte vor Schmerz, das Licht erlosch, die Katzen aber sprangen mit wildem Geschrei auf den Störenfried los, der sich ihrer mit feinem Bergstock erwehren mußte. Eine der Katzen traf er hierbei derart aufs Maul, daß sie genug hatte und jammernd abzog. Am nächsten Morgen, es war Sonntag, ging der Held dieser Geschichte in die Kirche. Unterwegs begegnete er einem Nachbar, der ihm sagte, er müsse zum Bader, denn sein Weib habe sich in der Nacht eine Reihe Zähne eingefallen.

„Hm, Anderl, aus welcher Seite fehlen ihr denn die Zähnen?“

„Auf der rechten.“

Da sagte der Bursche überzeugungsvoll:

„Nachbar, geht lieber zu einem Pater; denn Euer Weib ist eine Hexe, ich habe sie heut’ nacht im Stadel gesehen, wo es nicht richtig ist, und habe ihr du mit meinem Stock die rechten Zähne aus dem Maul geschlagen.“

Anderl kehrte nachdenklich um und soll zu Hause nach echter tiroler Herzenslust den Teufel aus seiner Ehefrau getrieben haben.

Die hohe Obrigkeit und Gerichtsbarkeit, welche einst so viel Hexen aufgriff und ihnen mit Feuer und Schwert den Garaus machte, begnügt sich heutzutage, ihr vorkommende Hexereien nur als gemeinen Unfug oder Betrug zu bestrafen. Bei Kempten kurierte ein Bauer das Vieh und enthexte es auch, Dabei verfuhr er folgendermaßen: er machte Feuer im Kuhstall, nahm zwei Eisenstangen, brachte dieselben zum Glühen und goß Milch darüber. Die dadurch aus dem Eisen entstandene Milchhaut erklärte er für die Haut der Hexe, die somit glücklich verbrannt wäre. Dafür ließ er sich siebzehn Mark zahlen; das Gericht gab ihm aber noch drei Wochen Gefängniß dazu.

Ein Dorfrichter bei Odessa faßte dagegen die Hexerei jüngsthin immer noch mehr im alten Stile auf. Bei ihm waren Klagen gegen ein Weib eingelaufen, daß es die Kühe behexe, die darum keine Milch mehr gäben. Das böse Weib mußte. 30 Rubel Schadenersatz dafür bezahlen.

In Rußland giebt es eine Sekte, deren Mitglieder sich ihre Plätze im Himmel schon bei Lebzeiten sichern, indem sie dieselben kaufen, ersten oder zweiten Platz. Auf dem ersten können sie im Lehnstuhl sitzen oder auf einem Divan liegen; auf dem zweiten Platz giebt es nur ein Stühlchen ohne Lehne. Kürzlich ereignete es sich im Dorfe Ossipowo, daß ein armer Bauer seinen letzten Hafer verkaufte und mittels des erlösten Geldes ohne Vorwissen seines Sohnes einen Platz erster Güte im Paradiese belegte. Nach dem der Sohn es in Erfahrung gebracht hatte, nahm er den Vater gehörig vor:

„Solch ein armer Teufel nimmt nicht erster Klasse: für den ist die zweite doch gut genug!“

„Soll ich wohl“, antwortete der Vater unwillig, „wegen fünf Rubel viel Aufhebens machen und die ganze Ewigkeit auf dem Schemel sitzen, während ich nun doch auf einem Polster liegen kann?!“