Tractat von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern/Der dritte Theil

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Der dritte Theil
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aus: Tractat von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern
Seite: 162–291
von: Michael Ranft
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[169] Daß der Geschmack der Gelehrten an dergleichen Dingen sehr schlecht seyn würde, konnte ich leichte erachten. Die heutige Welt will lauter sinnliche Experimenta und mathematische Demonstrationes haben. Da es aber bey Abhandelung einer so subtilen und mit lauter verborgenen Dingen umgehenden Materie nicht geschehen kan, würdiget man sie auch keiner sonderlichen Hochachtung. Man verwirfft es als ein alt Weiber-Gewäsche, das keinen Grund hat. Wie die Geister überhaupt in der Philosophie nicht mehr Mode sind, also hält man auch nicht viel mehr von denen Würckungen in der Natur, die entweder von Geistern hergeleitet werden, oder so man auch dieselben den Cörpern zueignet, doch so beschrieben und vorgetragen werden, daß sie geisterhafftig heraus kommen. Ich konte daher gar leichte glauben, daß ich unter den Gelehrten mit meinen Dissertationibus de Masticatione Mortuorum wenig Ehre einlegen würde. Jedoch da ich die Sache nur als ein Problema abgehandelt und damit denen Gelehrten nur Gelegenheit geben wollen, der Sache weiter nachzudencken; auch nicht eben gesonnen gewesen, auff dergleichen Principia, die ich hier vorgebracht, mein Glaubens-Bekäntniß zu gründen, so habe vermeint, mit dieser Schrifft unter denen Gelehrten noch so durchzuwischen, daß ich an meinem ehrlichen Nahmen keinen Abgang leiden dürffte. Ich [170] war auch nicht gesonnen, mich darüber in grosse Controversien zu verwickeln, weil ich ohnediß vermuthen konte, daß kein Gelehrter vom ersten Rang sich deßwegen Mühe geben würde; ich schämte mich auch endlich gar, gegen iemand zu gedencken, daß ich von dieser Sache etwas geschrieben hätte, weil ich versichert wurde, es sey die gantze Relation des Kayserlichen Provisoris, die ich hierbey zum Grunde geleget, falsch und erdichtet. Bey solchen Umständen war ich höchst wohl zufrieden, daß meiner Schrifft in keinem eintzigen Journale Meldung geschahe, als was etwan durch Anführung der so genannten Lipsiæ Literatæ beyläuffig in der Fortgesetzten Sammlung von A. und M. Theologischen Sachen A. 1726. im IV. Beytrag p. 671. vorkömmt, da es heist: „Der Autor sagt, man müsse die Sache nicht leugnen, weil es unbewust, wie es zugienge. Die Existentiam aber sucht er zu erweisen mit den Testimoniis Schwimmeri, Henrici Kornmanni etc. und einem gantz neuen Exempel aus Hungarn.“

Ich war mit dieser Recension, so schlecht und unvollkommen sie auch war, vollkommen zufrieden, weil ich die Herren Verfasser dieser Sammlung vor meine schärffsten und fürchterlichsten Censores zu halten hatte. Und wenn sie auch gleich meine Schrifft, wie zu vermuthen steht, nicht selbst gesehen und gelesen, so würden [171] sie doch durch den Verfasser der LIPSIÆ LITERATAE, schon Gelegenheit genug bekommen haben, mich mancherley Ketzereyen zu beschuldigen, wenn sie in Ernst meine Hypotheses nach ihren Systematibus hätten prüfen wollen. Alleine da es nicht geschehen, ist der Autor der Lipsiæ literatæ unser eintziger Gegner geblieben. Jedoch wir haben denselben keiner Refutation gewürdiget, weil wir vermutheten, daß seine Schrifft uns keine Gefahr bringen würde, indem wir voraus sahen, daß sie keinen sonderlichen Applausum finden, vielweniger in vieler Gelehrten Hände kommen würde. Denn es war eine eintzelne Piece, so aus wenig Bogen bestunde, einen unvollkommenen Titel führte und durch die Continuation erst zu einem vollkommenen Wercke werden solte. Es solte eine Fortsetzung derer einige Jahre vorher in Deutscher Sprache zum Vorschein gekommenen Actorum Lipsiensium Academicorum seyn, welche, wie er vorgiebt, wegen ihrer allzu beissenden Schreib-Art öffentlich verbothen worden wären.[1] Der I. und zugleich letzte Fasciculus nun des I. u. zugleich letzten Tomi dieses Wercks, enthält die Recensiones von 8. Dissertationibus, [172] darunter meine die letzte ist. Mich ex professo zu widerlegen, unterstehet sich der Verfasser nicht, weil es ihm vielleicht an Vermögen gefehlet, iedoch giebt er durch seine hier und da angebrachten Anmerckungen sattsam zu erkennen, daß er mit mir nicht zufrieden sey. Z. E. er kan p. 76. nicht vertragen, daß ich ad §. 9. im Conspectu Dissertationis gesetzt habe: Orthodoxia notata; welches bey ihm so viel heist als Orthodoxia Culpata und folglich eine Verachtung der Evangelischen Wahrheit andeute. Alleine ob wir gleich nicht leugnen, daß nicht das Wort Notare bißweilen so viel heissen solte als carpere und culpare, so hat es doch nicht allezeit diese Bedeutung, sondern heisset vielmahls auch nur so viel als bemercken; und daß es hier diese Bedeutung habe, giebt die Ausführung des gedachten §. mit mehren zu erkennen.

Pag. 78. sq. macht er aus meiner Beschreibung, die ich §. 19. von den Gespenstern gegeben, diesen Schluß: Erunt igitur spectra phantasmata simul in sensibus nostris existentia. Alleine was findet sich denn hierinnen Irriges? Der Verfasser muß einen gantz besondern Begriff von denen Gespenstern haben, wenn er glaubt, daß sie keine phantasmata wären. Er muß solchergestalt dafür halten, daß die Gespenster wahrhafftige Leiber, wahrhafftige Augen und Ohren u. d. g. haben: da doch nach aller vernünfftigen Menschen Meinung solches alles [173] nur vor ein Blendwerck gehalten wird. Ein Phantasma heist ja eben nicht eine Sache, die bloß in der Einbildung besteht und an sich selbst ein Non-Ens oder ein Traum ist; sondern es heist so viel als etwas, das nur den Schein von einer Sache hat, und doch selbst die Sache nach dem Scheine nicht ist, ob es wohl etwas ist. Ein Geist ist ja unsichtbar und ohne Cörper. Läst er sich nun sehen, hören oder fühlen, so muß er denen Augen, Ohren, Händen und andern Leibes-Gliedern ein Blendwerck vormachen; und das heist φάντασμα und spectrum ein Gespenste. Wer nun auf solche Weise die Gespenster beschreibt, als ich in der ersten Dissertation §. 19. gethan habe, der bezeuget wohl, daß alles, was dabey vorgehet, ein Blendwerck sey, aber er leugnet darum die Gespenster nicht.

Daß sich übrigens der Herr Verfasser p. 73. über die Entschuldigung der Eilfertigkeit, p. 79. über das öffters gebrauchte Wörtgen non nisi und den gantzen Stylum, und p. 86. über die Versprechung der andern Dissertation moquirt, ist nicht wehrt widerlegt zu werden, weil dieser Ursachen ohngeachtet, derselbe die Materie vor wehrt gehalten, sie dem ersten Theile seiner neuen Monaths-Schrifft einzuverleiben, ut quem libet lectorem, wie er selbst spricht, allicere ejusque raritate ad se invitare queat. p. 72.

Ausser dieser Schrifft, Lipsia Literata genannt, ist nichts von oder wider die, von uns [174] in beyden Dissertationibus abgehandelte Materie zum Vorschein gekommen, ja es würde auch ewig nicht wieder daran gedacht worden seyn, wenn nicht zu Anfang dieses 1732sten Jahrs folgendes in den Leipziger Zeitungen p. 174. gemeldet worden.

Wien den 5. Mart. 1732.

„DEm Vernehmen nach haben Ihr. Kayserl. Maj. den Casum mit denen so genannten Vampyren, so in Illyrischer Sprache Blut-Sauger heissen, wegen dabey befindlichen Umständen, daß nehmlich ein schon längst verstorbener und begrabener Mensch des Nachts zu seinen lebenden Freunden gekommen und denenselben das Blut dergestalt aussaugen können, daß diese davon sterben, und nach ihrem Tode auch wiederum dergleichen Blut-Sauger abgeben müssen, auch bey Ausgrabung sothaner Cörper, wenn selbigen nach der gewöhnlichen Execution durch den Scharff-Richter ein Pfahl durch das Hertz geschlagen worden, gantz frisches Blut daraus geflossen, und ihnen theils an statt der abgeschabten alten Nägel wiederum neue, wie auch frisches Haar gewachsen seyn soll, von sothaner Curiosität und Wichtigkeit zu seyn erachtet, daß Allerhöchst Dieselben resolviret haben, die gantz letztere, wie auch die vor 7. Jahren eingelauffene Relation auf verschiedene Universitäten, in specie dem berühmten Professor zu Altdorff, [175] Herr D. Beyern, zu überschicken, um dessen Sentiment und Gutachten darüber einhohlen zu lassen!“

Diese Zeitung gründetete sich auf nachfolgende Relation:


Actum den 7. Jan. 1732.
In dem Dorffe Medwedia[2] des Königreichs Servien.

NAchdem die Anzeige geschehen, daß im besagten Dorffe die so genannten Vampyren einige Personen durch Aussaugung des Blutes umgebracht haben sollen: Als bin ich auf hohe Verordnung eines allhiesigen hochlöblichen Ober-Commando, um die Sache vollständig zu untersuchen, nebst darzu commandirten Herrn Officirern und zwey Unter-Feldscherern dahin abgeschickt und gegenwärtige Inquisition in Beyseyn des Stallater Heyducken-Compagnie Capitains Gorschiz Hadnack Bariactar und ältesten Heyducken des Dorffs folgender massen vorgenommen und abgehöret worden; welche denn einhellig aussagen, daß vor ungefehr 5. Jahren ein hiesiger Heyducke, Nahmens Arnold Paole,[3] sich durch einen Fall von einem Heuwagen den Hals gebrochen; Dieser hatte bey seiner Lebens-Zeit sich öffters verlauten lassen, daß er bey Gossowa (Cassova) in dem Türckischen Servien von einem Vampyr geplagt [176] worden sey, daher von der Erde des Vampyrs Grabes gegessen und sich mit dessen Blute geschmieret habe, um von der erlittenen Plage entledigt zu werden. In 20. oder 30. Tagen nach seinem Todes-Fall haben sich einige Leute beklagt, daß sie von dem gedachten Arnold Paole geplagt würden, wie denn auch 4. Personen von ihm umgebracht worden. Um nun dieses Ubel einzustellen, haben sie auff Einrathen ihres Hadnacks (welcher schon vorher bey dergleichen Begebenheiten gewesen) diesen Arnold Paole ohngefehr 40. Tage nach seinem Tode ausgegraben und befunden, daß er gantz vollkommen und unverweset sey, auch ihm das frische Blut zu denen Augen, Nasen, Mund und Ohren heraus geflossen, das Hemde, Ubertuch und Sarg gantz blutig gewesen, die alten Nägel an Händen und Füssen samt der Haut abgefallen und dargegen andere neue gewachsen gewesen. Weil sie nun daraus ersehen, daß er ein würcklicher Vampyr sey, so haben sie demselben nach ihrer Gewohnheit einen Pfahl durchs Hertze geschlagen, wobey er einen wohlvernehmlichen Gächzer[4] gethan und häuffiges Geblüte von sich gelassen; worauf sie den Cörper noch selbigen Tag zu Aschen verbrannt und solche in das Grab geworffen. Ferner sagen gedachte Leute aus, daß alle diejenigen, welche von denen Vampyren geplagt und umgebracht [177] würden, ebenfalls zu Vampyren werden müsten. Also haben sie die obberührten 4. Personen auff gleiche Art exequiret. Diesem fügen sie auch hinzu, daß dieser Arnold Paole nicht alleine die Leute, sondern auch das Vieh angegriffen und ihnen das Blut ausgesogen habe. Weil nun die Leute das Fleisch von solchem Vieh genutzet, so zeiget es sich auffs neue, daß sich wiederum einige Vampyrs allhier befinden, allermassen in einer Zeit von 3. Monathen 17. (Einige machen nur 7. Personen daraus) junge und alte Personen mit Tode abgegangen, worunter einige ohne vorher gehabte Kranckheit in 2. oder längsten 3. Tagen gestorben. Dabey meldet der Heyducke Jowiza, daß seine Schwieger-Tochter, Nahmens Stanacka vor 15. Tagen sich frisch und gesund schlaffen gelegt, um Mitternacht aber sey sie mit einem entsetzlichen Geschrey, Furcht und Zittern in dem Schlaff aufgefahren und geklaget, daß sie von einem vor 9. Wochen verstorbenen Heyducken-Sohn, Nahmens Millove an dem Halse gewürget worden, worauff sie einige Schmertzen auf der Brust empfunden und von Stund zu Stund sich schlechter befunden, biß sie endlich den dritten Tag gestorben. Hierauf sind wir denselben Nachmittag auf den Freydhoff (Kirchhoff oder Gottes-Acker) gegangen, um die verdächtigen Gräber zu eröffnen und die darinnen befindlichen Cörper zu visitiren, wobey sich gezeigt:

1.) Ein Weib, Nahmens Stana, 20. Jahr [178] alt, so vor zwey Monathen nach dreytägiger Kranckheit seit ihrer Niederkunfft gestorben, und vor ihrem Tode selbst ausgesagt, daß sie sich mit dem Blute eines Vampyrs gestrichen hätte, folglich so wohl sie als ihr Kind, welches gleich nach der Geburth gestorben und wegen schlechter Beerdigung von denen Hunden biß auf die Helffte verzehret worden, ebenfalls Vampyren werden müssen, war gantz vollkommen und unverweset. Bey Eröffnung des Cörpers zeigte sich in cavitate pectoris eine Quantität frisches extravasirtes Geblüthe; die arteriæ und venæ nebst denen ventriculis cordis waren nicht, wie sonst gewöhnlich, mit coagulirtem Geblüthe angefüllet. Die sämmtliche Viscera als Lunge, Leber, Hertz, Miltz, Magen und Gedärme waren gantz frisch, wie bey einem gesunden Menschen. Der Uterus befand sich sehr groß und war äusserlich entzündet, weil die Affter-Bürde bey ihr geblieben, daher selbiger in völliger Fäulniß war. Die Haut an Händen und Füssen, sammt den alten Nägeln, fielen von sich selbsten herunter, hingegen zeigten sich nebst einer frischen und lebhafften Haut gantz neue, aber etwas mit Blut unterlauffene Nägel.

2) Befand sich ein Weib, Nahmens Miliza, ohngefehr 60. Jahr alt, welche nach 3. monatl. Kranckheit gestorben und vor etlich und 90. Tagen begraben worden. In der Brust befand sich viel liquides Geblüthe, die übrigen Viscera waren gleich der vorgemeldten in einem guten [179] Stande. Es haben sich bey der Secirung die umstehenden Heyducken sämmtlich über ihre Fettigkeit und Vollkommenheit des Leibes sehr verwundert, einhellig aussagend, daß sie das Weib von ihrer Jugend auff wohl gekannt und Zeit ihres Lebens gantz mager und ausgedörrt ausgesehen, mit Versicherung, daß sie in dem Grabe zu dieser Verwunderungs-würdigen Fettigkeit gelanget. Derer Leute Aussage nach soll sie zu ietziger Zeit den Anfang derer Vampyren gemacht haben, indem sie das Fleisch von denen Schaafen, so von denen vorhergehenden Vampyren umgebracht worden, gegessen hätte.

3.) Ein achttägiges Kind, so bey der Eröffnung die Brust nebst dem Hertzen voller frischen Geblüts zeigete und neue Nägel an Händen und Füssen hatte, das Gehirne aber war einer wohl gekochten Materie gleich. Es hatte dieses Kind 90. Tage im Grabe gelegen.

4.) Wurde eines Heyduckens Sohn, Millove genannt, von 16. Jahren, ausgegraben, so 9. Wochen in der Erde gelegen, nachdem er an einer 3. tägigen Kranckheit gestorben. Es zeigten sich bey ihm alle die obbemeldten Umstände.

5.) Ist Joachim, auch eines Heyducken Sohn, 17. Jahr alt, nach 3. tägiger Kranckheit, wie der vorige gestorben, auch wie der vorige bey der Section befunden worden, ob er gleich schon 36. Tage im Grabe gelegen.

6.) Ein Weib, Nahmens Ruscha, welche [180] nach 10. tägiger Kranckheit gestorben und vor 6. Wochen begraben worden, bey welcher viel frisches Geblüthe nicht alleine in der Brust, sondern auch im Magen gefunden worden: ihr Kind, das 18. Tage alt und vor 5. Wochen begraben worden, befand sich in gleichen Umständen.

7.) Nicht weniger befand sich ein Mägdgen von 10. Jahren, welche vor 2. Monathen gestorben, in obangezogenem Stande gantz vollkommen und unverweset, und hatte in der Brust viel frisches Geblüte.

8.) Hat man des Hadnacks Eheweib, Millosova genannt, mit ihrem Kinde ausgegraben, welche vor 7. Wochen, ihr Kind aber, so 8. Wochen alt war, vor 3. Wochen gestorben, und gefunden, daß so wohl Mutter als Kind völlig verweset, ob sie gleich zunächst an denen vorgemeldten Gräbern derer Vampyrs gelegen.

9. Ein Knecht des hiesigen Heyducken-Corporals, Nahmens Rhade, 23. Jahr alt, ist nach 3. monathlicher Kranckheit gestorben und nach 5. wöchentlichem Begräbnüß völlig verweset gefunden worden.

10.) Des hiesigen Bariacters Weib, sammt dem kleinen Kinde, so vor 5. Wochen gestorben, ist gleichfalls gantz verweset gefunden worden.

11.) Bey Stancko, einem Heyducken 60. Jahr alt, so vor 6. Wochen gestorben, habe ich häuffiges, gleich denen andern liquides Geblüthe in der Brust und Magen gefunden.

[181] 12.) Millove, ein Heyducke von 25. Jahren, so 6. Wochen in der Erde gelegen, befand sich in gleichem Zustande.

13.) Stanacka, eines Heyducken Eheweib, 20. biß 22. Jahr alt, ist nach dreytägiger Kranckheit gestorben und vor 18. Tagen begraben worden. Bey der Section habe ich gefunden, daß sie in dem Angesichte und am Halse gantz roth und lebhafft gesehen. Wir haben bereits oben gemeldet, daß sie von des Heyduckens Sohn Millove um Mitternacht am Halse gewürget worden. Dieses hat sich noch ietzo ausgewiesen, indem sie rechter Seite unter dem Ohr einen blauen, mit Blut unterlauffenen Fleck eines Fingers lang gehabt. Bey Herausnehmung aus dem Grabe flosse eine Quantität frisches Geblüthe aus der Nasen. Bey der Section fand ich ein recht balsamisch frisches Geblüthe nicht alleine in der Höhle der Brust, sondern auch in der Hertz-Kammer. Die sämmtliche Eingeweide befanden sich in vollkommen gesunden und gutem Stande. Die Unter-Haut des gantzen Cörpers sammt denen neuen Nägeln an Händen und Füssen waren gleichfalls gantz frisch.

Nach geschehener Visitation sind denen Vampyren durch die dasigen Zigeuner die Köpfe herunter geschlagen und sammt den Cörpern zu Asche verbrannt, die Asche aber in den Fluß Morava geworffen worden; die verweseten Cörper aber hat man wieder in ihre vorigen Gräber [182] geleget. Welches hiermit nebst denen mir zugegebenen Unter-Feldscheerern bekräfftigen. Actum ut supra.

(L. S.) Johannes Flickinger, Regiments-Feldscheer des löbl. Baron Fürstenbuschischen Regiments zu Fuß.
(L. S.) J. H. Siegel Feldscheer von dem löbl. Morallischen Regiment.
(L. S.) Joh. Friedrich Baumgärtner, Feldscheer von dem löbl. Fürstenbuschischen Regimente.


Wir Endes Unterschriebene attestiren hiermit, wie daß alles dasjenige, so der Regiments-Feldscheer vom löblichen Fürstenbuschischen Regimente, sammt beyden neben unterzeichneten Feldscheers-Gesellen hieroben, die Vampyrs betreffend, in Augenschein genommen, in allen und ieden der Wahrheit gemäß und in unserer selbst eigenen Gegenwart vorgenommen, visitirt und examinirt worden. Zu Bekräfftigung dessen ist unsere eigenhändige Unterschrifft und Fertigung. Belgrad den 26. Jan. 1732.

(L. S.) Büttner,[5] Obrist-Lieutenant des löbl. Alexandrinischen Regiments.
(L. S.) J. H. von Lindenfelß, Fähndrich des Alexandrinischen Regiments.


Diese Acten-mäßige Relation ist zu Anfang dieses Jahrs an Se. Hochfürstl. Durchl. Printz [183] Carl Alexander zu Würtenberg, der Röm. Kayserl. Majest. würcklich Geh. Rath, Gouverneur der Vestung Belgrad und des gantzen Bannats von Servien etc. Der sich damahls zu Stutgard im Würtenbergischen befand, übersendet und durch Se. Durchl. in Deutschland bekannt gemacht worden.


Nächst dieser Acten-mäßigen Relation kam auch folgender Brieff an einen vornehmen Doctorem Medicinæ in Leipzig zum Vorschein, der also lautet:


Hoch-Edler,
Hochgeehrter Herr Doctor,

ICh nehme mir die Freyheit, Denenselben einen Casum zu communiciren, welcher sich zwar schon vorlängsten, iedoch ietzo besonders in unserm Königreich Servien ereignet, welchen Ew. Hoch-Edeln aus beygelegter Relation der an dasigem Orte von einem löbl. Ober-Commando angestellten Commission des mehresten ersehen werden. Es werden solche Aeser in der Türckischen Sprache Vampyren oder Menschen-Sauger genennet, welche capable seyn, in kurtzer Zeit ein gantzes Dorff an Menschen und Vieh zu ruiniren, deßwegen fast täglich häuffige Klagen bey hiesiger Regierung einlauffen. Es hat sich noch ausser dem darinnen benennten [184] Dorffe Medwedia, auff einem andern, Kucklina, genannt, zugetragen; welches auch dasige Einwohner endlich bekräfftigen, daß zwey Brüder von so einem Vampyr zur Nacht-Zeit geplaget worden, weßwegen einer um den andern gewachet, da es denn wie ein Hund die Thüre geöffnet, auff Anschreyen aber gleich wieder davon gelauffen, biß endlich alle beyde einmahl eingeschlaffen, da es denn dem einen in einem Augenblick einen rothen Fleck unter dem rechten Ohr gesauget, worauff er in drey Tagen davon gestorben; und was noch abscheulicher, so ist ein gestern beerdigter Heyducke folgende Nacht zu seinem Weibe gekommen und solcher ordentlich beygewohnet, welche solches gleich Tages darauff dem Hadnack selbiges Orts angedeutet, mit Vermelden, daß er seine Sache so wohl, als bey Lebzeiten verrichtet, ausser daß der Saamen gantz kalt gewesen. Sie ist davon schwanger worden und hat nach gewöhnlichem Termino derer 40. Wochen ein Kind gebohren, welches die völlige Proportion eines Knabens, iedoch kein eintziges Glied gehabt, sondern wie ein pures Stücke Fleisch gewesen, auch nach dreyen Tagen wie eine Wurst zusammen geruntzelt. Weil man nun hier ein ungemeines Wunder daraus machet, als unterstehe mich Dero Particular-Meinung mir gehorsamst auszubitten, ob solches etwas sympathetisches, teufflisches oder astralischer Geister [185] Würckung sey, der ich mit vieler Hochachtung verharre

Belgrad,
den 26. Jan. 1732.
Ew. Hoch-Edlen,

Meines Hochgeehrtesten HerrnDoctoris gehorsamster Diener
Sieg. Alex. Fr. von Kottwitz, Fähndrich des löbl. Printz Alexandrischen Regiments.

Durch diese Nachrichten wurde iederman in die gröste Verwunderung gesetzet. In allen Zusammenkünfften hoher und niederer Stands-Personen wurde davon geredet. Auch die Dames fiengen an darüber zu raisonniren. Niemand wuste, was er daraus machen noch vor was er es ausgeben solte.

Weil auch Se. Kayserl. Maj. selbst ein Verlangen bezeugten, zu wissen, was es mit diesem Wunder-Zeichen der Natur vor Beschaffenheit habe, so wurde die Curiosität der Leute dadurch um ein grosses vermehret. Alleine es fand sich Niemand von denen Gelehrten des ersten Rangs, der sich die Mühe geben wolte, durch eine öffentliche Schrifft das Rätzel auffzulösen und die Neugierigkeit der curieusen Welt zu befriedigen. Entweder sie zogen die gantze Sache in Zweiffel, oder hielten nicht dafür, daß sie damit einige Ehre einlegen würden, weil die Principia, daraus sie solches herzuleiten hatten, nicht nach dem Geschmack der heutigen [186] Gelehrten sind. Selbst Herr D. Beyer in Altorff, von dem doch in allen öffentlichen Zeitungen stund, daß es Se. Kayserl. Maj. ihm angetragen, sein Sentiment und Urtheil davon zu eröffnen, hat stille geschwiegen, und was er vielleicht davon zu Pappiere gebracht, ist Sr. Kayserl. Maj. in MS. zugeschicket worden; öffentlich aber hat man nichts zu sehen bekommen. Es blieb also die Untersuchung dieses Prodigii ein Werck derer Petit-Maitres, von denen es heist; in magnis voluisse sat est.

Man hat verschiedene Schrifften in dieser Sache zu Gesichte bekommen, die aber alle von schlechter Erheblichkeit sind. Entweder sie haben die blosse speciem facti erzehlet, oder einander ausgeschrieben, oder selbst so wunderliche Träume und Erscheinungen gehabt, daß man sich vor denenselben eben so sehr zu fürchten hat als vor denen Hungarischen Vampyrs selbsten.

Immittelst gab dieses Anlaß, daß, wenn man an der letztverwichenen Leipziger Oster-Messe in einen Buchladen gieng, man überall etwas von denen Blut-Saugern zu Gesichte bekam. Ich würde mir die Mühe nicht genommen haben, weiter in dieser Sache eine Feder anzusetzen, nachdem ich einmahl die Thorheit begangen, etwas hiervon, obwohl schon vor 7. Jahren, zu Pappiere zu bringen, wenn ich nicht hin und wieder in diesen Schrifften meinen Nahmen gefunden und beobachtet hätte, daß mir theils falsche Meinungen aufgebürdet, theils aus meinen [187] Sätzen falsche Schlüsse gemacht, und ich beynahe des Spinosismi beschuldiget worden; wo man aber meiner geschonet, da hat man sich gewiß meiner Sätze als seiner eigenen bedienet und dadurch ein offenbahres Plagium begangen.

Dieses alles hat mich bewogen, gegenwärtige Schrifft ans Licht zu stellen, indem dadurch lieber mich zu einem Petit-Maitre als durch Stillschweigen zu einem Spinosisten machen lassen will. Erstlich will ich die neuesten Relationes von denen Vampyren nach meinen obigen Grund-Sätzen kürtzlich erläutern, hernach aber auch alle Schrifften, die hiervon bißher ans Licht gekommen, kurtz recensiren und beurtheilen.

* * *

Was erstlich die Acten-mäßige Relation anbetrifft, so bestehet solche theils in einer Verhörung, theils in einer Besichtigung. Die Verhörung ist vorgenommen worden mit denen Heyducken oder Raitzischen Einwohnern des Dorffs Medvedia im Königreich Servien, welche von einem gewissen Heyducken Arnold Paole ausgesagt, daß er ein so genannter Vampyr und Blut-Sauger sey; ingleichen, daß ein gewisses Weib von einem andern jungen Heyducken,Millove genannt, gewürget und getödtet worden.

Bey dieser Aussage kömmt es auf folgende Umstände an: 1.) Daß gedachter Paole in seinem Leben öffters versichert, daß er von einem Vampyr geplaget worden; 2.) daß er sich durch die Grabes-Erde und das Blut desselben von dieser Plage entlediget; 3.) nach seinem [188] Tode dennoch als ein Vampyr die Leute geplaget und 4. Personen getödtet; 4.) von denen Einwohnern darauf ausgegraben und voller Blut und unversehrt gefunden worden; 5.) Derselbe bey Durchstechung seines Hertzens einen Laut von sich gegeben und häuffiges Blut von sich gelassen, 6.) derselbe mit seinem Blut-Saugen so gar des Viehes nicht verschont, und 7.) daß, als der obgedachte Millove über das Weib gekommen, sie mit einem entsetzlichen Geschrey, Furcht und Zittern im Schlaffe aufgefahren und darauf den dritten Tag nach empfundenen grossen Schmertzen auf der Brust gestorben. Alle diese Umstände sind so beschaffen, daß man nichts besonders daraus zu machen hat, ob sie wohl in einem und dem andern von denenjenigen unterschieden sind, die wir in unsern obigen Dissertationibus an dem Plogojowitz in Betrachtung gezogen haben.

Daß gedachter Paole in seinem Leben die Leute öffters versichtert, daß er bey Cassova in dem Türckischen Servien von einem Vampyr geplagt worden, daraus schliessen die einfältigen Leute selbiger Orten, daß, weil er nach seinem Tode ein gleiches gethan, es werde allezeit derjenige auch zu einem Vampyr, der von einem Vampyr umgebracht worden. Wie wir nun Dissert. II. §. 54. sqq. sattsam erwiesen haben, daß die Einbildung die wahre Ursache der so genannten Plage derer Vampyrs sey, welche bey denen, die also geplagt zu werden vorgeben, durch die Vampyrs, die im Leben mit ihnen eine Gemeinschafft gehabt, per sympathiam [189] und occultam operationem magicam erwecket wird, so läst sichs leichte schliessen, woher die vielen Vampyrs und Blut-Sauger gekommen? Sie bilden sich gleich zum Voraus von dem und jenem Menschen, der ihrer Meinung nach, unter der Gewalt derer Vampyrs gewesen, ein, daß sie dergleichen von ihm zu befahren hätten. Da sie nun gehöret, daß Paole von einem Vampyr geplagt worden, so haben sichs dessen Nachbarn und Verwandten so feste in die Gedancken gesetzt, daß er nach seinem Tode ein gleiches thun werde, daß es kein Wunder gewesen, wenn ihre Phantasie und Einbildung durch des Verstorbenen sympathetische Operation so erhitzt worden, daß sie darüber den Gebrauch ihrer Sinne verlohren, und endlich als wie vom Schlage für grosser Angst und Gemüths-Beunruhigung gestorben. Ja da auch vielleicht gedachter Paole selbsten in der gewissen Einbildung gestorben, er werde ein Vampyr werden und die Leute heimlich erwürgen, so ist die Sympathie und magische Würckung zwischen seinem frischen und vegetanten Cörper und denen Personen, mit denen er in seinem Leben am meisten zu schaffen gehabt, desto hefftiger und stärcker gewesen.

Es ist ferner als ein merckwürdiger Umstand anzuführen, daß Paole in seinem Leben vorgegeben, er habe von der Grabes-Erde eines Vampyrs gegessen und sich mit dessen Blute geschmieret, um von der erlittenen Plage entlediget zu werden. Wir erkennen hieraus, was die Einbildung [190] bey denen Menschen vor eine grosse Krafft habe. Niemand wird glauben, daß die Grabes-Erde und das Blut eines vermeinten Vampyrs an sich selbst von solcher Würckung seyn solte, daß ein Mensch dadurch von einer solchen Plage, als man sich von denen Blut-Saugern einbildet, befreyet werden könte. Da er aber das feste Vertrauen zu diesem selbst ausgesonnenen Mittel gehabt und dadurch alle Furcht und Einbildung von der Plage der Vampyrs verlohren, so ist er gesund und ohne Plage geblieben. Wenn nun andere in diesem Vertrauen ein gleiches thäten, oder auf andere Weise die Furcht und gewisse Einbildung, die sie von denen Vampyrs haben, vertrieben, würde ihnen von der natürlichen Vegetantz derer im Grabe liegenden Cörper keine Gefahr zuwachsen, noch einiger Schade geschehen. Da aber dieses die Verwandten und Nachbarn unsers Paole nicht gethan, sondern gleich bey dessen Tode sichs feste eingebildet, er werde ein Vampyr werden, weil er selbst von einem Vampyr ehemahls geplagt worden, so ist es vor kein Wunder zu achten, daß sich einige Zeit nach seinem Tode würcklich einige Leute beklagt, sie wären von dem Paole geplagt worden. Es ist dieses auf keine andere Weise geschehen, als wie wir oben zur Genüge beschrieben haben. Daß es aber ausdrücklich heist: es wären 4. Personen durch ihn umgebracht worden, solches ist ein irriges Vorurtheil der Leute; sie haben sich vielmehr selbsten durch ihre starcke Phantasie [191] und Einbildung das Leben verkürtzt, indem sie dadurch die Circulationem sanguinis verhindert, und sich durch das vermeinte Plagen des Vampyrs zu Tode geängstiget, oder sich wenigstens dadurch allerhand gefährliche Symptomata zugezogen, die ihren Tod befördert.

Das merckwürdigste bey diesem Casu ist, daß der gedachte Paole so viel Blut von sich gegeben, da man ihn 40. Tage nach seiner Beerdigung ausgegraben. Denn es bezeugen die Leute, die solches gesehen, ausdrücklich, daß ihm das frische Blut zu denen Augen und Nasen, Mund und Ohren heraus geflossen, und das Hembde, Ubertuch und Sarg gantz blutig gewesen, ingleichen da man ihm einen Pfahl durch das Hertze geschlagen, er häuffiges Blut von sich gelassen. Daß sich in verstorbenen Cörpern frisches Blut finden könne, haben wir Diss. II. §. XXXIII. sqq. erwiesen, aber daß sich so vieles Geblüthe bey einem eintzigen Cörper finden solte, ist etwas gantz ungewöhnliches. Alleine es ist hierbey zu erinnern, daß 1.) die Leute die Sache unfehlbar exaggeriret, weil sie in den Gedancken gestanden, es sey dieses das Blut, das der Vampyr denen Leuten ausgesauget; und 2.) daß die Leute in ihrer Bestürtzung vielleicht Wasser vor Blut angesehen. Denn es ist bekannt, daß manche verblichene Cörper, die von einem phlegmatischen Temperamente sind und viele humores bey sich haben, Wasser von sich geben; Da nun der Cörper dieses Paole sich [192] aus denen Ursachen, die wir Diss. II. §. 13. sqq. angeführt, frisch befunden, so hat dieses Wasser sich mit dem Blute vermischt und dadurch eine rothe Farbe an sich genommen. Sonst gilt bey der Vegetantz dieses Paole das, was wir Diss. I. §. 26. von dem gewaltsamen Tode angeführt; Denn die Zeugen geben bey ihrer Verhörung vor, es habe gedachter Paole durch einen Fall von einem Heu-Wagen den Halß gebrochen.

Es ist ferner als ein besonderer Umstand bey diesem Casu anzumercken, daß, als man diesem so genannten Vampyr nach der Gewohnheit des Landes einen Pfahl durchs Hertze geschlagen, derselbe einen lauten Schrey,[6] oder wie andere Nachrichten melden, einen wohl vernehmlichen Gächzer[7] gethan. Alleine wer will sich darüber verwundern, wenn man bedencket, daß der Cörper frisch und fleischicht gewesen, und mit was vor grosser Gewaltthätigkeit man das Hertze durchstochen. Aller Schall und Laut wird durch die Lufft generiret; Da nun der Cörper nicht nur bey seiner Vegetantz an sich selbst Lufft in sich gehabt, sondern deren bey der Eröffnung des Grabes noch mehr geschöpffet, auch die Viscera und Eingeweide wegen der vielen [193] Feuchtigkeiten gantz geschwollen und auffgelauffen gewesen, so hat ja das gewaltsame Durchstechen des Leibes und Hertzens gar leichte einen solchen Laut von sich geben können, daß die von Aberglauben und Vorurtheil gantz verblendeten Leute es gar leichte vor einen Seuffzer und Schrey annehmen können.

Einen solchen Grund der Wahrheit hat auch das Vorgeben, wenn die verhörten Leute hinzu fügen, daß dieser Vampyr auch das Vieh angegriffen und dessen Blut ausgesaget. Denn was wissen doch die Leute zu ihrem Beweiß sonst weiter anzuführen, als daß diejenigen Personen, die von solchem Vieh das Fleisch genutzet, die Plage empfunden, die sonst von denen Blutsaugern herrühren soll? Es ist dieses gewiß ein gar schlechter Beweiß und vor eine blosse Muthmasung zu halten, die sich auff ein nichtiges Vorurtheil gründet. Wer weiß, was dieses Vieh vor eine Seuche und Kranckheit gehabt, die denen, die dessen Fleisch genutzet, schädlich gewesen; da nun die Impression von denen Vampyrs darzu gekommen, so haben sie gleich den Schluß gemacht: es wäre diß Vieh von denen Vampyrs angegriffen worden, Quæ? qualis? quanta?

Die Aussage des Heyduckens Jowitza, die er von seiner Schwieger-Tochter Stanicka, die von einem verstorbenen jungen Heyducken Millove genannt, gewürget und getödtet worden, thut, bestärcket uns in der Meinung, daß das vermeinte [194] Blut-Saugen der Vampyrs in der Einbildung bestehe. Denn es erzehlet ja der obgedachte Heyducke ausdrücklich, es sey die Schwieger-Tochter um Mitternacht mit einem entsetzlichen Geschrey, Furcht und Zittern in dem Schlaff auffgefahren und sodenn geklaget, sie sey von dem gedachten jungen Heyducken gewürget worden. Ist ihr nun dieses im Schlaff wiederfahren und sie dabey voller Furcht und Zittern gewesen, so kan es leichtlich vor einen ängstlichen Traum und eine bethörte Phantasie gehalten werden. Es hat dieses junge Weib mit dem jungen Heyducken vielleicht bey dessen Leben einen unzuläßigen Umgang gepflogen. Weil sie nun nach seinem Tode immer an ihn gedacht, und dabey die Vampyrs täglich im Kopffe gehabt, auch wegen dessen, was geschehen, allerhand Gewissens-Bisse empfunden, so hat ihre Einbildung gar leichte so erhitzt und mit so fürchterlichen Bildern angefüllet werden können, daß sie davon ängstliche Träume und allerhand Erscheinungen bekommen, zumahl da des verstorbenen Millove Cörper zugleich auch nach denen Principiis Magiæ Naturalis in dieselbe auff eine sympathetische Weise gewürcket, indem er ohnfehlbar mit unruhigem Gewissen und hefftigem Verlangen nach seiner Geliebten gestorben ist.

So viel haben wir bey der Acten-mäßigen Relation in Ansehen der Verhörung zu erinnern gehabt. Nun müssen wir auch etwas von der angestellten Besichtigung gedencken. Diese [195] bestehet darinne, daß ein gewisser Regiments-Feldscheer in Gegenwart einiger von der Administration abgeordneten Officiers mit zwey Unter-Feldscheern auff den Kirch-Hoff gedachten Dorffs gegangen und die vor kurtzen da eingescharrten Cörper ausgraben lassen und solche besichtiget und secirt, da sich denn befunden, daß unter denen Ausgegrabenen 10. Cörper frisch und 3. verweset gewesen.

Bey denen frischen Cörpern finden sich ausser der gewöhnlichen und in unsern Dissertationibus sattsam abgehandelten Vegetantz folgende besondere Umstände: 1.) Daß es meist junge Personen gewesen; 2.) Daß ein gewisses Weib vor ihrem Absterben gesagt, daß sie sich mit dem Blute eines Vampyrs gestrichen und daher ein Vampyr werden müsse 3.) Daß dieselbe, ob sie gleich sonst gantz frisch gewesen, dennoch einen verfaulten Uterum gehabt; 4.) Daß ein gewisses altes Weib im Grabe fett worden, da sie vorher mager gewesen; 5.) Daß, weil sie Fleisch von denen, von den Vampyren umgebrachten, Schaafen gegessen, sie den Anfang mit dem Blutsaugen gemacht; 6.) Daß sich auch in dem Magen bey einigen frisches Geblüthe gefunden; und 7.) daß ein gewisses Weib eben an dem Orte ihres Leibes, wo sie vor ihrem Ende geklagt, daß sie von einem Vampyr gewürget worden, noch einen mit Blut unterlauffenen Flecken gehabt.

Aus dem, daß meistens junge Personen frisch befunden worden, erhellet, daß die Jugend mit [196] ihrer natürlichen Vegetantz vor andern viel zur Erhaltung des verstorbenen Cörpers in der Erde beytrage. Hierzu kömmt, daß es meistens junge Weiber und Sechswöchnerinnen gewesen, deren Tod durch keine auszehrende Kranckheit, sondern durch allerhand weibliche Zufälle, die etwas gewaltsames in sich haben, verursachet worden. Hieher gehören die Suffocationes uterinæ, die bey einem Weibe wunderliche Würckungen nach sich ziehen. Wäre nun die Vegetantz derer verstorbenen Cörper etwas übernatürliches, so würde ja dieselbe ohne Unterschied des Alters an den verstorbenen Cörpern wahrgenommen werden. Daß aber ein gewisses Weib vor ihrem Tode gesagt, sie habe sich mit dem Blute eines Vampyrs gestrichen, und daher ein Vampyr werden müssen, scheinet offenbahr demjenigen zu widersprechen, was von dem Paole gedacht wird, daß er sich durch das Blut eines Vampyrs von seiner Plage curirt habe. Alleine dieses so wohl als jenes ist aus Aberglauben geschehen, und dieser Aberglaube hat in denen Gemüthern der Leute eine so feste Impression gemacht, daß solche auch im Tode nicht auffgehöret. Immittelst hätte dieses Blut-Bestreichen geschehen mögen oder nicht, so würde die Vegetantz des Cörpers erfolgt seyn, wenn anders diejenigen Ursachen, die solche effectuirt, verhanden gewesen. Denn wir hören dergleichen sonst von keinem ausgegrabenen Cörper, ob wohl die meisten frisch und voller Blut gewesen.

Merckwürdig ist, daß von einem gewissen [197] Weibe gedacht wird, es sey ihr Cörper durchgehends frisch und unversehrt befunden worden, biß auff den uterum, der in völliger Fäulniß gewesen, weil die Affter-Bürde bey ihrer Niederkunfft bey ihr geblieben. Es ist dieses abermahl ein Zeichen, daß die Vegetantz der Hungarischen Cörper etwas natürliches sey, weil nicht allezeit gantze Cörper frisch und unverweset geblieben, sondern vielmahls nur gewisse Theile desselben, die etwan in solcher Composition gestanden, daß darinne kein Menstruum oder sonst eine causa destruens hat statt finden können. Da nun die Affter-Bürde etwas heterogenisches gewesen, so hat auch der uterus, der dieses heterogeneum in sich gefasset, nicht vor der Fäulniß und Verwesung sich erhalten können, ob wohl sonst die Natur des Cörpers so wohl, als die Erde geneigt gewesen, den Cörper unverweset zu erhalten.

Ferner ist auch als etwas sonderbahres anzumercken, daß ein altes Weib von 60. Jahren sich im Grabe dergestalt wieder verjüngt, daß, da sie vorher alt und hager gewesen, dieselbe fett und starck worden. Alleine es ist zu glauben, daß solches keine wahre Fettigkeit gewesen, sondern nur eine Dunst, die aus der im Grabe geschehenen Vermehrung derer humorum bey der anhaltenden Vegetantz entstanden. Wird man doch solches vielmahls an lebendigen Personen gewahr, daß, da sie sonst hager und dürre ausgesehen, sie plötzlich angefangen, fett und starck zu werden, so daß auch die Runtzeln und Falten [198] des Leibes und Gesichts sich wieder ausgekläret; iedoch hat sichs nachgehends befunden, daß es keine wahre Fettigkeit, sondern nur eine so genannte Dunst, und ein status præternaturalis gewesen. Also ist es auch mit dieser todten Frau beschaffen. Ihr Leib ist in der balsamischen Erde gleichsam zu einem Schwamme worden, der von denen vielen Feuchtigkeiten, die er an sich genommen, so aufgeschwollen, daß er gantz fett, frisch und starck ausgesehen, an sich selbst aber ist es eben der Leib gewesen, der in die Erde geleget worden.

Man hat weiter als etwas sonderliches zu betrachten, daß gesagt wird, es habe die ietzt gedachte Frau sich dadurch zu einem Vampyr gemacht, daß sie von solchen Schaafen gegessen, die durch einige Vampyrs umgebracht worden. Was von diesem Umbringen des Viehs zu halten sey, haben wir oben schon angezeigt. Es klingt dieses recht ungereimt, weil nicht zu vermuthen steht, daß ein gescheiter Mensch, ohne durch den äussersten Hunger angetrieben, von einem todten und verreckten Schaafe essen werde; und wer hat es denn den Leuten gesagt, daß das Schaaff von einem Vampyr umgebracht worden, indem ja Niemand etwas davon mit leiblichen Augen gesehen haben will?

Daß sich in dem Magen flüßiges Geblüthe gefunden, ist so sehr eben nicht zu verwundern, wenn man bedencket, daß Blut und Wasser sich mit einander vermischt, und daß das vor Blut [199] angesehene Rothe im Magen vielleicht nichts anders als roth-tingirtes Wasser gewesen, das sich von den vielen Feuchtigkeiten des vegetanten Cörpers gesammlet; aber daß der mit Blut angelauffene Fleck, auf der Brust einer gewissen Weibes-Person, ein Kennzeichen des, an diesem Orte geschehenen, Blut-Saugens und Würgens eines Vampyrs seyn solte, ist ein nichtiges Vorurtheil. Denn es kan gar leichte seyn, daß das Weib eine gewisse Brust-Beschwerung oder innerliche Læsion des Leibes an diesem Orte gehabt, so ihr grosse Schmertzen und nach dem Tode einen Flecken daselbst gemacht. Weil nun die Leute ihre Gedancken mit lauter Vampyrs angefüllt, so hat sie dieses in ihrer vorgefaßten Meinung bestärckt.

Uberhaupt beweiset die gantze Besichtigung, die mit den ausgegrabenen Cörpern vorgenommen worden, nichts anders, als daß die Cörper derer Verstorbenen zuweilen auf einige Zeit frisch und unverweset bleiben können; Aber daß daraus zu schliessen wäre, sie hätten die Leute gewürget und getödtet, ihnen das Blut abgezapffet und aus grossem Blut-Durst denen Menschen Tag und Nacht keine Ruhe gelassen, ist falsch. Es ist eine Sache, die bloß in der superstitiösen Leute Einbildung besteht und sich auf das Vorurtheil von denen Vampyrs gründet, welches die Leute so eingenommen, daß sie davor weder sehen noch hören können.

Die allerungereimteste Nachricht von diesen [200] Blut-Saugern giebt der Fähndrich Kottwitz in seinem Schreiben an einen gewissen Doctorem Medicinæ. Denn darinne wird erzehlet, 1.) daß in einem gewissen Dorffe, Nahmens Kuklina, sichs zugetragen habe, daß zwey Brüder von einem Vampyr des Nachts so geplaget worden wären, daß sie zu ihrer Sicherheit wechselsweise hätten wachen müssen; da es denn das eine mahl wie ein Hund die Thüre geöffnet, aber auff Anschreyen so gleich wieder davon gelauffen wäre; ein ander mahl aber, da beyde eingeschlaffen gewesen, habe es in einem Augenblick dem einen unter dem rechten Ohre einen rothen Fleck gesauget, daß er den dritten Tag darauf sterben müssen; 2.) daß ein begrabener Heyducke den folgenden Tag wieder zu seiner Frau gekommen und ihr ehelich beygewohnet, davon sie auch schwanger worden und nach 40. Wochen ein Kind zur Welt gebohren.

Uberhaupt hat man die gantze Erzehlung des Herrn Fähndrichs vor nicht viel besser denn ein Weiber-Mährgen zu halten. Denn er weiß dieselbe auff nichts weiter, denn ein Hören-sagen zu gründen. Wollen wir aber auch gleich diese Nachrichten würcklich vor gegründet annehmen, so sind sie doch beyde vor keine Würckungen derer so genannten Vampyrs zu halten. Denn daß Leute des Nachts durch Gespenster und Polter-Geister beunruhiget werden, ist nichts seltsames; deßwegen aber wird Niemand glauben, daß es Blutsauger seyn solten. Es scheint, [201] als wenn die Vampyrs die guten Leute in Hungarn so verwirrt gemacht hätten, daß sie alles, was sich unter ihnen ausserordentliches zuträgt, denen Vampyrs zuschreiben. Bißher hat es geheissen, sie erschienen in ihrer ordentlichen Menschen-Gestalt: nun aber sollen sie gar als Hunde kommen und die Leute beissen und ängstigen. Ich möchte aber wohl wissen, was die Hunde in selbigem Lande vor eine Geschicklichkeit besitzen müssen, die Thüren auffzumachen, weil der Herr Fähndrich von Kottwitz schreibet; es habe wie ein Hund die Thüre geöffnet. Hunde können sonst keine zugemachte Thüre eröffnen, sie müste denn nur angelehnet seyn; wenn es aber ja geschicht, so geht es nicht leichtlich natürlich zu. Sollen wir unsere Gedancken von dieser Sache eröffnen, so ist entweder die gantze Begebenheit vor keine Wahrheit zu halten, oder es sind ein paar Leute gethöret und durch die Erscheinung eines Gespenstes in Hunds-Gestalt so erschrecket worden, daß einer davon nach einigen Tagen gestorben; oder sie haben sonst eine so verderbte Imagination gehabt, daß sie die Nacht mit ängstlichen Träumen und Vorstellungen vieler Schreck-Bilder zugebracht. Der rothe Fleck aber unter dem rechten Ohre kan zehen Ursachen gehabt haben, die alle natürlich gewesen.

Die andere Geschichte kömmt noch wunderlicher heraus. Es soll nehmlich ein zur Erden bestatteter Heyducke folgende Nacht darauff zu seinem Weibe gekommen seyn und ihr ordentlich [202] beygewohnet haben; Ob nun wohl der Saame desselben gantz kalt gewesen, sey sie doch davon schwanger worden, auch zur gesetzten Zeit mit einem Knäbgen niedergekommen, das aber kein eintziges Glied gehabt, sondern wie ein pures Stück Fleisch nach dreyen Tagen als eine Wurst sich zusammen geruntzelt und (vermuthlich) gestorben. Wir haben hierbey solche Umstände zu erwegen, die alle sattsam zu erkennen geben, es sey die gantze Erzehlung ein Mährgen. Denn es ist ungereimt, zu glauben, 1.) daß ein verstorbener und begrabener Mann wiederkommen u. einem Weibe ehelich beywohnen solte; 2.) daß ein kalter Saame fruchtbar seyn solte und 3.) daß ein pures Stück Fleisch ein wahres Kind seyn solte.

Daß Geister in Menschen-Gestalt mit Leuten von beyderley Geschlechte Unzucht getrieben, davon hat man viele Erzehlungen,[8] sie sind aber alle so beschaffen, daß man nicht Ursache hat, auff deren Glaubwürdigkeit viel Staat zu machen. Der Teuffel kan ja wohl die Einbildung wollüstiger Leute bißweilen so bethören, daß, wenn sie im Schlaffe liegen, es ihnen nicht anders deuchtet, als ob sie Fleisches-Lust ausübten; aber daß der Teuffel würcklich fleischliche Wollust treiben solte, ist wider desselben Natur und Eigenschafften. Denn wie hierzu wahrhafftiges Fleisch und Blut erfodert wird, der Teuffel aber, wenn [203] er Menschen-Gestalt an sich nimmt, nur ein Blendwerck macht, also kan er auch unmöglich sich mit einem Menschen fleischlich einlassen. Immittelst haben dergleichen wollüstige Geister einen besondern Nahmen. Sie heissen Succubi und Incubi, a succumbendo, und incumbendo, vom bey-über- und unter-liegen. Die alten heydnischen Poeten nennten ihre Faunos und Wald-Götter also, weil sie vorgaben, sie giengen denen Weibern nach und schlieffen bey ihnen.[9] Alleine wie diese Wald-Götter ein Gedichte der Poeten sind, so sind auch die Incubi und Succubi zu unsern Zeiten eine, unter denen Papisten, ausgeheckte Fabel. Es geben zwar einige Physici vor, es könten die bösen Geister in menschlicher Gestalt so wohl die Stelle derer Manns- als auch derer Weibes-Personen vertreten und mit denen Hexen oder Unholden, wie auch mit andern Menschen solcher gestalt fleischliche Unzucht treiben, daß diese davon schwanger würden, indem die bösen Geister den menschlichen Saamen, so bald selbiger einer Manns-Person entwender per pollutionem nocturnam, oder auff andere Weise entgienge, und noch warm und spirituös wäre, aufffingen und selbigen in die Vasa genitalia dererjenigen brächten, mit welchen sie Unzucht treiben wolten, dergestalt, daß ein wahrhafftiger Fœtus daraus gezeugt werden könte. Alleine es ist diese eine blosse [204] Chimere, die keinen Grund hat; zu geschweigen, daß auch der Saamen unmöglich spiritueux und fruchtbar bleiben kan, wenn er an die freye Lufft kömmt und nicht in dem Augenblick, da er ejiciret wird, in den uterum maternum fället.

Und eben dieses ist die Ursache, warum wir es vor ungereimt halten, zu glauben, daß ein kalter Saamen fruchtbar seyn solte. Alle Physici haben dargethan, daß aller männlicher Saame, wenn er fruchtbar seyn solle, einen Spiritum bey sich führen müsse, der, wenn er nicht so gleich ex urethra in uterum immittirt wird, verrauche und verschwinde. Es geschicht daher gleichsam bey ieder Conception auch eine Inspiration. Die Lebens-Geister der Leibes-Frucht, die concipirt werden soll, werden so gleich mit dem Saamen infundirt und eingehauchet. Wenn nun in dem Brieffe aus Hungarn erzehlet wird, es habe der verstorbene Mann seiner noch lebenden Frau beygewohnet und sie mit eißkaltem Saamen besaamet, so kan sie unmöglich davon schwanger worden seyn, weil der Saame nicht seine natürliche Wärme gehabt, und folglich nicht fruchtbar gewesen ist.

Nichts destoweniger wird erzehlt, daß das Weib nach Verlauff 40. Wochen ein Kind zur Welt gebohren. Alleine was soll das vor ein Kind gewesen seyn? Es hat die völlige Proportion eines Knabens und doch kein einiges Glied gehabt. Solcher gestalt ist es ohne Kopff, Hände und Füsse, ja, wie es in der Relation [205] selbst heißt, ein pures Stücke Fleisch gewesen, das nach dreyen Tagen, wie eine Wurst sich zusammen geruntzelt; welches vielleicht so viel heissen soll, als es ist eingetrocknet und verschrumpelt. Wer will hieraus schliessen, daß dieses ein wahres Kind gewesen?

Sollen wir unsere Gedancken auffrichtig von dieser Begebenheit entdecken, so halten wir entweder, wie wir bereits zum öfftern gedacht, die gantze Geschichte vor ein Mährgen, oder, so etwas davon wahr ist, so hat das Weib des jüngst verstorbenen Heyduckens mit einem andern zugehalten und, nachdem sie schwanger worden, aus Boßheit vorgegeben, ihr verstorbener Mann sey als ein Vampyr zu ihr gekommen und habe sie geschwängert. Weil sie nun darauff statt eines Kindes mit einer so genannten Mola niedergekommen, so hat sie ihr boßhafftiges Vorgeben um so vielmehr beschönigen können. Und wie schicket sich auch diese Begebenheit zu der Historie derer Vampyrs, da ja das Blutsaugen und Würgen derselben, der vornehmste Umstand ist, darum ihrer Meldung geschicht.

Dieses sind unsere wenigen Gedancken, die uns bey Durchlesung der neuesten Relationen aus Hungarn beygefallen sind. Nun wollen wir anderer gelehrter Leute Gedancken dargegen halten und sehen, wie dieselben damit übereinstimmen. Es sind viel und vielerley Schrifften davon ans Licht gekommen, deren Inhalt wir kürtzlich recensiren wollen. Der gelehrte Herr [206] Verfasser der Theologischen Bibiliotheck hat zwar bereits unter dem Nahmen EUDOXI[10] von denen Schrifften, so bißher wegen der Vampyren heraus gekommen, einigen Bericht ertheilet, aber es ist solcher nicht vollständig genung. Wir hoffen daher, dem curieusen Leser einen Gefallen zu erweisen, wenn wir sie in folgender Ordnung etwas umständlicher recensiren.


Besondere Nachricht von denen Vampyren oder so genannten Blut-Saugern, wobey zugleich die Frage, ob es möglich, daß verstorbene Menschen wiederkommen, denen Lebendigen durch Aussaugung des Bluts den Tod zuwege bringen und dadurch gantze Dörffer an Menschen und Vieh ruiniren können? gründlich untersucht worden, von PUTONEO. Leipzig 1732. in 8. 3. Bogen.

DIeses ist beynahe die erste Schrifft, die von denen Vampyren ans Licht gestellt worden. Der Verfasser derselben soll Hr. D. Meinig in Leipzig seyn.[11] Man findet darinnen so wohl die Relation des Kayserl. Provisoris, die A. 1725. zum Vorschein gekommen, als auch den neuen Acten-mäßigen Bericht aus Servien, [207] und den Brief an einen gewissen Doctorem Medicinæ zu Leipzig,[12] wobey nichts weiter anzuzumercken ist, als daß der Acten-mäßige Bericht in einigen Redens-Arten anders klinget, als wir ihn sonst gelesen haben. Nach beygebrachter Specie Facti führet der Herr Verfasser einen weitläufftigen Discours von der Vorsichtigkeit, die man bey Beurtheilung wundersamer Dinge brauchen müsse, und behauptet, daß zum öfftern bey denen wunderbarsten Dingen durch die Boßheit der Menschen ein grosser Betrug gespielet werde. Er erzehlet deßwegen ein gantz besonder Exempel von einer Weibes-Person, welche vorgegeben, daß sie nicht nur behexet, sondern auch von dem Teuffel zu gewissen Zeiten sehr übel geplagt würde; welches alles auff einen Betrug hinaus gelauffen, als man ihre paroxysmos durch eine Königl. Commission genauer untersuchet.[13] Alleine ob wir gleich dieses zugestehen, daß vielmahls mit solchen wunderbahren [208] Dingen ein grosser Betrug vorgehe, so folgt es doch nicht, daß es allezeit geschehe. Immittelst nimmt der Herr Verfasser darauff Gelegenheit die gantze Geschichte von denen Vampyren verdächtig und zweifelhafftig zu machen. Er schreibt unter andern p. 22. sqq. also: „Es ist gleich anfänglich zu mercken daß sich dieses Factum bey denen Rätzen, das ist bey einer solchen Art Menschen zugetragen haben soll, bey welchen nebst der grossen Unwissenheit von natürlichen Dingen, zugleich auch der allergröste Aberglaube herrschet, mithin bey solchen Subjectis, welche sich die närrischten Dinge einzubilden fähig, und ihre Popen ihnen weiß machen können, was sie nur wollen. Nechst diesen ist wohl zu observieren, daß es nach der neuesten Relation meistentheils krancke und sterbende Weiber, welche ausgesagt, daß sie von denen Vampyren wären gewürget worden, gewesen; Daß sich niemahls ein einiger Mensch gefunden, welcher mit Grund der Wahrheit sagen könte, einen solchen Vampyr, welcher von den Lebendigen das Blut ausgesauget und sie dadurch getödtet, gesehen zu haben, und eben daher kan auch nicht bewiesen werden, daß der gehlinge Tod bey dem Vieh von denen Vampyren herrühre; Ferner Daß dieses alte Mährgen, welches insgemein, wenn sich contagieuse Kranckheiten an dasigen Orten hervor zu thun pflegen, wiederum hervor gesucht zu werden pfleget; Daß bey diesem Facto so wohl der Kayserl. [209] Provisor, als auch die Herren Officiers bey der letzthin angestellten Inquisition nichts mehr, als daß sie unverwesete Cörper, welche bey der Durchstechung des Hertzens Blut von sich gegeben haben, und daß ihnen wieder andere Nägel und Haare gewachsen seyn sollen, aussagen können, mit nichten aber, daß diese Cörper eben die Ursache wären, daß andere Personen verstorben und daß sie solche gar umgebracht hätten; Daß bey diesen verstorbenen Leuten kein erfahrner Medicus gewesen, welcher dieser Personen wahrhaffte Kranckheit untersuchet, und deßwegen ein glaubhafftes Attestatum ausgestellet, woraus man denn von dieser gantzen Sache ein gegründet Urtheil fällen könte, daß der Clerus papalis vielmehr eine scharffe Untersuchung hindere, weil es seinem Interesse, wenn der gemeine Pöbel dieses alte Weiber-Mährgen vor wahr hält, sehr zuträglich. Denn wenn man bey diesem phænomeno die Ursache von einem bösen Geiste, oder von denen Seelen derer Verstorbenen herleiten wolte, würde dieses gewißlich ein stattliches Argument vor die Existentz des Fegefeuers dargeben können; Letztlich hat noch biß diese Stunde kein Mensch würcklich gesehen, daß ein Begrabener wäre aus dem Grabe aufgestanden, herausgewandert und sich nach seinen gehabten Verrichtungen wieder in das Grab gefüget und eingeschlossen hätte. Weil nun dieses alles solche Propositiones, welche den [210] fidem historicam ziemlich verdächtig machen können, so sieht man gantz deutlich, wie delicat und behutsam man in Beurtheilung dieser Zeitung verfahren müsse.“

Nachdem er diese Dubia voraus gesetzt, tritt er p. 25. der Sache von denen Vampyren etwas näher. Ich kan aber nicht leugnen, daß nicht seine Gedancken, die er von denen Wunderwercken und der Macht des Teuffels hat, mit dem, was ich hiervon in meiner ersten Dissertation ad §§. 14. sqq. und 18. sqq. selbst beygebracht, gäntzlich einerley seyn solten. Ich will einige Proben hiervon geben und die Leser beurtheilen lassen, ob nicht der Herr Verfasser Ursache gehabt hätte, meine Dissertation zu allegiren?

Ich schreibe z. E. in meinem Tractate de Masticatione Mortuorum Diss. I. p. 28. §. 14. also: Miraculum dicimus effectum illum divinum, qui extra ordinem & supra omnes causas naturales per influxum divinæ omnipotentiæ producitur ad confirmandam divinæ veritatis auctoritatem. Ferner p. 19. §. 15. Masticationes mortuorum si pro miraculis venditare velimus, vel miracula doctrinæ vel miracula providentiæ sint, necesse est. Miracula doctrinæ dudum in eccelsia exspirasse diximus. Spectant enim ad ecclesiam tantummodo plntandam. Miracula providentiæ sunt nil nisi rariora singularis providentiæ divinæ exempla, quæ præter consuetum [211] Naturæ ordinem fieri solent ad conservandam vitam nostram & corporis integritatem. Dieses drücket der Herr Verfasser im Deutschen p. 25. sq. also aus: „Ein göttliches Wunderwerck ist ein Effect durch GOttes Allmacht hervor gebracht, welcher nicht aus natürlichen Ursachen zu demonstriren, sondern lediglich dienet die Auctorität göttlicher Wahrheit ie mehr und mehr zu confirmiren. Unsere Herren Theologi theilen die Miracula divina insgemein in Miracula doctrinæ und providentiæ ein, jene haben schon längst, nachdem wir in Ecclesia plantata leben, aufgehöret, diese aber pflegen sich sehr selten zuzutragen und nur dann zu geschehen, wenn der Höchste auf eine gantz außerordentliche Weise, die wider den ordentlichen Lauff der Natur zu geschehen pfleget, vor unsere Conservation sorget.“

Der 21. §. p. 23. lautet in meiner Dissertation also: Diabolo nullum jus vitæ & necis in homines competit. Deus sibi soli hoc ceu regale divinum reservavit. Ad suam enim imaginem cum homines formaverit, nemini jus aliquod in eorum vitam & mortem concessit, nisi magistratui politico vices suas quasi gerenti. Hic solus gladium justitiæ super maleficos stringere debet. Quis vero Diabolo, illi de facie Dei detruso spiritui, qui ad æternas condemnatus est pœnas, tantam in homines per Dei Filium [212] in gratiam redactos assignaret potentiam, eos pro lubitu & enecandi & conservandi? Extra ordinem interdum quidem Deus ad puniendos homines mittit executores judiciorum suorum, sed Diabolum sibi pro sua sanctitate in tali negotio deligere non consuevit. Legimus equidem de Jobo aliisque viris sanctis in sacris literis, eos a Diabolo admodum male tractatos virgisque & colaphis haud levibus cæsos fuisse. Verum licentiam hanc, etsi Diabolus nisi a summo non impetrate potuit Numine, ita tamen accepit limitatam, ut in vitæ discrimen istos vocare prorsus non potuerit. Unde itaque tanta ipsius in mortuorum masticatione potestas? Permittit quidem sæpe Deus malo spiritui, ut apparitionibus suis quibusdam hominibus tantum horrorem incutiat, ut præ alteratione mortem subeant. Sed Diabolus mortis hujus causa tantum occasionalis est, non vero causa efficiens, quæ tamen in masticatione mortuorum esse deberet, si causas hujus Naturæ prodigii in Diabolo quæreremus.

Diese Gedancken eignet sich der Herr Putoneus p. 27. in folgenden terminis zu: „Daß dem Teuffel kein Jus vitæ & necis über die Menschen zustehe, ist eine ausgemachte Sache. GOtt alleine hat sich dieses Regale vorbehalten, welches er auf gewisse masse der weltlichen Obrigkeit, welche an GOttes Statt [213] sitzet, verliehen, wer wolte wohl glauben, daß der Teuffel, welcher von GOttes Angesichte verstossen und mit Ketten der Finsterniß gebunden, denen durch das theure Blut Christi erlöseten Menschen nur eine Haare krümmen, vielweniger ihnen das Leben nehmen könte. Nun lesen wir zwar in der göttlichen Heil. Schrifft, welchergestalt Hiob nebst andern Frommen sehr übel vom Teuffel geplagt worden, wir finden aber nicht, daß er ihnen das Leben hätte genommen, wo solte er denn hier bey diesem Casu eine solche Gewalt bekommen haben? So viel ist wohl gewiß, daß der böse Geist causa mortis occasionalis, nicht aber efficiens seyn könne. Denn wenn er vermögend, durch allerhand Erscheinungen denen Menschen eine Furcht einzujagen, so ist es auch wohl möglich, daß durch eine übermäßige Furcht der Tod zuwege gebracht werden könne. etc.“

Auff solche Art hat es dem Herrn Verfasser beliebt, fast alles, was ihm in meinen Dissertationibus merckwürdig geschienen, auszuschreiben, oder doch einen kurtzen Extract davon zu geben, ohne zu melden, woher er es habe und woraus er es genommen. Jedoch können wir nicht leugnen, daß er nicht auch hin und wieder seine eigene Gedancken einmischen solte. Dieses geschicht sonderlich p. 33. - 37. da er die neuesten Nachrichten aus Servien erleutert. Mit dem alten Weibe, das wegen des gegessenen [214] Schaaff-Fleisches den Anfang zu den Vampyren gemacht haben soll, hält er sich am weitläufftigsten auff. Er schreibet unter andern also: „Die alte Frau hat Schaaff-Fleisch gegessen und soll davon kranck worden seyn, welches gantz wohl möglich. Alleine der Umstand, daß das Schaaff von einem Vampyren wäre getödtet worden, und daß dieses die wahrhaffte Ursache ihrer Kranckheit und Todes, ist gantz unerweißlich. Denn wer hat denn gesehen, daß das Schaaff von einem Vampyren wäre umgebracht worden, und wo ist iemahls ein Vampyr von einem gesunden, wohl aber von denen Krancken, bey welchen die Phantasie, wie wir mit mehren zeigen werden, corrumpirt, ihrem Vorgeben nach gesehen worden. Woraus denn gantz deutlich zu schliessen, daß die Kranckheit dieser Frau zwar wohl durch das Fleisch von dem Schaaffe ihren Ursprung genommen haben kan, die Ursache aber ist nicht, weil es von einem Vampyr getödtet, sondern weil das Fleisch vielleicht etwas contagieuses, gifftiges, oder sonst eine Beschaffenheit an sich mag gehabt haben, welche der Frau ihre Kranckheit, ja gar den Tod verursachet. Meines Erachtens halte ich diesen Umstand mit dem Fleische vor einen von den allernotablesten, weil dadurch besage der Relation die Vampyren den Anfang genommen, da wäre es nun höchst nöthig, daß ein gelehrter, erfahrner und des Landes-kundiger Medicus und Physicus [215] eine scharffe und genaue Untersuchung angestellt hätte, ich bin gewiß versichert, es würde sich zu Tage legen, daß das Fleisch aus einer gantz natürlichen Ursache dergleichen malum causiren könne?“

Er hält das gantze Wesen vor eine Art der Kranckheit, dabey insonderheit eine starcke Phantasie concurrire. „Diejenigen Personen,“ schreibt er p. 36. „von welchen sie gedrückt und gewürget worden, sind eines plötzlichen Todes gestorben, welches ihnen eine sehr starcke Impression gemacht, mithin in beständigen Andencken stehet, wodurch es ihnen denn vorkömmt, als wenn solche würcklich zu ihnen kämen und sie plagten, zumahl da einmahl bey denen Leuten eine ausgemachte Sache, daß die Verstorbenen wiederkommen und die Menschen umbringen können, woher diese Phantasie mit einer entsetzlichen, ja fast tödtlichen Furcht vergesellschaffet, und deßwegen ist gantz wohl zu glauben, daß solchen in einem dergleichen Zustande sich findenden Leuten die Anwesenheit eines Verstorbenen so groß und wahrhafftig vorkömme, daß sie nichts so gewiß als dieses glauben.“

Er vergleicht hierauff diesen Zustand mit dem Alpe. Observant sensibus varia phantasmata, quæ vere se conspicere & a quibus injurias se pati autumant afflicti, sagt Juncker in seinem Conspectu Medicinæ Tab. L. de Incubo, gantz recht. „Ich bin gewiß versichert,“ [216] schreibt Putoneus ferner, „daß wer von dieser Kranckheit des Alp-Drückens befallen gewesen, wird wissen, mit was vor Angst, Furcht und Schrecken er umgeben, wie lebhafft ihm die Phantasie eine Person, welche sich auff ihn leget, und ihn drücket, darstellet, da solches doch vom Geblüthe und von einer spasmodica musculorum thoracis contractione, welche mit einer anxia & valde laboriosa respiratione verknüpfft, eigentlich seinen Ursprung genommen. Und wenn wir dieses auf unsern vorhabenden Casum appliciren, sehen wir hier eine ziemliche Gleichheit mit dieser Kranckheit. Denn erstlich kömmt unsern Patienten eben das im Schlaffe vor, nehmlich daß sie gedrückt und geplagt werden, was denen, welche der Alp drücken soll, begegnet; Vor das andere finden sich bey dergleichen Leuten auff der Brust und Halse rothe Flecke, wie solches der Herr Fähndrich von Kottwitz in seinem Schreiben mit diesen Worten: Da es denn in einem Augenblick einen rothen Fleck unter dem rechten Ohr gesauget, erwehnet. Eben dieses trägt sich auch bey dem Incubo zu. Remanent, spricht Juncker im gedachten Tractat, aliquamdiu ingens lassitudo, imo non nunquam maculæ rubicundæ, vel lividæ, sive in artubus, sive in pectore conspiciuntur.

Hierauff nimmt der Herr Verfasser Gelegenheit, p. 38. eine Transition auff meine zwey [217] Dissertationes de Masticatione mortuorum zu machen. Da er denn gantz recht vorgiebt, daß ich das Haupt-Werck auff eine Imagination oder besondere Phantasie setze, welche bey dem gantzen Phænomeno würcke und wundersame Effectus producire.

Alleine wenn er weiter unten p. 39. 40. behauptet, daß ich den Ursprung dieses Mali aus der Pest, deren Ursache ich in die Imagination gesetzet, wodurch selbe fortgepflantzet werde, hergeleitet, so giebt er deutlich zu erkennen, daß er mich nicht verstehe. Denn wenn ich Dissert. II. §. 47. schreibe: Sequentem in modum masticantium mortuorum phænomenon originem suam cepisse arbitramur, so soll dieses nicht so viel heissen, als „ich glaube, daß das phænomenon von denen schmatzenden Todten folgende Ursache habe,“ sondern: ich glaube, daß dieses phænomenon folgender gestalt oder durch folgende Umstände entstanden, oder zuerst bekannt und offenbahr worden. Denn daß die Ursache der Contagion nicht in der Einbildung bestehe, habe ich ja Diss. I. §. 49. p. 48. ausdrücklich widerlegt, ob ich gleich eben nicht leugnen will, daß nicht das Schrecken etwas dabey thun könte.

P. 42. sqq. zeiget Putoneus durch Anführung verschiedener Exempel, daß es nichts wunderbahres sey, wenn Cörper eine Zeitlang im Grabe unverweset bleiben. Es sind aber lauter solche Exempel, die in unserer Dissert. II. vorkommen, [218] worunter dasjenige, so von einem Bergmann in Ehrenfriedersdorff handelt, das vornehmste ist und daher von Wort zu Wort excerpirt worden. Seine Gedancken, die er p. 45. sq. von denen Ursachen der Incorruption und Putrefaction hat, sind ebenfalls ein Extract aus unsern Dissertationibus; gleichwie auch dasjenige, was er p. 47. sq. von dem Bluten der Cörper anführt. Aus allem diesen, was er vorgebracht, macht er den Schluß: Das alles, was von denen ausgegrabenen[WS 1] Cörpern in Hungarn oder denen so genannten Vampyren erzehlet werde, aus natürlichen Ursachen hergeleitet werden könte.

II.

Visum & Repertum über die so genannten Vampyrs oder Blut-Aussauger, so zu Medvegia in Servien an der Türckischen Granitz den 7. Jan. 1732. geschehen. Nebst einem Anhange von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern. Nürnberg 1732. in 8. 3. Bogen.

Der ungenannte Verfasser hat von denen Vampyrs weiter nichts als die Speciem Facti. Der Anhang aber, so das meiste ausmacht, handelt von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern. Von p. 17. biß 20. behauptet er, daß das ungewöhnliche Gepolter, Gekrache, und andere Getöse und seltsame Schall, so um die Gräber und Beinhäuser vernommen werde, ein Spiel des leidigen Teuffels sey; von p. 20. biß 28. suchet er solches durch verschiedene Exempel, [219] die gröstentheils aus Garmanni Tractat de Miraculis Mortuorum genommen sind, zu erweisen; von p. 28. biß 38. werden diejenigen widerlegt, die solches Gepolter, solches Kauen und Schmatzen der Todten einigen natürlichen Ursachen zuschreiben, und p. 38 - 45. werden die Ursachen angeführt, warum solches Werck dem Teufel zuzuschreiben u. was dabey zu rathen sey.

Er schreibet unter andern p. 38. also: „Man hat in geringsten nicht zu zweiffeln, daß solches Saugen, Schmatzen, Kauen und Fressen des Todten anders nichts als des Teuffels Gauckeley, Gespenst, Betrügerey und Boßheit, welcher unter des Begrabenen Person ein solches Schmatzen, Lecken und Beissen im Grabe verübet. Gleichwie nun dieser boßhafftige Geist fürnehmlich bey Pest-Läufften, da er GOttes Scharff-Richter ist, grosse Gewalt hat; also kan er auch auff Gottes Verhängniß nicht alleine eine Pestilentz, so über den gantzen Erdboden sich ausbreitet, erregen, sondern ist auch als ein rechter Verderber und Würg-Engel bemühet, durch mancherley Schreck-Possen zum Untergange menschlichen Geschlechts, solches Verderben zu erweitern und fortzusetzen.“

III.

Actenmäßige und umständliche Relation von denen Vampiren oder Menschen-Saugern, welche sich in diesem und vorigen Jahren im Königreich Servien hervorgethan. [220] Nebst einem Raisonnement darüber und einem Land-Schreiben eines Officiers des Printz Alexandrischen Regiments aus Medvedia in Servien an einen berühmten Doctorem der Universität Leipzig. Leipzig A. 1732. 8. 3. Bogen.

Der Verfasser[14] setzt gleich als eine gewisse u. unfehlbahre Wahrheit voraus, daß es drey wesentliche Theile des Menschen gäbe. „Die Lehre von denen drey Theilen des Menschen,“ schreibt er p. 5. „ist von gar alten berühmten und neuen scharffsinnigen Philosophis, denen doch die Welt trüglich gerichtet, vertheidiget und von vielen aus der Schrifft selbsten behauptet worden.“ Die Stellen, woraus er solches zu behaupten suchet, sind Gen. II. 7. Ps. XVIII. 29. Hiob. X. 12. Hebr. IV. 12. und Luc. I. 46. 47.[15] Alleine es ist die Frage nicht, ob Seele und Geist, wenn sie in der Schrifft beysammen stehen, etwas diverses bedeuten, sondern ob beydes zwey besondere wesentliche Theile des Menschen sind, die nebst dem Leibe den Menschen zu einem dreytheiligten Geschöpffe machen. Das erste wird Niemand leugnen und das letztere kein orthodoxer Theologus bejahen. Denn so wenig eine qualitas animæ die anima selbst ist, und eine qualitas corporis [221] das corpus selbsten, so wenig kan ich auch aus Leib, Seel und Geist drey besondere wesentliche Theile machen, weil Seel und Geist hier nicht dem Leibe als zwey andere wesentliche Theile entgegen gesetzt werden, sondern nur ex singulari emphasi collective den gantzen Menschen mit allen innerlichen und äusserlichen Facultatibus animi & corporis andeuten. Es muß der wahre Verstand der Worte Seel und Geist allezeit aus dem Context erkannt werden. Bißweilen heist die Seele so viel als das Leben und der Geist so viel als der Verstand und das Gemüthe. So wenig nun Leib, Leben, Verstand, Gemüthe, Vernunfft, Affecten und dergleichen zusammen vor wesentliche Theile des Menschen zu halten sind, ob sie gleich einander bißweilen an die Seite, bißweilen auch wohl gar entgegen gesetzt werden, so wenig kan man auch aus Leib, Seel und Geist drey besondere wesentliche Theile des Menschen machen. Wie die Vegetantz und Lebhafftigkeit zum Leibe, und die Vernunfft, der Verstand, das Gedächtnüß, das Gemüthe, die Scharffsinnigkeit und dergleichen zur Seele gehören; also kan man alles, was ins besondere von der Seele und dem Geiste gesagt werden kan, gar füglich unter den beyden Theilen Leib und Seele begreiffen.

Es heist demnach nichts, was der Herr Verfasser p. 6. weiter spricht: „Wenn sich ein Casus ereignet, welcher ohne dieser hypothesi de tribus partibus sich nicht resolviren lässet, so [222] wissen diese guten Leute nicht, wo sie sich sollen hinwenden.“ Man kan auff eine viel wahrscheinlichere Weise, oder wenigstens doch eben so bequem dergleichen Casus erörtern, als wenn man die hypothesin de tribus partibus zum Grunde setzet. Wir werden weiter unten hören, wie geschickt unser Autor den Hungarischen Casum nach seinen Principiis zu erleutern vermag. Er theilet die Leute in Ansehen desselben in drey Classen ein und urtheilet von ihnen also: „Die meisten nehmen ihre Zuflucht zum Teuffel. Der ist ein Tausend-Künstler, der richtet solche Wunder an. Andere, die der Philosophie noch Platz geben wollen, sagen ja wohl, es sey eine sympathie; wenn man aber wissen will, was sympathie ist, so können sie nicht leugnen, daß sie obscurum per idem obscurum explicirt. Die dritte Art solcher Leute ist diejenige, welche sich nicht verrathen und zu solchem Ende lieber die gantze Geschichts-Erzehlung in Zweiffel ziehen wollen. Denn, sagen sie, es seyn so viel Historien in der Welt von Hexen, von Gespenstern, von Kobolden und dergleichen, welche letztlich alle falsch und als Betrug erfunden werden: Ergo sind alle Geschichte in rebus metaphysicis dieses Gelichters.“

Hierauff erzehlet er die oben beygebrachte speciem Facti von denen Hungarischen Vampyrs, und fängt so denn an, darüber zu philosophiren. Sein Eingangs-Discours lautet also: „Unsere Meinung hierüber zu entdecken, dürffen [223] wir zum Voraus unerinnert nicht lassen, daß Aër, so die Philosophi unter die Elemente rechnen, von denen Hebräern nicht darunter gesetzt werde,[16] indem in der Welt was höhers und geheimeres als die Elemente seyn müsse, welches gleichsam das Mittel und der Leim seyn solle, so die Formas superiores mit denen Materiis inferioribus d. i. den Himmel mit der Erde oder die Seele mit dem Leibe verbinde; und das ist der Welt-Geist, welcher alle Geheimnisse der himmlischen Gegend und deren Influentz als ein Schooß der gantzen Natur in sich begreifft und den übrigen Elementis und elementatis mittheilet, wodurch die Geister der Menschen, welche sehr weit entfernt sind, mit einander conferiren, und geistlicher Weise sprechen können. Denn mit denselben vereinbahren sich die Geister des Menschen gar leichtlich, weil sie daher, als aus einer Quelle entsprungen und ihrer Substantz nach von selbigen nicht anders unterschieden sind, als ein Tropffen Wasser von seiner Massa. Dieses ist der Geist, welcher sich selbst in das menschliche Geblüthe verwandelt, in welcher sichtbahren Gestalt er nichts destoweniger unsichtbahre Dinge, nehmlich die vernünfftige Seele, ja gute und böse Geister begreifft. Denn das letztere lehret uns die heil. Schrifft selbst, und die tägliche Erfahrung z. E. an denen Besessenen. Daß [224] aber die Seele ihren Sitz in diesem contracto spiritu habe, wird aus vielen Schrifft-Stellen erwiesen. Daher sagt GOTT Gen. IX. 4. 5. Esset das Fleisch nicht, das noch lebt in seinem Blut: Denn ich will auch eures Leibes Blut rächen und wills an allen Thieren rächen, an einem ieglichen Menschen, als der sein Bruder ist; und deßwegen heisset beym Job. XXIV. 12. Daß die Seele der Erschlagenen schreye wegen der Violation ihrer Wohnung, die sie im Geblüthe hat. Denn des Leibes Leben ist im Blut Lev. XVII. 10. welches v. 14. nachdencklich wiederhohlet wird. Ja! spricht der geneigte Leser, das geb ich leichtlich zu, daß das Blut im Geist und in diesem Geist die Seele wohne? Quid inde? Ich möchte gerne wissen, wie das möglich sey, daß ein Geist eines lebendigen Menschen Blut aussauge? Dieses zu beantworten, muste obiges præmittirt werden. Wir haben nehmlich gesagt, daß vermittelst des allgemeinen Welt-Geistes die Geister mit einander correspondiren können. Gleichwie aber gütige und boßhafftige sind, also ist auch ihre Conversation, wenn man es nach menschlicher Art so nennen darff, entweder gut oder böse. Das erstere nennet man Sympathiam, das andere Antipathiam. Denn wo die Geister sehr von einander unterschieden seyn, da kan unmöglich eine Ubereinstimmung seyn. Wenn aber ein Reich mit ihm selbst uneins wird, wie will das bestehen? Es reibt eines das andere [225] auff. Wenn nun die Theile des Menschen auffhören, vereinigt zu seyn, das ist, wenn der Mensch stirbt, so geht die Seele zu GOtt, der sie gegeben hat. Der Leib wird zur Erde. Der Geist aber geht nach des Leibes Verwesung in das geistliche Meer, woraus er geflossen ist, zurücke. Mit welcher Impression nun die Seele von den Menschen ausfähret, mit solcher ist ohne Zweiffel sein Vehiculum, der Astral-Geist, imprægnirt, und daher entstehen nach der Separation gute oder böse Operationes. Wir finden in obiger Relation von verschiedenen Vampyren, daß sie bey ihren Lebzeiten schon gesagt, daß sie nach ihrem Tode Menschen-Sauger werden würden, und was ist vor ein Zweiffel, daß sie auch beym letzten Augenblick ihres Lebens eben diese schädliche Gedancken werden gehabt haben, und daß diese Begebenheiten die Effecta davon seyn, welche um so viel eher von iedweden vor possible gehalten werden, wenn er weiß, daß das Geblüthe nicht anders als ein Geist sey. Daß aber ein Geist könne ausgesaugt werden, ist nichts unerhörtes, indem schon Hiob durch GOttes Zulassung von denen Antipathetischen Geistern, so ihm doch an das Leben nicht kommen durfften, also geplagt und erschreckt wurde, daß er c. VI. 4. klaget: Die Pfeile des Allmächtigen stecken in mir, derselben Grimm säufft aus meinen Geist und die Schrecknisse Gottes sind auff mich gerichtet.“ Schöne Raritäten. Schöne Spielwercke!

[226] Hierauff folgen die Reflexions über die Actenmäßige und umständliche Relation von den Vampyren oder Menschen-Saugern. Es kommt dem Verfasser auf folgende 6. Phænomena an, die er an denen Vampyren einer Untersuchung würdig achtet: 1.) Die Unverweßlichkeit der Cörper, 2.) das Wachsen der Haare und Nägel, 3.) das frische und fliessende Geblüthe, 4.) dieser Cörper Würckungen in die lebendigen Menschen, 5.) die geschehenen Executiones an denen entseelten Cörpern und 6.) das Schreyen eines gewissen Vampyrs, so bey der vollstreckten Execution gehöret worden.

Wenn ich meine Gedancken aufrichtig von dieser Schrifft eröffnen soll, so hat der Verfasser dabey meine Dissertationes zum Grunde gelegt und das, was wir darinnen von dem Principio Vitalitatis gesagt, auff seinen Welt-Geist applicirt, auch sich bemühet, die neuesten Relationes aus Hungarn daraus zu erleutern; wie glücklich er aber darinne gewesen, will ich in etlichen Proben weiter unten zeigen.

Daß der Autor allerdings meine Dissertationes gebraucht haben müsse, geben folgende Stellen zu erkennen. Er schreibet p. 25. also: „Dieser menschliche Geist macht, so lange er in dem Cörper ist, daß er wachsen und zunehmen, schwach und starck werden kan, welches von der unsterblichen Seele nicht gesagt werden kan, als deren Wesen keiner Veränderung unterworffen [227] ist. Inzwischen dependirt das menschliche Leben allerdings von der Seele, dieweil ein Mensch kein Mensch mehr ist, wenn ihm ein wesentlicher Theil desselben abgehet, sondern er bleibt nur ein Leib. Nun fragt es sich, ob ein Leib, der keine unsterbliche Seele mehr in sich hat, dennoch lebhafft seyn könne? Wir tragen nach unserer Hypothesi kein Bedencken, hierauff mit Ja zu antworten. Denn da der Mensch, wie wir bey unserer Relation erinnert, schon, ehe noch die Seele gewesen, geschaffen worden, so hat er, wenn man ihn an sich betrachtet, nicht anders seyn können als lebendig. Qualis enim causa, talis effectus. GOTT kan nichts todtes schaffen, der das Leben selber ist. Also muste in dem Leibe schon was lebendes d. i. ein Geist seyn, sonst wäre derselbe nicht ein Leib, sondern ein Bild, Statue oder dergleichen etwas gewesen. Der menschliche Leib besteht also aus einem Geist, den er mit allen andern Cörpern in der gantzen Natur gemein hat und der mit dem allgemeinen Welt-Geiste zusammen hangt. Wenn nun gleich der Mensch sein eigentlich so genanntes Leben verliehret, so behält er doch seine Vitalität, die er mit andern Cörpern gemein hat.“

Dieses ist beynahe von Wort zu Wort aus meiner II. Dissertation §. 15. - 17. p. 65. sqq. übersetzt und abgeschrieben worden. Denn da lautet es im Lateinischen also: Hominis corpus [228] ex materia vivida & vegetante conditum est. Hinc crescere & nutriri, hinc debilitari & corroborari, hinc morbidum fieri & iterum reconvalescere potest. Quæ omnia de anima dici nequeunt, quippe quæ spiritus est, in cujus essentiam ceu simplicissimam nulla unquam cadit mutatio. Interim hominis vita omnino ab anima pendet, quia homo homo effe definit, simul ac aliquas pars constitutiva seu essentialis incipit cessare. Quicunque itaque animam reddidit, jure dicitur mortuus esse, quia residuum corpus corpus quidem, at non homo dici potest. Quæritur nunc, utrum, corpus reddita anima adhuc manere possit vividum & vegetans? Nos secundum principa nostra non negamus. – – Quum corpus jam ante animæ existentiam formatum sit, non potuit non illud per se spectatum fuisse vividum. Deus enim immortalis mortuum aliquod creare nequit. Hinc prima quoque materia vigens fuit atque vegeta. Et cum humanum corpus ex eadem & non ex alia, quæ mortua, conditum sit materia, omnino quoque vigens ac vegetum esse debuit. – – – Quæ si ita se non habuissent, corpus non verum corpus, sed forsitan statua aliqua vel salinea vel lapidaria fuisset; quod tamen dictu absurdum foret. Humanum itaque corpus ex materia constat, quæ per se vivida est ac [229] vegetans, & quæ omnibus corporibus totius naturæ communis. – – Tota enim Natura unum quasi corpus est in omnibus individuis obvium atque præfens. Etsi quoque individuum specificam suam deponat vitalitatem, non tamen universalis vitalitas propterea in eo cessat, utpote quæ omnibus corporibus semper communis est.

Pag. 34. schreibt der Herr Verfasser also: „Wie demnach eine feindseelige Hexe den Strahl ihrer Augen auff ein Kind richtet, mit der festen Intention selbiges zu behexen, und das Kind dadurch gleich behext oder beschrien wird“ etc. ingleichen weiter unten: „Wenn ein Geist seine Ideen auff gewisse Menschen richtet vel ad benedicendum vel ad maledicendum aut agendum, fangen selbige gleich an, verborgen in ihnen zu operiren. Gleichwie aber dieses unter den lebendigen Menschen geschiehet: so kan der Geist eines Menschen auch nach dessen Tode seine schädliche Intention und Impression, die er in Articulo mortis gehabt, in eines lebenden Menschen Geist exerciren.“ Dieses kömmt vollkommen überein mit dem, was ich in meiner andern Dissert. §. 41. 53. und 54. p. 85. und 95. geschrieben, allwo es im Lateinischen also heist: Si itaque odio impleta saga aciem oculorum in infantem direxit, cum firmissima hac intentione, ut eum fascinet, infans statim incantatur, quod vulgo dicimus beschrien etc. It: Quando [230] itaque homo validissima sua imaginatione ideas potentiasque suas ad certos homines vel ad benedicendum vel maledicendum dirigit, istaæ statim in ipsos occulte operari incipiunt. – – Hæ vero potentiæ per intensissimam imaginationem excitatæ ne quidem post hominis mortem cessant, sed operantur, quamdiu non in sua operatione turbantur.

Pag. 42. läst sich unser Herr Autor also vernehmen: „Was ist nun vor ein Mittel, dergleichen Würckung zu begegnen? Kein anders, als das die Philosophie selbst vorschreibt: Tollatur causa, tolletur effectus. Man suche des erscheinenden Geistes Ideen zu stören, welches die Leute zu Medwedia nach der Zeugen Aussage probat befunden haben. In Hercule Sax. c. XI. lieset man, daß einsmahls die Pest in gantz Pohlen grassirt etc. Unsere von denen Vampyren angefochtenen Medwedier machen es noch besser, sie schlagen nicht nur denen Cörpern einen Pfahl durchs Hertz, sondern verbrennen sie gar zu Aschen; wodurch die Wohnung des Geistes auff einmahl zerstöret und der Geist also mit seinen Ideen turbiret wird.“ Hiermit harmonirt, was in unserer andern Dissertation §. 56. p. 97. steht: At nunc a re non alienum videtur, si vulneribus hisce quoque medelas præscribere tentemus. – – – Communissimum in hoc casu consilium in eo consistit, ut masticans cadaver capite truncetur. [231] Hercules Sax. c. XI. de Plica sequentem propterea enarrat auditionem: A. 1572. graffatur pestis in tota Polonia. – – – Plebem in Hungaria haud secus fecisse comperimus. Simulac enim mortis suorum causam se invenisse rata est, palum exacuit, cum quo cadaver transfixit & tanto quidem furore, ut in his non acquieverint, fed istud denique in rogum miserint & ad cineres redegerint.

Aus diesen Proben erkennet man zur Genüge, daß der Verfasser dieser Schrifft bey allen seinen wunderlichen hypothesibus dennoch einen plagiarium abgegeben. Er hat das vornehmste aus meinen Dissertationibus excerpiret und sichs als seine eigenen Gedancken zugeschrieben. Damit wir aber dem Leser auch einige Proben von dessen eigenen Einfällen geben mögen, wollen wir eines und das andere aus dessen Schrifften anführen.

Wenn er p. 26. die Frage auffwirfft: Woher kömmt demnach die Unverweßlichkeit derer Vampyren? So antwortet er p. 27. darauff: „Es kan solche nicht anders deducirt werden als von diesem Geist.[17] Wir haben oben gesagt, daß solcher gegen den allgemeinen Welt-Geist zu consideriren sey, als ein Tropffen Wassers, [232] der von seinem Meer umgeben sey, durch dessen Krafft er vermehret, belebet, beweget und nutriret wird. Dieses Nutriment nun geschiehet, indem er seines gleichen zu sich zieht und an sich sauget. Wir wollen dieses mit einem raren Experiment, welches Robertus Fludd oder de Fluctibus Lib. II. de Tritici Anatomia beschreibet, erleutern. Es machte nemlich derselbe einen Spiritum aus Weitzen-Körnern, welcher weiß war und helle, wie ein Crystall, da er ihn aber an das Licht brachte, hat er zwischen beyden eine solche Sympathie wahrgenommen, daß derselbe Geist mit seiner magnetischen Krafft eine formale Tinctur an dem Lichte an sich gezogen, welche dessen crystalline weisse Farbe in eine Rubin-rothe innerhalb wenig Stunden verändert. Woraus denn, wie die Multiplication in Regno vegetabili so wohl als animali zugehe, kan geschlossen werden, darum sagt der angeführte Engelländer l. c. Ideo sequitur, quod spiritus hic sibi & sui generis materiam assugat & quod materia, naturali quodam Appetitu, portionem lucis sibi requisitam ad ejus informationem attrahat. Und an einem andern Orte: Hæc procul dubio est substantia ex qua sangvis animalis creatur. Wie aber dieser Geist seines gleichen an sich ziehe, belehret uns das Exempel des salis Tartari, welches den in der Lufft verborgenen volatilischen Geist mit einer magnetischen Krafft an sich ziehet, [233] biß es wegen der aërischen Substantz, die er an sich gesogen, so crud und flüßig wird, daß es in der Gestalt eines Liqueurs, wie gemein Wasser zu fliessen pflegt. Wenn nun solcher gestalt der Geist auch bey einem entseelten Cörper ist und sein Nutriment haben kan, so ist leichte zu erachten, warum die Vampyren lange nach ihrem Tode eine Unverweßlichkeit und Lebhafftigkeit sehen lassen.“

Das Wachsthum der Haare, Nägel und Haut schreibt er p. 29. ebenfalls dem Nutrimente dieses Geistes zu, und beweiset solches durch nachfolgendes Experiment: „Einsmahls ruffte mich mein Laborante, so ein Frantzose von Geburth war, ins Laboratorium und zeigte mir ein dünnes eisernes Blech, welches auff einen irrdenen Topff gedeckt war, worinnen er einen Theil von denen Hefen, woraus nachgehends der Weitzen-Spiritus gemacht wurde, ohngefehr 5. Wochen lang auffgehalten hatte; da ich denn observiret, daß dieser durchdringende Geist aus dem Topff, worinnen er eingeschlossen war, hinauffgestiegen und den eisernen Deckel durchbohret, auch seiner natürlichen Würckung nach so starck operiret, daß er 10000. Hälmigen, so dem Croco ähnlich waren, wie das auffgehende Getrayde von dem Eisen in die Höhe getrieben und hervorkeimend gemacht, welche alle in der Länge einer kleinen Nadel gewachsen waren.“ Hieraus soll, seiner [234] Meinung nach, deutlich abzunehmen seyn, daß die thätige Krafft des Geistes, welcher bey denen Vampyren ist, die einige wahrhaffte würckende Ursache sey, daß ihnen neue Nägel, Haare und Haut gewachsen.

Daß das Geblüthe in denen todten Cörpern frisch und fliessend gewesen, ist ihm p. 31. leichte zu begreiffen, wenn man nur wisse, was er oben demonstriret, daß der Geist von dem allgemeinen Welt-Geiste nutrirt werde. Die rothe Farbe des Bluts schreibt er ebenfalls dem Welt-Geiste zu, als in dem solche verborgen läge und durch des menschlichen Geistes magnetische Krafft eingesogen werde.

Den Schrey, den ein gewisser Cörper bey geschehener Durchstechung des Hertzens von sich gegeben haben soll, hält er p. 43. 47. vor wahr. Es sey nehmlich der Geist dieses Vampyrs durch den ergrimmten Geist der Medwedier in der Execution gequälet und zum Schreyen bewogen worden. Es sey dieses gar nichts unerhörtes und könne solches von dem Commercio, welches die menschlichen Geister vermittelst des allgemeinen Welt-Geistes mit einander hätten, gar leichte herrühren.

IV.

Kurtzes Bedencken von denen Acten mäßigen Relationen wegen derer Vampyren oder Menschen- u. Vieh-Aussaugern ingleichen über das davon in Leipzig herausgekommene [235] Raisonnement vom Welt-Geiste, an gute Freunde gesandt von Gottlob Heinrich Vogt, Medic. Pract. Leipzig 1732. in 8. 1. Bogen.

ES ist dieses eine kurtze Widerlegung der vorigen Schrifft, darinnen die ungereimten Dinge, die entweder in derselben würcklich enthalten sind, oder daraus fliessen, kurtz recensirt werden, wobey der Verfasser Gelegenheit nimmt, seine eigenen Gedancken beyzufügen. Das Schwanger-werden der Ehefrau, deren verstorbener Mann wieder zu ihr gekommen seyn soll, hält er vor gantz natürlich. „Denn der Mann,“ schreibt er, „ist gleich den andern Tag wieder ausgegraben worden, auch nicht lange kranck gewesen, wie die andern, folglich ist leichte zu schliessen, daß er kurtz vorher noch beym Leben, seine Frau ordentlich hergenommen, welche davon schwanger worden, und weil beyde also von einem Giffte inficirt und die Naturen corrumpirt gewesen, auch eine Mißgeburth habe folgen müssen, und mag dieses noch der Frau ihr Glücke gewesen seyn, daß sie schwanger worden, folglich der Gifft auff die Leibes-Frucht gekommen und sie beym Leben erhalten worden.“

Er schreibet überhaupt das gantze Phænomenon von denen Vampyrs und Blut-Saugern einem beygebrachten qualificirten Giffte zu. Daß aber die Leute vorgäben, es käme ein Todter wieder, geschehe aus einer Raserey, die der communicirte [236] Gifft verursache, aus welchem denn auch ein turbirter Schlaff und Träume erfolgten. In übrigen halten wir die gantze Schrifft vor ein unvollkommenes und sehr confuses Schediasma, das aus einer übereilten Feder geflossen.

V.

Curieuse und sehr wunderbahre Relation von denen sich neuer Dingen in Servien erzeigenden Blut-Saugern oder Vampyrs, aus authentischen Nachrichten mitgetheilet und mit Historischen und Philosophischen Reflexionen begleitet von W. S. G. E. A. 1732. in 8. 8. ½. Bogen.

DIeses ist die weitläufftigste, aber gewiß, nicht die geschickteste Schrifft, die wir von denen Vampyrs zu sehen bekommen. Der Autor hat sich zwar nicht getrauet, seinen Nahmen völlig darunter zu setzen, doch läst sichs aus der Schreib-Art leichte schliessen, daß er ein Medicus in Halle sey. Es besteht die gantze Schrifft in so genannten Anmerckungen über die Hungarischen Relationes von denen Vampyren.

Der Autor will das Ansehen haben, daß er nicht nur ein tieffsinniger, sondern auch schertzhaffter Philosophus sey. Er hat vielleicht vermuthet, daß sich über seiner Schrifft die Gelehrten nicht sonderlich die Köpffe zerbrechen würden, daher er allen Fleiß angewendet, nach Art der [237] Marcktschreyer die Liebhaber durch lustige Schwencke herbey zu locken. Er gestehet p. 101. selbsten, daß er bey Abfassung dieser Schrifft von sehr gutem Humeur gewesen. Alleine es ist nur zu beklagen, daß der gute Humeur ihn des Gebrauchs seines Verstandes beraubet, indem er so viele ungereimte Dinge und falsche Schlüsse hier und dar einfliessen lassen, daß man wohl siehet, er sey der Mann noch lange nicht, vor dessen Feder man sich zu fürchten habe, wenn er damit zu Felde ziehen wolle.

Die Herren Medici haben sich zu gratuliren, daß sie an ihm denjenigen gefunden, der sie aus ihrer Noth erretten können. Denn es versichert der Herr Verfasser p. 16. daß bey diesem Wunderzeichen, die Vampyren betreffend, Niemand übler daran gewesen, als die Herren Medici, die der eine da, der andere dort beym Ermel gekriegt und von ihnen wissen wollen das, was sie selbst bekennen, noch nicht genungsam erforscht zu haben. Aber siehe da! hier ist der Mann, der vor den Riß steht! Er ist, seinem Vorgeben nach, gezwungen worden, sein altes Studenten-Sprüchelgen wahr zu machen: Si tacuisses, Philosophus mansisses. Denn man hat ihn hier und da genöthiget, wie er p. 17. klaget, ein Denckmahl seiner Unwissenheit abzulegen. Man hat Mittel gefunden, zu machen, daß er der Marter abzukommen, zusammen geschrieben, was er hin und wieder davon discurirt gehabt. Alleine es soll dieses nicht im [238] Ernst, sondern im blossen Schertz zu verstehen seyn. Der Herr Autor will sich nicht gerne selbst loben, weil er von seinen sinnreichen Gedancken überzeugt ist, daß sie überall Approbation finden würden. Alleine mich deucht immer, es sey hier kein Schertz zu verstehen. Der viele Mischmasch der vorgetragenen Sachen giebt sattsam zu erkennen, daß er alles zusammen geschrieben, was ihm in seinem Realien-Buche zu Gesichte gekommen, es hat sich hieher schicken mögen, oder nicht.

Alleine was hat denn der Herr Verfasser durch seine geschwängerten Ideen ausgeheckt? Er spricht p. 17. selbsten, ein Kalb; „aber kein güldnes, welches zu seiner Resolution einen so künstlichen Chymicum, als Moses gewesen, bedürffe, sondern ein grob fleischernes, quod pingve quiddam sapit.“ Alleine es entschuldiget sich derselbe damit, daß es die Leute nicht anders haben wollen. Wenn sonst ein Wirth seine Gäste scharff zum Truncke forciret und es entstehen Kälber daraus, so pflegen sich die Gäste insgemein damit zu entschuldigen: daß, da es die Leute nicht anders haben wolten, so mögen sie es auch haben. Aber daß dergleichen von einigen Scribenten, die sich von ihren Lesern kein geneigtes Urtheil zu versprechen gehabt, geschehen seyn solte, können wir uns nicht erinnern, gehört oder gelesen zu haben.

Denen Herren Geistlichen vermeint er einen rechten Rang abgelauffen zu haben; daß er ihnen mit seiner Schrifft zuvor gekommen, ehe sie ihr [239] Urtheil von denen Vampyrs der Welt bekannt gemacht. Er muß gewiß! mit ihnen viel zu thun gehabt haben und wohl gar einmahl in ihre Kirchen-Censur gefallen seyn, daß er sie mit ihrem Amts-Eyfer so empfindlich durchziehet. Gescheute Leute können es zum wenigsten nicht seyn, oder wenigstens sind sie nicht vor gescheuter zu achten, als der Herr Verfasser, die bey aller Gelegenheit und ohne Ursache die Geistlichen mit ins Spiel mengen und sie mit ihrem Amte, das sie an Gottes Statt führen, auffziehen.

Es wird kein vernünfftiger Geistlicher so gleich eine Sache, die Niemanden ein Aergerniß giebt und ihrer wahren Beschaffenheit nach noch verborgen ist, auff die Cantzel bringen und nach Art der Medicinischen Quacksalber ein Geschrey davon machen. Es darff sich daher unser gelehrter Marcktschreyer über der Contenance derer Geistlichen, die sie in Ansehen derer Vampyrs bewiesen, nicht auffhalten, noch vielweniger sie mit denen waschhafftigen alten Weibern vergleichen, sondern nur zusehen, daß er nicht selbst das Emblema verdiene, das er durch Abmahlung des zur Saltz-Säule gewordenen Weibes des Ertz-Vaters Loths, mit der Uberschrifft: Mulier tacens; auff die Geistlichen macht und darüber mit einem höllischen Hohn-Gelächter ausrufft; Welch ein Wunder über Wunder! Hier sieht man auch einmahl ein Weib, das schweigen kan!
[240] Er theilet seine Anmerckungen in 4. Abtheilungen ein, und handelt in solchen 1.) von denen unverweseten Cörpern, 2.) von denen schmatzenden Todten, 3.) von denen blutsaugenden Vampyrs und 4.) von denen Mitteln, sich dafür zu bewahren. Alleine er führt seine Sachen so aus, daß er dabey bleiben kan. Entweder er gläubt das und jenes nicht, oder was er gläubt, schreibt er dem Teuffel oder sonst einer übernatürlichen Ursache zu.

Bey Betrachtung der unverweseten Cörper thut er nichts weiter, als daß er Exempel davon anführt und endlich p. 29. sq. den Schluß macht, daß ob gleich bißweilen sich hierinne etwas ausserordentliches in der Natur zutragen könne, so folge doch nicht, daß solches die Ursache der Incorruption, derer in Servien ausgegrabenen Cörper sey. Ich bekenne meine Einfalt, schreibt er p. 31. vor Herren und Frauen, daß ich dabey über die gewöhnliche Gesetze der Natur hinaus dencke.

Das Kauen u. Schmatzen der Todten schreibt er p. 36. sqq. denen vor todt gehaltenen und lebenbendig begrabenen zu, weiß aber denen, die ihm dißfalls allerhand Einwürffe machen, weiter nichts zu antworten, als: Wenn wir nun davon in die Länge und in die Quere ein paar Stündgen raisonirt, so ist der Beschluß: und ein ieder gieng also heim unverrichteter Sachen. Joh. VII. 52. So sein weiß der Herr Verfasser sich der heil. Schrifft zu bedienen! [241] Die Blut-saugenden Vampyrs hält er p. 46. vor den Haupt-Bengel (wie er in seiner hochdeutschen Mund-Art zu reden gewohnt ist) welchen GOTT denen Gelehrten fürgeworffen, und glaubt, daß wer den nexum causalem hiervon zeigen könte, foret orbi magnus Apollo. Ob nun wohl der ingenieuse Verfasser sich vor einen solchen GOTT der Weißheit nicht ausgeben will, so mag man doch gar füglich behaupten, daß er noch mehr als Apollo seyn wolle. Denn er will diejenigen censiren, beurtheilen und widerlegen, die er doch selbst vor Apollines hält.

Jedoch raillerie a part! Der Herr Verfasser ist weder ein Apollo noch ein Meister des Apollinis, ja nicht einmahl ein Schüler desselben. Es wird sonsten denen Medicis nachgerühmt, daß sie die besten Physici wären; wie denn auch Niemand in Abrede seyn wird, daß nicht die Erkänntniß der Natur der Grund des gantzen studii Medici seyn solte; und siehe! hier tritt ein Medicus auff, der öffentlich die Operationes corporis in corpus leugnet! Wer will ihn vor etwas anders, denn einen Empiricum und Quacksalber halten? Denn diese machen sich auch breit mit ihrer grossen Kunst; weil sie aber alles auff die Erfahrung gründen und keine Erkäntniß von denen Kräfften der Natur haben, so verachten sie alle hypotheses gelehrter Physicorum und bleiben bey ihrer Marcktschreyerey.

Zu einem Beweise dient der nachdrückliche [242] Discours, den derselbe p. 47. - 50. über meinen Tractat de Masticatione Mortuorum ausgeschüttet. Er hat darinne eine gantz besondere Beredsamkeit sehen lassen, weil er Deutsch und Lateinisch glücklich unter einander zu werffen und die periodos auff eine ungemein geschickte Weise zu verbinden gewust. Jedoch darüber haben wir nicht Ursache uns auffzuhalten. Wir schreiten vielmehr zur Sache selbsten und vernehmen zuförderst, was er von mir, als dem Verfasser dieses Tractats, hält. Er schreibet davon p. 47. also: „Einige wollen diese Wäsche alleine aus der Philosophie auswaschen. Und da war schon, nisi fallor, Anno 1725. oder 1726. vornen draus Herr. M. Michael Ranfftius, V. D. M. welche literæ initiales ohne Zweiffel bedeuten: Verbi Divini Minister. Man würde es aber ohne diesem Zusatz leichte errathen haben, daß der Auctor ein Geistlicher seyn müsse, so bald man seine 2. Dissertationes de Masticatione mortuorum in tumulis gelesen hätte. Nicht zwar, als wenn er so bigotisch mit der Schrifft und Theologischen Waffen stritte; denn diese hält er für zu stumpff gegen seine Philosophie, sondern weil die Arbeit eben sonst so gerathen ist, wie sie gemeiniglich zu gerathen pflegt, so offte Theologi philosophiren wollen.“

Wenn man sonst eine Schrifft widerlegen und die Grund-Sätze derselben über den Hauffen werffen will, so pflegt man dieselbe genau anzusehen [243] und zu durchlesen. Dieses kan der Herr Adversarius nicht gethan haben, weil er mit einem nisi fallor, d. i. wo ich nicht irre, mich zu widerlegen anfängt. Jedoch es ist gut, daß er diese Bedingung beygefügt, weil er nun so viel besser sich nunmehro entschuldigen kan, wenn er eines Irrthums überführet wird. Es bestehet aber dieser Irrthum nicht etwan in der unglücklichen Erklärung der Buchstaben V. D. M. Denn da hat er einen glücklichen Oedipum abgegeben, wenn er dafür hält, es bedeute so viel als Verbi Divini Minister. Er muß ohnfehlbar auch wissen, was diese Worte auff Deutsch heissen, weil er darauff versichert, daß man es auch ohne diesem Zusatz würde leicht haben errathen können, daß der Auctor ein Geistlicher seyn müsse, so bald man seine Dissertationes gelesen.

Er muß, nach Herrn D. Rüdigers hypothesi, ein starckes Principium divinationis haben, daß er so glücklich rathen kan, zumahl, da er versichert, er habe in denen Dissertationibus selbsten nichts Theologisches gefunden. Aber ich möchte doch gerne wissen, woraus er es schliessen wolte, daß der Autor dieser Dissertationen ein Geistlicher sey, wenn er es nicht aus der Unterschrifft und daß es sehr Theologisch geschrieben sey, erkennen will? Denn er bezeugt ausdrücklich, daß ich nicht so bigotisch und abergläubisch, wie sonst die Theologi pflegten, mit der Schrifft und denen Theologischen Waffen gestritten, sondern dieselben vielmehr für zu [244] stumpff gegen meine Philosophie gehalten; Nichts desto weniger sey die Arbeit eben so gerathen, wie sie gemeiniglich zu gerathen pflegt, so offte Theologi philosophiren wollen. Aber worinnen besteht denn der Unterschied des Philosophirens zwischen einem Theologo und einem Politico? Und wodurch habe ich denn die Regeln eines guten Philosophi hindan gesetzt? Es ist nicht genung, daß der Herr Verfasser etwas vorgiebt, er muß es auch beweisen. Unserm Bedüncken nach reimet sich dieses gar übel zusammen, als ein Theologus philosophiren und die Theologischen Waffen für zu stumpff gegen die Philosophie halten.

Jedoch weiter in Text! Er schreibt p. 47. sq. ferner: „Wenn es diesen Herren Niemand sonst vertrauet hätte, als der cordate Thomasius, so solten sie zum Nachdencken gebracht worden seyn. Sed æthiops non dealbatur.“ Diese Worte brauchen ihrer Geheimniß-vollen Bedeutung wegen einen Schlüssel. Denn ich bekenne mit gutem Gewissen, daß, wenn es mein Leben kosten, solte, ich nicht weiß, was der tieffsinnige Auctor damit haben will. Ob er mich vor einen Thomasianer hält, oder vor einen Aethiopier; ob die Rede von allen Theologis überhaupt, oder nur von meiner Wenigkeit insbesondere ist, laß ich an seinen Ort gestellet seyn, so viel ist gewiß, daß ich Thomasium weder gehört noch gelesen, und daß dessen Principia sehr weit von denen Theologischen Grund-Sätzen der Wahrheit entfernt sind. [245] Unser obscurer Herr Verfasser schreibt weiter: „Nun unser Herr M. Ranfft hat sich fürgenommen, alle diese oben beschriebenen wunderlichen Begebenheiten aus der Natur der blossen Materie und Operatione corporis in corpus zu erklären, ohne einen göttlichen, oder menschlichen, oder englischen, oder teufflischen Geist dabey nöthig zu haben. Es gehet alles aus dem heut zu Tage so sehr beliebten Mechanismo und Communicatione motus non nisi per materias possibili. Welchen Künstlern unser Herr D. Alberti in seinem specimine Theologiæ Medicæ einen scharffen Text lieset p. 90. sqq. dessen mich nicht weiter annehme.“ In diesen Worten verräth der Herr Verfasser seinen Unverstand gar sehr, denn er hält die Operationem corporum in corpora vor einen Mechanismum, und beschreibet solchen als eine Communicationem motus non nisi per materias possibili. Die Operatio corporum in corpora ist das Principium Sympathiæ & Antipathiæ, der Mechanismus aber oder die Hebekunst das Principium dererjenigen Bewegungen, die durch äusserliche Zwangs-Mittel geschehen. Wie nun die Sympathie und Antipathie dem Mechanismo allezeit entgegen gesetzt wird, so sehe ich nicht, wie ich beydes mit einander vermengen könne, ohne einen offenbahren Fehltritt in der Vernunfftlehre zu thun. Es schadet mir also nicht, ob gleich Herr D. Alberti in Halle dergleichen Leuten einen [246] scharffen Text lieset; denn ich bin kein Mechanicus, und wenn ichs auch wäre, wolte ich mich doch dafür nicht fürchten, noch auf den Hn. Verfasser um seinen Beystand imploriren, ob ich gleich nicht wüste, daß er allen Mechnicis solches versaget, indem er p. 48. versichert, er wolle sich keines weiter annehmen.

Bißher hat der gute Mann lauter Lufft-Streiche wider mich gethan; nunmehro aber thut er einen Versuch, mir auch eine würckliche Wunde beyzubringen. Dieses geschicht in folgendem Satze: „Doch supponirt Herr M. Ranft keine materiam inertem & passivam, sondern infinitis potentiis & vitalitatibus foecundam & gravidam. Diese neue Notion der Materie beweiset der Herr Autor daher, weil GOTT materiam primam nicht anders als voller Leben und Actuosität habe erschaffen können, indem er kein todter un müßiger, sondern ein lebendiger und actuoser GOtt in actu creationis gewesen sey. Wohl gezielt, aber schlecht getroffen. So werden wir denn eine ewige, allmächtige, unendliche, allweise, allgütige, geistliche etc. Materie von nun an haben.“

Er macht in diesen Worten den Schluß: Qualis causa, talis effectus. Atqui causa est Deus, Ergo effectus est Deus; und will solchergestalt mir imputiren, daß ich die Creatur zu GOtt gemacht und ihr eben die Eigenschafften zugeeignet, die GOtt zukommen, weil ich vorgegeben, GOtt, als ein lebendiges und actuöses Wesen, habe nichts todtes schaffen können. [247] Alleine wer erkennet nicht das Sophisma, das der Herr Verfasser begehet? Qualis causa, talis effectus, ist zwar ein bekannter Satz, ob ihn gleich schon längst viele scharffsinnige Philosophi verworffen.[18] Sollen wir ihn gelten lassen, so müssen wir ihn gehörig limitiren,[19] sonst müste allerdings folgen, die Creatur sey selbst göttlich und so könten wir das obige Argument κατ’ ἄνθρωπον gebrauchen, wenn anders der Herr Verfasser nicht leugnet, daß GOtt der Schöpffer aller Dinge sey.

Wie die Causa von vielerley Art ist, so hat man auch GOTT nicht als eine iedwede Art der Causæ in Ansehen seiner Geschöpffe anzusehen. Ein anders ist Causa efficiens, ein anders causa formalis, ein anders causa materialis. Wenn von der Creatur auf den Schöpffer geschlossen wird, so heist GOtt nicht causa formalis oder materialis Universi hujus, sondern nur causa efficiens, welches eine causa externa ist, die nichts mehr als existentiam und originem rei in sich schließt, nicht aber essentiam & formam. Hierzu wird eine causa formalis & materialis erfodert, die interna ist, und von Gott nicht aus seinem Wesen, sondern [248] durch sein Macht-Wort aus nichts hervorgebracht worden. So wenig ich nun von einer Uhr sagen kan, sie hat die Eigenschafften des Uhrmachers, so wenig kan ich auch sagen, die Welt hat die Eigenschafften des Schöpffers, der sie geschaffen, ob man gleich im Sprichwort zu sagen pflegt: Qualis causa, talis effectus. Denn GOtt und der Uhrmacher sind nur die causæ efficientes externæ der Welt und der Uhr. Aber ein anders ist es, wenn ich sage; Dieses Thier ist ein Hund, dieser Baum trägt Aepffel etc. Denn wenn jenes von einem Hunde geworffen und dieser von einem Apffel-Baume gepflantzet worden, so kan ich schliessen: qualis causa, talis effectus. Denn da ein alter Hund seiner jungen Hunde und ein Apffelbaum seiner Zweige und Sprossen causa formalis und materialis ist, so ist dieser Satz richtig. Aber nun fragt sichs: Warum habe ich denn in meiner Dissertation von dem lebendigen GOtt auf die lebendige Materie geschlossen? Ich antworte, daß, obgleich solches geschehen, so ist es doch nicht Krafft des Satzes geschehen: Qualis causa, talis effectus; sondern vielmehr nach dieser Regel: Cujus causa bona est, illud ipsum bonum est. Denn da alles, was gut ist, eine Krafft sich zu bewegen oder ein Leben in sich haben muß, so würde gewiß der ersten Materie das vornehmste Stück ihrer Güte und Vollkommenheit fehlen, wenn es kein Leben d.i. keine Krafft zu würcken und sich zu bewegen hätte. Da nun die erste Materie einen so vollkommenen Schöpffer und Werckmeister [249] hat, so darff es ihr allerdings auch an keiner solchen Krafft fehlen. Und die Sache selbst erfordert es nicht anders. Solte die erste Materie das principium seyn, woraus alle animalia, vegetabilia und mineralia, die sämmtlich eine Krafft sich zu bewegen, oder ein gewisses Leben in sich haben, gebildet worden, so durffte es auch der ersten Materie selbst nicht daran mangeln, nach dem bekannten Axiomate: Quicquid est in effectu, illud præexistit in causa.

Solchergestalt, hoffe ich, mich sattsam wider den Herrn Verfasser dieser Schrifft vertheidiget zu haben. Das übrige, was derselbige wider mich vorbringt, ist keiner Antwort wehrt. Denn er erzehlet bloß meine hypothesin und setzt p. 49. hinzu: „Wie sich nun der Mann hiemit viel Unerwiesenes heraus nimmt: also muß er sich noch weit mehr zwergen, wenn er seine principia ad hypothesin bringen und auf die fürgelegten phænomena appliciren soll. Es grauet einem vor dem Zwange, wie er sich drehen und hundert Umstände fingiren muß, diese effectus aus seiner, obwohl lebhafftigsten, Materie heraus zu drechßlen.“ Ob der Verfasser wahr geredet, mögen andere selbst prüfen. Mir ist es kein Zwang gewesen, auff diese hypothesin zu fallen und solche auff gegenwärtigen Casum zu appliciren. Ich glaube auch nicht, daß es an Beweißthümern fehlen soll, die Sache wahrscheinlich zu machen. So viel aber ist freylich wohl gewiß, daß es viel leichter sey, eine [250] ausserordentliche Begebenheit in der Natur dem Teuffel zuzuschreiben, als einer Operationi magicæ corporum Denn zu jenem brauche ich keinen sonderlichen Beweiß, hier aber muß alles aus denen Kräfften der Natur dargethan werden. Ist nun solches dem Herrn Verfasser zu begreiffen zu schwer, so muß man dencken: Ne sutor ultra crepidam.

Jedoch wir müssen uns noch weiter von dem tieffsinnigen Philosopho belehren lassen. Er schreibt p. 49. ferner: „Ich sehe also wohl, man muß hie ein principium vitale haben, man mag es nun einen Geist, oder Archeum oder balsamum corporum, oder materiam infinitis potentiis vitalibus refertam, oder anders nennen. Warum eckelt man doch so den Nahmen eines Geistes, und bildet sich lieber tausenderley schwerere Dinge ein, wie es möchte zugehen können, als daß man συνέργειαν spiritus zulassen will? Muß denn auch diß Kennzeichen der ersten Welt an uns eintreffen: die Menschen sind Fleisch!“ Es giebt der Herr Verfasser in diesem Worten zu erkennen, daß er davor halte, es sey einerley, einen Welt-Geist oder eine solche Materiam, wie ich in meiner andern Dissertation beschrieben, zu statuiren. Ob ich nun wohl nicht gäntzlich leugnen kan, daß nicht von vielen Philosophis unter dem Welt-Geiste eben das solte verstanden worden seyn, was wir Materiam primam genennt, so haben wir doch um des Mißbrauchs willen lieber von [251] dieser Benennung abstehen wollen, zumahl da viele unter dem Welt-Geist gantz was anders verstehen, als wir unter unserer Materia prima. Selbst unser Herr Verfasser verstehet mehr einen spiritum purum als eine sonderbahre Krafft, die mit einem Geiste verglichen werden könte, darunter, wenn er mir es vor übel hält, daß ich mir lieber, wie er vorgiebt, tausenderley schwerere Dinge einbilden wollen, als eine συνέργειαν spiritus zuzulassen u. das Wort Geist zugebrauchen. Daß ich aber dadurch das Kennzeichen der ersten bösen Welt an mich genommen, von welcher es heist: sie hätte sich GOttes Geist nicht mehr straffen lassen wollen, weil sie Fleisch oder fleischlich gesinnt gewesen, wird kein vernünfftiger Mensch glauben, sondern vielmehr aus diesen Worten schliessen: Der Herr Verfasser müsse nicht allezeit unter dem Huthe richtig seyn.

Noch eins habe ich von seinen ingenieusen Einfällen wider mich anzuführen. Er bestehet in folgenden sinnreichen Gedancken: „Ich hatte wenige Zeit zuvor in das Engelländers Chambers Lexico Univ. Art & scient. Lond. 1728. gelesen, daß er meint, der Enthusiasmus sey denen Artificibus und Inventoribus, wie Artium also auch Systematum, ja dem gantzen menschl. Geschlechte so eigen, daß der Mensch bißher könne beschrieben werden, er sey ein Animal enthusiasticum, als wie vulgo, ein animal rationale. Das hat sich auffs wenigste an [252] dem Hrn. Auctore verificirt. Gewiß, er muß in einem starcken raptu enthusiastico gewesen seyn, da er ein solches Systema von so lebvoller Materie, von so unerweißlichen suppositionibus, von so Chimerischen Einbildungen, daß der Haß die Imagination der Verstorbenen dermassen anflamme, daß sie solche Tragoedie unter den Lebenden spielen können, ersonnen hat.“

Hiermit macht er mich zum Enthusiasten. Aber was ist denn eigentlich ein Enthusiaste? Eigentlich wird derjenige also genennet, der sich vor entzückt hält, der nicht glaubt, daß er bey sich selbst sey; hernach wird es von allen Fanaticis gebraucht, die auff Träume und Offenbahrungen halten, ingleichen von allen, die etwas aus einem ausserordentlichen Triebe und ohne Empfindung thun, wie vielmahls denen Poeten ein solcher raptus ankömmt. Nun möchte ich wissen, wer mehr ex raptu enthusiastico geschrieben, ob ich oder der Herr Verfasser? Was ich geschrieben habe, ist mit Uberlegung und nicht ohne Beweiß und Vernunfft-Schlüsse geschehen, der Herr Verfasser aber gesteht p. 17. selbsten: man habe ihm ein Denckmahl seiner Unwissenheit abgenöthiget, man habe ihn gezwungen, zusammen zu schreiben, was er hin und her zerstreuet discuriret habe, woraus ein Kalb worden, daß er selbst vor kein güldenes, Exod. XXXII. 24. sondern ein grob fleischernes ausgiebt; p. 56. gestehet er ausdrücklich: „ich weiß nicht, träumt es mir, oder habe ichs wahrhafftig [253] irgendwo gelesen etc.“ und p. 101. spricht er: „er habe mit seiner Schrifft keinen einigen Menschen beleidiget noch angestochen, ausser was etwan mehr aus guten humeur als bittern Gemüthe über den Herrn Autorem Diss. de Masticatione mortuorum der elenden Feder entfallen seyn möchte.“ Er ist solchergestalt seiner selbst nicht mächtig gewesen und hat folglich einen stärckern raptum enthusiasticum gehabt, da er diese Schrifft verfasset, als ich bey Abfassung meines Systematis, da nichts aus Ubereilung und ohne Uberlegung, sondern alles aus gutem Bedacht und mit Vernunfft-Schlüssen geschrieben worden. Er mag also so lange ein Animal enthusiasticum bleiben, als ich mit GOtt gedencke, ein Animal rationale zu seyn.

Nachdem der Herr Verfasser, seiner Meinung nach, mich mit meinen Dissertationibus sattsam widerlegt und zu Schanden gemacht, giebt er sich Mühe, in einem weitläufftigen, aber sehr unvollkommenen, Discurse die gantze hypothesin von der Imagination zu widerlegen und darzuthun, es sey das gantze Werck derer Vampyrs ein Werck des Teuffels. Hierbey setzet er p. 77. diese hypothesin von der Cooperatione, συνεγεία und Mitwürckung des Teuffels feste: Quodcunque principium analysin phænomenorum physico-mathematicam non modo non turbat vel impedit, sed potius confirmat atque illustrat, imo expeditiorem & evolutiorem reddit, illud [254] principium a bono Philosopho qua tali negligi, aut fastidiri non debet. Atqui principium de συνεργείᾳ alicujus spiritus vel boni vel mali analysin & c. Ergo. Wir lassen diesen Canonem gelten, wenn er gehörig limitiret wird. Wenn das Principium veruin & ad phænomena, de quibus sermo est, applicabile ist, darff es allerdings von keinem Philosopho verworffen werden. Alleine das Principium von der Cooperatione des Teuffels oder eines andern Geistes, ist vors erste nicht demonstrativ, und vor das andere nicht überall applicable, daher kan es auch zu keinem gewissen Principio und Grund-Satze in der Philosophie gemacht werden. Denn wenn diese Cooperation als ein allgemeiner Grund-Satz gelten solte, wäre es uns leichte, alles, was wir nicht gleich verstehen, dem Teuffel oder einem andern Geiste zuzuschreiben, ja es könte auch einer die allerwunderlichsten Meinungen und hypotheses aushecken, und wenn er in einem und dem andern mit dem Beweise nicht fortkommen könte, dürffte er nur sprechen: Das hat der Teuffel gehtan: so wäre die Sache richtig. Aber das wäre eine gar einfältige und denen alten Weibern eigene Art zu philosophiren. Wo wir die Klauen des Teuffels nicht deutlich sehen, können wir ihm nichts weiter als etwan causam moralem zuschreiben. Denn ob wir gleich seine Cooperationes nicht leugnen, so können wir doch dieselben nicht determiniren und gewiß [255] anzeigen. Wir thun besser, wir sagen bey wunderbahren Begebenheiten in der Natur: wir wissen nicht, wie es zugeht, als daß wir sie temere GOtt oder dem Teuffel zuschreiben. Denn da wir die wahren Umstände und Endzwecke solcher Dinge nicht einsehen können, würden wir die Wercke GOttes und des Teuffels leichte mit einander vermengen und auff allerhand gefährliche Abwegen der Wahrheit gerathen, die uns in grosse Irthümer und Vorurtheile stürtzten, wenn wir so leichtsinnig in Angebung der übernatürlichen Ursachen seyn wolten. Eine Christlicher Philosophus thut nicht besser, als er forschet so lange nach natürlichen Ursachen, als er kan, und hütet sich, daß er nichts wider die heil. Schrifft und deren geoffenbahrte Wahrheit behaupte. Findet er seine Carceres, darüber er nicht weiter kommen kan, so bekenne er lieber seine Unwissenheit, als daß er es sogleich GOtt oder dem Teuffel zuschreibt. Denn wenn er gleich beyder Cooperationes in Natura nicht leugnen kan, so kan er doch nicht gewiß determiniren: Das ist GOttes und das ist des Teuffels Werck.

Pag. 90. sq. fängt der Herr Verfasser an, von denen Mitteln zu handeln, wodurch man sich denen schädlichen Würckungen derer Vampyrs widersetzen kan. Er muß mit dem Frauenzimmer viel Umgang haben, weil er versichert, daß er es bloß denen ängstlichen Frauen zu Gefallen gethan, die ihn um GOttes willen gebeten, ihnen zu sagen, ob diese entsetzlichen Gäste und [256] grausamen Vampyrs nicht auch allgemach zu uns kommen möchten? Er hält die Zernichtung und Verbrennung derer Cörper und die vor dem Lebens-Ende geschehene brüderliche Versöhnung vor die besten Mittel, denen Würckungen derer sogenannten Vampyrs zu widerstehen.

Pag. 98. agirt er einen Commentatorem der heil. Schrifft, legt aber davon eine so schlechte Probe ab, daß man Ursache hat, GOtt zu bitten, daß er sein heil. Wort vor denen Verdrehungen solcher leichtsinnigen Leute in Gnaden bewahren wolle. Denn wenn Christus Matth. V. 25. spricht: Sey willfährig deinem Widersacher bald etc. überantworte dem Richter und der Richter dem Diener; so versteht er unter dem Diener den Teuffel. Er erklärt sich hierüber also: „Ich sorge, wir haben in der gemeinen Homiletic die volle Krafft dieser Worte noch nicht erreicht. Diese Worte gehen gewißlich in ein geheimes Gerichte der Geister-Welt hinein, und zeigen nicht undeutlich an, daß ein abgeschiedener zorniger Geist noch viel Recht und Macht über den hinterlassenen ungerecht zürnenden habe, denselben zu binden und dem Gerichte GOttes und durch dasselbe der Hand des Teuffels zu überliefern. Wir sind freylich hospites und Fremdlinge in dem unsichtbahren Reiche der Geister: allem Ansehen aber nach haben die abgeschiedenen Geister mit den unsern manche Communication, sonderlich was auff die Liebe und Persöhnlichkeit ankömmt.“ [257] Der Schluß seines Discurses ist nicht weniger merckwürdig, als dessen Anfang. Denn er giebt darinnen seine Liebe zu denen Gottesgelehrten sehr deutlich zu erkennen, wenn er schreibt: „Doch ich muß nicht zu viel von dem Teuffel reden, damit ich nicht denen Herren Theologis in ihr Amt greiffe, denen zukömmt, daß sie seyn agminis infernalis exploratores, wie der seel. D. Fecht ihnen diese geistliche Wachtmeisters-Stelle zugeschieden (auf gut Deutsch beschieden) hat.“

Auff diesen gründlichen Discurs folgt ein absonderlicher Beschluß und einige supplementa. Der Beschluß besteht in einer captatione benevolentiæ, die so wohl den Leser überhaupt, als mich insonderheit angeht. Den Leser geht es überhaupt an, wenn er ihm dancket, daß er die Gedult gehabt, ihn zu hören und seine Schrifft zu lesen.

Er will vor einen rechten Göckelmann angesehen seyn, wenn er schreibt: „Auff deren Verlangen ich geschrieben habe, die kennen mich freylich wohl. Aber sie haben ein sigillum auf sich, es Niemand zu sagen. Und ausser ihnen wird es sonst Niemand erfahren. Bißweilen habe so geschrieben, daß manche meinen werden, ich hätte mich deutlich entdeckt. Ich versichere aber, wenn sie dencken werden, sie hätten mich in Händen, so werde ich am weitesten entfernt seyn.

Es geht ferner auch den Leser überhaupt an, [258] wenn er bittet, man möchte sich doch nicht Mühe geben, ihn zu widerlegen, er muß gewiß seiner Schrifft wenig Wahrheit, sich selbst aber wenig Geschickligkeit zutrauen, sonst würde er sichs ein Vergnügen seyn lassen, das, was er geschrieben, zu vertheidigen. Der Verfasser kömmt mir nicht anders für, als ein großsprecherischer Thraso, der so lange, als er einen Rückenhalt hat, alle Leute insultiret; so bald man ihn aber alleine kriegt und Revenge sucht, zitternd zu Fusse fällt und mit denen niederträchtigsten Geberden um Gnade bittet, auch sich zu aller Satisfaction versteht. Seine Gründe, die er anführet, den Leser zur Erbarmung zu bewegen, daß er ihn nicht widerlegen solle, bestehen darinne: „Es ist wahr,“ schreibt er, „was ich Eingangs ohne schema gesagt habe, was hie stehet, seynd zusammen gestoppelte Discurse. Es ist nicht nach der Schärffe der methodischen Gesetze raisonirt; es solte populariter nach dem Gousto gewisser Personen geschriebe werden, die mit subtilen Demonstrationen nicht wollen ermüdet werden; es ist eine schwere und verborgene Materie an sich selbst; hatte noch keinen Fürgänger; habe keinen einigen Menschen beleidiget noch angestochen etc.“

Aber was hat denn der gute Autor der beyden Dissertationen de Masticatione mortuorum gethan, daß derselbe nach dem eigenen Geständniß des Verfassers vor andern hat beleidiget und angestochen werden müssen? Ob er ihn [259] vor keinen wahren Menschen, sondern vielleicht nur vor einen Vampyr gehalten, oder ob er ihn sonsten nicht vor voll ansieht und meinet, es verlohne sich nicht der Mühe, denselben in die bekannte Regel einzuschliessen: Neminem lædas; lassen wir als etwas unbekanntes an seinen Ort gestellet seyn. Es will zwar der Herr Adversarius einen Unterschied machen unter denen Beleidigungen, die aus bittern Gemüthe und unter denen, die aus gutem Humeur geschehen. Aber ich möchte wissen, wie er dieses aus denen gesunden principiis des Juris Naturæ erweisen wolle? Wenn die Beleidigungen, die aus gutem Humeur geschehen, vor recht und erlaubt zu halten, so mag einen ein Narre vexiren u. affrontiren, wie er will, so wird er mit der Entschuldigung: ich thue es aus gutem humeur, auskommen können. Hat der Herr Verfasser erkannt, daß ich es vor eine Beleidigung auffnehmen würde, was er wider mich geschrieben, so hätte er es unterlassen sollen, es hätte mögen aus gutem humeur oder aus bitterm Gemüthe geschehen. Immittelst habe ich mir seine Distinction gefallen lassen und mehr aus gutem humeur als bitterm Gemüthe dem Herrn Verfasser geantwortet, was ihm zu antworten gewesen ist, ob er gleich p. 101. versichert, es werde an ihm wenig Ehre auffzuheben seyn.

Jedoch warum solte man nicht Ehre von ihm haben, da er in seiner Schrifft mehr als einmahl zu erkennen giebt, er sey ein ausländischer Gelehrter, [260] der viel Meilen weit von hier wohne. Alleine ich dencke immer, er wird nicht weit her seyn. Vielleicht ist es Herrn D. Alberti in Halle Famulus, weil er denen Principiis dieses, sonst gelehrten, Mannes mit solchem Eyfer zugethan ist. Jedoch er mag seyn, wer er will, so fürchten wir uns doch nicht vor ihm, wenn er gleich schreibt: „Doch will ich auch nicht allzu niederträchtig um schön Wetter bitten, sondern getrost erwarten, was da kommen möchte, versichernd, daß ich nicht alle Charten ausgeworffen, sondern noch eine zum Stich-Blat übrig in der Hand behalten habe.“

Die Supplementa enthalten einige Zusätze zu denen vorher beygebrachten Anmerckungen.

VI.

Philosophischer Versuch, ob nicht die merckwürdige Begebenheit derer Blut-sauger in Nieder-Ungern, A. 1732. geschehen, aus denen principiis naturæ, ins besondere aus der sympathia rerum naturalium und denen tribus facultatibus hominis könne erleutert werden etc. von CHRISTOPH. FRID. DEMELIO, Vinariensi. A. 1732. in 8. 1. Bogen.

DEr Herr Verfasser, der eines Predigers Sohn aus Oldisleben seyn und sich bey einer gewissen Herrschafft als Informator auffhalten [261] soll,[20] behauptet, daß solche Blutsaugerey geschehe per sympathiam, oder Vim unitivam corporum naturalium specialiori vinculo naturæ conjunctorum. Hierüber erklärt er sich also: „Das Universum rerum oder die gantze Welt stehet mit einander in der allergenauesten Connexion, und der allweise Schöpffer hat diejenigen Dinge, so gleicher Natur und Beschaffenheit sind, naturali quodam vinculo so mit einander verbunden, daß sie nicht allein die stärckste Neigung zu einander haben, sondern wohl gar bißweilen dasjenige einander rauben, woran eins vor dem andern Mangel leidet und solche eingepflantzte Neigung oder Trieb der Natur kan weder durch die Distantz der Oerter, noch durch corpora intermedia verhindert und auffgehalten werden, welches man an der Würckung des Mangnets oder an zweyen Lichtern, deren Flammen, wenn sie nahe zusammen kommen, nach einander zueilen, augenscheinlich wahrnimmt. Und dieser Trieb der Natur wird um so viel mehr befördert, ie mehr als gantze Universum harmoniret, und keine Materie sich solcher eingepflantzten Neigung widersetzet, sondern vielmehr darzu beförderlich seyn muß.“ Dieses applicirt er auff die Vampyrs, iedoch so, daß ich nicht anders als dem Urtheile des gelehrten [262] Hn. Verfassers der Theologischen Bibliotheck beystimmen kan: wenn er also[21] schreibt: „Ich zweifele gar nicht, daß es der Hr. Verfasser bey diesem seinem Philosophischen Versuche gut gemeint; ob ers aber auch gut getroffen, davon wird man theils in dem Sympathetischen, theils in dem Aristotelischen Reiche der Welt-Weißheit urtheilen müssen.“

Eine Probe davon zu geben, läst er sich von denen Vampyrs also vernehmen: „Sie sind zwar todt anzusehen ratione animæ rationalis, weil derselben Würckung an ihnen gäntzlich cessiret, auch sind sie nicht mehr am Leben ratione animæ sensitivæ, weil ihre corpora keine sinnliche Empfindung mehr haben; sie leben aber noch ratione animæ vegetativæ, weil wir an ihnen wahrnehmen, daß sie nicht allein von aller Corruption frey, sondern noch darzu das frische Blut in sich haben. Dieses Corpus vegetabile nun suchet zu seinem Nutriment erstlich dasjenige, was ihm am nächsten ist, daher es öffters kommen, daß die Todten im Grabe ihre Sterbe-Kleider verzehret, welche man ihnen daher biß dato nicht gerne am Mund bringet, oder wohl gar sich Hände und Füsse abgefressen und darüber im Grabe zum öfftern ein recht erstaunlich Schmatzen getrieben, daher man in diesen Landen ihnen, wenn sie ietzo [263] sollen eingesencket werden, nochmahls den Mund mit Erde beschüttet, dieses Organon durch eine schleunige Verwesung zu solchen erstaunlichen Operationibus ungeschickt zu machen.“

Wenn er einige Scribenten anführt, die von dem Schmatzen der Todten im Grabe geschrieben, begeht er unstreitig einen Fehler, wenn er einen, Nahmens M. Rumpf, darunter zehlet, der davon eine Dissertation gehalten. Denn ob ich wohl einen Nahmens M. Rumpf in Leipzig gekannt, so weiß ich doch gewiß, daß er hiervon nichts geschrieben. Es soll also entweder M. Ranfft oder M. Rohr heissen.

VII.

Eines Weimarischen Medici muthmaßliche Gedancken von denen Vampyren oder so genannten Blut-Saugern, welchen zuletzt das Gutachten der Königl. Preußischen Societät derer Wissenschafften von gedachten Vampyren mit beygefüget ist[22] Leipzig 1732. in 8. 5. Bogen.

DEr Anfang dieser Schrifft geschicht mit Erzehlungen von solchen Leuten, die nach dem [264] Tode wieder auffgestanden und die Leute geplagt, gewürget und getödtet haben sollen. Wobey merckwürdig ist, was der Herr Verfasser aus des Mr. de la Croix Etat present des Nations & Eglises Grecque, Armenienne & Maronite Lib. I. cap. 25. folgender gestalt erzehlet: „Die Griechische Kirche glaubet, daß der Teuffel die Cörper dererjenigen besässe, welche im Bann sterben, und daß er durch dieselben denen Lebendigen vielen Schaden zufügte. Die Griechen nennen solche Leiber Bulcolaccas, Burcolaccas, Burculaccas und Buthrolaccas, welche Benennungen nach des Herrn de la Croix Ubersetzung reissende Wölffe heissen sollen. Denn die Griechen, schreibt er, sagen, daß sie des Nachts auff denen Gassen herum lieffen, heuleten, an die Thüren schlügen und die Leute bey ihrem Nahmen rufften; Diejenigen nun, welche ihnen antworteten, müsten, wie sie glauben, so gleich sterben; Und dieses wäre eben die Ursache, daß die Griechen demjenigen, welcher sie zur Nacht-Zeit ruffte, auff den ersten Ruff keine Antwort gäben. Sie sollen auch, wenn etwan ein Sterben, oder eine Hungers-Noth entstehet, alles diesen in dem Bann verstorbenen Cörpern zuschreiben, deßwegen die Gräber umwühlen, und wenn sie darinnen noch das geringste von solchen Leibern finden, ein groß Feuer machen und ein Todten-Opffer anstellen, bey dessen Ende aber den Bann auffheben und die Leiber verbrennen.“ [265] Unser Herr Verfasser urtheilet, daß alles, was, Mr. de la Croix von denen Burculaccis vorbringe, aus dem Tournefort;[23] dieser es aber aus Leonis Allatii Epistola de quorundam Græcorum opinationibus entlehnet habe, welches wir ihn verantworten lassen. Immittelst ist die Beschreibung, die Allatius von denen Burculaccis giebt, wehrt, gelesen zu werden. Man kan hierüber auch die Lettres serieuses & badines Tom V. Part. I. p. 213-233. nachschlagen. Pag. 13. gedencket auch der Herr Autor, daß Herr Prof. Geelsausen im verwichenen Monath April an Herr D. Götzen in Nürnberg einen Brieff geschrieben und darinnen gemeldet, daß ein Dorff Hozeploz genannt, in Schlesien wäre, woselbst die Menschen, wie gesagt würde, nach ihrem Tode zu den Ihrigen sehr offte pflegten zurücke zu kommen, mit ihnen zu essen und zu trincken, ja gar mit ihren hinterlassenen Weibern sich fleischlich zu vermischen. Und wenn reisende Leute zu der Stunde des Nachts, da sie aus ihren Gräbern heraus giengen, durch das Dorff marchirten, lieffen sie ihnen nach und hockten ihnen auff. vid. Commerc. Litter. Hebdom. XVIII. a. c.

Alleine was hält denn unser Herr Verfasser von allen solchen Geschichten? Er spricht p. 14. Welcher vernünfftiger Christ wird diesen [266] und andern dergleichen Erzehlungen Glauben zustellen können? Er hält demnach das gantze Wesen derer Vampyrs vor eine Art der Kranckheit und widerlegt daher umständlich alle diejenigen, die es einem andern Principio zuschreiben. Von p. 16 biß 19. hat er mit mir einerley Gedancken und vielmahls auch einerley Worte. Pag. 21. sqq. hat er mit denen zu thun, die dieses phæhomenon einem Astral-Geiste zuschreiben und daher drey wesentliche Theile des Menschen statuiren. Er widerlegt auch p. 25. die drey Seelen des Menschen, die Aristoteles zuerst auff das Tapet gebracht. Pag. 26. gedencket er einiger, die die Vampyren vor gewisse Insecta oder vor eine Gattung der Eidexen und Tarantulen gehalten; sie kriegen aber von ihm ebenfalls ihre Abfertigung. Das Kommen derer Vampyren hält er vor ein Mährgen, weil Niemand dieselben noch gesehen hat. Die eigentliche Kranckheit hält er in der Relation des Kayserl. Provisoris vor epidemisch, und in dem Acten-mäßigen Berichte schreibt er sie dem gegessenen unreinen Schaff-Fleische zu, dadurch nachgehends mehr Leute angesteckt worden, wobey die Furcht und falsche Einbildung, die sie von denen Vampyrs sich gemacht, viel beygetragen. Daß es kein blosser Alp und Incubus gewesen, daran die Leute gestorben, wie Herr D. Stock in seiner Diss. de corporibus sanguisugis vorgiebt, erweiset er dadurch, weil derselbe dem Menschen niemahls tödtlich sey. [267] Endlich zeiget er umständlich, wie die phænomena, die man an denen ausgegrabenen Cörpern wahrgenommen, allesamt natürlich gewesen. Zum Beschluß ist das Gutachten der Königl. Preußischen Societät der Wissenschafften von denen Vampyren oder Blut-Aussaugern beygefügt, welchen wir zum Beschluß einen Platz in unserm Tractate verstatten wollen.

VIII.

Auserlesene Theologische Bibliotheck, oder gründliche Nachrichten von denen neusten und besten Theologischen Büchern und Schrifften. Zwey und Sechzigster Theil. Leipzig 1732. in 8. 6½. Bogen. Ingleichen neun und sechzigster Theil. 1732. 7½. Bogen.

DIeses beliebte und gelehrte Journal führen wir zu dem Ende hier an, weil sich so wohl von p. 143. biß 152. als auch von p. 870. biß 881. ein Bericht von einigen Schrifften, so bißhero wegen der Vampyren herausgekommen, befindet, der einem so genannten EUDOXO zugeschrieben wird. Diese Schrifften sind 1.) le Glaneur Historique, Moral, Literaire & c. A. 1732. 2.) Besondere Nachricht von denen Vampyren oder Blutsaugern etc. von Putoneo. 3.) Philosophischer Versuch etc. vorgenommen von C. F. Demelio 4.) Schreiben eines guten Freundes an einen andern guten [268] Freund etc. 5.) Diss. Physica de Cadaveribus sangvisugis etc. Præside J. C. Stock, Philos. & Med. Doct. 6) Acten-mäßige Relation von denen Vampyren etc. 7.) Otto, Graffens zum Stein unverlohrnes Licht und Recht derer Todten unter den Lebendigen etc. etc. Ingleichen 8.) Vogts kurtzes Bedencken von der Acten-mäßigen Relation, 9.) eines Weimarischen Medici muthmaßliche Gedancken von den Vampyren, 10.) Commercium literarium etc. 11.) Courtes Reflexions Physiques sur le Vampyrisme, 12.) Zopffü Dissertatio de Vampyris Serviensibus, 13.) Harenbergs vernünfftige und Christliche Gedancken etc. 14.) W. S. G. E. curieuse u. sehr wunderbahre Relation etc. 15) Pohlii Diss. de hominibus post mortem[WS 2] sangvisugis etc. Weil wir von diesen Schrifften theils gehandelt, theils noch handeln werden, so wollen wir hier nur die eigenen Gedancken des Herrn Eudoxi anführen, die er seinem Berichte beyfüget. Es kommt nach seinem Erachten alles, theils auff die Wahrheit dieser Geschichte, theils auff die Beschaffenheit der erzehlten Sache selbst an.

An jener, spricht er, zweifele ich nicht. Zum wenigsten habe ich Bedencken, eine blosse Fabel daraus zu machen. Was die Sache selbst betrifft, meint er, sie gehöre mehr, oder doch eher, vor die Herren Physicos und Medicos, als vor die Theologos. Die Wunderwercke, setzt er hinzu, sind viel zu ein heiliges und göttl. [269] Siegel, als daß man sie bey einer solchen Sache gleich mit gebrauchen, und darauff sich beruffen solte, die allem Ansehen nach nichts zur Verherrlichung GOttes oder zur Bestätigung der wahren Religion beyträgt. Dem Teuffel muß man auch nicht ohne Ursache so bald eine Macht und Gewalt über die Todten und Lebendigen einräumen. Es ist also wohl nöthig, daß man vorhero die Naturkündiger ihr Heil hierbey versuchen lasse. Ich wolte ihnen einen leichten Weg weisen, fährt er fort, wie sie sich bald aus der Sache helffen könten. Sie müssen nur zu den Philosophischen Geheimnissen des Herrn D. Walchs ihre Zuflucht nehmen. Und in der That hat auch derselbe den Zustand der Seele nach dem Tode, die so genannten Ahndungen und besonders das Bluten der entseelten Cörper darunter gezehlet.[24] Doch haben sie hierbey dieses zu mercken: Die Abhandelung von den Philosophischen Geheimnissen macht den letzten Theil in dieses gelehrten Mannes seiner Einleitung in die Philosophie aus, und steht daher gantz zu Ende des Buchs. Daher müssen sie billig auch nicht eher ihre Zuflucht dahin nehmen, biß es mit ihrer übrigen Untersuchung am Ende ist. Ich will sie, sagt er, darüber forschen, studieren und grübeln lassen. Bringen sie was gutes hervor, so will ich mich darüber mit andern freuen, [270] und so denn auch als ein Theologus meine Meinung sagen.

Zum Beschluß des gantzen Theils p. 208. sq. wird noch als ein Anhang zu dem Artickel von den Schrifften wegen der Vampyren, eine Begebenheit aus des Tournefort Voyage du Levant beygebracht, die mit der Nachricht von denen Hungarischen Blutsaugern eine Verwandschafft hat. Wir haben derselben schon oben bey Gelegenheit Erwehnung gethan.

IX.

Le Glaneur Historique, Moral, Litteraire etc. A. 1732.

IN diesen wöchentlichen Blättern, die insgemein mit den Frantzösischen Zeitungen ausgegeben werden, stehen zwey besondere Nachrichten, die hieher gehören, als: N. XVIII. QUESTION Physique sur une espéce de Prodige duëment attesté; Und N. XXII. Appendice au Vampyrisme. Dieser artige und geschickte Nachleser hat nichts vergessen, was hierbey nöthig gewesen zu erzehlen. Er hat aber auch sonst gantz bedächtig sich bezeiget. Er trauet den Kayserl. Herren Officiers und Commißarien so viel zu, daß sie die Sache unpartheyisch werden untersucht haben und auffzeichnen lassen. Er warnet aber auch, daß man bey der Beurtheilung dieser Sache weder zu viel, noch zu wenig thun möge. Einige, sagt er, werden lachen und nichts glauben wollen, andere aber [271] werden gar einen Glaubens-Artickel daraus machen.[25]

X.

Schreiben eines guten Freundes an einen andern guten Freund, die Vampyren betreffend, de dato 26. Mart. 1732. sammt einer Beylage fernern Gutachtens sub signo O. 2. Bogen in Fol.

DEr Verfasser hat sich nicht genannt; man siehet aber wohl, daß es ein Medicus sey. Er giebt seine Meinung nicht einmahl vor eine Vermuthung, sondern vor noch was geringers, nehmlich vor einen blossen Argwohn aus. Er hält die Sache indessen vor eine Seuche, dabey durch Krafft der Imagination und andere Umstände viel natürliches vorkomme. Er glaubt nicht unbillig, es werde diese Sache künfftig noch zu manchen Untersuchungen Gelegenheit geben.

XI.

Dissertatio Physica de Cadaveribus sangvisugis i. e. von denen so genannten Vampyren oder Menschen-Saugern. Præside J. C. STOCK, Philos. & Med. Doct. habita Resp. J. W. NOEBLING, Leutenberga-Schwartzburgico. Jenæ d. 13. Maj. 1732. 2. Bogen.

[272] DEr Herr Autor sucht gleichfalls die gantze Sache aus natürlichen Ursachen zu erklären, und ist vor andern bemüht, darzuthun, daß ein so genannter Incubus epidemicus, eine Art eines Alps, der in selbigen Gegenden gewöhnlich, die Ursache dieser wunderbahren phænomenorum sey. Er schreibt p. 13. §. 10. also: De læsione multorum eorumque internecione, quæ a Vampyris facta suspicacabantur terrarum illarum incolæ, ita censemus, ut phænomena in afflictis illis observanda ad incubi signa reducentes, simulque perpendentes, malum illud in Hungariæ, inprimis Serviæ terris multos jugulasse opinemur, homines illos ab incubo epidemico esse consumtos. Zu Ende der Dissertation verspricht der Herr Verfasser hiervon künfftig ein mehrers zu gedencken.

XII.

Otto, Grafens zum Stein unverlohrnes Licht und Recht derer Todten unter den Lebendigen, oder gründlicher Beweiß der Erscheinung der Todten unter den Lebendigen, und was jene vor ein Recht in der obern Welt über diese noch haben können, untersucht in Ereignung der vorfallenden Vampyren, oder so genannten Blut-Saugern im Königreich Servien und andern Orten in diesen und vorigen Zeiten. Berlin und Leipzig in 8.

[273] HIervon habe ich nur den Titel gesehen. Denn das Werck selbst ist noch nicht in der obern Welt zum Vorschein gekommen. Der Herr Autor nennet sich Vice-Präsidenten der Königlichen Berlinischen Academie der Wissenschafften. Ich wünsche ihm zu seinem Vorhaben ein wahres Licht und Recht und desto weniger Erscheinungen der Geister, damit er nicht etwan selbst ein geistlicher Vampyr werden und andere anstecken möge.[26]

XIII.

Remarquable curieuse Brieffe, oder deutliche Beschreibung Alter und Neuer merckwürdiger Begebenheiten, die sich hin und wieder, guten Theils im Churfürstenthum Sachsen und incorporirten Landen zugetragen etc. CXXXVII. Couvert. Leipzig, 1732. in 8. 1. Bogen.

ES thut der Autor weiter nichts, als daß er einen Extract von der Acten-mäßigen und umständlichen Relation von denen Vampyren, davon wir N. III. gehandelt, giebt, und dessen Paracelsische Meinung von dem Astral-Geiste, dem er das gantze Phænomenon zuschreibt, kurtz zusammen zieht und auf den gegenwärtigen Casum applicirt. Diesem [274] fügt er die abentheurliche Geschichte von dem Geiste des verstorbenen Caspareck, so sich in der Grafschafft Liptau in Ober-Hungarn, zugetragen haben soll, bey, so wie sie in dem Europäischen Niemand P. XI. p. 957. sq. erzehlt wird, dabey wir uns aber nicht aufhalten wollen.

XIV.

Neueröffnetes Welt- und Staats-Theatrum, welches die in allen Theilen der Welt, sonderlich aber in Europa vorfallenden Begebenheiten in einem deutlichen Auszuge vorstellet. A. 1732. vierdte Eröffnung in 8. 4. Bogen.

DEr Verfasser erzehlet erstlich speciem facti, hernach fällt er p. 233. folgendergestalt sein Urtheil davon: Es ist dieses nichts anders als gleichsam ein neuer Actus der schon in Hungarn und Pohlen von dergleichen Materie vorlängst gespielten Tragödie, mithin derer Sclavonier ihre Vampyren, derer Pohlacken ihre Upierz u. derer Deutschen ihre schmatzenden Todten allesamt einerley, nemlich eine von leeren Einbildungen, menschlichen Schwachheiten und thörichten Aberglauben zusammengesetzte Fabel, so zwar der einfältige gemeine Pöbel vor eine Sonnenklare Wahrheit ansieht, dadurch aber immer zu grössern Irthümern und sündlichen Aberglauben verleitet, folglich solchergestalt die Macht des Satans nur noch mehr vermehret und gestärcket [275] wird, welches man unter andern auch daher abnehmen kan, weil die alten Sclavonier sich nachhero bemühet haben, ein Mittel auszufinden, wodurch die noch in den Gräbern verborgenen Vampyren aufs kürtzeste entdeckt und verrathen werden könten, da sie denn endlich darauf gefallen sind, daß sie ein gantz schwartzes Pferd auf die Kirch-Höfe haben lauffen lassen und Achtung gegeben, bey welchen Gräbern dasselbe stille gestanden. etc.

XV.

Dissertatio de Hominibus post mortem sanguisugis, vulgo sic dictis Vampyren Præside M. JO. CHRISTOPHORO POHLIO, Lignic. Sil. & Resp. JO. GOTTLOB HERTELIO, Philos. & Med. stud. in Academia Lipsiensi d. XXX. Aug. 1732. habita. Lips. in 4. 3. Bogen.

* * *

ES sucht der Herr Auctor die Geschichte von denen Vampyren in kurtzen Sätzen theils verdächtig zu machen, theils etwas zu erleutern. Die Besichtigung mit denen todten Cörpern hält er vor unrichtig und unvollkommen, weil sie ohne Zuziehung eines verständigen Medici geschehen, und die speciem facti, so davon bekannt gemacht worden, beschuldiget er vieler Contradictionen. Er verwirfft die so genannten Vampyren gantz und gar, und behauptet mit dem Weimarischen Medico in seinen muthmaßlichen Gedancken [276] von Vampyren, daß die Leute an einem gewissen febre maligna und contagiosa gestorben. Die Unverweßlichkeit der gefundenen Cörper, das Bluten derselben und den bey gewaltsamer Durchstechung eines gewissen Cörpers vernommenen Laut und Seuffzer hält er vor natürlich; Daß aber an den Fingern neue Nägel wachsen solten, kan er nicht glauben. Er ist vielmehr der Meinung, daß die Nägel durch das Eintrocknen des Fleisches nur den Schein bekommen, als wenn sie grösser wären.

XVI.

Commercium literarium ad rei Medicæ & scientiæ naturalis incrementum institutum, quo, quicquid novissime observatum, agitatum, scriptum vel peractum est, exponitur. A. 1731. & 1732.

IN diesem nützlichen und schönen Wercke kommen hin und wieder feine Anmerckungen von den Vampyren und was dahin gehöret, vor.[27]

XVII.

Courtes Reflexions Physiques sur le Vampyrisme. Aus dem Glaneur Historique, Critique etc. Supplement N. IX. 1733.

[277] DEr Auctor findet nichts übernatürliches in der gantzen Vampyren-Sache. Er hält sie vor eine ansteckende Seuche, dabey das Gehirne der Leute in Unordnung gebracht sey. Er meint, es gehe damit eben so zu, wie mit dem gifftigen Bisse eines tollen Hundes. Er führet dieses alles nach seiner Art sehr lebhafftig und artig aus.

XVIII.

Vernünfftige und Christliche Gedancken über die Vampirs oder blut-saugende Todten, so unter den Türcken und auf den Grentzen des Servien-Landes den lebenden Menschen und Viehe das Blut aussaugen sollen, begleitet mit allerley theologischen, philosophischen und historischen aus dem Reiche der Geister hergehohlten Anmerckungen und entworffen von Johann Christoph Harenberg, Rect der Stiffts-Schule zu Gandersheim. Wolffenbüttel 1733. in 8. 9. Bogen.

WEr es dem Herrn Verfasser verübeln will, daß er sich die Geschichte von denen Hungarischen Vampyrs zu untersuchen unterstanden, ohne vorher seine Kräffte, die er hierzu besitzet, genungsam geprüffet zu haben, der muß wissen, daß er hierzu einen ausserordentlichen Beruff gehabt, wovon er selbst sich p. 131. also [278] vernehmen läst: „Ich habe einen Beruff zu diesem Auffsatze gehabt, nicht alleine, weil meine mir anvertraute Zuhörer zum Theil sich mit leeren Wörtern und Regeln der Sprachen nicht wollen abspeisen lassen, sondern über die in den Zeitungen gelesene Sachen, so etwas mehr bedeuten, meine Erklärung begehren; sondern auch vornehmlich weil eine hohe Person, von deren Gnade und Befehlen ich abhange, mir ausdrücklich aufferleget, meine Gedancken von den Vampirs zu Pappiere zu bringen. Ferner bin ich in meinem Gewissen zur Bekäntniß der Wahrheit, so ferne dieselbe von mir durch meine Ober-Herren vermittelst Endes vor 12. Jahren gefordert worden, biß ins Grab verbunden.“

Eine so strenge Beobachtung der auff sich habenden Amts- und Gewissens-Pflicht ist die würckende Ursache dieser vor uns habenden Schrifft gewesen. Aber was ist denn der Inhalt derselben? Der Herr Autor will erörtern, was es mit denen so genanten Vampyrs und Blut-saugern vor eine Beschaffenheit habe, und weil er nicht kürtzer davon kommen kan, als wenn er die gantze Sache vor eine Frucht einer verderbten Phantasie hält, so giebt er sich Mühe, alles, was dieser Meinung entgegen stehet, aus dem Wege zu räumen, und dieselbe dargegen mit Anführung vieler weitläufftigen und theils gar nicht hieher gehörigen Dinge, die, nach iedermanns, [279] Zeugniß, aus einer unrichtigen Einbildungs-Krafft entstehen, wahrscheinlich zu machen.

Den Anfang macht er mit einer weitläufftigen Vorrede, die schon den 24. Sept. 1732. unterschrieben worden, darinnen er den Inhalt seiner gantzen Schrifft gleichsam in nuce vorstellt. Er hält es mit Recht vor eine gemächliche und leichte Art zu philosophiren, wenn man die verborgenen Dinge in der Natur denen Geistern zuschreibet, und glaubt richtig, es sey allzu freygebig geschlossen, wenn man aus den Exempeln der heil. Schrifft, in welchen den Engeln u. Geistern gewisse Würckungen in der Natur zugeschrieben werden, einen allgemeinen Satz auff alle Zeiten und Fälle machen wolle.

Alleine wenn er die Etymologie des Worts Vampir aus der Griechischen und Deutschen Sprache herleiten will und behauptet, Vam sey so viel als ἇιμα, das Blut und piren so viel, als begierig seyn, so kommt mirs eben so für, als wenn ich mit einigen heutigen Wortforschern das Wort Europa, Ευρωπὴ aus dem Frantzösischen œuf rompu, ein zerbrochenes Ey, herleiten wolte, weil die Alten die Welt-Kugel vor ein Ey gehalten, das durch die Sündfluth zerbrochen worden; da nun die Ober-Fläche der Erd-Kugel gleichsam von einander gerissen worden, habe man gesagt, es habe das Ey Ritze oder Risse bekommen, weßwegen auch im Hebraischen die Erde Erez heisse.[28]

[280] Er führet in der Vorrede diejenigen Schrifften an, die er von dieser Materie zu Gesichte bekommen; worunter die Curieuse und sehr wunderbahre Relation von denen Vampyrs mit denen beygefügten historischen und philosophischen Reflexionen des W. S. G. E. die wir oben sehr genau beleuchtet, den ersten Rang hat. Ohngeachtet er nun der Hypothesi, die der Verfasser derselben von denen Vampyrs heget, gäntzlich entgegen ist, so hat er sich doch in dieselbe dergestalt verliebt, daß er nicht umhin kan, so wohl in der Vorrede p. 13. von dem Verfasser zu urtheilen: „er sey ein gelehrter und wohlbelesener Mann, der in der Welt-Weißheit, Artzney-Wissenschafft und Gottesgelahrheit sich nicht unerfahren bezeuge; die Schreib-Art desselben sey munter und mit vielen Historien ausgeschmückt;“ als auch in der Abhandlung selbst p. 51. zu schreiben: „Ich muß gestehen, daß der Herr Scribent in seiner Schreib-Art munter und angenehm, wie auch in seinen Gedancken deutlich und auffgekläret sey.“ Wie glücklich er es aber mit seinem Urtheil getroffen, mögen andere untersuchen.

Die Abhandlung selbst besteht aus 45. paragraphis. Der §. 1. stellt den gemeinen Wahn von dem Schmacken-Fressen (wie er es nennt) und Blut-Aussaugungen der Verstorbenen vor; §. 2. wird die Nachricht aus Servien eingerückt und mit einigen, nicht viel auff sich habenden, Anmerckungen begleitet; §. 3. kömmt ein parallel-Casus [281] aus dem Hertzogthum Crain vor, der in Valvasoris Ehre des Hertzogthums Crain Tom. III. Lib. XI. fol. 317. sq. befindlich ist, wobey die Lat. Acta Erudit. A. 1722. p. 17. und A. 1732. p. 330. allegiret werden, worinnen so wohl ein Casus aus Pohlen, als einer aus Deutschland angeführet wird; § 4. kömmt eine Parallel-Historie aus der Insel Chio für; §. 5. wird von der Unverweßlichkeit derer bey den Griechen im Bann verstorbenen Cörper gehandelt und dabey von den Scribenten Nachricht gegeben, so davon geschrieben haben; §. 6. kommen die Meinungen der Alten von dem Blutdurste der Geister und abgeschiedenen Seelen für, woraus er glaubt, daß die Necromantia oder schwartze Kunst entstanden, weil man dadurch auff die Gedancken gekommen, daß man die abgeschiedenen Seelen aus dem Grabe wieder hervor bringen könne; §. 7. 8. und 9. wird die Hypothesis derer, die das Blut-Saugen dem Teuffel oder andern Geistern zuschreiben, untersuchet und als lächerlich verworffen; §. 10. und 11. wird die Frage auffgeworffen, ob man solches nicht entweder der Seele des Verstorbenen selbst, oder wohl gar einer unmittelbahren Würckung GOttes zuschreiben könne? welches aber als ungereimt verworffen wird. Hierbey nimmt der Verfasser §. 12. und 13. Gelegenheit von denen heutigen so genannten Merveilleurs, dergleichen der bekannte Gichtel und der P. Girard gewesen seyn sollen, weitläufftige Anmerckungen [282] zu machen; welche sich aber gantz und gar nicht hieher schicken.

Im §. 14. untersucht er, ob es nicht glaublich sey, daß die Leiber, so vampirt haben sollen, lebendig begraben worden; §. 15. - 18. wird weitläufftig von dem Welt-Astral und Lufft-Geiste, den auch Thomasius und Rüdiger statuirt haben sollen, gehandelt und die Meinung derer, die daraus des Wesen derer Vampirs hergeleitet, lächerlich gemacht; wobey aber viel abgeschmackte und theils ungegründete Dinge vorkommen; §. 19. fängt er an, etwas näher zu seinem Zwecke zukommen, da er denn von einem Vampyr sich p. 80. keinen andern Begriff macht, als daß es ein abgestorbener Leib sey, dessen Blut im Grabe auff einige Zeit flüßig und frisch bleibe; alles übrige aber, was von denen Vampyrs vorgegeben wird, sonderlich derselben Erwürgung und Blutsaugung, hält er vor Würckungen einer unrichtigen und verderbten Phantasie; §. 22. wird von der Stärcke der Phantasie und Einbildungs-Krafft gehandelt und dabey gezeiget, woraus das Verderbniß derselben entstehe, nehmlich aus der unrichtigen Erkäntnüß und Empfindung der Sachen, die wir uns im Gemüthe vorstellen und einbilden. Die Sache hat gewisser massen ihre Richtigkeit; Alleine weil alle Imagination und Einbildung im Gemüthe eine Empfindung voraus setzet, so kan ich ja von eines andern Imagination niemahls gewiß urtheilen, ob sie würcklich verderbt und unrichtig sey oder nicht? Denn so lange der [283] Mensch gesund ist, den Gebrauch seiner Sinne hat und durch keine Affecten, als Furcht, Freude, Schrecken, etc. übereilet und überwältiget wird, kan ich ihm keine verderbte Phantasie zuschreiben, wenn er gleich bezeugt, etwas Ausserordentliches gesehen und gehört zu haben. Da nun hiervon eben die Frage ist, ob nehmlich nicht die Leute in Servien durch eine verderbte Phantasie geteuscht worden, so kan ich solche Betrachtung nicht völlig auff sie appliciren noch dadurch das gantze phænomenon über den Hauffen werffen, wenn ich nicht noch andere Ursachen, dadurch ihre Phantasie verderbt worden, zu Hülffe nehme.

Es scheint dieses der Herr Autor selbst zu erkennen, wenn er §. 24. anfängt, von der Kunst und den natürlichen Handgriffen zu handeln, wodurch die Imagination verderbt werden könne, als da sind die Kräuter-Salbe der Hexen, das Opium, die Datura, die philtra, der Maßlach, das Quäcker-Pulver etc. Jedoch hätte er hierbey anmercken sollen, daß das Vertrauen, so man darauff setzet, insgemein das beste dabey thue. §. 28. giebt er zu, daß der Satan hierbey mit im Spiele seyn könne, welches er sonderlich mit einer Stelle aus des gelehrten Herrn D. Hoffmanns Diss. de potentia Diaboli in corpora erleutert; §. 29. sucht er zu erweisen, daß die verdorbene Phantasie eine ansteckende Seuche sey, die in dem Gehirne der Zuschauenden gleiche Eindrückungen mache, welches aber nicht sowohl [284] von der Anwesenheit des Zuschauers und einer gifftigen Ausdünstung herrühret, als weil es Gelegenheit giebt, daß man durch die Betrachtung einer solchen Sache seine Imagination mit gleichen Bildern und Ideen anfüllt.

§. 30. erklärt er das Phænomenon derer Vampyrs nach seiner hypothesi folgender gestalt: „Wenn die Würgung und Absaugung des Bluts bey den Serviern lediglich in der Phantasey bestehet, so lernen wir aus beygebrachten Exempeln leichtlich, daß eine Verdickung u. Erstarrung der Leibes-Säffte die Einbildungs-Krafft in eine grosse Unordnung gebracht habe. Die Servier sind eine geraume Zeit unter den Türcken gestanden und haben von denselben den häuffigen Gebrauch des Opii angenommen. Daher sind ihre Cörper schon zu dergleichen Verdickung der Lebens-Geister geschickt gemacht. Uberdem ist es eine alte und unter dem gemeinen Manne gebräuchliche Erzehlung, daß die begrabenen Cörper, oder die Seelen derselben bey entstehenden Seuchen zurücke kehren und andern durch Absaugung des Bluts das Leben nehmen. So bald nun eine gleiche Seuche zum Vorschein kommt, daran die Leute geschwinde sterben und ersticken, so erinnern sich die Leute der alten Legende von den Vampyrs. Die Seuche wird fortgepflantzet theils durch Bestreichung mit dem Blute eines dergleichen angesteckten Cörpers, theils durch die Nutzung des angesteckten [285] Viehes, theils durch die Besuchung der Krancken und unreiner Dünste, welche in der Lufft sind und die Lunge allzu sehr austrocknen und das ihrige zu der Verdickung des Bluts beytragen.“

§. 31. behauptet er, daß die Kranckheit selbst in einer Art der Angina oder Stickung bestehe; §. 32. spottet er über die Verbrennung derer Vampyrs und die Einschlagung des Pfahls durchs Hertze; §. 33. untersuchet er, warum in den Vampyrs das Blut frisch geblieben und neue Nägel gewachsen sind, und §. 34. warum unter denen Vampyrs einige Cörper in die Verwesung gegangen? §. 35. wünschet er, daß man eine genauere Untersuchung der Umstände, die sich bey denen Vampyren ereignet, angestellet haben möchte; §. 36. rechtfertiget er sich wegen der durch seine hypothesin verworffenen Würckungen des Teuffels und §. 37. behauptet er, daß viel fabelhafftes sich bey der Hungarischen Relation befinde; §. 38. will er zeigen, wie die Vorurtheile der Vorfahren auszurotten wären, und §. 39. sqq. vertheidiget er sich gegen den Vorwurff, den man ihm wegen der Erfahrung, die das Gegentheil bezeuge, machen könne, wobey er der Erfahrung gewisse Regeln setzet und behauptet, daß dieselbe 1.) nichts widersprechendes in sich, noch auch 2.) ein Wunderwerck zum Grunde haben dürffe, 3.) dieselbe den rechten Gebrauch aller zur Empfindung gehörigen Sinne zum Grunde haben müsse und 4.) [286] den deutlichen Wahrheiten nicht entgegen stehen dürffe, wenn sie als ein Beweißthum angenommen werden solle. §. 44. hält er die Leute-Schinder und die Placker der Unterthanen vor die ärgsten Vampirs, wobey er zugleich der Flöhe Meldung thut, die gleichfalls das Ansehen der Vampirs hätten; endlich beschließt er §. 45. seine gantze Abhandlung und nennet solchen Schluß in der Rubric conclusionem galeatam. Zu Ende sind noch einige addenda & emendanda, nebst einem kurtzen Register beygefüget, dabey wir uns aber nicht auffzuhalten haben.

Das ist der Inhalt dieser, dem Titel nach, sehr curieusen Schrifft. Ob der Verfasser der Sache ein Genügen gethan habe, wie er sich in der Vorrede p. 13. stattirt, lassen wir an seinen Ort gestellt seyn. Er hat indessen gethan, so viel er gekont hat. Jedoch hätte er manches gar leichte können besser machen,[29] wenn er hätte Fleiß anwenden wollen. Denn zu geschweigen, daß er sich nicht der reinesten Schreib-Art bedienet, finden sich viele Ausschweiffungen und unnöthige Wiederhohlungen darinnen. Bißweilen kommen seine Raisonnements allzu Cantzelmäsig heraus; bißweilen hat er auch durch ungleich angebrachte Schrifft-Stellen die heil. Schrifft gar sehr gemißbrauchet, wie p. 30. 52. 69. 81. 99. 126. 131. zu sehen ist.

[287]
XIX.

Dissertatio de Vampyris Serviensibus, quam Præside M. JO. HENRICO ZOPFIO, Gymnasiii Assindiensis Directore publice defendit Respondens CHRISTIANUS FRIDERICUS VAN DALEN, Emmericensis. Duisburgi ad Rhenum 1733. in 4. 3½. Bogen.

NAchdem der Herr Auctor §. 1. kürtzlich gezeiget, was er durch die Vampyros Servienses verstehe, macht er §. 2. von seiner gantzen Abhandlung diesen Abriß, daß er erstlich die Historischen Umstände anführen, (welches §. 3. und 4. geschicht) hernach aber zeigen will, was vor würckenden Ursachen man diese sonderbahre Sache zuschreiben könne. Ehe er dieses letztere zu thun vornimmt, setzt er §. 6. folgende Sätze voraus: 1) Es gäbe viele natürliche und ausserordentliche (præternaturales) Würckungen, davon man ausser der Existentz nichts gewisses erkennen könne; 2) Man dürffe nichts gleich in Zweiffeln ziehen, was man mit seiner Vernunfft nicht begreiffen könne; 3) Diejenige Hypothesis sey nicht gleich die beste und richtigste, aus welcher man alle, oder doch die meisten phænomena einer sonderbahren Sache erklären könne, sonderlich, wenn dergleichen Hypothesis sehr dunckel und der heil. Schrifft zuwider wäre; und 4.) daß es einem rechtschaffenen Philosopho und noch viel weniger einem Theologo unanständig sey, ausserordentliche Würckungen in der Natur den Geistern [288] zuzuschreiben, wenn die natürlichen Ursachen zu derselben Erklärung nicht zureichen wollen.

Bey Abhandelung der Sache selbst zeigt der Herr Autor erstlich κατ’ ἄρσιν, daß das Phænomenon von denen Vampyren weder seine Ursache haben könne 1) aus des verstorbenen Menschens Cörper, noch 2) von dem so genannten Alp oder andern hitzigen und idealischen Kranckheiten, noch 3.) von dem Gespenste der abgeschiedenen menschlichen Seele; hernach aber behauptet er καταθέσιν, daß es von Niemand anders als dem leidigen Teuffel herrühre.

Wenn er §. 8. diejenigen widerlegt, die die Ursache des Blutsaugens derer Vampyren in denen Cörpern derer Verstorbenen suchen, so gedencket er meiner vor allen andern. Die Hypothesin, die ich in meinen beyden Dissertationibus behauptet, hat er gantz wohl begriffen, auch solche richtig, ob wohl gantz kurtz angeführet. Ob er aber deßwegen befugt gewesen, 1) mich mit CARDANO de subtilitate Lib. 18. JUL. CAESARE VANINO in Dialogo de admirandis naturæ reginæ deæque mortalium, arcanis p. 370. und JACOBO GAFFARELLO in Curiosit. inaud. c. V. §. 20. in eine Classe zu setzen und zu schreiben, quod eadem cum iis de spectris somniem; ingleichen 2) aus meiner hypothesi den Schluß zu machen: habebimus ergo materiam omnipotentem, æternam, infinitam, intelligentem & spiritualem; Das [289] lasse ich andern, die besser davon urtheilen können, zur Uberlegung.

Daß ich etwas weniges zu meiner Verantwortung hier beyfüge, so bitte einen ieden unpartheyischen Leser meiner Schrifft, mir auffrichtig zu bekennen, ob er gefunden, daß ich nach meiner Hypothesi die Gespenster geleugnet, oder daß ich in Zweiffel gezogen, daß nicht bey allen verborgenen Würckungen in der Natur der Teuffel im Spiele seyn könne? Wie kan nun der Herr Verfasser so unverschämt seyn und mich zu einem Träumer wunderlicher Meinungen von denen Gespenstern machen, er müste denn hieherrechnen, was ich beyläuffig Dissert I. §. 19. von denen spectris behauptet, da ich vorgegeben, daß sie in nichts anders als einem Gauckel-Wercke des Teuffels bestünden, da man meine, man sehe und höre etwas, so doch nichts sey. Alleine welcher vernünfftiger Mensch wird die Gespenster anders beschreiben können? und wenn es der Herr Autor thut, muß er gewiß viel handgreifflichere Erscheinungen von denenselben gehabt haben, als es die Begriffe der Gelehrten, die sie sich davon iederzeit gemacht, verstatten.

Auff den andern Punct, mit welchem ich wegen meiner hypothesi belästiget worden bin, halte nicht nöthig viel zu antworten, weil er in einem unrichtigen Schlusse besteht, den ein ieder leichte einsehen kan. Denn so wenig es folgt: Der Teuffel ist die würckende Ursache derer Vampyren, wie der Herr Verfasser §. 18. und [290] 37. behauptet; E. ist er allmächtig; also folgt es auch aus der hypothesi; Die Materie hat ein Leben und würckende Krafft, E. ist sie allmächtig, ewig, unendlich, vernünfftig und geistlich.

Im 10. §. widerlegt er die Meinung vom Alp, und hat dieserwegen sonderlich mit Herr D. Stocken in Jena zu thun, der solches in seiner Dissertation de Cadaveribus sangvisugis behauptet; §. 11. und 12. bestreitet er diejenigen, die die Ursache einer gewissen Kranckheit zuschreiben, wie solches sonderlich der Weimarische Medicus in seinen muthmaßlichen Gedancken von denen Vampyren gethan hat; §. 13. sqq. handelt er die Frage ab, ob dieses sonderbahre Phænomenon denen abgeschiedenen Seelen zuzuschreiben sey, wobey er aber nichts besonders vorbringt. Er kömmt bey dieser Gelegenheit auff den Astral-Geist zu reden, den der Autor der Geistlichen Fama P. VIII. zur Ursache der Vampyren macht, welchen er deßwegen §. 21. sqq. widerleget.

§. 28. fängt er endlich an von seiner eigenen hypothesi zu handeln und das gantze Werck dem Teuffel zuzuschreiben, wobey er §. 34. behauptet, daß die Beschaffenheit des Landes Servien und dessen Einwohner hierzu viel beytrügen, weil es mit lauter unwissenden und sehr abergläubischen Leuten angefüllt wäre. In folgendem 35. §. begegnet er dem Einwurffe, der ihm gemacht werden könte; warum nicht in andern [291] Ländern, darinnen eben so viel in geistlicher Blindheit und Aberglauben steckende Menschen wohneten, ein gleiches geschehe? Wenn er Pohlen, Mähren und Böhmen anführt, allwo man ein gleiches von denen schmatzenden und kauenden Todten vernehme.

Alleine warum vernimmt man denn dergleichen nicht aus Portugall, Spanien, Rußland, Lappland, Asien und andern dergleichen Ländern, allwo die Unerkäntniß und der Aberglaube so groß und noch viel grösser als in den erst gedachten Ländern ist, wenn die Schuld mehr an den Leuten, als an der natürlichen Beschaffenheit des Erdbodens und Climatis liegen soll?

§. 38. scheinet der Hr. Autor gleichsam alles wieder über den Hauffen zu werffen, was er vorher statuirt, und nimmt zum Theil wieder an, was er an andern verworffen hat, wenn er p. 26. also schreibt: ut paucis mentem declaremus, non veri specie nobis abhorrere videtur, universam Vampyrorum pestem quæ Servienses aliquo usque infestavit, consistere in CONTAGIO quodam MAGICO, justo Dei judicio illius tractus incolis immisso. Contagium dicimus, quoniam luis instar pestilentis, latius altiusq; serpit, suoque afflatu non singulos modo homines, sed integras quoque familias inficit atque evertit: Magicum vero adpellamus, quod Diabolus naturæ viribus suas imiscet operationes, [292] adeoque præternaturales quosdam edit effectus.

Es trifft demnach an dem Herrn Verfasser mit Recht ein, was man sonst zu sagen pflegt in magnis voluisse sat est.

XX.

Geistliche Fama, mitbringend verschiedene Nachrichten und Begebenheiten von göttlichen Erweckungen, Wegen und Gerichten. Achtes Stück. in 8. 1733.

IN diesem Journale, dessen Verfasser durch den Einfluß der Astral-Geister gar sehr inficirt zu seyn scheinen, werden allerhand pia & pietistica desideria gesammlet, die auff die Hoffnung besserer Zeiten in dieser und in jener Welt gerichtet sind. In diesem 8ten Theile haben sie unter andern die Hungarischen Vampyrs vor sich gekriegt und ihnen nach ihrer Phantasie, den Planeten gestellt. Sie leiten sie aus der Astral-Welt her und setzen hierbey die principia des Verfassers der Gespräche im Reiche der Geister zum Grunde. Wir haben nicht Ursache, uns mit diesen Geistern in ein Gefechte einzulassen, weil ihnen Hr. M. Zopff in der vorgedachten Dissertation schon sattsam die Spitze gewiesen hat.

* * *

Wir beschliessen hiermit unsere Arbeit und Gedancken, die wir von denen Vampyrs so wohl aus unserm als anderer ihrem Gehirne gesammlet [293] und fügen denenselben nichts weiter als das Gutachten bey, welches die Königl. Preußische Societät der Wissenschafften zu Berlin von dieser Materie von sich gestellet hat.


Gutachten
Der Königl. Preußischen Societät derer Wissenschafften von denen Vampyren oder Blut-Aussaugern.
Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König,
Allergnädigster König und Herr,

Ew. Königl. Maj. ist es allergnädigst gefällig gewesen, durch den Vice-Præsidenten, Graffen von Stein, das in Original hierbey kommende Protocoll, die so genannten Vampyrs oder Blut-Aussauger zu Medwedia in Servien betreffend, uns communiciren zu lassen, mit allergnädigsten Befehl, hierüber an Dieselbe unser unvorgreiffliches allerunterthänigstes Gutachten zu erstatten. Sothanen allergnädigsten Befehl zu allergehorsamster Folge haben wir uns den 7ten dieses hierüber zusammen gethan, das Factum verlesen, die darinnen angeführten Umstände reifflich erwogen und uns darauff nachstehenden Gutachtens verglichen. Was nun anfänglich das Protocoll an und vor sich selbst [294] betrifft, enthält selbiges allerhand, theils solche Facta, welche denen Commissarien nur von andern berichtet worden, theils aber auch soclhe, die von ihnen selbst untersuchet, und was sie bey Ausgrabung und Inspection der Cörper würcklich befunden haben; dahero denn unsers, wiewohl unmaßgeblichen Ermessens nach Anleitung des Protocolli ein Unterschied zu machen 1.) unter denjenigen Factis, so denen Commissarien von andern Leuten referiret, und 2.) in Ansehen der übrigen von ihnen angeführten Factorum, welche gedachte Commissarien abgehöret, ingleichen was sie gesehen, examinirt und mit allen Umständen niedergeschrieben haben. Bey dem erstern Artickel und demjenigen, so Zeugen von dem Heyducken Arnold Paole und wider selbigen angeführt, ist derselben Aussage general und summarisch, ohne Specificirung der Zeit und des Orts, und auff was Weise, auch gegen wen Arnold Paole deponirter massen sich heraus gelassen. Es lässet sich auch aus der Ausgrabung und denen an dieses Paole Cörper befundenen Blute, Nägeln an Händen und Füssen, auch dem bey Durchschlagung des Pfahls durchs Hertz angemerckten Geröchzer oder Laute, auff die Vampyrschafft kein bündiger Schluß machen, massen denn die die erstern Phænomena ihre natürlichen Ursachen haben, das Geröchzer und der Laut aber wegen der in der Cavität des Hertzens annoch befindlichen ausgebrochenen Lufft geschehen seyn kan. Ubrigens ist gewiß, [295] daß die Erscheinung dieser Blutsauger, auch worinne selbige bestanden, mit nichts dargethan und wir keine Spuren davon in der Historie, und in den hiesigen so wenig als andern Evangelischen Landen iemahls gefunden, ausser daß in den vorigen Zeiten hin und wieder von Einschluckung der Grabe-Tücher und Schmatzen in den Gräbern Erzehlungen geschehen, solches aber bey der Untersuchung unrichtig befunden, und als ein schädlicher Irrthum und Aberglaube verworffen worden. Bey dem zweyten Punct lassen wir zwar die Untersuchung der Commissarien in ihrem Werthe beruhen, wir können aber dabey nicht unangezeigt lassen, daß so viel die von ihnen so genannte Stana betrifft, selbige laut Protocolli im 20. Jahr ihres Alters, und allererst vor zwey Monathen von Zeit der Inquisition an zu rechnen, NB nach dreytägiger Kranckheit ihrer Niederkunfft gestorben, bey welchen Umständen denn ietztgedachte Stana, bevorab, da selbige zu Anfang des Winters allererst begraben, zu der angegebenen Zeit unverweset seyn können, ohne daß man nöthig habe, ihre Aussage wegen der Vampyrschafft statt finden zu lassen, wie denn auch nichts ungewöhnliches, daß die Sehnen und Blut-Adern nebst der Hertz-Cammer bey denen natürlich Verstorbenen mit keinem geronnenen Geblüthe angefüllet; ingleichen daß bey andern dergleichen Verstorbenen Lunge, Leber, Magen, Miltz und das übrige Eingeweide nicht sonderlich angegangen, und vermuthlich, [296] wie bey obigen so genannten Vampyrs gefunden, obgleich selbige keine Vampyrs gewesen, noch iemahls etwas verdächtiges von ihnen ausgesagt worden; Ebenermassen hat das Wachsen der Nägel und Haare, so denen Vampyrs als eine besondere Eigenschafft beygeleget wird, in so weit seine natürliche Ursachen, daß, wenn andere Umstände dabey concurriren und in genaue Erwegung gezogen werden, nichts miraculeuses dabey verhanden seyn werde, wovon man Exempel anführen könte, iedennoch aber Kürtze halber solches aussetzen wollen. Was weiter von einer Frauens-Person, Nahmens Militza, angeführet wird, daß selbige vieles liquides Geblüthe und gesundes Eingeweide gehabt, unter andern auch an statt ihrer magern Leibes-Complexion fett und vollkommen gewesen, so ist bereits in Ansehung des ersten geantwortet; was aber die Veränderung des Cörpers anbelangt, kan dergleichen anscheinende Fettigkeit aus einer faulenden Jährung geschehen seyn, wie denn auch, was bey denen folgenden Numeris von denen unverweseten Cörpern angezeiget wird, solches seine natürlichen Ursachen haben kan, indem nach Art und Beschaffenheit der Kranckheit und des Cörpers, der Jahrs-Zeit, des Alters etc. ein Cörper vor dem andern der Fäulniß eher oder später unterworffen; und ist übrigens am meisten zu desideriren, daß bey dieser Untersuchung in Ansehung der Leute, welchen [297] das Blut ausgesogen seyn soll, kein lebendig Exempel, noch weniger aber die Art, wie selbige geschehen? ingleichen ratione der Erscheinungen keine Spuren gezeigt werden, massen denn das Exempel von der Frauenes-Person Stanoicka und dessen, was ihrem Angeben nach mit dem verstorbenen Millove ihr begegnet, um so viel weniger zu attendiren, als dergleichen Weiber, wenn sie von melancholischer Complexion, zu nächtlicher Zeit in Träumen und sonsten sich allerhand fürchterliche Gesichter vorstellen können. Aus diesem eintzigen Exempel aber auff die Würcklichkeit dieser Erscheinung und die Aussaugung an und vor sich selbst kein Schluß zu machen ist. Letzlich ist insonderheit hierbey anzumercken, daß die bißherige Blame der Vampyrschafft nur auf lauter arme Leute gebracht, und man ohne vorgängiger umständlichen, wenigstens aber uns nicht communicirten Untersuch- und Erörterung die Todten in den Gräbern geschimpfft und als Maleficanten tractirt worden. Bey welcher der Sachen Bewandtniß denn wir davor halten, daß man bey dieser Quæstion behutsam zu verfahren, und noch zur Zeit nicht glauben kan, daß dergleichen Aussaugung von den todten Cörpern geschehe, auch selbige ihre Qualität durch die Aussaugung oder den Gebrauch ihres Bluts, und der Erde von den Gräbern, worinnen sie liegen, nicht fortpflantzen können, noch weniger aber, daß [298] man sich der darwider adhibirten Mittel der Exequirung dieser Todten mit Effect gebrauchen könne. Welches Ew. Königl. Maj. wir unserer allerunterthänigsten Obliegenheit nach zu referiren nicht ermangel sollen. Die wir in unterthänigster Devotion beharren

Ew. Königl. Maj.          
Berlin, den 11. Mart. 1732.     
allerunterthängist-treugehorsamste
Zur Königl. Societät der Wissenschafften verordnete Vice-Præsident, Doctores und Mit-Glieder.


Anmerkungen

  1. Es ist dieses ein falsches Vorgeben, ob es gleich auch in denen Gelehrten Zeitungen selbiges Jahrs stehet. Die Unrichtigkeit des Verlegers und dessen Geld-Mangel zum Verlage ist vielmehr daran Ursache gewesen. Welches vielleicht auch die Fortsetzung der Lipsiæ Literatæ verhindert hat.
  2. in einigen Nachrichten heist der Ort Medwegia.
  3. Andere Schreiben Arnond.
  4. in andern Nachrichten heist es einen lauten Schrey.
  5. andere lesen Güttner.
  6. Putonei Nachricht von denen Vampyren p. 10.
  7. Visum & Repertum über die so genannten Vampyrs / p. 5. it. W. S. G. E. Relation von denen in Servien sich erzeigenden Blutsaugern / p. 8.
  8. Ein sonderbahr Exempel davon erzehlet der Europäische Niemand Part. XI. p. 957. sqq.
  9. CAELIUS RHODIG. L. II. c. 6.
  10. Siehe den 62ten Theil p. 143. sq. und den 69. Theil p. 870 sq.
  11. Theol. Bibliotheck P. LXII. p. 148.
  12. Vielleicht ist der Herr Verfasser selbst dieser unbekannte Doctor Medicinæ.
  13. Eine gleiche Begebenheit ereignete sich im Jan. 1730. zu Turin mit einer gewissen Jungfer, die wegen der abscheulichen Verzerrungen ihres Leibes und fürchterlichen Gestalten, die man an ihr wahrnahm, vor eine Besessene gehalten seyn wolte. Alleine es wieß sich nachgehends aus, daß es eitel Betrug damit gewesen. Europ. Fama P. 334. p. 831. sqq. Hieher gehöret auch die sonderbahre Geschichte der Mademoiselle Cadiere, die sich vor einigen Jahren zugetragen und in der Welt mehr als zu bekannt ist.
  14. In den Nieder-Sächs. Gel. Zeitungen 1732. N. XXXIV. p. 300. sq. wird er mit Recht ein unverschämter Alchymist genennet.
  15. Es wundert uns, daß er nicht I. Thess. V. 23. hinzu gesetzt hat, welches unserm Bedüncken nach die Haupt-Stelle zum Beweiß der drey Theile des Menschen ist.
  16. Probetur.
  17. nehmlich dem parte tertia essentiali hominis, so der Seelen entgegen gesetzt und Geist genennet wird.
  18. Z. E. Herr D. RUDIGER in Institutionibus Eruditionis p. 397.
  19. Die Scholastici limitiren ihn also: Qualis cause (univoca, secundum essentiam & esse absolutum) talis effectus.
  20. Siehe Theologische Bibliotheck Part. LXII. p. 149.
  21. Part. LXII. p. 149.
  22. Der Autor soll Herr D. Johann Christian Fritsche seyn, welcher auch seit einiger Zeit seltsame jedoch wahrhaftige Geschichte aus der Alten und Neuen Zeit heraus gegeben, und wovon gegenwärtig drey Theile in denen Buchläden zu sehen. Siehe Theol. Bibl. Part. LXIX. p. 872.
  23. Voyage du Levant. Tom. I. p. 52. sq. edit. Amsterd. 1718.
  24. D. Walchs Einleitung in die Philosophie, Lib. III. p. 742. sqq.
  25. Weil wir diese Piece nicht zu Gesichte bekommen, so haben wir uns der Recension des Hrn. Eudoxi in der Theol. Bibliotheck bedient, wie dergleichen auch bey einigen folgenden geschehen.
  26. Es sind diß die eigenen Worte des Herrn Eudoxi in der Theol. Bibliotheck P. LXII. p. 251. sq.
  27. Die Nachricht von dieser und der folgenden Schrifft haben wir aus der Theol. Bibliotheck P. LXIX. p. 878. genommen.
  28. Siehe die Gelehrten Zeitungen A. 1733. p. 364.
  29. Der Herr Autor der Theol. Bibliotheck P. 69 zeigt ihm p. 879. sq. verschiedene Irrthümer, die er in der Historie u. deren Zeit-Rechnung begangen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: denenen ausgegraben
  2. Vorlage: mottem