Topographia Sueviae: Hall
Zugenandt Schwäbischen Hall / ist ein ReichsStatt / deren Anfang man nicht eygentlich wissen kan / weiln Anno 1376. in der grossen Brunst allhie / alle alte Brieffliche Documenta mit auffgangen seyn. Aber es ist genugsamb bekandt / daß diese Gegend vor Zeiten ein Wildnuß / darinn sich / deß Holtzes halber / Mörder / vnnd Räuber auffgehalten haben; Vnd daß an dem Orth / wo jetzt die Sul / oder das Saltzwesen ist / vor vngefähr sechshundert vnnd fünfftzig Jahren / ein Thal / sampt einer stinckenden Lacken gewesen / dahin die wilden Thier gelauffen / vnd das Saltzwasser geleckt / auch dardurch den Leuthen das Saltzwesen kundbar gemacht haben; zu welcher Pfützen etliche Häußlein erbawet / vnnd auß solcher das Saltz / noch auff grobe Art / gesotten worden ist. Mit der Zeit ist da ein Dorff / vnd endlich eine Statt auffkommen / deren man den Griechischen Nahmen Hall / vom Saltz / geben hat. Es ist aber solches weiß / vnnd deßwegen nit so reß / als anders / wird gleichwol nach Nürnberg geführet. Also nun das Saltzwerck angefangen worden / so seyn hernach auch Häuser vber den Fluß Kochen / oder Kocher / daran Hall ligt / nämlich / an dem Ort / da jetzt das Johanniter Collegium vnd Hauß ist / erbawet worden / so einen kleinen Weyler gemacht / den man folgender Zeit mit Mawren vmbgeben hat: Daher noch ein Theil dieser Vorstatt im Weyler genant wird. Dann der Kocher dieses Hall in zwey Theil absondert / nämblich / die Statt / vnnd besagte Vorstatt / welche beyde durch die Brücke vber gemelten Fluß / conjungirt werden. Vnd wo diese Brück die Vorstatt berühret da ist obgedachtes Johanniter Hauß; vnnd wo sie die Statt antrifft / da ist / obgenant Sul / oder die Saltzquell / so der Statt Hall den Vrsprung geben / auß welchem Brunnen mit 15. Eymern das SaltzWasser geschöpfft / vnnd durch Canäl in die Saltzpfannen / deren bey hundert vnnd eylff vngefähr seyn / geleytet wirdt. Hat sonsten in der Statt auch von süssem Wasser vil Schöpff- vnd Röhrbrunnen / darunter sonderlich ein stattlicher ist / dessen Kasten / hundert Fuder Hällische Eich hält.
Als nun das Saltz / wie gemeldt / erfunden worden / so hat man nach etlich hundert Jahren / als man in der Erden gegraben / ein Horn eines Einhorns gefunden. Vnnd da das Geschrey von diesem Orth / vnd dem Nutzen / so man von dem Saltz gehabt / außkommen / da haben sich deßwegen viel Edelleut dahin begeben / die / neben andern Häusern / auch sieben steinerne Thürnen gebawet / die auch noch zu Hall seyn. Daher ist diese Statt zun Sieben Bürgen genandt worden, deren insonderheit einer / sampt dem Hoff / nahendt Sanct Michaelis Kirch gelegen / der Berler Hoff genandt wirdt / in welcher [91] Burg / oder Schloß / S. Brigitta / auß Schweden / als sie vmbs Jahr Christi 1363. nach Rom zoge / eingekehret haben solle: welcher Hoff / weiln er hernach der Beginen / oder bekehrten Schwester / Wohnung gewesen / der Nunnenhoff genandt worden ist. Es haben auch ausserhalb / vmb die Statt Hall herumb / vil Edelleut gewohnet / wie auß dem alten Gemäuer der Schlösser am Kocher / oder Cocha, vnnd andern Wassern / (deren vber die viertzig sollen gewesen seyn / vnnd Theils noch stehen) zu sehen ist. Wo das fürnembste Schloß in der Statt / auch Hal genandt / gestanden / auff dessen Platz ist folgends obgedachte S. Michaelis Kirch von den Halern / als an die gemeldtes Schloß / durch Tausch / kommen / erbawet worden. Welche Pfarrkirch auf dem Marckt ligt / vnnd mit Kupffer bedeckt ist / zu deren man 24. steinerne Staffel hinauff zu steigen hat / deren Breyte zu vnterst auff dem Marckt von hundert zwey vnnd siebentzig / in der Mitte von hundert vnd viertzig / oben aber von 80. Schuhen ist. Vnd gehet man von solchen 44. Staffeln / oben / durch hohe eyserne Gitter auff den Kirchhoff / von welcher noch sieben in die Kirchen / (so zehen Säulen in der Länge / vnd drey Thor hat / ) vnd auß derselben zum Chor acht (in deme zehen Säulen / vnnd zwey Thor: Item / eine Sacristey / vnd neun Capellen / ) vnd dann zum Hohen Altar noch drey Staffel seyn. Es hat in diesem Theil der Statt / auch ein Jacobiner-Kloster; vnd vber dem Kocher / wo obgemeldte Sanct Johanns-Commendatur ist / S. Catharinae Kirche / vnnd in der Vorstatt / die Gelbinger Gaß genandt / da der Ochsen- vnnd Viehmarckt ist / zwo Kirchen. Crusius setzt noch eine Kirch zu S. Vrban / zwischen dem Berg / vnnd dem Kocher / in einer Vorstatt / so keine Mauren habe / gelegen. Item / einen guten Spital; vnd sagt: Daß man die Jugend in den Schulen / vnd bey den Handwerckern / durch sonderbare Stipendia, auch junge arme Eheleuth / allda vnterhalte. Sonsten werden obgedachte drey / nämlich / alt Hall / wo S. Michaelis Kirch; der vber dem Kocher / wo S. Johann; vnnd die Gelbinger Gaß / die drey rechte Haupttheil der Statt / vnd daher die Burgermeister / die Stättmeister genandt / deren Zween seyn / so vmb einander regieren / vnd vier vnd zwantzig Rathsherren. Vnd seyn die Bürger von Hall wider die frembden Gericht befreyet. Vnd wann der Rath / wegen der Statt Sachen / oder Güter / zu suchen ist / so muß solches vor deß Reichs-Schultheissen daselbsten geschehen / welchem / auf Ersuchen deß Actoris, der Rath fünff oder sieben Rathsherrn der 3. nächstgelegnen Reichs-Stätte / adjungiren thut. Vnnd was diese Fünff / oder Sieben / oder der meiste Theil auß jhnen / mit dem Schultheissen beschliessen / das ist richtig / vnnd kan weiter nicht verfahren werden / es würde dann die Justitz betrüglicher weiß auffgeschoben / oder versagt: Darüber dann die Statt in Anno 1495. vnd 1521. ein Privilegium, vnd dessen Confirmation erlangt hat / in welchem auch dieses in specie versehen ist / daß die von Hall jre Nachbarn / so mit jnen handlen / wegen täglicher Schulden / in der Statt Hall angehalten / vnd verklagen können / also daß auch dieselbe nit avocirt mögen / noch sollen werden: Vnd hat die Statt auch diese Freyheit / daß man von jhrem Vrtheil nicht appeliren kan / es sey dann / daß die Summa zweyhundert Gülden vbertreffe. Vnnd erstreckt sich jhr Gebieth / so der Rosengarten genandt wirdt / zu allen Seiten auf ein gar grosse teutsche Meil vmb dieselbe her / so einen Graben / vnd lebendigen Zaun herumb hat / wiewol Theils solch Gebiet noch weiters in der Länge / vnd Breyte / vnd gar auff zwo Meil Wegs extendiren wollen. Hat zimliches Gebürg / vnd ist von Natur / sonderlich die Statt wol versehen / daß sie nicht leicht zu belägern. Der Boden herumb ist etwas hart / trägt doch genug Geträid / vnnd Wein / vnnd gibt es in den Wassern die Gnüge auch an Fischen. Käyser Rupertus hat jhr in solchem dero Gebieth / die Freyheit vber Heg vnnd Schläg geben / vnd den Vbertrettern ein Straaff von fünfftzig Marck Goldts gesetzt / solche halb der Käyserlichen Cammer / vnd halb jhr der Statt zubezahlen. Vnd hat vorerwehnter jhr Käys. Schultheiß / vor Jahren grossen Gewalt allda gehabt / vnnd zum Theil noch. Vnd mögen die von Hall silberne vnd güldine Müntz / in welcher ein Hand / vnd ein Creutz im Adler / das Zeichen der drey Personen [92] der H. Dreyfaltigkeit / schlagen. Vnd haben von jhr die Häller gleichsamb Hallerpfenning / Hälbling / oder Halbling / Hallenses, den Namen / die vor Zeiten allhie in grosser Menge seyn gemüntzet worden. An die Fünffer / als die vornembste Räth / gelangen die schwäreste / vnd die jenige Sachen / so einen geschwinden Außschlag erfordern. Jn den Reichszügen / hat jhr Fahn in dem Vorzug / vnd dem verlornen Hauffen / zwo Farben / Roth / vnd Gelb / so Leben vnd Todt bedeuten thut. Es seyn vor Zeiten vil Duellen / vnd sonderbare Kämpff allhie gehalten worden / auch sonsten vornehmen Sachen da vorgangen: Nachmals aber ist diese Statt in Abnehmen gerathen / also daß jhr Reichs Anschlag folgends moderirt worden / vnd sie anjetzo Monatlich einfachen Römerzug zweyhundert drey vnd neuntzig Gülden / zwantzig Creutzer zu geben hat. Es haben die von Hall auch ihre Feind / vnd vnter denselben Georgen von Rosenberg gehabt / der einsmals daselbst in Bawrenkleydern Besen verkaufft. Es hat auch die Statt sonsten vil außgestanden; Darneben auch seine Güter / vnd darunter Anno 1540 das Schloß Eltershofen von Melchior Senfften vmb dreytausend Gülden: Jtem / das Schloß Limpurg / von Herrn Erasmo von Lympurg / vmb viel tausendt Gülden / zusampt dem Dorff / vnter der Burg genandt / so eine Kirchen vnd Spital hat / erkaufft / welches Dorff der Häller Vorstatt worden ist; Deßwegen dann Anno 1543. das Lympurgisch Thor zu Hall / so bey die 150. Jahr zugebawet war / wider dieser Vorstatt halber / eröffnet ward; (hat sonsten 7. Thor / vnd drey Pförtlein;) Vnnd gehören jhr die Stättlein / sampt zuhörigen Schlössern /
Velberg / dritthalb Stundt von Hall / gegen Rotenburg wärts gelegen / Hohnart / vnd
Jltzhofen / vngefähr 1. Meil von Velberg / vnd 1. Meil von Kreilßheim.
Anno 1610. ist allhie von Theils der Protestirenden ReichsStänden / erstlich die Union auffgerichtet worden. Folgender Zeit aber hatte dieser Ort viel Anstöß erlitten; vnd bekamen vnder andern / auch Anno 1645. die Frantzosen die Statt gütlich in jren Gewalt. Jhr Monatlicher Reichs Anschlag ist 293 fl. 20. Kr. vnd zu Vnderhaltung deß Cammer-Gerichts jährlich / 260 fl. Sihe sonderbare Sachen dieser Statt beym Limnaeo, de J. publ. tomo. 4. p. 236. seqq. der auch sagt / daß das Schloß Limpurg / so Hall erkaufft / jetzt ein Baurn Hof seye.
Vid. P. Bertius lib. 3. rer. Germ. p. 563. Crus. in Annal. Suev. passim; Autor von den Reichsvögten / p. 78. (von dem Schlutheiß allhie) G. Braun in Theatro Urbium, Munsterus in Cosmogr. Joh. Limneus de jure publ. & Reusnerus de Urbibus Imperialibus.