Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae: Mülhausen
[65] Endlich so seyn / ausser der Graubünder vnnd Wallisser / von welchen hernach: Item der Statt Rothweil / von welcher in Schwaben / geschrieben wird: Nachfolgende mit Theils der 13. Haupt-Orthen der Eydgnoßschafft verbunden / nemblich
Die Statt Mülhausen ist am Rheinstrohm auff Gallier Seiten / in dem Suntgäw vnd Obern Elsaß / zwischen dem Rhein vnd Lotharingischen Gebürge / den Stätten Basel vnnd Colmar / vast in der mitte / doch der Statt Basel etwas näher / an- oder in dem Fluß Ill / wie eine Insul / gelegen / vnd vor Zeiten ARTALBINVUM geheissen worden / daher / daß ein Wandersmann / so von der Statt Augst / durch dieses mit dem hohen Forst der Hart gantz vberzogene Land / auff Breysach gereyset / allhie den Weg halb vollbracht hat / vnnd in der Hart-halb-innen gewesen. Sie ist ein sehr alte Reichs-Statt / vnnd jederweilen auff der ordentlich erwehlten Käyseren Seiten gestanden / dannenher sie etwan viel Vnglück erlitten: Wie sie dann / nach dem sie vnter Graffen Vlrichen von Pfirt / Käyser Friederichs deß Anderen / Obersten / vnnd Land-Vogten in dem Elsaß / von Bischoff Berchtolden von Teck / zu Straßburg / zwischen Blodeltzheim / vnd Hirtzfelden auff der Hart geschlagen / endlichen im Jahr 1246. gar vnterdruckt vnd beherrschet / biß sie fünffzehen Jahr hernacher von Grafen Rudolphen von Habspurg / damahlen der Statt Straßburg Hauptmann / wieder ihren Bischoffen Walthern von Geroltzegk / nach dem er deß Bischoffs Schloß zu oberst in der Statt mit Hülff der Burgeren erobert / verbrennt / vnd biß an zween noch stehende Thürne verstöret hat / widerumb gelediget / vnd als derselb auff den Käyserlichen Thron erhaben / gantz herrlichen befreyet worden ist. Vnter anderen von Käyser Rudolpho / vnnd seinen Nachfahren am Reich / erlangten sonderbaren Freyheiten / ist denckwürdig / daß ein jeder Todtschläger / so gen Mülhausen kompt / vnd vmb der Statt Freyheit anhaltet / darinnen vor männiglichen frey vnd sicher ist: Wo aber ein gefreyter Burger einen Todschlag begangen / ja gar Mörderisch gehandelt hette / vnd in sein eygen Hauß entrinnen möchte / der kan darinnen nicht angegriffen werden / sondern man soll ihme vor seinem Hauß ein Gericht setzen / vor deme er zu seinem Hauß herauß / von seinem Haab vnd Gut freye Verordnung thun mag / demnach von der Statt / vnnd derselbigen Zwing vnnd Bann hinweg / wohin er will / ohngehindert allermänniglichs gehen vnnd nicht wider einkommen soll / er begehre dann deß Rechtens / vnd getrawe dasselb zu bestehen.
In dem Jahr 1347. hat Käyser Carle der Vierdte zugelassen / daß an statt dessen bißher daselbsten dem Regiment vnnd gemeinem Stattwesen vorgesetzten Schultheissen / hinfür die / jetzt den 6. Zünfften nach auß gefreyten Bürgern gesetzte 12. Räth / vnd so viel Zunfftmeistere auß ihnen selbsten einen Burgermeister erwehlen mögen: Darauff dann Hans von Dornach / genant Guterolff / ein Ritter / der Statt Mülhausen erster Burgermeister / vnnd hernach derselben jederweilen drey / etwan auch vier / die alle halbe Jahr abwechßlen / vnd einer nach dem andern regieren / gewesen; Also bißher dieses hohe Oberkeitliche Ampt ohnverändert erhalten worden ist. Hiebey ist auch zu mercken / daß von altem her / vermög angeregter Käyserlicher Freyheiten / zweyerley Bürger zu Mülhausen seynd: Gefreyte / die obangezogene / vnnd andere Freyheiten haben / vnd es erwerben von ihren Eltern her / oder mit einem ehrbaren Leben / vnd sonderbaren Verdiensten / durch ein gewisse Summa Gelts: Die andern / welche die ersten in der Zahl weit vbertreffen / seynd vor Zeiten / wie noch bißher Bürgerliche Hindersässen genennet worden / werden aber wenig von einander vnterscheyden / als im Fall / da man der Statt Freyheiten zugebrauchen von nöthen hätte. Im Jahr 1437. hat die Statt Mülhausen die zween Flecken Iltzach / vnd [66] Montheim / sampt dem Kirchensatz zu Sawißheim / mit aller Zugehörd / hohen vnd nidern Gerichten / etc. von Graf Ludwig / vnd Vlrichen Gebrüderen zu Wirtenberg erkaufft. Demnach vnter Käyser Friederich dem Dritten / die vmb Mülhausen wohnende vorder Oesterreichische Ritterschafft / dieselbe Statt eine lange Zeit angefeindet / vnd zu allen Gelegenheiten getrachtet / auch auß Anlaß Herman Klees / eines Müllersknechts 6. Basel Plappert werthigen Liedlohns / im Jahr 1465. offentlichen bekriegt hat / ist die Statt gezwungen worden / damit sie bey ihren Freyheiten geschützet vnd erhalten werden möchte / nach zuvor ohnfruchtbarlich gethaner Protestation auff der Reichs-Stätten Tagsatzung zu Straßburg / sich / in dem darauff gefolgten Jahr / mit den beyden Eydgnossischen Stätten / Bern / vnd Solothurn / auff fünff vnd zwantzig Jahr lang zuverbinden: Ob woln nun hierauff / gleich in diesem Jahr / Johann WildGraffe zu Thune / vnd zu Kerburg / Rheingrafe zum Stein / Pfaltzgräffischer Land-Vogt in dem Elsaß / mit Hülff der von Keysersperg / vnd Türckheim / die von Petern von Regeßheim besetzte veste Bergschlösser / Hohen-Hatstatt / vnnd Hohen Egesheim erstiegen / darinnen den Müller Herman Klee erstochen / vnd die Schlösser verbrennen lassen: Dieweilen aber desselben Helffer / Conrad Küffer von Bondorff / vnnd demselben anhangender Adel / in ihrer Feindschafft fortgefahren / ist nicht allein dieser Bund bestanden / sondern auff seiten Mülhausen / mit hülff ihrer Eydgnossen der Krieg mit solcher Macht geführt worden / daß die vmbligende Landschafft besseren theils verbrennt vnd verheeret worden / zu solchem Verdruß Hertzog Sigmunds von Oesterreich / daß er dieselbige seine Land / Hertzog Carlen von Burgund / vmb 80000. Goldgülden versetzt hat / worauß die drey grausame Feldschlachten vor Granse / Murten / vnd Nanse / vnnd Hertzog Carles Vntergang vnnd Todt / erfolget ist. Im Jahr 1506. hat sich Müllhausen zu einer Statt Basel / mit gutheissen aller Orthen der Eydgnoßschafft / zu einer Vorbereitung zu dem ewigen Eydgnossischen Bundt zwantzig Jahr lang verbunden. Papst Julius der Ander / hat im Jahr 1512. der Statt Müllhausen / wegen derselben Burgeren in den Italiänischen Kriegen / wieder die Frantzosen verspührter Tapfferkeit / neben Ertheylung vieler Geistlicher Freyheiten / das roth Mühlenrad in weissem Feld / welches sie bißher in ihrem Wappen geführt / in ein Ritterliche / vnd güldene Farb verändert / vnd ihnen S. Stephans deß ersten Martyrers Bildnuß in ihr Paner gegeben / vnnd desselben Nachfahr Papst Leo der 10. Jährlichen mit 200. Rheinischen Gülden begnadiget. Demnach die Statt Müllhausen nun viel Jahr lang bey den Eydgenossen Sicherheit / vnd Rettung / vor ihren Feinden gefunden / mit denselben vnderschiedliche Kriegszüg in Italien / wieder die Frantzosen / auß eygener Bewegung / vnnd auff Ansinnen der Päpsten / auch gar einen Einfall in Franckreich gethan / ist dieselb im Jahr 1514. in der Wochen nach Andreae / auff der Tagsatzung aller Orten zu Zürich / in den ewigen Eydgnossischen Bund / zu einem Zugewandten Orth / angenommen / vnd hiemit dem Helvetischen Leib völliglich / vnd ewiglichen einverleibt worden. Hierauff sie deß gefolgten Jahrs / in welchem sie einen Burgermeister / vnnd viel dapffere Burgere / in der Blutigen Schlacht vor Marignan verlohren / auch einen ewigen Frieden mit König Frantzen / dem Ersten in Franckreich / eingegangen / vnd im Jahr 1521. die erste Verein / vnd Bündnuß vffgerichtet / auch von einem zum andern König bißher also erhalten hat / daß sie für eine der getrewesten Bundsstätten der Cron Franckreich heutiges Tags gehalten wird. Auff Jacobi deß 1523. Jahrs / hat Mühlhausen die Religion geändert / vnnd den Gottesdienst / zu Statt vnd Land / nach einer löblichen Statt Zürich Glaubens Bekandnuß / gäntzlichen angestellet / auch gefolgten 1536. Jahrs / der schrifftlich verfasten gemeinen Confession der Helvetischen Kirchen durchauß beygepflichtet / vnd daran bißher ohnveränderlichen sich gehalten. Auff Sambstag / den letzten Jenners / deß 1551. Jahrs / ist zu Müllhausen das vordere Rathhauß / mit allen Protocollen / vielen nutz- vnnd nachrichtlichen Schrifften / Silbergeschirr / Kleynodien / vnnd Haußraht / zu einem Vorbotten der darauff gefolgter Burgerlichen Vneinigkeit / [67] vnd Zerrüttung deß gantzen Stands / verbrunnen: Dann als sie / auß zu vberflüssiger Ruhe / in etwas Sicher- vnd Vermessenheit gerathen / seynd sie / von aussen her / von ihrer Freyheit / vnd Religion vffsätzigen Leuthen / wider einander verhetzt / erbittert / vnnd offentlichen / vmb geringer nichtswertiger Ansprachen willen / in Harnisch gebracht worden: Welcher Krieg / von dem 1578. biß in das 1590. Jahr gewehret hat: In welcher Zeit sie zweymahl in der Statt mit einander geschlagen / viel Bluts vergossen / vnd ins gemein / vnd sonderheit / sich selbsten verderbet haben: Also / daß / nach dem sie vber eine Million verkriegt / sie endlichen wiederumb demüthig / der ordentlichen Obrigkeit vnderthänig / vnnd fein rühig worden / welcher Ruhe sie / mit Hülff ihrer Eydgnossen / durch Gottes hierzuschlagenden Segen / bißher zu aller Welt Verwunderung / mitten in den die gantze Nachbarschafft / vnd Teutschland / verzehrenden Kriegs-Flammen / genossen / vnd nach ihrer Maaß / fein geblühet haben. Vnd diese Beschreibung ist Anno 1641. vom Herrn Jacob Henric-Petri / Burgermeistern zu Müllhausen / großgünstig communicirt worden / daher / weiln andere Scribenten da in etwas verstossen / man sich desto gewisser / vnd sicherer hierauff zu verlassen hat. Es wird diese Statt / welche / wie in G. Braunen Stätt-Buch stehet / fest ist / vier (andere haben 3.) Wassergräben / vnnd so viel Brücken darüber hat / biß man in die Statt kommet / zwar noch zu den Reichs-Tägen beschrieben. Der Boden herumb ist an Wein / Getrayd / vnnd anderm / gar fruchtbar. Vnd ist von ihr ein mehrers bey dem Stumpfio, vnd Stettlero, in ihren Schweitzer Chronicken / zu lesen.
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