Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae: Lucern

Topographia Germaniae
Lucern (heute: Luzern)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1642, S. 36–37.
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3. Lucern.

Diß ist ein vhralter Platz im Ergäw / an dem Wasser Rüß / ein Meil Wegs von Vnderwalden / drey von Schwytz / vnd vier von Vry / gelegen / ein lustiger Orth / sonderlich deß Sees halber / so von dieser Statt den Namen / auff welchem man zu den besagten 3. Orthen fahren kan. Ist ein gar schöner Fischreicher See / ob 4. grosser Meyl Wegs / nemblich bey 36. tausendt Schritten lang / von Vry biß gen Lucern / vnd bey einer Meylen breite / oder an etlichen Orthen schier breiter. Im Mitten ist er am allerengsten / gleich als ob er abgebrochen / vnnd in zwey Wasser getheylet were. Dann da strecket sich von Vnderwalden herein der Bürgiberg. Er wird auch der 4. Waldstätte See / von den 3. besagten Orthen / vnd dieser Statt Lucern / so alle daran rühren / genannt; Welche 4. Orth Anno 1351. das Schloß Habspurg an diesem See gelegen / verbrannt haben. Zwischen Vnderwalden / vnnd der Statt Lucern / auff der lincken Seiten deß Sees / ist ein hoher scharpffer Berg / von Felsen vnd Schroffen gantz rauch / so viel Brüch vnd Schrunden hat / dannenher er Fractus mons, vnd von den Leuthen hierumb Fracmont, vnnd Fragmont genannt wird. Auff diesem Berg / gleich vnter dem höchsten Spitz / in einem Sumpff / ist ein Pfütz mit einem Wald vmbzogen / die das Landvolck PilatusSee heisset. Dieses Wasser ligt von Natur an einem stillen Orth / ist tieff / vnd mit einem finstern Wald vmbgeben / vnnd mit Holtz vmbschräncket / darmit dasselbe niemand erzörne. Es ist vmb solche Pfützen / die etwas grawsam anzusehen / vnd keinen Ein- noch Außgang hat / vnd schwartz von Farb ist / allezeit still / vnnd bleibt sie vnbeweglich vom Winde / wird auch nicht grösser noch kleiner. Es ist aber die Statt Lucern nicht erst von dem / durch deß Allemanner Hertzogs Ruperti Brudern / den Priester Wickardum / vmbs Jahr Christi 816. oder 840. erbawten Kloster allhie / so jetzt ein Stifft / im Hof genant / auffkommen / sondern lang zuvor allbereit gestanden / wiewol sie sich bey dem Kloster gemehret / vnd selbers befestiget hat. Der Nam soll der Statt von dem scheinenden Liecht / oder Fewer herkommen / so zu Außgang deß Sees auff einem Thurn / den Port desto besser zu treffen / angezündet worden. Vnd hält man dafür / daß der Wasserthurn an der Obern bedeckten Brucken im See / der beynahe auff runde Manier gebawen / derselbe Thurn gewesen / da man die Laterne außgehencket hat. Das Wasser Rusa / oder die Rüß / so allhie auß dem See herauß / vnnd dann ferners durch die Statt fleust / theilet sie in die Grössere / vnnd Kleinere / darüber Brücken gehen. Vnd sein benebens zwey gar lange bedeckte Brücken / deren eine von der kleinen Statt oben durch den See in die Grosse / wie ander aber von der grossen Statt vber See hinauß in die Probstey gehet. Besagte Rüß kompt auff fünff Meyl Wegs vnder der Statt in die Aar / vnnd ergeust sich mit derselben in den Rhein / daß ihr Lauff von 13. Schweitzer Meylen / nemblich 4. durchs Land Vry / 4. durch den Lucerner See / vnd dann noch 5. Meylen ist. Vnd wegen solcher Gelegenheit gibt es allhie viel Gewerbs / vnd zu thun; Vnd werden allda die Welsche Güter abgeladen. Vnd wann man vber das Lepontisch Gebürg / so man heutigs Tags S. Gotthartsberg nennet / will / so kompt man hiedurch. Es ist diese Statt der Römisch-Catholischen Religion gantz zugethan. An. 1223. ward das Barfüsser Kloster da gestifftet. Vnd hat es auch allda ein Jesuiter Collegium. An dem alten Rahthause ist ein Gemälde eines gewaltigen Risen zu sehen / welches Knochen da gefunden worden / vnd noch auffgehaben werden sollen. Es ist diese Statt Anfangs lang in deß Reichs Schirm / vnnd benebens in deß Elsassischen Abbts zu Murbach Gewalt gewesen / von welchem sie durch Tausch ans Hauß Oesterreich gelanget ist. Bey dem Alemannischen Fürstenthumb sein beyderseits 2. kleine Burgen oder Vestungen da gestanden / den Lands-Fürsten zugehörig / [37] darvon die eine folgender Zeit in der grossen Statt zur Apotheck / die andere in der Kleinen zum Roten Kopff / vnd zur Herberg worden. Vom Carolo M. dem Käyser / solle dieser Orth am ersten etwas Befreyhung bekommen haben. Darauff andere Freyheiten von andern Käysern gefolget seyn. Anno 1321. oder 22. oder erst 32. (dann die Scribenten hierin mit einander nicht vberein stimmen) hat sie sich mit den 3. obgedachten Orthen / Vry Schwytz vnd Vnderwalden / in Bündnuß eingelassen / vmb sich hierdurch bey ihren Freyheiten zu erhalten. Vnd ist nunmehr niemands vnterthan / sondern für sich / wie die andere Orth auch; Wiewol sie das Reich respectiren vnd ehren. An statt deß Burgermeisters hat Lucern einen Schultheissen; vnnd an statt der Zünfften Handwercksgesellschafften. Vnd wird da der kleine / vnd grosse Rath / entweder von gewissen Personen / oder vom Rath selbsten erwehlet / auch noch etlicher massen allda das Jus Talionis observirt, vnd thun sich allem noch die Lucerner / vnder allen Eydgnossen / der Ehrinen gekrümbten Hörner / oder Harschhörner / im Krieg gebrauchen. Besiehe Munsterum in der Cosmographi / Stumpfium in der Schweitzer Chronic / Jos. Simlerum de Repub. Helv. vnd P. Bertium lib. 3. Rer. Germ.

Es hat diese Statt etliche Vogtheyen / vnd zimbliche Orth vnter sich. Vnd gehöret derselbigen auch Wolhusen / etwan ein Stättlein im Aergäw / nicht weit von Lucern / zu vnderst am Entlibuch / vnd dieser Zeit in ihrem Gebiet / in der Pfarr Rußwyl gelegen / so vor Zeiten herrliche Freyheiten gehabt hat. Man gibt den Lucernern sonsten nur zwey Stättlein / als

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