Topographia Franconiae: Dedicatio
und Herrn /
Herrn JOANNI PHILIPPO,
Ertzbischoffen zu Mäyntz / und
Bischoffen zu Würtzburg / deß H. Röm. Reichs Churfür-
sten / und Ertz-Cantzlern durch Germanien / auch Hertzogen zu
Gnädigster Herr /
Es war das höchstgepreiste Teutschland / noch zu deß Taciti Zeiten / übel gebaut / und mit Städten / nit gezieret / und es dannenhero eine vergebene Arbeit ist / von den eingebildeten Städten diesseit Rheins / so etwann noch vor Christi / unsers Erlösers / und Seligmachers / Geburt / wie etliche vorgeben / oder auch etlich hundert Jahr hernach / sollen gebaut worden seyn / Wort zu machen; weilen bey bewährten Scribenten nichts davon zu finden. Zwar / was die Städte jenseit Rheins / als Straßburg / Speyer / Wormbs / Mäyntz / Cölln / und andere anbelanget / so seyn solche zeitlich auffkommen / und von den Teutschen bewohnt [I] worden; wiewol / als solche die Wandaler / Hunnen / und andere Barbarische Völcker / verwüstet / sie eine Zeitlang ungebaut verblieben; und da man sich wieder in dieselbe begeben / so haben deren theils / auff ein Neues / die Normannen / und Ungar verderbet. Also seyn auch jenseit der Thonau / in Rhaetia, Vindelicia, Norico, und Pannonia, Städte / und darunter Augspurg / gewesen; die man aber / vorzeiten / nicht zum Teutschland gerechnet hat; wiewol solche hernach de Teutschen / als sie über die Thonau geruckt / eingenommen haben; die sie auch noch der Zeit besitzen. Und obwoln König Chilpericus in Franckreich / zu den Hertzogen / und Grafen / geschickt / daß sie die Mauren der Städte machen lassen solten; so gieng es doch damit nicht fort; dieweil die Teutschen / sonderlich in Germania Magna, zwischen dem Rein / und der Thonau / lieber auff dem Lande / als in den Städten eingeschlossener / wohnen wolten. Daher man auch von keinen gemauerten Städten in Groß-Teutschland / etlich hundert Jahr nach Christi Geburt / lieset; ausser von der vesten Stadt Schledingen / an der Unstrut / in Thüringen / umbs Jahr 524. davon aber heutiges Tags nichts mehr übrig ist. Und obwoln theils vermeynen / daß Würtzburg / allberit zu deß H. Kiliani Zeiten / eine Stadt gewesen; so ist doch ungewiß / ob solcher löblicher und alter Ort / damaln schon / Mauren / Thor / Thürne / und Gräben / gehabt habe. So seyn in der Landsart von dem Rhein / biß an die Weser / so man mit einem Namen / vor alters / das Frießland genannt / ausser Dordrecht / sonsten keine Städte in den glaubwürdigen Schrifften / noch zu deß Caroli Martelli; wie auch keine in Sachsen / zu deß Caroli Magni Zeiten / auffgezeichneter zu finden; wiewol man Bardowick für eine gar alte Stadt hält / aber nicht beweiset / daß sie damaln mit einer Mauer umbgeben gewesen. Die Wenden zwar / als sie die Landes-Gelegenheit zwischen der Saal / Weixel / und der Oost-See / biß an Holstein / etlich hundert Jahr nach Christi Geburt eingenommen / haben Städte / und Castell / erbauet / die sie zu deß besagten Käyser Carls deß Grossen Zeiten besessen; davon aber jetzt eine geringe Gedächtnüß übrig ist. Umbs Jahr Christi 910. bey Regierung Käysers Ludovici III. haben auch die Teutschen / wegen der stätigen Uberfäll der bedachten Wenden / wie auch der Ungar / angefangen / die beste Flecken mit Mauren / Thürnen / und Gräben / zu umbgeben; welches sie hernach / als das Käyserthumb an die Teutschen völlig kommen / sonderlich fortgesetzt. Und hat Käyser Heinrich der Erste befolhlen / daß alle Hochzeiten / und dergleichen Zusammenkunfften / wie auch die Märckt / forthin in den Städten gehalten werden; und das allwegen Neune auff dem Lande / so den Acker gebauet / einen tapffern Helden / und Kriegsmann / in einer Stadt / ernehren solten. Und daher vermeynen theils / daß die Geschlechter in vielen Städten kommen / welche in Sachsen / und selbigen Oertern / gemeinlich von den umbligenden Dörffern seyn genannt worden. Es seyn aber gemeldte Städte nicht also zierlich erbauet / und wol bevestiget gewesen / wie hernach geschehen / als hierzu die Krieg / und zu theils auch der Hussiten auß Böheim vielfaltige Einfäll / ursach geben hatten; die folgends in kurtzem also zugenommen / daß man sich hierüber nicht genugsamb hat verwundern können: dazu dann die hin- und wider auffgerichte Schulen / die Gewerb- und Kauffmannschafften / und allerley Handwercke / und Künsten / neben dem guten Lager / viel geholffen. Und hat theils derselbigen nichts anders gemangelt / als / daß sie den Anfang / und Fortgang / neben den sonderbaren Geschichten / so sich bey denselbigen zugetragen / nicht fleissig beschreiben lassen / und etwas darauff gewendet haben; daher dann auch man von vielen eben wenig gewisses finden kan. Zwar hat Sebastianus Munsterus, als der gleichsam den Anfang zu der Städte Beschreibungen gemacht / von Potentaten / Fürsten / Herrn / und Städten / hierzu etwas Hülff bekommen: aber es hat ihme / bey vielen / an mehrerm Bericht ermangelt: Deßwegen sich folgends andere / als / Nicolaus Reusnerus, Abraham Sauer / Matthaeus Dresserus, Adrianus Romanus, P. Bertius, Georgius Braun / und andere / darüber gemacht; deren aller Arbeit hoch zu preisen / weilen sie hiedurch Anleitung geben / den Sachen mehrers nach zu forschen: wiewol theils auch bey ihnen desideriren / daß / auß so viel hundert Städin Teutschland / sie nur die bekandteste beschrieben; auch etliche unter ihnen keine Ordnung gehalten; sondern die Städte in Teutschland / Franckreich / Italien / Hispanien / Engeland / unter einander geworffen / ingleichem etliche Ort etlichmal / in unterschiedlichen theilen / wie besagter Georg Braun / und Frantz Hogenberg / [II] gethan / eingebracht haben: welche zwar / zum theil / auß obverstandener Ursach / daß sie nicht mehrern Bericht / und Beschreibungen haben können; zum theil auch daher zu entschuldigen / dieweil sie ihnen nicht vorgenommen / eines jeden Königreichs Städte absonderlich zu beschreiben; sondern in einem Buch die fürnembste auß unterschiedlichen Ländern zusammen zu setzen; sonders zweiffels darumb / weilen theils Leser also beschaffen / daß sie nicht / wie die Wanders-Leute / bey der vorgenommenen Strassen / zuverbleiben / sondern / auß einem Land in das andere / einen Sprung zu thun begehren. Dieweil aber mit dieser Entschuldigung viel nicht zu frieden / sondern begehrt / daß die Teutschen Städte besonders / und zwar in unterschiedlichen Theilen / nach den fürnehmsten Landschafften / und auch viel mehrere / als in den oberwehnten / und andern Büchern / einkommen / möchten beschrieben werden; zumal / weilen seythero / sonderlich bey diesem leydigen Krieg / das liebe Teutschland viel ein andere Gestalt bekommen / viel Städte jämmerlich verwüstet / ihrer Mauren und Wehren beraubt / und theils gar in die Aschen gelegt: Hergegen auch viel andere / diese Zeit über / schöner gebaut / und bevestiget worden seyn: Als hab ich / damit ihrem Begehren ein genügen geschehe / mir / wiewol nicht ohn grosse Mühe und Unkosten / angelegen seyn lassen / auff daß nicht allein diese letztere / so noch in ihrem ziemlichen Wesen da stehen; sondern auch die verwüste / und zerfallene / wegen der jetzt-lebenden / und auch der zukünfftigen / umb der Nachricht willen / was es nemlich für eine Beschaffenheit / vor ihrer Verheerung / damit gehabt / und noch der Zeit habe / und zwar in besserer Ordnung / den Ländern nach / auch in grösserer Anzahl / möchten beschrieben / und / zu den Städten / auch andere vornehme Ort / Clöster / Schlösser / Märckt / etc. als viel man deren erfahren können / gethan; und / zu solcher Beschreibung / wegen mehrern Nutzens / und Belustigung / auch die Abbildungen vieler Plätze / deren Abrisse man erlangen mögen / gebracht werden. Welches Werck auch / durch Verleihung Göttlicher Gnaden / nunmehr so weit kommen / daß jetzt der Neundte Theil / der von dem hochlöblichen Fränckischen Crayse / und dem weitberühmten Franckenland / handelt / in den offenen Druck gegeben wird: guter Hoffnung gelebende / daß die noch restirende fünff Theil bessere / und friedlichere Zeiten bekommen werden / als man biß daher gehabt; da das Vaterland den Außländern zum Raub gemacht / seines Golds / Silbers / und anderer herrlichen Sachen / und sonderlich / neben der Verwüst- und Verödung deß Landes / seiner Mannschafft / und tapfferer Kriegsleute / und so viel hundert tausend Menschen / so durchs Schwerdt / Hunger und Kummer / und in andere Wege / drauff gangen / und zugleich damit ihrer Posterität / beraubet worden; und was das Meiste ist / viel viel tausend Seelen / bey der durch den Krieg auffgehebter Disciplin / allerhand gehäufften Sünden und Lastern / Verzweifflung / und dergleichen / dem Teuffel zugefahren seyn: dafür der allgütige GOTT die Uberbliebene gnädig bewahren wolle.
Wann aber / gnädigster Churfürst / und Herr / es ein alte Gewonheit / den Büchern mächtige Patronos, und Beschützer / zu nehmen; So hat zuforderst / zu diesem Neundten Theil / Euer Churfürstl. Eminentz zu erwehlen / und dieselbige deßwegen gehorsambst zu ersuchen / mir in Unterthänigkeit hiemit gebühren wollen. Dann Euer Churfürstl. Eminentz nicht allein ein hoher Stand dieses hochgedachten Craysses / und Hertzog in Francken; von dero hochlöbl. Vorfahren / den Herren Bischoffen zu Würtzburg / und vielen derselbigen Städten / in diesem Buch gehandelt wird; sondern es seyn Euer Churfürstl. Eminientz auch ein grosser Liebhaber /und Beförderer guter Künsten / und haben dero gnädigsten Willen / gegen meiner wenigen Person / meinem Sohn Matthaeo Merian / unlängsten zu erkennen gegeben / und mir / zu diesem Buch / befördersam zu seyn / gnädigst sich anerboten; daß daher solche Gnad mir Unwürdigen erzeigt / ich höchstens zu preisen / und Euer Churfürstl. Eminentz deßwegen unterthänigst zu dancken / und dieselbige gehorsambst zu bitten habe; daß Sie diesen Theil der Typographiae Germaniae, von mir / auff- und anzunehmen / gnädigt geruhen wollen. GOTT deß Friedens gebe / daß / wie man sich über Euer Churfürstl. Eminentz / als eines hochgerühmbten Friedfertigen Fürstens / Wahl / zu dem hochlöbl. Ertzbistumb Mäyntz / das verwichene 1647. Jahr / zum höchsten neben gebührender / und jetzt von mir unterthänigst wiederholter Glückwünschung erfreuet hat / also auch [III] durch Euer Churfürst. Eminentz / als deß Herrn Decani Electoralis Collegii, und Archicancellarii S. Rom. Imperii, Zuthun / der so lang exulierende Friede / so die End-Ursach / darumb man Krieg führet / und denselbigen deßwegen GOTT zu entschuldigen vermeynt / mit aller frommen Hertzen Wunsch / und vieler tausend nothleidenden Christen höchstem Verlangen / herwiedergebracht / und das in zügen ligende Teutschland / vor dem gäntzlichen Untergang / bewahrt / und erhalten werden möge. Thue / im übrigen / Euer Churfürstl. Eminentz dem allgewaltigen Schutz Gottes / zu langwieriger / und glückseliger Regierung / auch allem gesegneten Fürstlichem Wolstand; Euer Churfürstl. Eminentz aber / zu Churfürstlichen Gnaden / und Hulden / mich / und die Meinige demütigst / und gehorsamst befehlen. Datum Franckfurt am Mäyn / den 20. Martii Anno 1648.
Euer Churfürstl. Eminentz