Topographia Braunschweig Lüneburg: Hartzburg

Topographia Germaniae
Hartzburg (heute: Bad Harzburg)
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Harste
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 104–106.
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Hartzburg.

Das Fürstliche Braunschweigische Wolffenbüttelsche Ampt Hartzburg / hat den Nahmen von dem vhralten Schloß vnd berühmten Berg-Vestung Hartzburg / welches auff einem hohen Berge am Hartze / gegen Süden gelegen. Dasselbe Schloß oder Berg-Vestung soll / nach etlicher Meynung / drey hundert Jahr vor Christi vnsers Seligmachers Geburt / von den Hartzländern oder Chaucis / (dann das Wort Sachs ist zu der Zeit / vnd lang hernach in omni historiâ vnbekant) als Heyden / vnd zwar in honorem Saturni erbawet / vnd damalig nicht Hartzburg / besondern Saturburg genant worden seyn.

Als aber Keyser Carolus Magnus, Anno 780. sich gegen die Ost-Sachsen / vnd dero König Wedekind / mit einem starcken Kriegesheer wenden muste / hat er / der Keyser / bey solcher Gelegenheit / nach dem gedachter Wedekind zum Christlichen Glauben gebracht / die damahlig benambte Saturburg eingenommen / auff welcher Burg ein Abgott oder Teufel / Crodo genant / von den Sachsen angebeten vnd verehret worden; Vnd ist von der Mechtilden / Imperatoris Henrici Aucupis Tochter / auff einem gewirckten Seidenen Rock / wie derselbe Abgott sich allemahl zu praesentiren pflegen / mit allerhand Farben von Seiden künstlich abgewircket worden / [105] welcher Rock aber durch der Cron Schweden General Feldmarschalln / Herrn Bannier / von dem Stifft S. S. Simonis et Judae in Goßlar abgefodert / vnd nach Schweden gesandt ist. Hat also der Keyser Carolus Magnus die Abgötterey / so damahlig bey den Heyden / denen so trotzigen vnd tapfern als Sachsen / so viel mensch- vnd müglich gewesen / wiewol nicht ohn groß Blutvergiessen / abgestellet / vnd das Hauß Saturburg / weiln es am Hartze gelegen / Hartzburg genennet.

Sonsten wird der vorhin gemeldte Abgott / oder Teuffel Crodo, gemeiniglich in gestalt eines alten Mannes / so ein weiß leinen Kleid angehabt / mit einer Sicheln oder Sensen / vnd barfüssig / auff dem Fisch Bars stehend / in der rechten Hand ein Gefäß voll Wassers / vnd in der lincken ein Rad haltend / abgemahlet / vnd von den Sachsen angebetet / vnd demselben geopffert worden.

Es hat auch Keyser Carolus ein Stifft / nach abgeschaffter Heydnischer Abgötterey / in einem Thal / Schulenrode / biß auff diesen tag noch also genant / hart vnter dem Hause Hartzburg / Anno Christi 916. in honorem DEI et S. Matthiae gelegt. Der Keyser Henricus III. hat selbiges Stifft allda weggenommen / vnd nacher Goßlar / wo es jetzo noch in gutem Stande / im Jahr Christi 1040. in honorem Dei et S. S. Simonis et Judae transferirt. Keyser Fridericus I. hat selbiges mit privilegiis vnd Freyheiten / Anno Christi 1188. mildiglich dotiret vnd begabet.

Hierbey ist dieses zu erinnern / ob wol benantes Hauß Hartzburg / wie obgedacht / von dem Heydnischen Grewel durch Carolum Magnum befreyet worden / so hat sich doch annochfür hundert / vnd noch für 40. oder 50. Jahren / welches jederman deß Orts wissend / auch bey den Christen / eine solche Abgötterey finden lassen / in dem nicht allein in der nähe / besondern auch auß weit abgelegenen Oertern viele breßhafftige krancke / vnd an Händen vnd Füssen lahme vnd blinde Leute / sich durch Mittel auff die Hartzburg / durch Conniventz deß Pförtners gemacht / ihr Gebet für dem Altar verrichtet / ein wenig Geldes in den Armenstock / geleget / vnd dann das membrum corporis, an welchem der Krancke breßhafftig vnd Noht gelitten / in Wachs abgeblidet / in der Kirchen auff / vnd an die Wand / nebst den Krücken / worauff sie hinauff gekrochen / gehencket / vnd sich alsdann gesund davon gemachet. Es wird aber beständig berichtet / daß an der Mutter Marien Rock / welches Bildnuß auff dem Altar gestanden / vnten am Saum der Crodo oder Teuffel fast vnkentlich gemahlet gewesen / welches Bild hernachmals abgethan / Krücken vnd abgebildete Wachsbilder / vnd menschliche Glieder / von dem Hause / oder der Kirchen vielmehr / genommen / vnd also diesem newen Grewel durch die hohe Christliche Obrigkeit das final gemacht worden.

Vnter dieser alten Hartzburg hat sich bey Regierung Julii, Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / hochseligsten Angedencken / ein schöner Saltzbrunn eröffnet / derselbe ist zu einem richtigen Stande gebracht / vnd das darauff folgendes Saltzwerck Julius-Halle / welches / GOtt lob / biß dato in gutem esse, genant worden.

Sonsten ist auch vnter der Alten Hartzburg ein überauß schönes Hüttenwerck / auff welchem man Messing Kessel / vnd was dem dinge mehr angehörig / auch Drat gemacht / welche Waaren häuffig nicht allein im Lande verkaufft / besondern auff fürnehmen Messen / als Franckfurt am Mayn / vnd Leipzig / zu Kauffe häuffig geführet / so aber von den Keyserlichen erbärmlich in die Asche gelegt worden / Vnd ob wol damals auch der Holtzhoff mit im Fewer auffgangen / ist selbiger doch wieder erbauet / vnd befindet sich im vorigen Zustande.

Anno 1573. nach dem auff der alten hohen Hartzburg schwerliche Haußhaltung zu führen gewesen / hat hochgedacht Sr. Fürstl. Gn. Hertzog Julius zu Braunschweig vnd Lüneburg / hochseligen Angedenckens / jetziges Ampthauß / nebst dem Vorwerck / von newem erbawen / dasselbige mit schönen [106] herrlichen Gemächern / derer man sich bey den Fürstl. Ablagern lustig vnd nutzlich gebrauchen können / zieren lassen.

Anno 1626. ist benantes Ampthauß / ober vnd vntern Vorwerck / nebst allen darin gelegenen Dörffern / vnd einem Gotteshause in Harlingeroda / Messings-Drathütten / Kupfferhammer / Holtzhofe / vnd Saltzwerck / durch den Keyserlichen in Osterwick gelegenen Obristen Leutenant / Oßwald von Bodenteich / auff geheiß deß Herrn General Tylli verbrant / vnd jämmerlich eingeäschert worden / die Vrsache will man den domahligen halßstarrigen Bawren vnd Hartzschützen / welche auff freyer Strasse / absonderlich an den Hartzwegen nacher Goßlar / mit niederwerffung vnd todtschlagung / so wol der Keyserlichen Soldaten / als auch sonsten andern ehrlichen reisenden Leuten / beymessen / vnterdessen ist diesem Ampte darauff ein so grosser Schade zugefüget worden.

Dieses Ampthauß ist von Hertzogen Friederichen Vlrichen hochseligen Angedenckens / wieder auffzubawen zwar / aber sehr schlecht / angefangen / vnd nur vnter das Dach gebracht worden.

Nach dem aber der Durchleuchtiger / Hochgeborner Fürst vnd Herr / Herr Augustus, Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / die Regierung / nach Ableibung hochgedachten Hertzogen Friederichen Vlrichs / angetretten / haben S. Fürstl. Gn. selbiges hinwiederumb / nebst beyden Vorwercken / mit Gebäwden stattlich versehen lassen / daß auch Winters über die Fürstl. Stutarey insgesampt allhie auff dem Ampt besserer Wartung halber / verbleiben können / ist auch das Ampthauß mit schönen Gemächern / nit ohne sonderbare Kostung / gezieret vnd außgebawet worden. Worbey auch dieses zu mercken / daß vielgenantes altes Hauß Hartzburg für sich / weil es anfangs mit dem Außschuß der hiesigen Vnterthanen / hernachmals aber bey hochgedacht Sr. Früstl. Gn. mit Officirern vnd Soldaten absonderlich besetzet gewesen / vnd beede kriegende Partheyen sich daran nicht gemacht / allemahl frey vnd vnattaquiret / biß auff den erfolgten allgemeinen Frieden / verblieben.

Anno 1650. vnd 1651. ist auff Befehl jetzt hochgedachten Hertzogen Augusti zu Braunschweig vnd Lüneburg / Fürstl. Gn. die Alte Hartzburg / nebst dem Brunnen / so mit Steinen zugeworffen vnd erfüllet / wie sie damahlig sich im Stande befunden / gäntzlich herunter gerissen / die grossen festen Mauren mit grosser Mühe vmbgeschraubet / vnd so gut als man hat können / der Erden gleich gemachet worden / also / daß das Ampthauß fast nicht mehr Hartzburg / besondern Buntheim / woselbst das newe Ampthauß gelegen / nunmehr genant wird.