Topographia Braunschweig Lüneburg: Fürstliches Stifft S. Blasii in Braunschweig

Topographia Germaniae
Fürstliches Stifft S. Blasii in Braunschweig (heute: Braunschweiger Dom)
<<<Vorheriger
Statt Blanckenburg
Nächster>>>
Blumenaw
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 51–55.
[[| in Wikisource]]
Braunschweiger Dom in der Wikipedia
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du unter Hilfe
Link zur Indexseite


[51]
Fürstliches Stifft S. Blasii in Braunschweig.

Die StifftsKirche S. Blasii in Braunschweig / ist anfänglich Anno Christi 1030. daselbsten in der Burg Danckworderode / (welche von Hertzog Danckword zu Sachsen / Anno Christi 861. mit einer Mawer ist vmbzogen / vnd nach dessen Nahmen genennet worden) von Ludolffo / Marggrafen in Sachsen / Brunonis Sohne erbawet / vnd von Gotthardo dem 14. Bischoffe zu Hildesheim / in die Ehre der H. Aposteln / Petri vnd Pauli, geweihet worden.

Anno 1172. hat Hertzog Heinrich der Lewe / die alte Kirche auff Danckwerderode / so in die Ehre S. Petri vnd Pauli geweihet gewesen / abbrechen / vnd sie von newem / in die Ehren S. Blasii, vnd Johannis Baptistae, auch die zwey Capellen / S. Georgii vnd S. Gertrudis, sampt anderen trefflichen Gebäuden / anrichten / vnd verfertigen lassen.

Vnd ist in demselben Jahre das berühmte monumentum deß ehrnen Löwens / welches noch anjetzo daselbsten zu sehen / auff dem Platze vor der Burg / an der seiten der Kirchen / nach Mitternacht werts / von demselben auch auffgerichtet worden.

Anno 1195. am Abend Jacobi Apostoli, ist vorhochgedachter Hertzog Heinrich der Löwe / ein mächtiger / vnd in den Historien hochberühmter Fürst gestorben / vnd in diese Stifftskirche begraben worden; davon nachfolgende Verse an einer Tafel / in obberührter Kirchen sich befinden:

Hic jacet Henricus quondam dux, Conditor hujus
Ecclesiae Dignus, Nobilitate Pius.
Moribus ornata sibi conjux est sociata
Pauperibus larga, simplicitate bona.
Inclyta Mechtildis Anglorum filia Regis
Nutriat angelicis hos Deus ipse cibis.
Ad-jacet optatus Rex horum sanguine natus
Otto Coronatus, vermibus esca datus:
Hujus erat Sponsa Philippi stirps generosa
Filia formosa, nunc cinis, ante rosa:
Qui legis haec metra, memor horum sis peto, pensa
Quid caro? quid vita? quid Res? nisi mors, cinis, umbra?

[52] Anno 1117. ist gestorben Gertrudis / Marggräffin Eggebrechts Tochter / vnd ist zu Braunschweig allhier in diese Kirche begraben worden: Selbige soll S. Autoris Leichnam von Trier nacher Braunschweig gebracht haben.

Anno 1208. ist die Durchleuchtige Fürstin Fraw Beatrix / eine Tochter deß Röm. Königes Philippi / vnd eine Gemahlin Keyser Otten deß Vierten / eines Herrn zu Braunschweig / allhier in diese Kirche begraben worden.

Anno 1218. ist zur Hartzburg gestorben der Großmächtige Keyser Otto / deß Nahmens der Vierdte / ein Herr zu Braunschweig / Hertzog Henrichen deß Löwens Sohn / vnd ist in diese Stifftskirche begraben worden.

Ferner sind in diese Stifftskirche begraben / Pfaltzgarff Henrich / ein Herr zu Braunschweig / Keyser Otten Herr Bruder / Anno 1272.

Otto / cognomento Puer, der Erste Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / Anno 1252.

Hertzog Albrecht der Grosse genant / Anno 1278.

Hertzog Wilhelm / Hertzog Albrechts Sohn / Anno 1292. Bey dieses Herrn Zeiten / ist das Hertzogthumb Braunschweig in drey Theile getheilet / vnd geschieden worden.

Hertzog Magnus / Annos 1372. welcher in einer Schlacht wider Graff Otten von Schawenburg / zwischen Diester vnd Leine geblieben.

Hertzog Friederich / welcher zum Römischen Könige erwöhlt worden / Anno 1400. aber im Rückwege bey Frießlar erschlagen.

Caecilia, eine geborne Marggräffin / Hertzog Wilhelms / genant Gottes Kuhe / Gemahlin / Anno 1427.

Mithilda / eine geborne Gräfin von Schawenburg / Hertzog Wilhelms andere Gemahlin / Anno 1468.

Helana / ein geborne Fürstin von Cleve / Hertzog Heinrichs / genant Lappenkrieg / Gemahlin / Anno 1471.

Hertzog Wilhelm / Gottes Kuhe genant / Anno 1482.

Hertzog Henrich der Aelter / welchem in Frießland vor Aurich / der Kopff mit einem Stück abgelöset / Anno 1514.

Diese obbemelte Fürstliche Personen / ausser Hertzog Heinrich dem Aeltern / welcher absonderlich in einem Gewölbe / vnter Erden beygesetzet / vnd der Letzte ist / so in dieser Kirchen begraben worden / seynd in das erhobene monumentum Henrici Leonis, so in dieser Stifftskirchen für dem Altare sich befindet / begraben worden / wie solches auß einer / in jetztberührter Stifftskirchen auffgehängeter alten Taffel / mit mehrem verzeichnet ist / zu sehen / So wol auch an den höltzernen Sarken / oder Todenladen / so nahe neben einander / vnter diesem monumento zu befinden.

Vor hochgedachter Hertzog Wilhelm / hat Anno 1469. den Theil oder Ansatz der Kirchen / nebenst dem Bleydache nach Mittertnachtwerts bawen / vnd also diese Kirche ein gut theil erweitern lassen.

Anno 1542. den 28. Octobris, haben im Abwesen deß damahligen regierenden Landesfürsten / Hertzogen Henrich deß Jüngern / die andere Fürstliche Herren Patroni, als / Herr Philip / Herr Ernst / Herr Erich / Gevettern / alle Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / auß Christlichem Eiffer sich vnter einander verglichen / dieweil Sie zu der wahren Augspurgischen vnveränderten Confession / vnd verbesserten Religion sich bekennet / daß auch dieser ihr Stifft in Lehr / Ceremonien / vnd Kirchengesängen / sich darnach richten solte; Haben demnach obbemelten dato, eine Christliche Reformation vnd Ordnung für die Hand genommen / vnd dieselbe in dieser Stifftskirchen an- vnd auffgerichtet.

Vnd ob zwar der damal regierende Landesfürst / Hertzog Heinrich der Jünger / nicht binnen Landes gewesen / sondern darauß gewichen / derselbe auch / als ein der Alten Römischen Religion zugethaner Fürst / in solche Reformation vnd Veränderung der Lehr vnd Ceremonien nicht gewilliget / sondern derselben contradiciret vnd widersprochen; Auch nach deme S. Fürstl. Gn. wieder zu ihrem Land vnd [53] Leuten gekommen / diese Sache gerne dahin gerichtet gesehen / da die Alte Römische Ceremonien vnd Kirchengebräuche / in der Stifftskirchen wieder eingeführet werden möchten / hat er es doch dahin nicht bringen können; sondern ist endlich in anno 1552. Dingstags post Judica, da aller vier Fürstlichen Herren Patronen Abgesandten / in Braunschweig zusammen gekommen / vnd wegen deß Stiffts Beschwerungen Raht gehalten / dieser Punct / als der Allerfürnehmster / dahin verglichen / daß in dieser Stifftskirchen der Gottesdienst / mit singen / lesen / predigen / vnd beten / nicht nach der Alten / sondern nach der Evangelischen Art vnd Ordnung continuiret / geübet vnd behalten würde.

Die äusserliche Beschaffenheit dieser Stifftskirchen / ist ansehnlich vnd zierlich / jedoch mehrentheils nach der alten Art eingerichtet / ist gar kostbar zu erhalten / vnd befindet sich inwendig in der Kirchen hin vnd wieder / viel saubere merckwürdige Arbeit an Pfeilern / Mawerwercke / vnd Gemählden / insonderheit sind vnterschiedene künstreiche alte Gemählde auff etlichen grossen Tafeln / so über den Altaren stehen / wol würdig zu beschawen: Gestalt dann auch in der Alten Capellen S. Gertrudis / noch zu sehen eine schöne Seule / auß einem Jaspis / welche Hertzog Heinrich der Löwe / auß dem gelobten Lande mitgebracht hat. Nicht weit davon / gegen den Mittag werts / ist das Mawerwerck deß Finckenherdes / Hertzogen Henrici Aucupis zu sehen / welches der Durchleuchtiger / Hochgeborner Fürst vnd Herr / Herr Augustus, jetziger Regierender Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / wegen Bawfälligkeit / in anno 1640. etwas ändern lassen / Massen dann daselbsten / bey einem Thorwege in solchem Mawrwercke / an der rechten seiten / in einer alten steinernen Tafeln / stehen eingehawen zween gelbe Löwen Parden / im rohten Felde: An der andern seiten stehet / in einer newen Tafel / Anno Christi 1640. ist dieses geändert.

So befindet sich auch bey diesem Stiffte / ein sonderbar herrlich Glockengeleute / vnter welchen die grösseste Glocke Anno 1502. Dingstages post vincula Petri, in der Burg daselbst / von Meister Gerdt von Lampen auß Engelland / gegossen worden; hat an die 99. Centner: Das gantze Geleute machet ein volles Stimmwerck / vnd sind der Glocken an der Zahl 11.

Anno 1586. hat Hertzog Julius hochlöbl. Gedächtnuß / das Burgthor / für der Vormauren / nach dem Abendwerts bawen / solches mit dem Fürstl. Wapen zieren / vnd das Dach mit Bley bedecken lassen.

Anno 1609. ist diese Stifftskirche mit einer newen grossen kostbaren berühmeten Orgel / in 36. Stimmen bestehend / gezieret worden; welche noch jetzund im Stande ist / vnd ein schönes Ansehen hat.

Es ist diese mehrberührte Kirche / mit denen dazu gehörenden Stifftsgebäwden / vnd Curus Canonicorum, gelegen in der Burg / recht mitten in der Statt Braunschweig / hat an der seiten nach Mitternacht einen feinen grossen Platz / in dessen mitte stehet oberwehntes berühmtes monumentum ducis Henrici Leonis, nemlich ein ehrner / übergüldeter grosser Löwe / mit auffgesperrtem Rachen / welcher gesetzet auff eine hohe breite Seule / so von grossen Quatersteinen ist auffgeführet / vnd stehen forne zu den Füssen deß Löwens / auff einem breiten Steine / folgende Worte:

ANNO SALUTIS HUMANI GENERIS M. DC. XVI. MENS. AUGUST. ILLUSTRISSIMUS PRINCEPS DOMINUS, DOMINUS FRIDERICUS HULDARICUS, HENRICI JULII FILIUS BRUNS. ET LUNAEBURG. DUX, HOC ANTIQVUM MONUMENTUM GENTILITIUM, TEMPORIS ET COELI INJURIA COLLAPSUM, RESTAURARI ET PRISTINO NITORI RESTITUI CURAVIT, POSTQVAM ANNO PRAECEDENTI URBEM HANC ACERRIMA OBSIDIONE A. XXII. JULII USQVE AD XI. NOVEMBRIS CINXISSET, ET TANDEM [54] SOLUTA EA MENS. FEBR. PAX ET CONCORDIA HOMAGIO SUB JURAMENTI FIDE PRAESTITO FIRMATA ESSET, IN REI PERENNEM MEMORIAM.

Nach dem Morgenwerts liget die alte Burg Danckwerderode / welche hernach das Moeßhaus ist genennet / vnd ist dessen Renovation / nach dem für vielen Jahren durch eine Fewersbrunst das alte Sparrwerck abgebrant / auch an etlichen Orten das Mauerwerck geborsten / vnd von einander gesprungen / in anno 1616. von dem Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürsten vnd Herrn / Herrn Friederich Vlrichen / Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / hochlöbl. Gedächtnuß / angefangen / letzlich aber in anno 1636. et seq. von vor hochgedachten Herrn / Herrn Augusti, jetzigen regierenden Hertzogen zu Braun-schweig vnd Lüneburg / Fürstl. Gn. ferner vollführet / auch inwendig an Gemächern vnd Saalen stattlich außgebawet / vnd gezieret worden / Stehet aber jetzo dieses alte berühmte / vnd nunmehr reparirtes Fürstl. Hauß vnd Burg-Schloß vnbewohnet vnd verschlossen / weil mehrhochermeldt Hertzogen Augusti Fürstl. Gn. sampt dero gantzen Hofstatt / in anno 1643. das Fürstl. Residentz-Hauß Wolffenbüttel bezogen / vnd biß dato daselbst / Dero Fürstliches Hoflager continuirt haben. Sonst lassen S. Fürstl. Gn. alljährlich zu gewissen Zeiten / Dero Fürstliches Hof-Gericht auff dem Capitel-Hause dieser Stifftskirchen / annoch offentlich halten / immassen dazu bequeme / ansehnliche / vnd mit rohtem Tuche inwendig rings her überzogene Gemächer aptiret / Wie dann auch vor diesem / als mehrhochgemeldt S. F. Gn. dero Hofstatt in Braunschweig gehabt / die völlige Cantzley / sampt dem Hof-Gerichte / auff deß Stiffts Capittel Hause gehalten worden.

Sonst ist diese Stifftskirche / sampt zugehörigen Stifftsgebäuden / bey vergangenen Kriegeszeiten / insonderheit denen beyden harten Belagerungen / so die Statt Braunschweig Anno 1605. vnd 1615. außgestanden / GOttlob / vnversehret geblieben / nur daß den 20. Augusti 1615. in der Nacht / ein Canonen-Schuß auff die Fürsten-Capelle / oben durch das Chor in der Kirchen / vnd noch zweene Schüsse auff die Chor-Mauren ad orientem geschehen / davon selbige Mauer einen starcken Riß bekommen / wie derselbe noch jetzo zu sehen.

In den Fenstern dieser Stifftskirchen / nach dem Lewen werts / stehen folgende Fürsten vnd Fürstinnen / in völliger Lebensgrösse / mit schönen Farben auff die Gläser gebrennet / mit nachfolgenden Vnterschrifften:

Von Gottes Gnaden Maria / Geborne von Wirtenberg / Hertzogin zu Braunschweig vnd Lüneburg.

Von Gottes Gnaden Heinrich der Jünger / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg.

Von Gottes Gnaden Sophia / Geborne auß Königlichem Stamm zu Polen / Hertzogin zu Braunschweig vnd Lüneburg.

Von Gottes Gnaden Wolff / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg.

Nec Wolffgange latet pietas tua et inclyta Virtus,
Te clarum Heroëm Gallica bella canunt.

Von Gottes Gnaden Philippus, Hertzog zu Braunschweig.

Ingenti studio fraterna exempla Philippus
Dum sequitur laudis non habet ille minus.

Von Gottes Gnaden Ernst / Hertzog zu Braunschweig.

Constans assertor fidei, bellator et acris
Ernestus sese nomina digna gerit.
(Ernestus ille est Avus Ducis Augusti, Ducatum jam regentis.)

Von Gottes Gnaden Sidonia, Hertzogin zu Braunschweig vnnd Lüneburg.

[55] Von Gottes Gnaden Erich der Jünger / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg.

Et tibi bellipotens sublimia pectora Mavors,
Queis tua fama diu vivet Erice dedit.

Von Gottes Gnaden Erich der Elter / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg.

Qua jacet uberibus praelustris Hagonia terris,
Imperii acta gerens, clarus Ericus obit.

Von Gottes Gnaden Wilhelm / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg.

Sanguis avitus inest Tibi Dux generose Wilhelme,
Laude igitur dignus, Dignus es Eulogio.

Von Gottes Gnaden Henrich / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg.

Heroum Soboles Heros clarissime, Magnum
De Te Henrice sibi Patria spondet humus.

Von Gottes Gnaden Frantz Otto / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg.

Vix Sprea Francisco nuptam piscosus Othoni
Junxerat, illa pia nunc regit orba viro.

Von Gottes Gnaden Julius, Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg.

Ex Fabiis Fabium Mars texerat omnibus unum,
Fratribus extinctis, Julius esto super.

Von Gottes Gnaden Philippus, Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg.

Bella sequi, belloque mori tua strenua Virtus
Te juvit, clari stirps quoque clara Patris.

Von Gottes Gnaden Carolus, Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg.

Labitur ex saevo bombardae Carolus ictu,
Quando fugat Patriae bella cruenta suae.