Topographia Braunschweig Lüneburg: Chorographia oder Landes-Beschreibung deß Herzogthumbs Lüneburg

Topographia Germaniae
Chorographia oder Landes-Beschreibung deß Herzogthumbs Lüneburg
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 14–22.
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[14]
Chorographia oder Landes-Beschreibung deß Hertzogthumbs Lüneburg.
Nahme.

Das Hertzogthumb Lüneburg hat seinen jetzigen Namen bekommen / nicht eben / wie ins gemein davor gehalten wird / von seiner HauptStatt Lüneburg / sondern vielmehr eigentlich von seinen Regenten vnd Landesherren / die es innen gehabt. Dann / wie auß den Historien bekant / hat Hertzog Herman Billing zu Sachsen / das Schloß auff dem Kalckberge erbawet / welches Lüneburg geheissen worden. Von selbigem Schlosse / vnd dessen Zubehörungen / haben sich bemeldetes Hertzog Hermannen Nachkommen / ehe die Statt gebawet / Dominos de Luneburg, Herren zu Lüneburg genant / vnd ist ihr erblich Eigenthumb gewesen / biß im Jahr 1235. Hertzog Otto das Kind / dasselbe / sampt andern seinen Landen / die damals noch vnter dem Nahmen deß Hertzogthumbs Sachsen begriffen gewesen / von Keyser Friederich dem Andern zu Lehen empfangen / vnd zugleich mit dem Titul vnd Nahmen eines Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg begabet worden. Daher dann kommen / daß die Lande / welche sonsten Sachsen genant / diesen eigenen Nahmen deß Hertzogthumbs Braunschweig vnd Lüneburg empfangen. In dem über solche Belehnung auffgerichteten Lehenbriefe / wird Lüneburg nur ein Castrum cum pertinentiis, ein Schloß oder Burg / mit seinen Zubehörungen / genennet / daß also damals von der Statt noch wenig verhanden gewesen / wie in Beschreibung solcher Statt mit mehrem soll gemeldet werden / vnd jetzo nur zum Beweißthumb dessen / daß das Land von derselben eigentlich nicht benambset worden / angezogen.


Gräntzen.

Seine Gräntzen / damit es vmbgeben / seyn heutiges Tages gegen der Sonnen Auffgang / das Fürstenthumb Mecklenburg / die Marck Brandenburg / das Ertzstifft Magdeburg / daselbst / wie auch ferner gegen Mittag / stosset es an das Fürstenthumb Braunschweig / Wolffenbüttelischen theils / Stifft Hildeßheim / vnd Fürstenthumb Calenberg. Gegen Niedergang ist gelegen die Graffschafft Hoya / vnd die Hertzogthümber Verden vnd Bremen. Gegen Mitternacht hat es die Graffschafft Pinnenberg / der Stätte Lübeck vnd Hamburg Gebiete / vnd das Fürstenthumb Sachsen-Lawenburg.


Abtheilung.

Das gantze Fürstenthumb ist in verschiedene Aempter / damit es desto bequemer verwaltet werden könne / abgetheilet / deren etliche wiederumb in vnterschiedliche Voigteyen vertheilet seyn.


Einwohner.

Belangend die Einwohner dieses Landes / ist davon allbereit hieroben Meldung

[K3]

[15] geschehen. Nun ist allhie zu mercken / daß noch heutiges Tages ein geringer theil dieses Fürstenthumbs in den Aemptern Dannenberg / Lüchaw / vnd der Orten / von den Henetis oder Wenden bewohnet werde. Dann als bemeldete Heneti oder Wenden vor Zeiten den Ort / da jetzo die Marck Brandenburg / vnd das Fürstenthumb Lüneburg ist / überzogen / vnd alles mit Fewer vnd Schwert verwüstet hatten / ist darauff Hertzog Sigharden zu Sachsen / der Krieg wider Sie im Jahr Christi 642. anbefohlen / welcher diese Wenden zu grunde geschlagen / vnd vertilget / also / daß nur etliche wenige davon an vorbesagten Orten übrig blieben. (Henninges in genealogia. Bunting in seiner Braunschweigischen Chronick im 1. Buche.


Vnterscheid der Einwohner.

Es können die jetzigen Einhaber vnd Bewohner dieses Landes / füglich in dreyerley Arten oder Ordnungen vertheilet werden / dann es hat dasselbe.

Hohe Obrigkeit.

Erstlich seine Hohe Landes-Obrigkeit / welche anjetzo ist der Durchläuchtiger / Hochgeborner Fürst vnd Herr / Herr Christian Ludwig / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc. von dessen Stamm vnd Vorfahren / schon in der gemeinen Beschreibung etwas Bericht geschehen / vnd das übrige noch folgen wird.


Stände.

Hernacher seyn die Stände deß Landes / welche wiederumb dreyerley / als Praelaten / Ritterschafft / vnd Stätte. Vnter den Praelaten / welche zu Landtägen erscheinen / ist der vornehmster der Abt zu S. Michaëlis in Lüneburg / vnd nach dem die Stiffter Bardewick / Ramelßloh / etc.

Adeliche Geschlechter sollen vor diesem im Fürstenthumb Lüneburg über siebentzig gewesen seyn / deren zwar etliche abgangen / je dennoch ein ansehnlicher Adel / dergleichen in benachbarten Fürstenthümbern nicht leichtlich zu finden / übrig ist.

Die Stätte seyn der dritte Stand deß Landes / als welche ebenmässig mit zu Landtägen erfodert werden / Es pflegen aber solche Landtäge / wann es die Notturfft erfodert / alten Herkommen nach / bey Friedenszeiten / vnter dem blossen Himmel / in einem Gehöltze / der Schot bey Hösering genant / in dem Ampt Bodenteich / vier Meil wegs von Zell / gemeiniglich gehalten zu werden.

Endlich gehören auch vnter die Einwohner deß Fürstenthumbs Lüneburg / alle Bürger / Vnterthanen / vnd Eingesessene in Stätten / Flecken / vnd auff dem Lande.


Grund vnd Bodem.

Wie nun dieses Land an Mannschafft vnd Einwohnern keinen Mangel / also ist auch dessen Gelegenheit / Grund vnd Bodem dergestalt beschaffen / daß Menschen vnd Vieh ihren Vnterhalt davon haben können. Dann ob es zwar in der mitten etwas vnfruchtbar / vnd ziemlich viel Heide darin / so hat es doch hingegen rings herumb stattliche fruchtbare Oerter / sonderlich aber die herrlichen Marschländer an der Elbe / welche zum Ackerbaw vnd der Viehzucht gar bequem. Daher von den Alten dieses Fürstenthumb einem Münchskopff verglichen worden / welcher in der mitten kahl / rings herumb aber mit Haar bewachsen.

Wiewol auch in der mitte dieses Landes / wegen der darin belegenen stattlichen Höltzungen / vnd durchfliessenden vielen Bäche / Flüssen vnd Strömen / feine fruchtbare Oerter zu befinden / also daß Menschen vnd Vieh ihren Vnterhalt vnd Nahrung darin reichlich haben können.

Vnter die Fruchtbarkeit der Erden dieses Landes / werden auch nicht vnbillich die herrlichen Saltzbrunnen / als ein edles Geschencke Gottes / gerechnet. Davon in Beschreibung der Statt Lüneburg (als welche von der Göttlichen Güte hiemit sonderlich begabet) mit mehrem Meldung geschehen soll. Sonsten ist auch noch ein Saltzbrunnen [16] in hiesigem Fürstenthumb / in der Vogtey Bergen / an einem Orte die Sültze geheissen / woselbst die Sahle durch zwey Zugken auß dem Saltzbrunnen in die höhe gezogen / vnd hernacher / damit man den zu der Saltzsiedung benöthigten Torff desto besser an der Hand haben möchte / durch Röhren / über mehr denn 8000. Elen weit / an einen andern Ort / zum Twistelhope genant / geleitet / vnd daselbst zu Saltz gesotten wird.


Flüsse vnd Ströme.

Damit auch von den Flüssen vnd Strömen / welche dieses Land theils vmb / theils durch fliessen / theils auch darin entspringen / auch deren theils schiffreich seyn / etwas Meldung geschehe / so gehet der gewaltige Elbstrom / welcher wie bekant / einer von den vornehmsten Flüssen in Teutschland / an der Seite dieses Landes / gegen Morgen vnd Mitternacht / in einem tractu, auff etliche viel Meilweges herunter. Vnd seyn die Hertzogen von Braunschweig vnd Lüneburg darauff mit allen Regalien / Hoheiten vnd Gerichten belehnet. Hat auch der Regierender Hertzog deß Fürstenthumbs Lüneburg daran drey Zölle / zu Schnakenburg / Hitzacker / vnd Blekede. In solchen Strom ergiessen sich vnterschiedliche kleinere Flüsse / welche theils in dem Fürstenthumb Lüneburg entspringen / oder es durchfliessen / als da seyn die Jetze / welche ihren Vrsprung hat bey dem Kloster Dambeck / jenseit Saltzwedel / vnd gehet bey dem Fürstl. Ampthause Hitzacker in die Elbe. Die Ilmenau hat ihren Vrsprung bey dem Dorffe Bökel / im Ampt Giffhorn / vnd ergeusset sich / nach dem sie eilff andere kleine Flüsse / Auen genant / daher sie Ilmenau / oder Elmenau / quasi Elven Auen / genant wird / zu sich genommen / vnd die Statt Lüneburg vorbey geflossen / vnfern von Winsen an der Luhe in die Elbe. Die Statt Lüneburg gebrauchet sich dieses Stroms zur Schifffahrt / vnd Handelung nacher Hamburg / mit grosser Bequemigkeit vnd Nutzen. Nechst der Ilmenau / die Elbe hinunterwerts / folget die Luhe / vnd ferner die Seve / deren jene entspringet bey Lißpingen / in der Voigtey Amelinghausen / vnd fliesset oberhalb Winsen (welches daher an der Luhe genant wird) in die Elbe / diese aber beym Dorffe Wehlen / in der Voigtey Pattenßen / vnd ergeusset sich bey der Wollenburg gleichfalls in die Elbe. Durch das Land Lüneburg fleusset fast der gantze Allerstrom / (welcher sonst bey Vmmendorff /im Ertzstifft Magdeburg entspringet / vnd oberhalb Verden in die Weeser fliesset) nicht allein ein fischreicher Fluß / gestalt eine grosse menge guter wolschmeckender Fische darauß gefangen werden / sondern auch zur Schifffahrt bequem / deren man sich dann / sonderlich zur Handelung von Zelle nacher Bremen / nützlich gebrauchen kan. Es seyn daran vnterschiedliche Stätte / Schlösser / Ampt- vnd Adeliche Häuser / auch Flekken vnd Dörffer gelegen / In die Aller kommen von Mitternacht her geflossen die Ise / die Lache / die Oertze / die Böme / von Mittage her / die Oker / die Fuse / die Leine / vnd andere geringere Strömlein / welche doch den Anwohnenden gute Fische zur Speise darreichen.


Holtzungen.

Als es auch vor eine sonderbare Gabe GOttes zu achten / wann ein Land mit der Höltzung wol versehen / sintemal man deß Holtzes zu Gebäwen vnd Feurung nicht entrahten kan / ohne was sonsten der Mastung vnd Wildbahn halber vor Nutzen darauß zu schöpffen: So ist nicht zu laugnen / daß das Fürstenthumb Lüneburg dißfalls GOtt zu dancken habe / dann es mit Eychen / Büchen / Dannen / Bircken / Allern / vnd dergleichen Holtze / nicht allein zu seiner vollen Notturfft versehen / sondern auch Benachbarten davon mitzutheilen hat. Man findet darin vnterschiedene grosse Wälder vnd Holtzungen / deren theils sich über etzliche Meilweges erstrecken.


Stätte / Schlösser / Klöster / etc.

Ob nun wol dieses Land vor Alters / gleich wie das übrige Teutschland / wüste gelegen / die Einwohner sich in geringen Hütten beholffen / vnd man von keinen Stätten [17] gewust: So hat man doch nach den Zeiten Carls deß Grossen / auch allhie angefangen Stätte / Schlösser / Flecken vnd Häuser zu bawen / wiewol die Statt Bardewick viel älter gehalten wird / welche aber im Jahr 1189. von Hertzog Heinrich dem Löwen zerstöret worden / wie vnten mit mehrem gemeldet werden soll. Anjetzo seyn die vornehmsten Stätte dieses Landes / welche auch jedesmahl auff Landtäge beschrieben werden / Lüneburg die Hauptstatt deß Landes / Vltzen / Zell / da die Fürstliche Residentz ist / Andere kleine Stätte seyn Harburg / Walßrode / Rehtem / Burchtorff / Giffhorn / Winsen an der Luhe / Soltau / Blekede / Dalenburg / Schnakenburg / Fallerschleben / Wintingen / etc. Die vornehmsten Fürstl. Schlösser seyn zu Zell / Harburg / Giffhorn / Winsen / Fallerschleben. Nebenst dem hat es in diesem Fürstenthumb verschiedene wolerbawete Ampthäuser / Klöster / deren noch sechs im Stande / vnd darin Jungfern vnterhalten werden / Adeliche Sitze / sampt Flecken vnd Dörffern / darin die Einwohner ihren Auffenthalt haben.


Regierende Herren.

Was vor Zeiten in diesem Hertzogthumb vor Regiment vnd Obrigkeit gewesen / ist / biß auff deß ersten Hertzogen zu Braunschweig Lüneburg / Herrn Otten Sohn / Hertzog Johann / als welcher zu erst das Fürstenthumb Lüneburg allein regiert / dieses Wercks Gelegenheit nach in vorhergehendem gemeinen Bericht gemeldet worden: Wollen nun von diesem Hertzog Johann wieder anfangen / vnd seine Nachfolgere am Regiment erzehlen. Er hat sein Fürstenthumb nach beschehener Theilung / vngefehr noch acht Jahr regieret / inmassen Er Anno 1276. diese Welt gesegnet. Seinen Leichnam haben seine Adeliche Landsassen von Dalenburg ab / auff ihren Achseln nacher Lüneburg getragen / woselbst Er in der damahligen Klosterkirchen zu S. Michaëlis begraben. Ihm ist in der Regierung deß Fürstenthumbs Lüneburg nachgefolget / sein Sohn Otto der Gühle oder Strenge genant / vnd derselbe hat die Graffschafften Dannenberg vnd Lüchau zu bemeldetem Fürstenthumb gebracht. Als Er die Regierung bey die 53. Jahr geführet / ist Er im Jahr 1330. im Aprili, Todes verblichen / vnd in S. Michaëlis Kloster zu Lüneburg begraben worden.

Nach Ihm haben seine hinterlassene Söhne / Hertzog Otto / vnd Hertzog Wilhelm / 24. Jahr mit einander regieret / biß Hertzog Otto Anno 1354. den 18. August. auß dieser Welt verschieden / wie zuvor sein eintziger Sohn / auch Otto genant / da Er noch ein junges Herrlein gewesen / vnd in einem Rollwägelein gangen / von der Brücken in die Elmenau gefallen / vnd ertruncken / vnd also diese Linie damit erloschen. Dann ob zwar deß Aeltern Hertzog Otten Bruder / Hertzog Wilhelmen / die Regierung wieder heimgefallen / so hat derselbe doch keine Männliche LeibesErben gehabt. Wie Er nun solches gesehen / hat Er anfänglich seiner Tochter Elisabethen (welche Hertzog Otten zu Sachsen vermählet war) Sohn / Hertzog Albrechten zu Sachsen / zum Erben deß Hertzogthumbs Lüneburg eingesetzet / hernacher aber seine Meynung geändert / und seinen Eidam vnd Vettern / Hertzog Ludwigen von Braunschweig (dem Hertzog Wilhelmen ältiste Tochter / Fraw Mechtild / vermählet war) zu sich erfodert / vnd demselben die Regierung im Jahr Christi 1355. abgetretten. Als aber dieser Hertzog Ludwig / etwa 3. Jahr hernach / Anno 1358. ohne LeibesErben mit Tode abgangen / (da Er dann zu Weinhausen begraben worden) hat Hertzog Wilhelm desselben Brudern / Hertzog Magnum mit der Ketten / in das Hertzogthumb Lüneburg erfodert / vnd an seine Vnterthanen begehret / Ihme die Huldigung zu leisten / wozu sie sich zwar erbotten / jedoch mit diesem Bedinge / wann Hertzog Magnus sie gegen den Keyser Carl den Vierdten / vnd gegen die Hertzogen von Sachsen / schützen vnd verthedigen könte vnd wolte. Obgedachter Hertzog Wilhelm ist im Jahr 1368. (oder wie etliche wollen 1369.) Todes verfahren / Imgleichen auch Hertzog Magnus der Eltere / Hertzog Magni Torquati Vatter. Also seyn beede Fürstenthümber / Braunschweig vnd Lüneburg / wieder zusammen kommen / vnd Hertzog Magno mit der Ketten heimgefallen. Damit hat aber vorerwehnter [18] Hertzog Albrecht von Sachsen nicht friedlich seyn wollen / sondern weiln Er von deß Letzten Hertzogs von Lüneburg / Herrn Wilhelmen Tochter gebohren war / vermeynete Er näher Recht darzu zu haben. Als Er derwegen in güte nichts erlangen konte / überzog Er auff Befehl Keyser Carl deß Vierdten das Land Lüneburg / mit einem Kriegsheer / brachte es / vnerachtet Hertzog Magnus Ihm nach Mögligkeit Widerstand thate / vnter seine Gewalt / vnd ward von bemeldtem Keyser im Jahr 1372. zum Hertzogen zu Lüneburg bestättiget / vnd bekräfftiget / Hertzog Magnus hingegen / weil Er auff deß Keysers Citation nicht erschienen / in die Acht erkläret / vnd deß Fürstenthumbs Lüneburg entsetzet. Ward also dasselbe von Hertzog Albrechten zu Sachsen bey die 14. Jahr lang regieret / biß Er Anno 1385. vor dem Hause Ricklingen / zwo Meilen von Hannover gelegen / welches Er belagert hatte / verwundet worden / vnd vmbkommen. Ob nun zwar dieser Hertzog Albrecht den Lüneburgern gerahten / daß sie nach seinem tödtlichen Abgange / Hertzog Bernharden / Hertzog Magni Torquati Sohn / zu ihrem Landesfürsten wieder annehmen solten / so ist dennoch solches / weiln Er damals gefänglich gehalten worden / verblieben / vnd Hertzog Wentzel zu Sachsen / Hertzog Alberten Vetter / zum Landesfürsten hinwieder erkohren vnd angenommen. Daher dann zwischen demselben vnd den Hertzogen von Braunschweig grosser Zwiespalt / vnd endlich offentlicher Krieg entstanden / welcher dahin außgeschlagen / daß Hertzog Wentzel / wie Er eine Burg nach der andern eingenommen / sich auch vor Zelle / woselbst Hertzog Heinrich zu Braunschweig / vnd seine Fraw Mutter / Fraw Catharina / verwitwete Hertzogin zu Braunschweig Lüneburg vnd Sachsen sich auffhielten / gemachet / vnd selbiges Schloß belagert. Ob Er nun zwar dafür plötzlichen Todes gestorben / haben dennoch seine Beyständer / der Bischoff von Minden / die Grafen von Schauenburg / Hoya vnd Regenstein / auch der Statt Lüneburg Völcker / die Belagerung ernstlich fortgesetzt / biß endlich Hertzog Friederich von Braunschweig seiner Fraw Mutter vnd Herrn Bruder zu Hülffe kommen / dem Feinde bey Winsen an der Aller eine Schlacht geliefert / vnd Ihm obgesieget / darauff dann nicht allein die Belagerung auffgehoben / sondern auch die Statt Lüneburg genöthiget worden / Hertzog Bernharden für ihren Landesfürsten anzunehmen / vnd auß seinem Gefängnuß mit 7000. Goldgülden zu lösen. Inmassen solches von ihnen geschehen / vnd hat also Hertzog Bernhart im Jahr 1388. die Regierung deß Fürstenthumbs Lüneburg übernommen / vnd bey die eilff Jahr lang geführet. Nichts desto weniger hat gleichwol die Statt Lüneburg so wol Hertzog Heinrichen / als Hertzog Bernharden / vor ihre Landesfürsten erkennen / vnd Ihnen huldigen müssen. Als nun im Jahr 1400. Hertzog Friederich von Braunschweig zu Franckfurt am Mayn zum Römischen König erwehlet / vnd in der Rückreise / auß den Historien bekanter massen / vmbgebracht ward / dadurch dann das Land Braunschweig wiederumb an obbemeldete seine beeden Herren Brüder gefallen / so haben Sie sich darüber dergestalt verglichen / daß Hertzog Bernhard regierender Herr deß Fürstenthumbs Braunschweig worden / vnd Hertzog Heinrichen das gantze Fürstenthumb Lüneburg überlassen / welches Er auch an die 16. Jahr allein regieret. Anno 1416. ist Er mit Tode abgangen / vnd Ihm in der Regierung gefolget sein Sohn Wilhelm / der Hertzog mit den sieben Hauptstreiten genant / nach dem derselbe die Regierung deß Fürstenthumbs Lüneburg bey 12. Jahr lang geführet / haben sich zwischen Ihm vnd Hertzog Otten / zugenant mit dem scheiffen Beine / oder der grosse Otte von der Heyde / Hertzog Bernharden zu Braunschweig Sohn / schwere Irrungen erhoben. Sintemal dieser Hertzog Otto Hertzog Wilhelmen in seinem Abwesen in das Fürstenthumb Calenberg (als welches er nebenst dem Lüneburgischen Fürstenthumb gehabt) gefallen / vnd das Vieh darauß weggeholet. Welches zu rächen Hertzog Wilhelm nach seiner Wiederkunfft das Land Braunschweig hinwiderumb feindlich überzogen / durchstreiffet / vnd etliche Orte darin eingenommen. Es ist aber die Sache bald darauff zu [19] einem gütlichen Vergleich kommen / vnd dergestalt beygeleget worden / daß Hertzog Otto seinem Vettern / Hertzog Wilhelmen dem Eltern / das Land Braunschweig übergeben / vnd hingegen das Land Lüneburg wieder annehmen müssen. Also seyn diese beyde Fürstenthümber abermahl auffs newe vertheilet / vnd haben Hertzog Bernhard / vnd seine Söhne Hertzog Otto vnd Hertzog Friederich / das Fürstenthumb Lüneburg bekommen / welches auch bey ihren Nachkommen biß anhero geblieben. Diese Theilung ist geschehen im Jahr 1428. vnd der Theilungsbrieff darüber annoch verhanden. Hertzog Otto hat das Fürstenthumb Lüneburg nach dieser Theilung bey die 17. Jahr regieret / vnd ist Anno 1445. ohne Erben Todes verfahren. Nach Ihm hat die Regierung angenommen sein Bruder Hertzog Friederich / ein frommer Gottsfürchtiger Fürst / welcher im Jahr 1459. ein Franciscaner Kloster zu Zelle gebawet / darin Er sich / seinem GOtt desto embsiger zu dienen / begeben wollen / gestalt Er auch zu dem ende seinen Söhnen / Hertzog Bernharden / vnd Hertzog Otten / die Regierung abgetretten. Es hat Ihm aber dieser sein Vorsatz nicht gelingen wollen / sintemahl noch bey seinen Lebzeiten sein ältister Sohn Hertzog Bernhard / als Er die Regierung fünff Jahr lang geführet hatte / ohne Hinterlassung Leibes-Erben diese Welt gesegnet. Darauff sich zwar dessen Bruder Hertzog Otto / wiewol noch sehr jung / der Regierung deß Fürstenthumbs Lüneburg / auff Geheiß deß Herrn Vattern / wiederumb vnterfangen müssen. Es ist aber derselbe sieben Jahr hernacher / Anno 1471. ebenmässig mit Tode abgangen / hinter sich verlassend einen jungen dreyjährigen Herrn / Hertzog Heinrich genant. Da ist der alte Herr Hertzog Friederich genöthiget worden / in seinem hohen Alter die Regierung wieder über sich zu nehmen / welche Er auch noch sieben Jahr in gutem fried- vnd ruhsamen Stande geführet / vnd im Jahr 1478. auß dieser Welt verschieden. Ist zu Zell in dem Fürstlichen Begräbnuß daselbst beygesetzet. Als nun durch dessen tödtlichen Hintritt die Regierung auff bemeldeten Jungen Herrn / Hertzog Heinrichen gefallen / vnd derselbe noch sehr jung gewesen / hat sich seine Fraw Mutter / Fraw Anna / geborne Gräfin von Nassau / (die sich zum andern mahle an Graff Philippen zu Catzenellenbogen verheurathet hatte / welcher aber auch bald gestorben) wiederumb zu Ihm in das Fürstenthumb Lüneburg verfüget / vnd Ihm / biß Er zu seinen mündigen Jahren kommen / die Regierung verwalten helffen. Im Jahr 1487. hat sich Hertzog Heinrich vermählet / mit Fräwlein Margarethen / Hertzog Ernsten deß Churfürsten von Sachsen Tochter / vnd darauff noch regieret / biß Anno 1522. da Er auß erheblichen Vrsachen / das gantze Fürstenthumb Lüneburg / mit allen seinen Zubehörungen / seinen Söhnen / Hertzog Otten / Hertzog Ernsten / vnd Hertzog Frantzen übergeben / Ist Anno 1532. zu Weinhausen gestorben / vnd daselbst in dem Kloster begraben worden. Sein ältister Sohn Hertzog Otto / hat zwar die Regierung eine Zeitlang mitgeführet / dieselbe aber Anno 1527. weil Er mehr lust zur Ruhe hatte / seinem Herrn Brudern / Hertzog Ernsten wiederumb abgetretten / sich auff das Fürstl. Schloß Harburg begeben / vnd daselbst Hoff gehalten. Dieser Hertzog Ernst / gebohren zu Vltzen / im Jahr 1497. ist bey seiner Mutter Bruder / Churfürst Friederichen zu Sachsen erzogen worden / hernacher von dem Herrn Vatter in Franckreich verschicket. Im Jahr Christi 1530. hat Er / nebenst seinem Herrn Brudern Hertzog Frantzen / der zu Giffhorn Hoff gehalten / die Augspurgische Confession mit vnterschrieben / vnd Keyser Carl dem Fünfften praesentiret. Darauff dann das Fürstenthumb Lüneburg allgemach von den Päbstischen Irrthümben gesäubert / vnd die reine gesunde Evangelische Lehr daselbst eingeführet. Anno 1539. haben gedachte beyde Herren Gebrüdere / welche biß anhero ingesampt die Regierung deß Fürstenthumbs Lüneburg geführet / sich dergestalt von einander gesetzet / daß Hertzog Ernst das gantze Fürstenthumb vor sich behalten / vnd Hertzog Frantz mit dem Ampt Giffhorn / vnd Closter Isenhagen sich abfinden lassen. Im Jahr Christi 1546. ist Hertzog Ernst seelig verschieden / vnd hat darauff sein ältister Sohn / [20] Hertzog Frantz Otto die Regierung angenommen / ist aber im Jahr 1559. vnbeerbet verstorben. Dahero seine beeden Brüdere / Hertzog Heinrich / vnd Hertzog Wilhelm / (weil ihr älterer Bruder Hertzog Friederich in der Schlacht vor Sievershausen / Anno 1553. tödtlich verwundet / vnd davon / nicht lange hernach / gestorben war) die Regierung wieder übernommen / vnd ingesampt bey zehen Jahr lang geführet. Im Jahr 1569. haben sich beede Herren Gebrüdere von einander gesondert / also daß Hertzog Wilhelm die Regierung deß Fürstenthumbs Lüneburg / hinfüro zu verwalten allein über sich genommen / vnd Hertzog Heinrichen das Ampt Dannenberg / vnd Kloster Scharnebeck vor sich behalten / dazu Ihm Anno 1592. nach tödtlichen Hintritt Hertzog Wilhelmen hochseliger Gedächtnuß / noch die Aempter Hitzaker / Lüchau / vnd Warbke / wiewol mit gewissem Vorbehalt / zugeleget. Inmassen dann alle jetztberegte diese Aempter / noch heutiges Tages hochbemeldeten Hertzog Heinrichen Christmilder Gedächtnuß / Herr Sohn / der Durchleuchtiger vnd Hochgeborner Fürst vnd Herr / Herr Augustus, Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / im Besitz hat.

Anno 1592. hat Hertzog Wilhelm der Jünger genant / regierender Hertzog deß Fürstenthumbs Lüneburg / dieses zeitliche Leben seliglich geändert / worauff Sr. Fürstl. Gnad. ältister Sohn / Herr Ernst / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / sich der Fürstl. Regierung vnternommen / vnd dieselbe biß An. 1611. da Er gleichfalls die Schuld der Natur bezahlet / geführet. Sr. F. Gn. haben darinn succediret dero Herr Bruder / Herr Christian / erwöhlter Bischoff deß Stiffts Minden / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / welcher biß ins 1633. Jahr / vnd also bey 22. Jahr sehr löblich regieret / vnd das Fürstenthumb Grubenhagen zu dem Lande Lüneburg gebracht / wie an seinem Orte mit mehren gedacht werden soll. Als dieser Löblicher Regent in vorbesagtem 1633. Jahr / den 8. Novembr. seliglich verschieden / ist auff dessen Herrn Brudern / Hertzog Augustum, den Aeltern / Erwöhlten Bischoffen deß Stiffts Ratzeburg / Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / nicht allein die Regierung deß Fürstenthumbs Lüneburg devolviret / sondern auch nicht lange hernach Sr. F. Gn. vnd dero beyden damals noch lebenden Herren Gebrüdern / das durch Abgang / der Fürstlichen Wolffenbüttelischen Linie erledigte Fürstenthumb Braunschweig Calenbergischen Theils zugefallen. Welches aber S. Hertzogen Augusti, vnd dero Herrn Brudern / Hertzog Friederich Fürstl. Gn. hochseligsten Andenckens / Ihrer beyderseits Herrn Brudern / dem Durchleuchtigen vnd Hochgebornen Fürsten vnd Herrn / Herrn Georgen / Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / deß Nieder-Sächsischen Kraises Generaln / (von welches tapffern Fürsten hochrühmlichen stetswehrenden Helden-Thaten / an andern Orten füglicher Meldung geschehen kan) im Jahr 1636. überlassen / vnd abgetretten. Es haben aber hochbemeldeten Hertzogen Augusti Fürstl. Gn. nach abgetrettener Landesfürstlichen Regierung / den Lauff ihres zeitlichen Lebens nicht lange mehr geführet / sondern denselben im Jahr 1636. den 10. Octobr. seliglich geendiget / vnd hochernantes dero Herrn Brudern / Hertzogen Friederichen / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / postulirten Coadjutoris deß Stiffts Ratzeburg / erwehlten Dombprobsten deß Ertzstiffts Bremen / Fürstl. Gn. die Regierungs-Last hinterlassen / die haben denselben / wiewol Sie sich dessen gern enthaben gesehen / weiln Sr. F. Gn. Gemühte mehr zur Ruhe geneigt gewesen / über sich genommen / vnd bey wehrenden letzten Kriegs Vnruhe / gleich Ihren Vorfahren / mit getrewer Landes-Vätterlicher Vorsorge gegen Ihre Vnterthanen / rühmlich verwaltet / auch noch diese deß Allerhöchsten Gnade erlebet / daß kurtz vor Sr. Fürstl. Gn. seeligen Hintritt / der allgemeine Friede in Teutschland / zu Münster vnd Oßnabrück / vermittelst aller Theile Vnterschreibung vnd Ratification / zum Schluß gebracht. Darauff S. Fürstl. Gn. am 10. Decembr. im Jahr Christi 1648. durch ein sanfftes seliges Sterbstündlein / auß dieser argen Welt zu der ewigen Frewde abgefordert worden. Zeit wehrender dero Regierung / ist Anno 1642. den 30. Martii, [21] durch tödtlichen Hintritt deß letzten zu Harburg residirenden Fürsten / Herrn Wilhelmen / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / die abgetheilte Fürstl. Harburgische Linie erloschen / vnd die beeden Aempter / Harburg vnd Moißburg / als ein gewesenens appennage, dem Hertzogthumb Lüneburg hinwieder incorporiret vnd heimgefallen.

Durch diesen hochbemeldetes Herrn Hertzog Friederichen / Christseel. Gedächtnüß / tödtlichen Abgang nun / wäre die Fürstl. Zellische Linie zugleich mit erloschen gewesen / wann nicht vorhochgedachtes Herrn Hertzog Georgen Fürstl. Gn. allein vnter sieben Fürstl. Gebrüdern / sich durch Gottes sonderbare Schickung / vnd bewegliches Zusprechen dero Herrn Bruder / zu dem Ehelichen Stande gewendet. Nach dem aber S. Fürstl. Gn. sich im Jahr 1617. mit der damals auch Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürstin vnd Fräwlein / Fräwlein Annen Eleonoren / Landgräfin zu Hessen / Dietz / Ziegenhain / vnd Nidda / etc. vermählet / vnd der Allerhöchste solche Ehe mit vier Fürstlichen Jungen Herren / vnd einem Fräwlein / mild Vätterlich gesegnet gehabt: So hat darauff der ältister Herr / der Durchleuchtiger / Hochgeborner Fürst vnd Herr / Herr Christian Ludwig / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / (nach dem S. F. Gn. die Regierung deß Fürstenthumbs Calenberg / welche Sie mitten in der grössesten Vnruhe / in Ihren blühenden Jahren angetretten / allbereit bey die sieben Jahr rühmlich verwaltet / vnd dabey vnter andern rühmlichen Thaten / die überauß schwere Stifft Hildesheimbsche Sache zum glücklichen Ende gebracht / vnd mit der Röm. Keyserl. Mayest. den Frieden getroffen / auch die Neustatt vor der Residentz Hannover / zu stetswehrender Gedächtnuß / mit stattlichen Wercken beschlossen vnd befestiget) so wol vermöge Vätterlichen Testaments vnd Verordnung / als auch auffgerichteten Brüderlichen Vergleichs / das Hertzogthumb Lüneburg / Grubenhagen / vnd angehörige Graffschafften Hoya vnd Diepholtz gewehlet / vnd deren Regierung angetretten / welche S. Fürstl. Gn. nunmehr über etliche Jahr mit hohem Ruhm führen / in dem Sie als ein hochverständiger Regent / den Gottesdienst in Kirchen vnd Schulen mit sonderbarem Eiffer befoderen / über Verwaltung der lieben Justitz ernstlich halten / gegen Ihre Vnterthanen sich gütig vnd gnädig erweisen / vnd derselben Ruhe / Auffnahm vnd Bestes Ihro höchlich angelegen seyn lassen. Dabey dann rühmlich zu gedencken / daß S. F. Gn. sich bey dieser Ihrer Regierung / der bey der Statt Lüneburg belegenen Vestung Kalchberges / als eines importirlichen Ortes / welcher eine geraume Zeit auß Dero Vorfahren Hand vnd Gewalt gewesen / vor sich vnd dero Nachkommen wiederumb versichert / vnd denselben / nebenst andern vornehmen Plätzen / stattlich befestiget. Der Allerhöchste woll Sr. Fürstl. Gn. ferner langes Leben / in gesundem wolgefristeten Wesen / glückliches friedsames Regiment / sampt allem zeitlichen vnd ewigen Wolergehen verleihen / vnd Dero Nachkommenheit biß an der Welt Vntergang erhalten / wachsen vnd blühen lassen.


Recht vnd Gesetze.

Wie nun kein Regiment ohn gute Gesetz vnd Ordnungen bestehen / noch erhalten werden kan: Also hat auch dieses Fürstenthumb seine Rechte vnd Satzung / darnach sich die Vnterthanen zu verhalten haben. Vnd ob zwar die gemeine Keyserliche vnd Päbstliche Rechte ebenmässig in diesem Lande (nicht aber das Sächsische Recht / ausserhalb was in der Statt Lüneburg etwan geschiehet / oder sonsten durch beständige Gewonheit eines oder andern Ortes / in etlichen particular Fällen eingeführet seyn mag) observiret / vnd in den Gerichten darnach gesprochen wird; so haben doch die Stätte ins gemein ihre absonderliche statuta vnd Gewonheiten / welche den gemeinen Rechten vorgehen / imgleichen die Landesfürstliche Obrigkeit nützliche Kirchen: Policey- vnd GerichtsOrdnungen verfasset / vnd den Vnterthanen vorgeschrieben / dieselbe zu handhaben / die Vnterthanen darnach zu regieren / vnd die Justitz zu administriren / ist die Fürstliche Regierung zu Zelle verordnet / vnd mit Statthalter / Cantzler / vnd Rähten [22] wol besetzet. Nebenst derselben / vnd der Fürstl. Cantzleye / ist ein absonderliches Hoffgericht angeordnet / dahin so wol / wie an die Cantzley / von den Vntergerichten appelliret / auch nach Beschaffenheit der Partheyen vnd Sachen / in erster Instantz darin erkant wird. Von diesen beeden Obergerichten aber mag nur allein an den Keyserlichen Reichs-Hoff-Rath / oder das Keyserliche Cammergericht appelliret werden / vnd zwar wann die Summa sich über 2000. Goldgülden belauffet. Gestalt das Fürstl. Hauß Braunschweig Lüneburg solch Privilegium, nebenst noch einem / (daß es die Wahl haben möge / in prima instantia, vor dem Keyserl. Reichs HoffRaht / oder dem Cammergericht zu stehen) vor etlichen Jahren erhalten.


Religion vnd Gottesdienst.

Anlangend die Religion vnd Gottesdienst in diesem Fürstenthumb / ist auß den Historien bekant / daß die Einwohner vor Zeiten Keyser Karls deß Grossen / dem Abgöttischen Heydenthumb zugethan gewesen. Derselbe hat sich mit fleiß angelegen seyn lassen / diese vnglaubige Sachsen zum Christenthumb zu bringen / ist Ihm auch glücklich gelungen. Wie aber schon zu der Zeit die heilsame seligmachende Lehre mit vielen Irrthümen / vnd Aberglauben / welche in die Christliche Kirche eingeschlichen / hat angefangen verunreiniget zu werden / dieselbe auch / insonderheit aber deß Papsts zu Rom anmassende Gewalt / über die gantze Christenheit / in Geist- vnd Weltlichen Sachen / sampt andern vielen Mißbräuchen / nach vnd nach zu / vnd endlich überhand genommen / also daß durch sonderbare Schickung GOttes / die von so vielen frommen Christen so hochverlangte Reformation der Kirchen / von D. Martino Luthero, vnd andern Gottseligen Männern / endlich zur Hand genommen. Da hat der Allgütigkeit Gottes gefallen / auch dieses Land auß der Finsternuß deß Pabsthumbs zu erretten.

Dann wie nunmehr Churfürst Friederich zu Sachsen / die Kirchen in seinen Landen von den Päbstischen Irrthümben vnd Mißbräuchen gesaubert / hat nach dessen Exempel seiner Schwester Sohn / Hertzog Ernst / regierender Hertzog zu Lüneburg / die heilsame gereinigte Lehre in den Kirchen vnd Klöstern dieses Fürstenthumbs predigen / vnd die Päbstische Irrthüme vnd Mißbräuche nicht allein durch die Prediger straffen / sondern auch gäntzlich abthun lassen / Welches desto besser ins Werck zu richten / Er den trefflichen Theologum Urbanum Regium, (der sonsten vorhin deß Ecci Discipulus gewesen) zu Augspurg in Dienst genommen / Ihn mit sich in sein Fürstenthumb geführet / vnd zum General Superintendenten darin gemachet / In welchem seinem anbefohlenen Ampt er sich die Fortpflantzung der reinen Lehre fleissig angelegen seyn lassen / vnd in der Christlichen Kirchen viel Nutzen gestifftet. Seit solcher Zeit ist dieses Fürstenthumb bey der Evangelischen wahren Religion / ohne eintzige Spaltung beständig verblieben.

Vnd damit auch in Geistlichen Sachen gute Ordnung gehalten werden möge / ist über das gantze Fürstenthumb ein Superintendens Generalissimus, vnd nach demselben verschiedene Special Superintendentes, welchen die Auffsicht auff die übrige Pfarren vnd Gemeinen anbefohlen / wie nicht weniger ein Geistliches Consistorium, auß Geistlichen vnd Politicis bestehend / löblich verordnet. Welches man also von diesem Hertzogthumb ins gemein / zu deß Lesers Nachricht zu vermelden / nicht vndiensam erachtet.