Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae: Eger
Es haben hierumb / vorzeiten / die Schwäbische Narisci, welche von etlichen übel Varisci genant werden / gewohnt. Nach ihnen seyn die Norici dahin kommen; daher die Stadt Eger noch zum Nordgöw / und Ober-Bäyern / oder der Obern-Pfaltz / dem Lager nach / gerechnet wird. Dann die Grafschafften Eger und Elnbogen / seyn ausser deß Böhmischen Waldes / (der Böheim nicht anders / als wie ein Ringmauer eine Stadt umbgibet) auff Teutschem Boden / gebrauchen sich auch der Teutschen Sprach / und haben vorzeiten zu der Marggrafschafft Vohburg / oder Cham / gehört. Der Stadt Eger alter Nahm war Chebbe; wie sie dann noch also von den Böhmen geheissen werden solle. Käiser Friederich der Erste / hat Fräulein Adelheit / Theobalds / oder Diebolds / Marggrafens zu Vohburg / und Grafens zu Chebbe / oder Eger / Tochter / geheuratet / und mit ihr diese Grafschafft zum Heurats-Gut bekommen; welche Grafschafft hernach erbsweise / an Käiser Friederich den Andern / seinen Enickeln kommen ist: Die Stadt Eger aber hat besagter Käiser Friederich der Erste / im Jahr 1179. zu einer Käiserlichen Reichs-Stadt gemacht / und sie mit Freyheiten begabet. Sie ist auch eine Käiserliche Stadt biß auffs Jahr 1315. geblieben. Dann obwoln Hertzog Heinrich der Löw / in Bäyern / so sich wider obgedachten Käiser Friederich auffgeläinet / diese Stadt / so dem Käiser treulich gehorsam war / ohnversehens überfallen / und sie dem König in Böheim / der es mit ihm hielte / übergeben; so hat doch / als der Bäyer in die Acht erkläret / und gedämpfft / und der Böhm mit dem Käiser versöhnet worden / Er dem Reich Eger wieder zugestellt. Vom Käiser Rudolph dem Ersten sagt man / daß Er die Grafschafft Eger und Elnbogen / seinem [24] Tochtermann / König Wentzeln in Böheim / für seiner Tochter Heurats Gut / zu Eger / im Jahr 1286. geben; aber nicht die Stadt Eger / so er in ihrer Freyheit gelassen. Endlich hat Käiser Ludwig der Vierte / dem König Hansen in Böheim / von dem er 20. oder wie Bruschius wil / 40. tausend Marck Silbers empfangen / auch die Stadt Eger / mit ihrem Gebiet / zum Unterpfand / eingeraumt / und im obgemeldten Jahr 1315. übergeben lassen: von welcher Zeit an / sie in dem Gewalt deß Königreichs Böheim / biß auff unsere Tage / verblieben / und wird auch noch länger demselben verbleiben / biß sie vom Reich wieder gelöset wird; schreibet Melchior Goldast / in seinem Buch vom Königreich Böheim / lib 1. cap. 17. und sagt er am 202. Blat / daß sich die irren / welche die Sache anders erzehlen. Siehe Aventinum lib. 7. Annal. Boj. Procopium Lupacium, in Calend. hist. P. Bertium lib. 3. rerum German. Abraham Sauern / in parvo Theatro Urbium, Martinum Boregk in der Böhmischen Chronik / am 247. Blat / und andere mehr / und welcher Meynung sie hievon seyn. Es führet gleichwol noch die Stadt einen halben Adler / hat ihre Marck-Flecken / von theils Städtlein genant: Item / Schlösser und Dörffer und darunter Räbitz / Frauenreut / Vischern / Marckenhausen / Muelbach / Zettendorff / Stein / Reichersdorff / Hunersdorff / Seeburg / Moschwitz / Schirting / etc. wie auch etliche Burger allda ihre Schlößlein und Landgüter vor diesem gehabt / und vielleicht noch; wiewol jetzt hierumb alles verderbt ist. So hat die Stadt noch etliche Jahr die Religions Ubung / nach der Augspurgischen Confession, erhalten; obschon im Königreich Böheim sonsten die Religions-Aenderung längst zuvor beschehen / biß endlich es Anno 1629. auch an Eger kommen ist. Der grosse Rath allda bestehet von hundert Personen / darunter 19. auß den alten Geschlechten dieser Stadt seyn / auß welchen vier Burgermeister / die alle Quartal abwechselen / erwählet werden: Item / so seyn da 13. Schöffen / oder Richter / und werden die übrige 68. die geschworne Gemeind genennet. Und diese urtheilen nach ihrem alten Stadt-Recht: und kan man von dem Rath allda / allein an den König in Böheim selbsten / appelliren. Siehe Görgen Braun / im I. Buch der Stadt Beschreibungen / Caspar Ens in deliciis apodemicis per Germaniam, p. 281. seq. (daselbst er / in Beschreibung dieser Stadt / saget / daß sie ihre eigene Müntz habe / die gleichwol nur in ihrem Gebiet gelte; welches auch Bruschius bestätiget) Bertium, an obangezogenem Ort / und 519. Blat / Münsterum lib. 5. cap. 462. der letzten Edition, Limnaeum de jure publico, lib. 7. cap. 1. num. 39. und Gasp. Bruschium, in Beschreibung deß Fichtelbergs. Es liget diese Stadt zum theil in einem lustigen Thal / zum theil bergicht / und auff einem Felsen. Unten rinnet die Eger vorüber; welches Wasser bey dem Dorff Haydels / auß einem Berg / die Hayd genant / so ein Stück deß Fichtelbergs ist / 5. Meilen über Eger / entspringet / und 23. Meilen / biß sie zu Leutmeritz in Böheim in die Elb kommet / lauffen thut; darüber allhie eine Brücke gehet. Es hat die Stadt Eger doppelte / und / theils Orten / dreyfache Mauren / sammt einem weiten gefütterten Graben: und ist das Schloß / darinn der Königliche Burggraf wohnet / absonderlich mit Mauren / Brustwehren / Gräben und Thürnen versehen. Und obwoln die Stadt vorhin hohe und veste Thürne / starcke Pasteyen / und weite Zwinger / gehabt; so solle sie doch / bey diesem Krieg / noch mehrers bevestiget worden seyn. Hat 3. grosse / und 3. kleine Thor / welche letzte gleichwol / vor diesem / nur bey Nachts / den Burgermeistern geöffnet worden seyn sollen. Der Marckt / oder Platz / ist mit schönen / und ansehenlichen Häusern gezieret; wie es dann / vor dem jetzigen leydigen Krieg / reiche Leut allhie geben hat. Das Rath-Hauß ist groß / in welchem Käiser Carl der Fünffte eingekehret / als er im Jahr 1547. allda sein Volck / wider den Churfürsten zu Sachsen / gesamlet hat. An demselben siehet man / gegen dem Marckt herab / deß Adlers / (welchen die Stadt zuvor gantz frey geführet) untern Theil / zum Zeugnuß der Verpfändung / cancellirt / und in Schrancken eingeschlossen; wie ehegedachter Bruschius, in Beschreibung dieser Stadt / bezeuget / und dabey saget / daß neben solchem / auch das ander / und dritte / der Stadt Wappen stehe; nemlich ein Löw / mit einer güldenen Cron / und übergüldten Klauen; und dann weisse / [25] und rothe Linien / unterschiedlich distinguirt. Das Sigill / dessen sich ein Rath gebrauchet / sey ein königliche Person biß zu dem Nabel distinguirt / wie er redet / die halte in der rechten Hand ein Schwerdt / in der lincken einen königlichen Scepter / und stehe unter dieser Person ein gantzer Adler / mit freyen außgestreckten Flügeln. Es habe das Rathhauß 6. herrliche Säle oder Stuben; Item 6. andere Stuben / für der Stadt Diener; und seye auch ein schöne Capell darinn. An dem besagten Schloß stehe ein hoher / fester und kohlschwartzer Thurn gegen der Stadt: und seyen im Schloß 2. schöne Kirchen / zu S. Martin und S. Ursulen / über einander gebauet / deren Pfeiler von Marmorstein / und allweg einer von einem Stück gehauen. Die fürnehmste Kirche allhie ist zu S. Niclas / so zween hohe Thürn hat / dabey gleich das Teutsche Hauß stehet. Gedachter Bruschius schreibet / es habe allhier auch ein Hauß deß Spittel-Ordens / mit dem rothen Creutz und Sternen: Und der Cistercienser Orden habe da ein schöne Capell / Hauß und Wohnung: Item 3. Clöster / 2. der Mönche / Barfüsser und Prediger Ordens; das dritte sey ein reich Jungfrauen-Closter: Es habe auch andere viel Kirchen und Capellen / und darunter die zu S. Johann bey dem Prediger Closter / Anno 1542. allda gehabt; Item / unser Frauen Kirche. Ferner / waren allhie vor dem jetzigen Krieg / zween feine Spitäl / Träid-Bödem / ein ansehnlich Zeughauß / 2. sonderliche Mühlen in der Stadt / und 3. ausserhalb / 4. offene Bäder / und 3. grosse Vorstädte darinnen / sonderlich in einer viel Lederer oder Gärber / gewohnet / so weit gehandelt; wie man dann sich allhie gar wol vor diesem genähret / gutes Bier gebrauet / sonderlich aber einen herrlichen Meth / so weit verführet worden / gesotten hat. Ausserhalb der Stadt / gegen dem Schloß über / seynd noch umbs Jahr 1542. viel Stück von einer alten Burg / welche man die Winselburg genennet hat / zu sehen gewesen. Es haben sich zu Eger etliche denckwürdige Sachen zugetragen; davon obgedachte Brusch und Sauer / zu lesen. Wir wollen der Alten nur etliche gedencken / nemlich / daß im Jahr 1270. den 16. Mäy / diese Stadt / mit allen ihren habenden Freyheits-Brieffen / verbronnen; daher die Vers seyn:
Egra jacet, miserè tristes absorpta per ignes,
Insignesque jacent nobilis urbis opes.
Anno 1350. seynd alle die Juden allhie zu todt geschlagen / und ist zugleich dardurch die Stadt ihrer loß worden; von welchen noch etliche Ort allda den Namen haben. In dem Hussiten-Krieg plünderte und steckte Procopius Rasus in der Zuruck-Räise / der Stadt Eger 36. Dörffer / wider die gegebene Zusag / und von der Stadt deßwegen empfangenes Geld / an / weil sie der Römischen Religion zugethan war. An. 1469. seynd die von Eger in des Pabsts Bann kommen / weil sie dem König Matthiae in Ungarn die Stadt nicht einraumen wolten; daß er von darauß wider Böheim hätte kriegen können. Belangende die neulichste Sachen / so wollen wir derselben auch nur etliche erzehlen / als / daß Anno 1621. sich diese Stadt dem Herrn Churfürsten zu Sachsen / im Namen der Käyserl. Majestät / ergeben. Als aber hernach zwischen Ihr. Majestät / und höchst gedachtem Churfürsten / sich etwas Strittigkeit erhoben / so haben Ihre Durchl. im Jahr 1631. den 3. Christmonats / alten Cal. Eger für sich eingenommen / so im folgenden Jahr von den Käiserlichen belägert / und den 11. 21. Brachmonats wieder von ihnen erobert worden ist. Den 15. Hornung Anno 1634. ist Hertzog Albrecht von Friedland / neben dem Feld-Marschallen Illo / dem Grafen Tertzky / dem Obristen Kinsky / und dem Rittmeister Neuman allhie umbgebracht worden. Thomas Carve / ein Irrländer / und seines Regiments Ober-Caplan / schreibet in seinem Räiß-Büchlein / cap. 42. p. 113. also: In diesem 1639. Jahr / als Bannier sich umb Prag angenommen / stirbt daselbst der Obrist Waltherus Deueroux, ein Dämpffer und Todtschläger deß Rebellischen Hertzogs von Friedland. Und setzet er allda auch / was man außgeben habe / daß / nach seinem Tod gehört und gesehen worden seye. Anno 1647. ward Eger vom Schwedischen Feld-Marschallen / Herrn Carln Gustav Wrangel / ernstlich belägert 28. Tag lang / und endlich / als dem Käiserl. Commendanten darinn / Herrn Obrist Frantz Paradeisern / Frey-Herrn [26] / der Entsatz zu spat ankommen / den 7. 17. Julii / auff Discretion, oder Gnad und Ungnad erobert. Siehe hievon / neben der Franckfurtischen Relation, den 5. Theil deß Theatri Europaei, fol. 1377. seq. sonderlich fol. 1392. seq. allda gesaget wird / daß in währender Belägerung / von der Besatzung 300. von den Schwedischen über 1500. geblieben / in die 46. oder 60. Burger verwundt / 11912. Canon-Schüß in die Stadt gethan / 100. Granaten / ausser unzahlbaren Steinen hinein geworffen / und etliche Minen gesprenget worden seyen.
Obernante Bertius und Ens, schreiben / daß der weitberühmte Egrische Sauer-Bronn allhie in der Vorstadt / und beym Thor / lige; darinn sie sich aber irren. Dann solcher herrlicher Sauerbronn auff ein halbe Meil von der Stadt / auff dem Weg / da man zu dem Chur-Sächsischen Dorff Schönberg / und dem Städtlein Adorff / räiset / in freyem Felde / und gleich dabey ein anderer wilder und schädlicher / stehet. Der gute wird der Schleder Säurling genant / dessen Beschreibung D. Hornigk Anno 1623. zu Leipzig in den Druck hat kommen lassen. So hat auch Jacobus Theodorus Tabernaemontanus, in seinem neuen zu Franckfurt Anno 1584. in 8. gedrucktem Wasser-Schatz / im 86. Capitel / davon geschrieben; da er unter andern am 465. Blat also saget: Diß Wasser ist sehr lieblich am Geschmack / mit einer anmuthigen Säure und Rässe / gesund und lieblich zu trincken / ist auch kühl / hell / lauter und klar: hat die Eigenschafft zu trücknen / zu verzehren / zu eröffnen / zu purgiren und zu reinigen / zu heilen und zu stärcken: hat gewaltige Würckungen in Haupt- und anderen Flüssen / Gesicht / Gehör und allerhand Glieder deß Leibes Zuständen; Siehe auch Paulum Macasium, von Natur / Krafft / Würckung und Gebrauch deß Egrischen gebräuchlichen Säurlings zu Leipzig Anno 1616. in 8. gedruckt.