Topographia Austriacarum: Trient

Topographia Germaniae
Trient
<<<Vorheriger
Stertzingen
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1679, S. 88–89.
[[| in Wikisource]]
Trient in der Wikipedia
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du unter Hilfe
Link zur Indexseite


[88]
Trient / Tridentinum.

Vnd von den Welschen Trento genant / wird vom Leandro Alberti, in Italiae descriptione, noch zur Marca Trivigiana, gerechnet / deren Statt Strabo, Plinius, und Ptolemaeus, auß den Alten / gedencken; und ist von den alten Schrifften / so allhie anzutreffen seyn sollen / Lazius fol. 210. et 535. Reip. Rom. zu lesen. Der Nahm solle diesem Ort entweder von den 3. torrentibus, oder Bächen / die auß dem Gebürg dahin lauffen / oder von den 3. hohen Gipflen / oder Spitzen der Berg (sintemal sie zwischen 3. spitzigen Bergen gelegen;) oder von der dreyspitzigen Gabel / und Scepter Neptuni, deme sie am ersten geweihet worden / herkommen seyn. Gemeldter Leander will / daß erstlich von den Toscanern diese Statt erbauet / hernach von den Cenomanis restaurirt, und erweitert / und vom König Dieterich von Bern mit einer Mauren von Quaderstucken umgeben worden / und / nach Verjagung der Gothen / unter die Longobarder / und von denselben an die Röm. Käiser kommen seye. Sonsten weiß man / daß vor Zeiten / ehe Bayern so beschnitten worden / auch selbige Hertzogen in Tyrol / und noch um die Regierung Käiser Friederichs deß Ersten / und Hertzog Heinrichs deß Löwen in Bayern / in Anno 1158. über das Tridentische Thal zu gebieten hatten; ohnangesehen in Tyrol eigne Grafen waren / die aber damalen noch so grossen Gewalt nicht hatten; biß besagter Käiser / nach Absetzung berührten Heinrichen deß Löwen / die Bayrische Marggrafen erhöhet / und sie deß Hertzogs in Bayern Gebiet / wie anderswo / also auch allhie / entzogen hat. Es liegt Trient 3. Tagräisen von Venedig / nahend dem Venedischen Gebiet. In der Teutschen / und Welschen Zuflucht; daher man allda beede Sprachen redet; wiewol die Italiäner die Teutsche auch meistentheils verstehen. Ihr Lager ist gar tieff zwischen den Bergen / an dem Fluß der Etsch / so von den Lateinern Athesis, von den welschen Adice, und Adige, und von den Anwohnenden Adese, genant wird / darüber / gegen Mitternacht / bey S. Lorentzen Thor / eine höltzerne Brück / 140. oder 146. Schritt lang / gehet. Gemeldte sehr hohe Berg seynd stäts mit Schnee bedeckt / so gar felsicht / gäh / und unwandelbar sind; durch welche gleichwol zwo Lucken gehen / eine gegen Mitternacht / und die andere auff Verona zu. An ihr selbst aber liegt Trient in zimlicher / aber nicht grosser / Ebne; ist mit Mauren umgeben / und hat im Umkreyß ein Welsche Meil / und 4. Thor / als S. Martins / S. Lorentzen / zum H. Creutz / und zum Adler; weite / und gepflasterte Gassen / feine Häuser / sonderlich die Madruzisch- und Fuggerische; und kompt von Morgen ein Bach durch die Statt Mauren herein / von welchem unterschiedliche Bächlein mitten in die Gassen der Statt geleitet werden / die ihren Nutzen / mit Reinhaltung derselben / schaffen: Und sind auch an besagtem Bach viel Mühlen / und Häuser / darinn das Seidengeweb getrieben wird. Im Sommer / ist die Hitz allhie gar zu groß; hergegen solle die Kälte allda im Winter fast unerträglich seyn / und die Schöpfbrünn gar kein Wasser haben. Sonsten ist da der Lufft gar gesund; und an Wein / Oel / Milch / allerhand Fleisch / Fisch / und Früchten / so herrlich / und gut seynd / ein Uberfluß. Und ist der Wein / so in der Mänge daselbst wächst / gar lieblich / weiß / und röthlecht / so wir Schiller nennen. Deß Getraids aber wächst da wenig. Man will / daß obgedachte beede Sprachen allhie so rein / und gut seyen / daß mitten in Teutsch- oder Welschland / man kaum zierlicher rede; welches sonsten in Gräntz-Stätten gar selten geschiehet.

Von Kirchen seynd allhie zu sehen / 1. die Bischoffl. Hauptkirch / dem H. Vigilio, Bischoff und Märtyrer / zu Ehren erbaut / und mit einem stattlichen Dom-Capitel / auß dem Adel / und gelehrten Leuten / so den Bischoff zu erwählen haben / versehen. Gedachter heilige Vigilius ruhet mit seiner Mutter / der heiligen Maxentia, und andern Heiligen / daselbst. 2. S. Peterskirch / darinn das unschuldige Kindlein / Simon genant / gewiesen wird; welches allhie den 23. Martii, Anno 1475. am grünen Donnerstag / von den Juden / umgebracht worden ist; dessen unterschiedliche Scribenten / als Sabellicus, Volaterranus, Philippus Bergomensis, Nauclerus, Andreas Vega, in Beschreibung der Statt Trient / (so vor seinem Werck / von dem Concilio an diesem Ort gehalten / stehet;) sonderlich aber Janus Pirrhus Pincius Mantuanus, in dem Leben der Bischöffe allhie / gedencken. Die Italianer (deren fast mehr / als der Teutschen allhie seyn sollen) haben diesen Tempel zu ihrem Religions-Exercitio innen. Und in dieser Kirchen ist auch deß tapffern Ritters / Geörgen von Freundsperg Monument zu sehen. 3. S. Mariae der Grössern Kirch / so ein gewaltige Orgel von 24. Registern hat / und aussen mit weissem / und rothem Marmor gezieret ist. Und in solcher Kirch ist das berühmte Concilium gehalten worden / so von dieser Statt den Nahmen / und welches sich Anno 1545. angefangen / und Anno 1563. geendet hat. In welcher Zeit alle Victualien gar wol zubekommen gewesen; obwollen bißweilen über die viertausend Personen von Geist- und Weltlichen sich allhie befunden / darunter 7. Cardinäl. 3. Patriarchen. 33. Ertzbischöffe. 235. Bischöff. 7. Aebbt. 7. Ordens Generaln / und 146. Theologi; Item / deß Käisers / unterschiedlicher Königreich / der Venediger / etlicher Hertzogen und Fürsten / und der Catholischen Schweitzer Gesandten / gewest seynd. 4. S. Mariae Magdalenae Pfarrkirch. Ferners seynd allhie auch 4. Spitäl. 3. Clöster / als der Frauen von der Observantz zur H. Dreyfaltigkeit / zu S. Augustino, und S. Marx: Und ist auch neulich ein Jesuiter Collegium dahin kommen. In der Vorstatt seynd auch etliche Clöster. Von weltlichen Gebäuen ist insonderheit das grosse / und schöne Bischoffliche Schloß zu besichtigen / welches der Cardinal / und Bischoff allhie / Bernardus Clesius, oder von Glöß / ein Tyroler / so Anno 1539. gestorben / mehr zur Zierde / und Ansehen / als zum Schutz der Statt erbauet hat / wie Schraderus, der es beschreibet / im Anfang des 1. Buchs Monumentorum Italiae meldet. Wird gleichwol jetzt vor vest gehalten / als welches mit Wällen / und Bollwercken / umgeben ist; daran sonders Zweiffels / sein H. Clesii Nachfahr / Herr Christophorus von Madrutz / ein Tyrolischer Freyherr / und hernach

[T90]

[89] Cardinal / der Anno 1578. verschieden / Hand angelegt haben wird. Anno 1226. hat König Heinrich in Teutschland sich mit vielen Herren anderthalb Monat lang allda auffgehalten / nach dessen Abzug die Statt / durch ein unversehen Feuer / übel zugerichtet worden ist. Was zun Zeiten Hertzog Friederichs / mit der Lären Taschen zugenant / allhie vorgangen / und eine Auffruhr wider den Bischoff / Herren Geörgen von Liechtenstein / entstanden / deß Bischoffs Beystand / Heinrich von Rotenburg / die Statt / durch einen unversehenlichen Sturm unter seinen Gewalt gebracht / etliche Ort angezündet / und den Rädelsführer / Rudolphen von Bellenzan / hinrichten lassen; und wie gedachter Hertzog Friederich von Oesterreich es gar übel auffgenommen / daß diß / ohn seinen Befelch / in seiner lieben Statt / von dem von Rotenburg / seinem abgesagten Feind / geschehen / und deßwegen mit gewährter Hand nach Trient gezogen; deme sich / und das ihrige / die Burger allda ergeben / das ist beym Gerardo de Roo lib. 4. fol. 166. zu lesen.

Was das Bistum allhie anbelangt / welches S. Hermagoras da angerichtet / und Jovinum zum ersten Pfarrer / oder Bischoff / bestellt haben solle / so ist von deren Theils Hundius in catalogo Episcoporum Brixinensium, sonderlich aber J. Pirrhus Mantuanus, in den Büchern / so er von ihnen gemacht / zu lesen. Käiser Conradus II. hat die Graffschafft Trient / wie auch das Vinstthal / oder Val di Venosta, und Pozen / diesem Bistum / An. 1027. und 28. geschenckt / wie gedachter Hundius tom. 1. Metrop. Salisburg. fol. 442. schreibet: Welche Schanckung hernach die Käiser Fridericus I. und II. bestättiget haben. Und solle folgends dem Stifft / zu mehrer Sicherheit / der benachbarte Graff in Tyrol / zu einem Beschützer / und Schirmsherren / erkiest worden seyn. Und von solcher Zeit an hat man die Bischöffe allhie für Reichsfürsten gehalten / denen von den Käisern die Regalien / und Lehen / wie andern Fürsten / ertheilet worden; Wie dann auch Herr Carol Emanuel / der Bischoff allhie / Anno 1641. auff dem Reichstag zu Regenspurg / durch Gesandten / erschienen; dessen einfachen Reichs-Anschlag / 14. zu Roß / und 91. zu Fuß. Monatlich ist. Wird gleichwol von dem Hochlöblichsten Ertzhauß Oesterreich / doch cum onere, eximirt, und gegen dem Reich vertretten; aber zum Cammergericht contribuirt er selbsten. (Besiehe oben den Eingang von Tyrol: Item / Brixen.) Es hat auch höchstgedachtes Hauß einen Hauptmann zu Trient / und erscheint er / der Herr Bischoff / bey den Tyrolischen Landtägen. Sonsten hat Er zu Trient / und über das ihm gehöriges Land / in Geist- und Weltlichem zu gebieten. Und hat die Statt / neben dem gemeinen Recht / auch ihre Burgerliche Statuten / so ihnen der Bischoff / als ihr Fürst / bestättiget. Es hat auch solch Bistum viel Lehenleut / als die Gefürste Grafen von Tyrol / den Hertzogen von Mantua, die Grafen / und Herren / von Arch / Lodron / Liechtenstein / Madrutz / Wolckenstein / Welsperg / Firmian / Spaur / Payrsperg / Grest / Biseno, Thono, Glöß / und viel andere mehr / die ihre Schlösser / Gebiet / Zehenden / und Güter / von ihme zu Lehen empfahen; und wie in deß Geörg Braunen Stättbuch stehet / so gehören ihme auch die Stättlein / Marcktflecken / und Dörffer / Riva, Tramen, oder Tramin, Perzene oder Pertinum, und Lievigo, oder Levego: Item / die Thäler di Nan, Nauni, oder Ananiae; die Sols oder Solis; di Leder oder Lagarinae; die Judicaria; oder Judicariarum; Val di Fieme, oder Flemarum; und di Randeria, oder Randenae. Derentwegen Er dann den Käiser für seinen obersten Herren erkennet / und ehret; in dem Geistlichen aber ist sein Oberherr der Patriarch zu Aglarn / oder Aquileia.