Thüringer Sagenbuch. Erster Band/Spukende Mönche und weiße Jungfrauen

Geisterspuk in und bei der Ruhl Thüringer Sagenbuch. Erster Band
von Ludwig Bechstein
Die Prinzessin im Wittgenstein
{{{ANMERKUNG}}}
  Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
[224]
119.
Spukende Mönche und weiße Jungfrauen.

Am Mühlraine bei der Ruhl liegt eine Waldwiese, die heißt „der Mönch.“ Dort sieht man zum öftern einen gespenstigen Mönch wandeln. Ein solcher wandelt auch am Wasserberge, und läßt sich am hellen Mittag sehen. Er geht um den Schwarzenberg herum, dann durch die Straße am Wasserberge herunter, bis zu einem gewissen Hügel, den er dreimal umwandelt, und dann verschwindet. Glaubwürdige Leute haben ihn gesehen, und großes Grauen bei seinem Anblick empfunden.

Am Engesteig ohnweit Wagners Teich liegt die „Klosterwiese,“ auch Herrenwiese und Kellerwiese genannt. Dort soll ein Kloster oder eine Wallfahrtskirche gestanden haben, [225] von der noch einige Trümmerreste vorhanden sind. Von dort geht ein noch gut erhaltener gepflasterter Weg durch den Wald nach dem ehemaligen Kloster „Weissenborn“ bei Thal. An alle den Stellen, wo andere Pfade diesen Steinweg kreuzen, ist es nicht geheuer; es spuken da Mönche, Leichenzüge, Hunde theils schweigend, theils aber auch mit Lärm durch die Lüfte brausend, und mit furchtbarem Stimmengetöne. Auf der Klosterwiese zeigt sich nicht selten eine weiße Jungfer, hauptsächlich erscheint sie Bräuten, und winkt ihnen, näher zu kommen, um einen Schatz zu heben. An einem goldenen Sonntag pflückte eine Frau aus Ruhla auf der Klosterwiese eine prächtige Blume, und legte diese in ihren Schoos. Als sie dieselbe wieder erfaßte, war ein rostiger Schlüssel aus der Blume geworden, und der Frau gegenüber zeigte sich ein altes Gewölbe mit einer Thüre. Diese würde der Schlüssel erschlossen haben, aber die glückliche Finderin, die ein Goldsonntagskind war, war zu zaghaft. Der Schlüssel blieb jedoch lange in ihrer Familie, dann kam er nach Eisenach, dann in meine Hand. Er ist von Eisen und hat einen doppelten Kamm. – Einmal sahen drei Bursche am Dreifaltigkeitssonntage mitten auf der Klosterwiese in der Mittagsstunde und im hellen Sonnenschein einen schön geschmückten Altar, darauf Crucifix, Monstranz, goldene Abendmahlskelche und silberne Altarleuchter, darauf halbverbrannte Wachskerzen. Sie riefen einige begegnende Freunde laut an, dorthin zu blicken, aber in demselben Augenblicke verschwand alles. Auf oder an der Klosterwiese entspringt ein klarer Quell, der „Klosterborn,“ auch der „Glockenborn“ genannt, an ihm hat schon mehr als einer die Wunderblume blühend gesehen, aber auch und zwar gewöhnlich Nachmittag um [226] 4 Uhr, in der Tiefe läuten gehört. Auch hat man dort sogenannte „Sonnenpfennige“ gefunden. Ein Wildwächter hörte in der Klosterhecke in einer sternenhellen Nacht einen fürchterlichen Sturm brausen, und sah, wie mehrere Bäume krachend zusammenbrachen. Als er aus Neugierde mit andern, denen er das Wahrgenommene erzählt hatte, am andern Tage an jene Waldstelle kam, standen die Bäume da, wie zuvor. Kein einziger war umgebrochen.

Unter der Oelmühle im Grunde standen früher 2 Schleifmühlen, welche den Mönchen im Kloster Weissenborn gehörten, die Stätte der einen wird noch „der Mönch“ genannt. Wenn die Schleifmüller Feierabend gemacht hatten, begannen die Mönche ihr Wesen, und man hört noch immer zu Zeiten des Nachts die schrillenden Töne geschliffen werdender Eisenwerkzeuge, obschon die Mühlen längst nicht mehr vorhanden sind. Auch von einem „Mönchssteine“ wiederholt sich hier die Sage ganz wie bei Manebach und Veßra (S. S. 25.) Jenes Feld, wo der Mönch, der den Stein trug, um seinem Kloster Land zu gewinnen, tod niedersank, heißt noch das Mönchsfeld, und es spukt sehr auf selbigem.

Auf der „alten Ruhl“ wird zu Zeiten in einer Höhlung eine silberne Kanne erblickt, und bisweilen, selbst mitten im Schnee, hellbrennendes Feuer. Am Johannistage hört man dort ein Glöckchen läuten, wie zum Abendgebet und Ave Maria.

In der Nähe der Ruhl liegt ein Felsen, heißt der „Tolljungfernstein“, über dem Forsthaus nahe dem Goldbrunnen. In diesen Fels ist eine Jungfer verwünscht, die läßt sich zuweilen sehen, trägt einen Schlüsselbund und blickt sehr traurig. Sie hat ein schloßschleierweißes Gewand [227] an, steht erst auf dem Steine, dann schreitet sie herab, umwandelt den Felsen, rasselt mit den Schlüsseln, und gebehrdet sich wie unsinnig. Daher ihr Name: „Die tolle Jungfer.“ Am „Schilderstein“ und im „Schildergraben“ hört man auch in den Hecken eine verwünschte Jungfer nießen, die noch nicht erlöst ist, weil noch Niemand die Geduld hatte, 12 mal hinter einander Gott helf zu sagen, ganz wie bei der Eisenacher Jungfer. (S. S. 113.) Und da seufzt die unerlöste ganz kläglich. Auf dem „Hausfelde“ tanzt im Herbst eine verwünschte Jungfer um zwei Haselbüsche. Andere sagen, eine weiße Frau lasse daselbst sich blicken und klenge Knotten in der Sonne.

Im Pachthofe des ehemaligen Wilhelmiter-Mönchs-Klosters Weissenborn im Ruhla-Thale, dessen Ländereien jetzt eine Domaine bilden, träumte einem Knechte von einem großen Schatze, der unter der Wohnung des Pachters im Stalle liege, einmal, zweimal, und endlich auch zum dritten Male. Da sprang der Knecht aus seinem Bette, und lief in den Stall. Da stand der Schatz zu Tage, eine große alte Urne voll Goldstücke. Schon streckte der Knecht die Hand aus, um hastig einzusacken, als er wahrnahm, daß etwas über ihm schwebe. Wie er aufblickte, sah er einen Mühlstein über seinem Haupte, der hing an einem dünnen Faden, und ein riesiger Mönch stand dabei, der stieß mit seinem Kopf an die Decke, hielt in der Hand eine große Scheere und setzte sie gerade an, um den Faden durchzuschneiden. Da that der Knecht einen lauten Blök, und sprang nach der Thüre. Gleich war der Mann mit der Scheere verschwunden sammt dem schwebenden Mühlstein, aber auch der Schatz war weg.