Thüringer Sagenbuch. Erster Band/Elisabeths Wiedererhöhung
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Elisabeths Wiedererhöhung.
Elisabeth, die fromme Landgräfin, zählte, als ihr Schlag auf Schlag so viel herbes widerfuhr, erst zwanzig Lebensjahre. Da hörte eine Muhme welche Aebtissin zu Kitzingen in Franken war, von dem großen Weh, was ihrer Verwandten widerfuhr, diese sandte alsobald Boten, und bot ihr und ihren Kindern ein Asyl in dem Kloster an. Auch in Bamberg lebte Elisabeth ein Oheim, Bischof Egbert, der ebenfalls nach ihr sandte, und ihr Schloß Botenstein zum Aufenthaltorte anwieß, dort lebte sie nun einige Zeit mit den ihrigen still und fürder ungekränkt. Nur das war ihr leid, daß ihr Oheim darauf sann, sie wieder zu vermählen, und zwar mit dem Kaiser Friedrich II., welcher Wittwer geworden war. Elisabeth aber wollte nichts von einer Wiedervermählung hören und wissen. Sie wollte dem so innig geliebten Gemahl auch im Tode noch ihre Treue fest bewahren.
[181] Landgraf Ludwigs treue Mannen kehrten nach vollendetem Kreuzzuge aus Palästina zurück und brachten die Gebeine ihres vormaligen Herrn mit. In jedem Rastorte stellten sie die Sarglade in die Kirche und ließen zum Seelenheile Ludwigs ein Todtenamt halten, und opferten der Kirche Geld und Gaben. Auf diesem Zuge nach der Heimath berührten die Thüringer Herren auch Bamberg, die ehrwürdige Bischofstadt, und ließen dem Bischof Egbert ihr nahen ansagen. Da berief der Bischof alsbald Elisabeth, und zog mit ihr und einer festlichen Procession unter Glockengeläute den Gebeinen des Landgrafen entgegen. Auf das tiefste erschüttert und bebend fiel die unglückliche Wittwe beim Anblick der Gebeine ihres Gemahls nieder in tiefem Schweigen. Dann betete sie und gewann frischen Muth und fand Trost in ihrer Seele und sprach hernach viel mit den Thüringer Herren, die sehr schmerzlich betroffen waren von dem was sie erfuhren, wie es ihrer geliebten Herrin ergangen sei, und sie baten, in ihrem Geleite mit nach Thüringen zurückzukehren, und dem Feste der Bestattung der Gebeine ihres Herrn im Kloster Reinhardsbrunn beizuwohnen. Diesem Wunsche gab Elisabeth nach, und in Reinhardsbrunn strömte fast die ganze Bevölkerung Thüringens zusammen, Leid zu tragen um den so früh geschiedenen, geliebten Herrn. Nach beendigter Leichenfeier, welcher der neue Landgraf, Heinrich Raspe mit seinem Bruder Conrad, dem Deutschherrenordenscomthur, in Person bewohnte, richtete Rudolf, der Schenk von Vargila an den ersteren mit großem Freimuth sehr ernste Worte über sein Verfahren gegen des Bruders Wittwe und gegen dessen Kinder, und drohete ihm mit dem Zorne Gottes, wenn er sein Benehmen gegen Elisabeth nicht ändere und sie sich [182] nicht versöhne. Da wurde der Landgraf zu Thränen gerührt und versprach, alles zu thun, was für Recht und Billigkeit erachtet werde. Elisabeth begehrte auch in keiner Weise zu herrschen über Städte und Burgen, Land und Leute, nur die Herausgabe ihrer Mitgift und das ihr von ihrem seligen Herrn verschriebene Witthum beanspruchte sie, und das ward ihr auch gewährt und sie erhielt Marburg als ihr Witthum und ihren Wohnsitz, auch wurden die Rechte und Ansprüche ihrer Kinder gesichert. Zu Marburg, wohin nun nach einiger Zeit die verwittwete Landgräfin zog, lebte ein Geistlicher, des Namens Konrad, insgemein Konrad von Marburg genannt, der war der Beichtiger Elisabeths, war sehr gelehrt, sehr sittenreinen Wandels, aber dabei von äußerster Strenge in Bezug auf kirchliche Zucht, Bußübungen und Kasteiungen, der gewann über die fromme Elisabeth gar große Gewalt.