Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Tanzstunde im Grafenschloß
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 9, S. 272–273, 291
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[272]

Photographie im Verlage der Photographischen Union in München.
Tanzstunde im Grafenschloß.
Nach einem Gemälde von C. Schweninger.

[291] Tanzstunde im Grafenschloß. (Zu dem Bilde S. 272 u. 273.) Sie hat es nicht fertig gebracht, die kleine Komtesse! Das schwere Schlußkompliment im Menuett nämlich, wo es heißt, immer tiefer, tiefer, tiefer sinken und dann auf festen Knieen, ohne Ruck wieder langsam zur Höhe emporsteigen. Als die große Fermate kam: eins, zwei, dre – e – ei! – der Klavierspieler innehaltend die Hände auf den Tasten ruhen ließ, der Tanzmeister mit hochgezogenen Augenbrauen den Fiedelbogen in einer schwungvollen Achte um seinen Kopf bewegte, und die andern anfingen zu versinken, da mußte das Komteßchen lachen, die Kniee wurden wacklig, und vor dem Umfallen rettete sie nur das rasche Zugreifen des jungen Freiherrn, ihres früheren Spielkameraden, der jetzt so sterblich in die dunklen Sammetaugen und das reizende Gesichtchen verliebt ist. Nun müssen sie das mißglückte Kompliment nochmals versuchen. Wird es jetzt besser gehen? Muth, Komteßchen – die Umstände sind günstig! Der glühende Verehrer möchte am liebsten seinen Kopf ans Gelingen setzen, die Zuschauer aber in dem gold- und farbenleuchtenden Saal sind alle mit sich selbst beschäftigt und passen nicht stark auf. Drinnen in dem Nebenzimmer, das zwischen den schweren Sammetvorhängen des reichverzierten Thürbogens mit dem Wappen und der neunzackigen Krone sichtbar wird, plaudern Mütter und Tanten mit den älteren Kavalieren, ohne sich viel um die Unterhaltung der vom Tanze ausruhenden Jugend zu kümmern.

Und doch ist diese gar nicht so harmlos: feurige Blicke fliegen hin und her zwischen der voll erblühten Schönheit, die in dem Sammetfautueil lehnt, und ihrem so angelegentlich herübergebeugten Nachbar; auch die stolze Dame in der langen Faltenschleppe blickt nur zerstreut auf die Mittelgruppe, ihre Augen wollen den beiden ausweichen, die aus so kurzer Entfernung eindringlich fragend auf ihr ruhen.

Die zierlich Schlanke auf dem Taburett aber wendet das feine Köpfchen zur Seite und blickt schmollend nach dem Philosophen der Gesellschaft, der dort im Palmenschatten steht und völlig verloren ist in den Anblick des holdseligen Menschenkindes, das so lieblich zu lächeln versteht, daß ihm sogar der pedantische Tanzmeister keine strenge Miene zeigen kann. Ein freundlich ermunterndes Wort – dann klopft er mit dem Bogen auf die Geige, der Klavierspieler beginnt aufs neue, das Paar giebt sich die Hand: En avant! … der große Augenblick naht! …

Es ist ein reizendes Bild aus dem Leben der genußfreudigen Rokokozeit, das uns hier der Künstler vorführt, wir sehen die Anmuth und Heiterkeit einer versunkenen Gesellschaft in vollem Farbenzauber wieder vor uns aufleben und meinen fast, die Flügelschläge des kleinen Gottes zu hören, den der Maler zwar nicht mit abgebildet hat, der aber nichtsdestoweniger die Hauptperson des ganzen galanten Kreises ist!