Tag, schein herein, und Leben, flieh hinaus!
„Tag, schein’ herein und, Leben, flieh hinaus!“[1]
Shakespeare.
Tag, schein’ herein! Die Kammer steht dir offen!
Holdsel’ger Lenzesmorgen, schein’ herein!
Schon glitzert, von der Sonne Strahl getroffen,
Das Tintenfaß, der eichne Bücherschrein.
Dem schönen Erben über Hof und Haus –
Auch mir zu gut geschrieben ist ein Leben –
Tag, schein’ herein und, Leben, flieh hinaus!
Ich war von einem schweren Bann gebunden.
Von vielen tausend unverbrauchten Stunden
Schwillt ungestüm mir nun die Gegenwart.
Aus dunkelm Grunde grüne Saat zu wecken
Bedarf es Sonnenstrahles nur und Thaus,
Tag, schein' herein und, Leben, flieh hinaus!
Ein Segel zieht auf wunderkühlen Pfaden,
In Flutendunkel spiegelt sich der Tag.
Was hat die Barke dort für mich geladen?
Entgegen ihr! Was wird die Barke bringen
Durch blauer Wellen freudiges Gebraus?
Entgegen ihr! Mit weitgestreckten Schwingen!
Tag, schein’ herein und, Leben, flieh hinaus!
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Shakespeare: „Romeo und Julia“ 3. Akt, 5. Szene: <poem style="font-style:italic;">Julia das Fenster öffnend (zu Romeo): „Tag, schein herein, und Leben, flieh hinaus!“