Straßenkampf in Leipzig am 19. Oktober 1813

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Titel: Straßenkampf in Leipzig am 19. Oktober 1813
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aus: Die Gartenlaube, Heft 21, S. 648, 675
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[648]

Straßenkampf in Leipzig am 19. Oktober 1813.
Nach dem Gemälde von Robert Haug.

[675] Straßenkampf in Leipzig am 19. Oktober 1813. (Zu dem Bilde S. 648 und 649.) Die Würfel waren gefallen. Nach mehrtägigem heißen Streiten war am 18. Oktober 1813 bei Leipzig die entscheidende Völkerschlacht geschlagen worden. Die verbündeten Heere der Preußen, Oesterreichs, Russen und Schweden hatten über die Franzosen jenen weltgeschichtlich so bedeutenden Sieg davongetragen, der Europa von der französischen Herrschaft befreite und den Grund zu Deutschlands Einigkeit und Größe legte. Aber der Morgen des 19. Oktobers sollte neue blutige Arbeit bringen. Napoleon hatte wohl den Rückzug seiner Armee angeordnet, zur Deckung derselben aber in Leipzig einen Teil der Truppen zurückgelassen mit der Aufgabe, die Sieger aufzuhalten und so an der Verfolgung seines in westlicher Richtung über Lindenau nach Thüringen zurückweichenden Heeres zu verhindern. Aus allen anderen Himmelsrichtungen wurde die Stadt von den Verbündeten hart bedrängt. Die Franzosen leisteten heftigen Widerstand, und nur langsam und unter stetigem Ringen konnten die Verbündeten in die Vorstädte eindringen. Besonders heiß entbrannte der Kampf um das äußere Grimmaische Thor, das fest verrammelt, mit eisernen Widerhaken geschützt und mit Schießluken versehen war. Aber endlich gelang es doch, das Thor zu erstürmen. Früher ward diese That der Königsberger Landwehr unter Major Friccius’ Führung zugeschrieben, dem an dieser Stelle auch ein Denkmal errichtet ist, heute weiß man, daß Major Otto Freiherr von Mirbach mit den pommerschen Füsilieren der Erstürmer war. Aber der Kampf war mit der Erstürmung des Thores noch nicht beendet, sondern setzte sich in den angrenzenden Straßen mit wachsender Erbitterung fort, von Freund und Feind noch viele Menschenleben fordernd.

Unser Holzschnitt, die Nachbildung eines Gemäldes des besonders durch seine Darstellungen aus der Zeit der Freiheitskriege rühmlichst bekannten Malers Professor Robert Haug, das sich im Museum der bildenden Künste zu Leipzig befindet, stellt den Straßenkampf dar, der sich unmittelbar an die Erstürmung des äußeren Grimmaischen Thores anschloß. Der Schauplatz ist der hinter dem Thore gelegene Grimmaische Steinweg, welcher zu einem freien Platz, dem heutigen Augustusplatz, dicht vor der inneren Stadt führt. Ein Morgensonnenstrahl dringt durch den Oktobernebel und Pulverdampf und beleuchtet die links sich hinziehende Häuserreihe. Die Franzosen haben auf dem von tagelangem Regen durchweichten schwer befahrbaren Wege Kanonen aufgefahren und richten auch aus den Häusern Gewehrfeuer auf die siegreich vorwärts stürmenden Preußen. Diese gehören verschiedenen Waffengattungen an, haben sich hier aber zu gemeinsamer That vereint. Jedes Haus ist vom Feind zu einer Feste umgestaltet und muß einzeln genommen werden. Weiter hinten im Mittelpunkt des Bildes hat sich ein Trupp Franzosen zum Schutz einer Kanone aufgestellt. Aber dem Ruf der Trompete folgt eine von Begeisterung erfüllte, todesmutige Kriegerschar und dieser werden sie trotz verzweifelter Gegenwehr doch weichen müssen. Geschütz um Geschütz wird in die Hände der Sieger fallen, Haus um Haus erobert werden, bis die gänzliche Einnahme der Stadt vollzogen ist. – Im Hintergrunde erkennt man das innere Grimmaische Thor und Dächer und Giebel der schwer geprüften Lindenstadt, über die sich der Turm der Nikolaikirche – ein stummer Zeuge all des Kriegsgreuels ringsum – zum Himmel emporhebt.