CXXXXIV. Hurduwar Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Vierter Band (1837) von Joseph Meyer
CXXXXV. Sidon
CXXXXVI. Der Jordan
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SEIDA (DAS ALTE SIDON)
in Syrien

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CXXXXV. Sidon.




Sidon, die älteste Niederlassung jenes von den Gestaden des arabischen Meerbusens unter dem Namen Phönizier nach Syriens unwirthlicher Küste ausgewanderten Volkes, welches später durch Schifffahrt und Handel so groß geworden, die Buchstabenschrift, eine Menge Erfindungen und die Kultur Indiens nach Europa brachte und verbreitete, war schon zur Zeit der Einwanderung der Israeliten mächtig und reich. Moses nennt es „die erstgeborne Tochter Canaans“; und in den Büchern der Könige wird es als „die große Stadt“ bezeichnet. – Es blühete 1000 [16] Jahre lang, bis zur Zeit des Assyrers Nebukadnezar, der es mit den meisten andern phönizischen Städten zerstörte. Unter Persischem Schutze kam Sidon von neuem zu Ansehn und zu Xerxes Zeit besaß es wieder über 100,000 Einwohner. In der Schlacht bei Salamis focht die Flotte der Sidonier mit den Persern und Tetremestus, ihr Feldherr, gab sich nach verlornem Treffen selbst den Tod. Später stellte sich Sidon an die Spitze des syrischen Aufstandes, der unter Artaxerxes losbrach; aber das unglückliche Ende desselben führte zu seinem Untergang. Als den belagernden Persern unter Ochus die starken Außenwerke durch Verrath in die Hände fielen, und die Einwohner keine Möglichkeit sahen, die Stadt zu retten, verbrannten sie, heldenmüthiger noch als in unsern Tagen die Russen Moskau, mit der Stadt sich selbst und alle ihre Schätze. – Zwar erstand nach langer Zeit ein neues Sidon auf dem Aschenhaufen des alten; aber weder unter den Römern, noch unter den Griechen, noch unter den Arabern und den Türken gelangte es zu mehr als einem Schatten seiner ehemaligen Bedeutung. –

Das heutige Seyda liegt malerisch auf einem erhöhten Punkte am Meere und macht mit seiner alten Citadelle, einem Werk aus der Kreuzfahrerzeit, und den Ruinen eines Römerkastells, eine der schönsten Vista’s der syrischen Küste. Der Einwohner sind ungefähr 8800, worunter 1000 Christen und 500 Juden seyn mögen. Haupterwerbzweige sind die Seidenzucht und die Ausfuhr von Südfrüchten (getrockneten Feigen etc.), welche an den sonnigen Abhängen des Libanon in erstaunlicher Menge und von vorzüglicher Güte wachsen. – Eine besondere Merkwürdigkeit erhielt Seyda als Winterresidenz der „Königin des Nordens,“ wie sie die syrische Bevölkerung nennt, der Lady Esther Stanhope,[WS 1] jener exzentrischen Brittin, welche durch die Macht ihres Reichthums und ihrer Reize bis auf die neueste Zeit so großen Einfluß auf die Machthaber Syriens geübt hat. Bekanntlich lebt diese geistreiche Dame, welche den höchsten Familien Britanniens verwandt ist, in einem nahe bei Seyda gelegenen ehemaligen Kloster (Mar-Elias) ganz nach orientalischen Sitten, mäßig wie eine Pythagoräerin, nach allen Seiten hin Keime der Aufklärung und Wohlthaten spendend, und vom Volke fast vergöttert. Niemals läßt sie einen Engländer vor sich, nie beantwortet sie Briefe aus der Heimath; aber jeder gebildete Fremde ist ihr ein willkommner Gast und wird festlich empfangen. Ein Schloß in einer Hochebene des Libanons ist ihr Aufenthalt im Sommer.




Anmerkungen (Wikisource)