Seite:WuerttVjhhLG Jhg 01.djvu/213

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Bernhard Grueber: Peter von Gmünd genannt Parler. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang I.

ausübte. In Regensburg verfaßte Matthäus im Jahre 1486 das erwähnte Buch über die Grundregeln der gothischen Baukunst, druckte es in seiner eignen Offizin unter dem Titel: Puechlen der fialen Gerechtigkait.

In dieser mit Holzschnitten versehenen Schrift weist Matthäus ausdrücklich auf die Prager Bauschule hin und bekennt sich als einen Anhänger derselben. Wolfgang Roritzer endlich, der geistreiche und thatkräftige Bruder des Matthaeus, welcher seine Anhänglichkeit an das bayrische Regentenhaus auf dem Blutgerüste im Mai 1514 zu büßen hatte, stand von 1495 bis zu seinem traurigen Ende dem Regensburger Dombau vor und hielt an den von seinem Vater überlieferten Prinzipien fest[1].

Ueberblickt man die zahlreichen, von den Roritzern in Nürnberg, Regensburg und andern Orten ausgeführten Arbeiten, so drängt sich unwillkürlich die Vergleichung mit Werken der Parler auf und man fühlt den geistigen Zusammenhang der Schulen. Wie der Altmeister Peter eine vermittelnde Stellung zwischen Ost und West eingehalten und die Grundsätze der schwäbischen Bauschule nach Böhmen und Mähren verpflanzt hat, so nimmt auch der in Straßburg gebildete Matthaeus eine ähnliche Stellung ein, indem er, aus der rheinischen Schule hervorgegangen, sich späterhin an die Grundsätze des Meisters Peter anschließt.

Die sehr verwickelten Lebensverhältnisse der Roritzer, deren Geschichte wegen des tragischen Endes, welches Wolfgang zu erleiden hatte, mit vielen Fabeln durchflochten worden ist, hat Neumann mit geschickter Hand entwirrt und zu einem klaren Bilde zusammengestellt. Mit Benützung der vorhandenen Urkunden und Steinmetzzeichen wurden die Arbeiten eines jeden der drei Meister festgestellt, dann das Fialenbuch des Matthäus und die verschiedenen Sagen von den Jungkherrn einer sorgfältigen Prüfung unterzogen. Die Untersuchungen sind mit eben so großer Gewissenhaftigkeit als Unparteilichkeit geführt, und das durch den historischen Verein in Regensburg veröffentlichte Werk, betitelt: „Die drei Dombaumeister Roritzer“, reiht sich den vorzüglichsten Leistungen auf dem Gebiete der Detailforschungen an.

Wie die alte aus Gmünd hervorgegangene Schule, späterhin in Schwaben durch die Böblinger gehalten und fortgeführt wurde, so geschah es in Bayern und Franken durch die Roritzer. Beide Familien brachten ausgezeichnete Talente hervor, beide kämpften, wiewohl vergebens, für die Reinheit des Stiles und suchten dem hereinbrechenden Verfall entgegen zu arbeiten. Die Zeit der Gothik war abgelaufen und die italienische Renaissance hielt ihren siegreichen Einzug in Deutschland.


Necrologium Elwacense.

Das Benediktiner Mannskloster Ellwangen, kurz vor 764 unter dem König Pipin von Hariolf, Bischof von Langres, in der Virgunna (jetzt Virngrund) gegründet und den Heiligen Vitus, Sulpicius und Servilianus geweiht, ist die älteste klösterliche Niederlassung auf dem Gebiet des jetzigen Württemberg. Früh erlangte es eine große Bedeutung. Mehrere seiner Aebte gelangten auf Bischofsstühle (Wicterbus Bischof von Augsburg 781, Ermanrich Bischof von Regensburg 864–891, Hartbert von Chur 949–968). Kaiser und Päpste begabten das Kloster mit Gnadenbriefen: Ludwig der Fr. 814 und 823, Arnulf 893, Otto I. 961, Otto II. 987, Heinrich II. 1003 und 1024. Friedrich I. 1152 und 1168 – Papst Benedikt VII. 978, Eugen III. 1152, Alexander III. 1179. Die älteste Geschichte Ellwangens ist urkundlich wenig gesichert, da sich in Folge öfterer Brandfälle (1100. 1182. 1201. 1229. [1255]. 1304. [1308]) nur wenige ältere Urkunden erhalten haben und die Ellwanger Zeitbücher,


  1. An der Ostseite des Domes sah man noch im Jahre 1836 den Grabstein des Wolfgang Roritzer, auf welchem sein Meisterzeichen und folgende Inschrift angebracht war: Anno dmni. 1514 am 12. (30?) Maj starb der erbar Wolfgang Roritzer Thumbmeister dem g. g. – Dieses in das Mauerwerk des Domes eingefügte Denkmal wurde nebst vielen kunstgeschichtlich merkwürdigen Skulpturen und Inschriften im Verlaufe der 1837–1842 durchgeführten Restaurationen zerstört.
Empfohlene Zitierweise:
Bernhard Grueber: Peter von Gmünd genannt Parler. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang I.. H. Lindemann, Stuttgart 1878, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WuerttVjhhLG_Jhg_01.djvu/213&oldid=- (Version vom 1.8.2018)