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Bernhard Grueber: Peter von Gmünd genannt Parler. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang I.

abschloßen, während der Vater Peter ein anderes auf dem Pohorczelec unferne des Strahover Thores liegendes Haus für sich und seine Gattin protokoliren ließ[1].

Auch in diesem Buche wird Meister Peter unter allerlei Namen angeführt, sogar manchmal „vir idoneus“. Auch magister Petrus latomus und magister novae fabricae sind häufige Benennungen.

Viele einzelne Notizen über die Familie Parler enthalten die im Prager Domarchiv befindlichen Errichtungsbücher und sonstigen Urkunden. Die Errichtungs- und Bestätigungsbücher, libri erectionum et confirmationum, bildeten eine geistliche Landtafel und waren vom Erzbischof Ernst von Pardubitz zunächst aus dem Grunde angelegt worden, um das Vermögen der Kirchen, die gemachten Stiftungen, Schenkungen und Rechtsverhältnisse von einem Mittelpunkte aus übersehen zu können. In einer Urkunde vom Jahre 1401 erscheint Peters Name zum letztenmal, wahrscheinlich als noch lebend, aber in keinem Falle als wirkender Dombaumeister. Auch in Bezug auf die Söhne Niklas und Johann, den Wirkungskreis des ersten und das von Johann ausgeübte Präsentationsrecht finden sich hier werthvolle Aufschlüsse.

Ein viertes hochwichtiges Manuskript, welches zwar mit der Geschichte des Prager Domes und seinen Baumeistern nicht in unmittelbarem Zusammenhange steht, jedoch über die künstlerischen Verhältnisse damaliger Zeit sehr vieles Licht verbreitet, darf hier nicht übergangen werden: nemlich die Satzungen der Lukasbruderschaft, welche i. J. 1348 von den Malern, Schilderern und sonstigen Kunsthandwerkern in Prag gestiftet wurde. Das Original dieser Schrift ist in deutscher Sprache auf starkes Papier geschrieben und hält Quartformat ein; es wurde bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts im Archiv der Malerbruderschaft verwahrt, ging nach deren Auflösung an den Maler Quirin Jahn über und befindet sich gegenwärtig in der Bibliothek der Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde in Prag[2]. Schrift und Papier stimmen genau mit den übrigen gleichzeitigen Urkunden überein. Wie bei allen mittelalterlichen Einrichtungen bildet das religiöse Element die Grundlage der Bruderschaft, welche den heiligen Lukas zu ihrem Patron erwählt hatte. Die ersten Abschnitte der Satzungen beziehen sich auf Gottesdienst und kirchliche Ordnung, dann folgen viele sehr praktische Gesetze in Bezug auf die Verwaltung des Gesellschaftsvermögens, Ansäßigmachung, Verheiratung der Töchter von Mitgliedern und Regelung der Verhältnisse zwischen Meistern und Gesellen.

Neben den Malern (geistlichen Malern) und Schilderern als eigentlichen Begründern der Bruderschaft haben an derselben theilgenommen die Bildhauer, Bildschnitzer, Goldarbeiter, Goldschlager, Illuminatoren, Pergamentmacher, Glaser, Edelsteinschleifer und noch einige verwandte Gewerbsmeister; doch ist in den Statuten festgestellt, daß nur ein Maler zum Vorstand der Zeche (zum Brudermeister) erwählt werden dürfe. Es fällt auf, daß weder der Dombaumeister noch einer von den am Dome beschäftigten Künstlern, darunter die Maler Mutina und Wurmser, die beiden Erzgießer Clussenberg und der Meister des großen am Dome angebrachten Mosaikbildes, im Bruderschaftsverzeichnisse genannt werden. Demnach scheint zwischen den Mitgliedern der Bruderschaft und den Domarbeitern kein Verkehr bestanden zu haben.

Die zuverläßigsten und umfassendsten Aufschlüsse über den Dombau würden ohne Zweifel die eigenhändigen Aufzeichnungen gewähren, welche Kaiser Karl niedergeschrieben hat, die aber spurlos verschwunden sind. Auch von der Biographie des Kaisers, welche Weitmühl in dessen Auftrage verfaßt hat, haben sich nur Auszüge erhalten, welche späterhin Bohuslaw Balbinus (gest. 1688) und Gelasius Dobner (gest. 1790) veröffentlichten[3].

Benessius Krabicze von Weitmühl entstammte einem altböhmischen Adelsgeschlechte, war Jugendgespiele des Kaisers und begleitete denselben als Edelknabe im Jahre 1323 nach Paris, als König Johann den siebenjährigen Prinzen dahin brachte. Benesch widmete sich dem geistlichen Stande, wurde zum Domherrn in Prag ernannt und lebte bis zu seinem am 27. Juli 1375 erfolgten Tode immer in der Nähe des Kaisers, wirkte auch von 1355 an als Dombaudirektor. Trotz seiner vielseitigen Bildung und des langjährigen Umganges mit dem Baumeister Peter, spricht sich dennoch in seinen auf uns gekommenen Berichten nicht das mindeste Interesse für Kunst und Künstler aus. Nach Art der mönchischen Aufzeichnungen enthält Weitmühl’s


  1. Die damals übliche Art sein Vermögen zinsbar anzulegen, bestand in der Erwerbung von Häusern oder Grundstücken, welche alsdann verpachtet wurden. Der Ankauf so vieler Häuser durch Peter und seine Söhne zeugt von der Wohlhabenheit der Familie.
  2. Diese Statuten sind abgedruckt in Rieggers „Materialien zur alten und neuen Statistik von Böhmen“. VI. Heft, 1788. Eine Erläuterung der Statuten findet sich in meinem vom k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht veröffentlichten Werke: Die Kunst des Mittelalters in Böhmen. III. Theil, zweiter Abschnitt. Wien, 1876.
  3. Vergl. F. M. Pelzel, Kaiser Karl der Vierte, König in Böhmen. Prag 1780. Vorbericht. Ferner: Gelasius Dobner: Monumenta historica Bohemiae. Tom. IV.
Empfohlene Zitierweise:
Bernhard Grueber: Peter von Gmünd genannt Parler. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang I.. H. Lindemann, Stuttgart 1878, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WuerttVjhhLG_Jhg_01.djvu/210&oldid=- (Version vom 1.8.2018)