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Bernhard Grueber: Peter von Gmünd genannt Parler. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang I.

Wesen des berühmten Prälaten ist trefflich wiedergegeben, dabei stimmen die Züge mit der im Triforium befindlichen Porträtbüste Oczko’s vollkommen überein. Hier sind alle Vortheile, welche der Marmor bietet, mit Geschick benützt; die Fleischpartien zeigen mattirte Oberfläche, die Ornamente sind glänzend geschliffen und der Brokat des Ueberwurfes rauh gekörnt. Dieses Denkmal war nicht farbig ausgestattet. Der bekannte Kunstforscher Hirt äußerte sich schon im Jahre 1830 über die Figur Oczko’s, daß ein zweites derselben Zeit angehörendes Bildwerk von so vorzüglicher Durchbildung nicht bekannt sei; ein Urtheil, welches heute noch jeder Sachkundige unterzeichnen wird.[1] Auch das Material, der weiße Marmor, aus welchem die Deckplatte mit der Figur gemeisselt ist, verdient Beachtung: dieses Gestein wurde in Böhmen gebrochen, ist schön weiß und derb krystallisirt, läßt jedoch eine reine Bearbeitung zu. Im obern Elbethal unweit des Städtchens Hohenelbe wurde ehemals ähnlicher Marmor gewonnen, doch kommen heute Stücke von solch bedeutender Ausdehnung (die Deckplatte mußte im Bruche wenigstens 3 m lang, 1½ m breit und 0,80 dick gewesen sein) nicht mehr vor. Es scheint demnach, daß Peter Parler wie Michel Angelo bei Eröffnung der Steinbrüche persönlich thätig gewesen sei.

Etwas später wurden die am Altstädter Brückthurm befindlichen schon erwähnten Bildwerke ausgeführt, von denen die Porträtstatue des Königs Wenzel IV. besonderes Interesse verdient. Der König sitzt auf einem Thronsessel und trägt auf dem Haupt eine mit Lilien geschmückte Krone, in welcher man augenblicklich eine Nachbildung der noch vorhandenen auf Kaiser Karl’s Befehl angefertigten böhmischen Krone erkennt. In der erhobenen Rechten hält er den Scepter, die Linke mit dem Reichsapfel ruht auf dem Schoße, wodurch die in einen weiten Mantel gekleidete Figur ein belebtes und zugleich vornehmes Ansehen erhält. Kleidung, Haare und Bart sind aufs zierlichste geordnet, auch ist die Aehnlichkeit mit der im Triforium des Domes befindlichen Porträtbüste unverkennbar, obwohl Wenzel dort vierzehnjährig, am Brückthurm aber im Alter von fünf- bis sechsundzwanzig Jahren dargestellt ist. Wie im Dombilde sind auch in diesem Porträt die Anzeichen von Weichlichkeit und Sinnlichkeit vorherrschend: die Augen groß und schmachtend, das Gesicht schwammig und energielos. Die gegenüber angebrachte Statue des Kaisers Karl ist zwar eben so sorgfältig ausgeführt, doch minder glücklich angeordnet, beide Statuen bestehen aus Sandstein und halten in ihrer sitzenden Stellung die Höhe von je 2,30 m ein.

Eine fernere Arbeit, welche unserm Meister zugeschrieben wird, ist das Grabmal des Bischofs Pogarell von Breslau im dortigen Dome, welches mit dem Denkmale des Erzbischofs Oczko eine auffallende Aehnlichkeit in Bezug auf Styl und Technik beurkundet. Hermann Luchs, welchem wir so viele Aufschlüsse über Schlesien verdanken, war es, welcher auf dieses Denkmal und seine Verwandtschaft mit den Bildwerken Parler’s aufmerksam gemacht hat.[2]

Wie aus dieser Schilderung hervorgeht, war es vorzugsweise das Porträtfach, in welchem sich die bildnerische Thätigkeit Peter’s bewegte: ob er zusammenhängende größere Kompositionen ausgeführt habe, ist nicht bekannt. In der Lunette des nördlichen Portals der Theynkirche kommt zwar ein Passionsbild vor, die Kreuzigung, Dornenkrönung und Verspottung Christi in hocherhabener Arbeit darstellend, jedoch


  1. Hirt, Kunstbemerkungen auf einer Reise über Wittenberg, Dresden nach Prag. – Berlin, 1830.
  2. Siehe „Schlesische Fürstenbilder“ von Dr. Hermann Luchs. Breslau bei Trewendt. 1872.
Empfohlene Zitierweise:
Bernhard Grueber: Peter von Gmünd genannt Parler. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang I.. H. Lindemann, Stuttgart 1878, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WuerttVjhhLG_Jhg_01.djvu/149&oldid=- (Version vom 1.8.2018)