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Bernhard Grueber: Peter von Gmünd genannt Parler. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang I.

vom Verfasser, sondern von vielen Forschern, namentlich Dobrowsky, Ambros, Bock und Legis-Glückselig hundertfältig Buchstaben für Buchstaben geprüft worden, ohne daß die Entzifferung ein anderes Resultat ergeben hätte. Der Name Arler ist in neuester Zeit als eine Korrumpirung des Wortes Parler (Werkführer) ziemlich allgemein anerkannt worden, doch besteht immerhin die Frage, ob der erstere Name keine Berechtigung habe und Heinrich nicht aus dem Arelat stammte. Auch darf nicht übersehen werden, daß die Bezeichnung Arler nur das einzige Mal in obiger Inschrift vorkommt, während Heinrichs Sohn, Meister Peter, sowohl in den Dombaurechnungen wie in anderen Urkunden häufig Parler, Parlerius und böhmisirt Parlerz genannt wird.

In der Kunstgeschichte ist der Name Arler gebräuchlich worden und es kommt bisher nur dieser in den Lexiken und Fachschriften vor. Einige Schriftsteller, unter anderen Dlabacz, der Verfasser des böhmischen Künstlerlexikons, und Tschischka, welcher ein Werk über den Stefansdom in Wien veröffentlichte, gingen so weit, daß sie der Familie italienischen Ursprung beilegten und das Arler in Arleri umwandelten.

Noch schwieriger ist es festzustellen, welche Oertlichkeit, Land oder Stadt in der Inschrift mit dem Worte „polonia“ bezeichnet werde. Daß vom Lande Polen schwerlich die Rede sei, ergibt sich aus der Thatsache, daß in Polen nur jene eigenthümliche Spätgothik Eingang gefunden hat, welche sich von den Ländern des deutschen Ordens aus entlang der Weichsel verbreitete. Alle in Polen vorkommenden gothischen Gebäude tragen mehr oder weniger den Charakter der Profanarchitektur; eine Kirche, welche auch nur entfernt an die Gmünder Kreuzkirche und die dort eingehaltene Formenbildung erinnerte, wird in diesen Landen nicht getroffen. Nachdem bereits S. Boisserée vor fünfzig Jahren die Unwahrscheinlichkeit einer polnischen Abstammung des Heinrich nachgewiesen hatte, schwankten die Meinungen zwischen Bologna und Boulogne sur mer, welche Städte in der mangelhaften Orthographie des Mittelalters häufig bolonia oder polonia genannt werden. Außer diesen beiden Städten gibt es noch mehrere ähnlich lautende Ortsnamen, z. B. Bollingen am Zeller See, Boulogne in Gascogne und Boulong in Rousillon, die ehemals auf obige Weise geschrieben wurden, daher mit gleichem Rechte als Heimatorte des Künstlers angesehen werden könnten.

Für eine französische Abkunft Heinrichs sprechen zwei Umstände: erstens galten die Franzosen damals als die geschicktesten Brückenbaumeister, und eines Brückenbaues wegen scheint der Meister nach Gmünd berufen worden zu sein; zweitens hegte Kaiser Karl eine entschiedene Vorliebe für französische Sprache und Kunst, wodurch das schnelle Wohlgefallen erklärt würde, welches er an den Gmünder Künstlern fand. In Bezug auf die italienische Stadt Bologna kann geltend gemacht werden, daß sich hier der erwähnte Enrico di Gamondia, nachdem er von der Dombauleitung in Mailand verdrängt worden, niedergelassen haben soll. Auch Bollingen am Zellersee verdient einige Beachtung, weil es zwischen Konstanz, Basel und Straßburg, also im Mittelpunkt einer ausgebreiteten Bauthätigkeit liegt, von wo aus ein geschickter Steinmetz leicht den Weg nach Gmünd finden konnte.

Nachdem wir hier die verschiedenen Auslegungen und Muthmaßungen, welche das Wort „polonia“ hervorgerufen hat, der Reihe nach angeführt haben, drängt sich von selbst die Frage auf, ob die gegenwärtige Fassung der Schrift auch die ursprüngliche sei. Daß die Worte „henrici Arleri de polonia“ in der Inschrift genau so und zwar sehr deutlich geschrieben sind, kann nicht in Abrede gestellt werden; allein das Fälschen von Urkunden zu Ungunsten der Deutschen war, wie Schlesinger in

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Bernhard Grueber: Peter von Gmünd genannt Parler. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang I.. H. Lindemann, Stuttgart 1878, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WuerttVjhhLG_Jhg_01.djvu/015&oldid=- (Version vom 1.8.2018)