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Bernhard Grueber: Peter von Gmünd genannt Parler. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang I.

Da diese sehr bedeutenden Abänderungen des Planes nur mit Genehmigung des Kaisers ausgeführt werden konnten, läßt sich annehmen, daß ihm die Sache unter irgend einem plausibeln Vorwande beigebracht und so die Zustimmung abgelockt wurde, vielleicht als er gerade längere Zeit aus Böhmen abwesend war. Karl IV. hatte ein sehr scharfes Auge und duldete Uebergriffe oder Abweichungen von festgestellten Planen in keiner Weise, wie er unter andern die eigenmächtige Anlage einer Nebengasse in der Neustadt-Prag streng rügte und ihr den Namen Nekazalka, die Nichtbefohlene, beilegte, welchen sie bis zum heutigen Tage trägt. Sei dem nun wie immer, die Domangelegenheit war auf alle Fälle in große Unordnung gerathen, als Kaiser Karl sich entschloß, einen neuen Baumeister zu ernennen. Im September des Jahres 1356 machte er eine Reise durch Schwaben und hielt sich einige Tage in der Reichsstadt Gmünd auf, wo ihm die im Bau begriffene Heiligkreuzkirche so sehr gefiel, daß er mit den Bauleitern Unterhandlungen anknüpfte und in Folge derselben den erst dreiundzwanzigjährigen Steinmetz Peter als Dombaumeister nach Prag berief.


II. Der Steinmetzmeister Heinrich der Aeltere in Gmünd.

Die Heiligkreuzkirche in Gmünd behauptet neben dem Ulmer Münster einen hervorragenden Rang unter den gothischen Denkmalen Württembergs und wurde im Jahre 1351 gegründet. Eine am südlichen Portal der Kirche angebrachte Inschrift gibt von der Grundsteinlegung Kunde mit den Worten:

Anno. dmi. MCCCLI. ponebatur primus lapis pro fundamento hujus chori.
     XVI. Kal. Augusti.

Sonst findet sich weder über die Einweihung, noch über den Kirchenbau und die Baumeister in Gmünd die geringste urkundliche Nachricht, weil bei einem großen Brande alle Archive der Stadt zerstört worden sind. Doch hat sich die Kunde, daß ein Meister Heinrich das Gebäude aufgeführt habe, fortwährend im Andenken erhalten, wobei jedoch fraglich bleibt, ob nicht die aus Mailand zurückgelangte Nachricht von dem räthselhaften ersten Baumeister des dortigen Domes, welcher von den Italienern Enrico di Gamondia, von den Deutschen Heinrich Arler genannt wird, einigermaßen auf die Forterhaltung der Sage eingewirkt habe. Wir werden den Mailänder Meister im fernem Verlaufe zu besprechen haben.

Heinrich der Steinmetz, welchen man zur Unterscheidung von einem später auftretenden Heinrich, auch den Aeltern nennen könnte, soll der Sage nach um 1330 nach Gmünd vom dortigen Magistrat berufen worden sein, um einen Bau auszuführen; er war also bereits 20 Jahre in der Stadt anwesend, ehe er den Auftrag erhielt, die Kreuzkirche zu erbauen. Die einzige gleichzeitige Urkunde, welche wir über diesen Meister besitzen, ist äußerst vieldeutig und befindet sich im Dome zu Prag. Die betreffende Stelle lautet:

Petrus (filius) henrici Arleri. de polonia. magistri de Gemunden in suevia.
     (Die vollinhaltliche Inschrift wird späterhin beigebracht.)

Diese Schrift wurde ganz gewiß zwischen 1380 bis 1386 unter den Augen des Meisters Peter, wenn nicht von ihm selbst geschrieben und bestätigt eigentlich nur, daß Heinrich nicht aus Gmünd stammte, Peters Vater gewesen sei und das Steinmetzgewerbe betrieben habe. Welche Bewandtnis es mit dem Satze „arleri de polonia“ habe, konnte bisher nicht sichergestellt werden. Die Worte sind sehr deutlich mit den im XIV. Jahrhundert üblichen Minuskeln geschrieben und nicht allein

Empfohlene Zitierweise:
Bernhard Grueber: Peter von Gmünd genannt Parler. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang I.. H. Lindemann, Stuttgart 1878, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WuerttVjhhLG_Jhg_01.djvu/014&oldid=- (Version vom 1.8.2018)