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werden, und gerade dazu hatte ich keine Ader, keine Ader zum Gelehrten, geschweige zum Stubengelehrten. – Ein Mal lobten die Schüler meiner Classe vor Anfang der Lehrstunde, nur ich und mein Nachbar, der gegenwärtige Professor Endler in Nürnberg, waren ruhig. Der Rector hörte es, da er vorübergieng. Er kam, im Augenblicke verstummte der Lärm. Er gieng stumm an allen vorüber, auf mich und Endler zu und schalt uns des Lärms wegen tüchtig. Wir betheuerten, keinen Theil am Lärm gehabt zu haben. „Eben das ists“, hieß es, „was ich tadle. Ihr zieht für euch ein besseres Benehmen vor und laßt eure Mitschüler toben, ohne euer Ansehen geltend zu machen.“ – Ein andermal rief er mich auf seine Stube, ermunterte mich zur Privatlectüre der ciceronianischen Briefe, rieth mir den Styl derselben zu beobachten und Wieland’s Uebersetzung dazu zu vergleichen. Ich sollte andere zu Gleichem entzünden. Was meine Person anlangte, war der Rath nicht verloren, ich machte mich schnell ans Werk; aber den Mitschülern sagte ich kein Wort davon. Der Rector sah seine Hoffnung nicht erfüllt.

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 Als Rector Roth unsere Classe übernahm, konnte man sie in mancher Rücksicht verwahrlost nennen. Unsere Claßlehrer hatten zu oft gewechselt. Als wir von ihm auf die Universität giengen, war gewiß ein jeder von uns besser geworden und das Herz eines jeden voll Danks gegen den treuen, mächtigen Lehrer und Seelsorger, dessen Gleichen ich nie gesehen habe, dem


    mit dem Lobe eines durchaus tadellosen und musterhaften Schülers und scheint nur daran erinnert werden zu müssen, daß er nicht durch allzu strenge Zurückgezogenheit sich übereile, ein Stubengelehrter im engsten Verstande zu werden.“
     Nürnberg, den 6. September 1826.

    Kgl. Studienrectorat 
    L. S. Roth, Rector.