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Jammer haben wir schon zugetröpfelt bekommen, vielleicht, ja gewis mehr, als sich in den kurzen Inbegriff des Todesschreckens zusammenfaßen ließ, der mit dem jammervollen Schuß über August kam. Wir laufen schon so lange eine dornenvolle Bahn, auf der uns Leiden verfolgen, während August in einem einzigen, kurzen, angestrengten Sprung über die Kluft gelangte, welche das diesseitige Elend vom jenseitigen Glücke scheidet. Wohl dem, der einen solchen Sprung glücklich und selig hinter sich hat, wie August. Vor einem liegend scheint er verzweifelt böse, hinter einem schließt er alles Elend ab.

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 So gibt es für jedes Unglück, das uns schwer dünkt, auch Erleichterungsgründe, meine Brüder, – und es fehlt auch dem letzten Jammerlaut: „So fern! So fern!“ nicht an besänftigender Gegenrede. Es hätte viel Angenehmes für den Sterbenden und für die Seinigen gehabt, wenn sie die letzten 15 Stunden bei einander gewesen wären; aber unstreitig auch viel Herzzerreißendes für beide Theile. Ach, die Liebe zu Creaturen, seien es auch die theuersten und geheiligtesten, lähmt oftmals den fröhlichen Flug einer zur Heimfahrt berufenen Seele; – und wollen wir’s nicht vergeßen, die tiefe, schmerzliche Ergriffenheit, welche in solchen Fällen nahe Verwandte durchdringt, macht sie zuweilen zu leidigen, unfähigen Tröstern. Selbst des Trostes ermangelnd können sie nicht trösten, und am Boden liegend andere nicht emporziehen. Das Unglück verleiht zwar manchmal Flügel, daß man in hohe Regionen der Verleugnung sich erheben kann; manchmal aber hängt es auch Bleigewichte an Fuß und Herz; und wer weiß, welches von beiden unserm tiefgebeugten Elternpaare gegeben worden wäre? – Und wenn nun einmal Gottes gute Hand die Eltern mit 15 schweren Lebens-, ja Todesstunden verschonen wollte: wo konnte er sterbend beßer aufgehoben sein, als im Hause, in dem er starb? Ein treuer Freund, ein edler Pfarrer, ein Mann, dem unter den gegebenen Umständen nichts mehr