Seite:Wilhelm Löhe - Zum Gedächtnis meines Pathenkindes Lorenz Wilh. Friedr. August Kündinger.pdf/16

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Sitz der Ehren, welchen die jungen Kinder nicht besteigen konnten. Die Seligkeit ist Eine, aber der Ehrenstufen sind viele – und der höhere Grad der Ehren ist Gnadenlohn für die, welche mit Geduld in guten Werken trachten nach dem ewigen Leben. So wünscht denn ein weiser Mann seinem Sohne vor allem ein seliges Ende, d. i. ein gläubiges Ende, darnach aber wünscht er ihm ein längeres, in treuem Kampf und zunehmender Verklärung vollendetes Leben, damit ihn der selige Tod auch zu einer höhern Stufe der Ehren leite. Wird dann sein Wunsch zunichte, wird das Kind schnell dahin gerafft, so thut es weh, auch wenn der Tod selig ist, denn Kron und Lohn ist weniger groß und herrlich. In diesem Sinne behält denn auch wirklich ein früher Tod immer etwas Klägliches, ganz abgesehen davon, daß ein frühverwelkter Sohn die Reife und das mögliche Ziel des zeitlichen und leiblichen Lebens nicht erreichte. – Ist nun der frühe Tod auch ein plötzlicher, so steigert sich der Jammer. Von einer leichten häuslichen Arbeit weggehen, auf der Küchenschwelle plötzlich von der Hand des Todes ergriffen werden, es ist wahr, das hat etwas schauderhaftes. Stirbt man auch jung, so liegt doch immer für den Sterbenden und die Seinigen etwas Tröstliches darinnen, ein wenig Zeit zu haben, die Schuhe dieses Lebens mit Gemach aufzubinden und sich nach und nach zur heiligen, ernsten Stunde, zu der großen Veränderung vorbereiten zu können. Geht doch kaum einer gern plötzlich, ohne Besinnung und ohne sich bereiten zu können, zum Abendmahl der streitenden Kirche: und man sollte zum ewigen Abendmahl so im Fluge und im Sturmesbrausen sich gern hinreißen laßen? Sollte man sich selbst das wünschen, oder seinen Kindern? Ist’s nicht für jeden schmerzlich, für seine Kinder auch nur eine solche Möglichkeit zu denken? Ein solcher Gedanke will lang betrachtet sein, ehe man mit ihm vertraut wird, ehe man sich an ihn gewöhnt. Und nun erst wenn der frühe, der plötzliche Tod