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was zuvor unmöglich war, und man vermag durch die übernatürliche Kräftigung, was die Natur niemals vermag. Man kann dann allmählich, was man soll, und wenn man auch nicht mit einem Male ein Baum wird, der sich unter der Last seiner schönen Früchte beugt, so beginnt man doch Frucht zu tragen; es zeigt sich eine und die andere Frucht, die vermöge ihrer Güte dennoch Beweises genug ist, daß es mit dem Menschen anders, daß der Dornstrauch durch die göttliche Macht ein Feigenbaum geworden ist.

 Wenn du diese beiden Stücke nicht vergißest, sondern sie treulich übst, so wirst du je länger je mehr mit Freudigkeit bei der täglichen Erneuerung deines Taufbundes das Versprechen leisten können, und das allmählich sich einstellende Gelingen wird dir Muth geben, bei täglicher Reue und Buße, in immer neuer Erfahrung großer Schwachheit, dennoch aber auch in gewisser Hoffnung auf die Kraft des heiligen Geistes immer neu und immer fruchtbarer zu versprechen.


V.

 Nachdem du also ermahnt bist, deinen Taufbund täglich zu erneuen, bitte ich dich, die feierliche, anbetende Form bei diesem täglichen Geschäfte ja nicht zu scheuen, sondern im Gegentheile sie mit allem Eifer einzuhalten, denn auch sie hat ihren großen Segen. Wenn du deinen Taufbund erneuern willst, so thue es mit dem Ernste, der sich für eine Handlung geziemt, welche du vor den Augen des Allerhöchsten ihm gegenüber und in der Absicht verrichtest, ein bereits bestehendes Verhältnis des Bundes mit ihm zu befestigen. Gott ist allezeit gegenwärtig, aber du bist nicht allezeit bei und vor ihm; darum rufe deine Seele dadurch wach, daß du zu ihr sprichst, wie man im Liede sagt: „Gott ist gegenwärtig, laßet uns anbeten.“ Ein