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giengen, und der Genuß sündiger Freuden auf die Dauer Kraft und Nerven, geschweige die arme Seele zu stärken und zu stählen? Wird nicht die alte Last alle die dünnen Bande und Fäden, an denen sie anknüpften, um sich zu heben, bei der ersten Probe zerreißen und sie wieder niederschmettern an den Boden, an dem sie zuvor so müde und bedürftig gelegen sind. Wird nicht das Letzte nach der Reise ärger werden, als das Erste vor derselben? O mein Gott, ich bin auch ein Reisender und fahre dahin mit dem Schwarm, unter ihrem Geschwätz und Geschrei, unter ihrer rauschenden Lust, die eitler ist als der Dampf, der sie dahin reißt auf der Bahn; aber meine Seele hat ein Grauen an dem allen. Auch ich reise und suche Stärkung und Stählung für meine Leibes- und Seelenkraft; ich suche es auf der Reise, aber nicht in der Reise, nicht in der Flucht, obwohl ich meiner Tageslast entflohen bin, sondern in dem Ziele, zu dem ich unaufhaltsam fliehen möchte. Mitten unter dem Haufen der Reisegenoßen bin ich einsamer als einsam; ich würde diese Umgebung nicht ertragen können, wenn ich nicht in ihr dem stillen Orte näher gebracht würde, der mir die Pforten der süßen

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Wilhelm Löhe: Raphael. U. E. Sebald’sche Verlagsbuchhandlung, Nürnberg 1862, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Raphael.pdf/41&oldid=- (Version vom 17.8.2017)