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Herkunft; aber ich weiß doch, was sich schickt. Ich habe nun einmal mit Mosü den Bund fürs Leben geschlossen. War er auch lieblos gegen mich, ich will doch bis zum Tode keinem andern angehören. Ich bringe es nicht fertig, einen andern Ehebund zu schließen und die Treue zu brechen.“

Nach diesen Worten fiel ein Tränenregen aus ihren Augen. Als Frau Hü sah, daß sie in ihrem Entschlusse nicht wankend zu machen war, da erzählte sie ihr alles, wie es sich verhielt.

„Dein Vater“, sagte sie, „ist entrüstet über die Lieblosigkeit des Mosü. Obwohl er nun dafür sorgen will, daß ihr beiden wieder zusammenkommt, hat er ihm gegenüber nur verlauten lassen, du seiest unser leibliches Kind. Darum war der Mosü mit Freuden zu der Heirat bereit. Wenn heute abend nun die Hochzeit gefeiert wird, dann mußt du es so und so machen, damit du deinen gerechten Zorn an ihm ein wenig kühlen kannst.“

Als sie das alles gehört hatte, da trocknete Goldtöchterchen ihre Tränen und bedankte sich bei ihren Pflegeeltern. Darauf schmückte sie sich für die neue Hochzeitsfeier.

Am Abend des Tages nun kam Mosü mit Goldblumen auf dem Hut und einer roten Schärpe um die Brust auf festlich geschmücktem Pferde mit großem Gefolge angeritten. Alle seine Freunde und Bekannten kamen mit ihm, um bei der Feier zugegen zu sein.

In Herrn Hü’s Hause war ebenfalls alles mit bunten Tüchern und Laternen geschmückt. Mosü stieg vor dem Saal vom Pferde. Herr Hü hatte ein Festmahl bereitet und führte Mosü und seine Freunde zur Tafel. Als sie drei Becher getrunken, da kamen die Dienerinnen und baten den Mosü ins innere Gemach. Die Braut im rotem Schleier wurde von zwei Dienerinnen herausgeführt. Nach den Rufen des Festmeisters verehrten sie zusammen Himmel und Erde, dann die Schwiegereltern. Dann gingen sie ins Hochzeitsgemach. Dort brannten bunte Kerzen, und ein

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_295.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)