Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn | |
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die Poren drang, so wäre sie auseinandergefallen. Sie wird aber eben zusammengehalten und besteht dauernd teils durch die Macht des verbindenden Lebensodems, teils weil die Flüssigkeit es nicht zulässt, dass sie völlig austrocknet und in kleine und grosse Bruchstücke zerfällt. 132 Dies ist ein Grund; ich muss aber noch einen andern erwähnen, der die Wahrheit wie das Ziel trifft. Keines der Erdgeborenen kann ohne feuchte Substanz bestehen: das beweist die Ergiessung des Samens, der doch entweder feucht ist, wie bei den Lebewesen, oder nicht ohne Feuchtigkeit keimt, wie der Pflanzensame. Hiernach ist es klar, dass die erwähnte flüssige Substanz notwendigerweise ein Teil der Erde, der alles gebärenden, ist, wie bei den Frauen der Fluss der monatlichen Reinigung; denn diese bildet, wie die Naturforscher behaupten, die körperliche Substanz des Foetus. 133 Mit dem Gesagten steht auch folgendes im Einklang: jeder Mutter gab die Natur als notwendigen Teil quellende Brüste, indem sie damit die Nahrung für den zukünftigen Sprössling vorbereitete; eine Mutter aber ist natürlich auch die Erde; darum schien es auch den Alten gut, ihr den aus Meter und Ge zusammengesetzten Namen Demeter[1] (Mutter Erde) zu geben. Denn, wie Plato[2] sagt, nicht ahmt die Erde das Weib [32 M.] nach, sondern umgekehrt das Weib ahmt die Erde nach, die die Dichter mit Recht die Allmutter, die Fruchttragende, die Allgeberin zu nennen pflegen, da sie die Urheberin der Entstehung und des Bestehens aller Lebewesen und Pflanzen ist. Vernünftigerweise hat nun die Natur auch der Erde, der ältesten und fruchtbarsten aller Mütter, gleichsam Brüste gegeben, nämlich die Fluten der Ströme und Quellen, damit die Pflanzen bewässert würden und alle Lebewesen reichlich zu trinken hätten.
[46.] 134 Hierauf sagt er: „Gott bildete den Menschen, indem er Staub von der Erde nahm, und blies ihm ins Angesicht den Hauch des Lebens“ (1 Mos. 2,7). Hiermit zeigt
Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/52&oldid=- (Version vom 9.9.2019)