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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

5 (2.) Den Anfang will ich mit dem machen, womit anzufangen sich gehört. Moses ist von Abkunft ein Chaldäer[1]; geboren und erzogen wurde er in Aegypten, denn seine Ahnen waren infolge langwieriger Hungersnot, die Babylon und seine Nachbarschaft plagte, auf der Suche nach Lebensmitteln mit ihrer gesamten Familie nach Aegypten übergesiedelt, dem tiefen Flachland, das an allem, worauf die menschliche Natur angewiesen ist, ganz besonders aber an Brotfrucht, sehr ergiebig ist. 6 Der Strom dieses Landes nämlich schwillt im Hochsommer, wenn die anderen Flüsse und Quellen bekanntlich wasserarm werden, an, ergiesst sich in reicher Wasserfülle und bewässert die Gefilde, die so, ohne des Regens zu bedürfen, Erträge mannigfacher Art in Menge das ganze Jahr hindurch liefern, wenn nicht gerade Gottes Zorn wegen der überhandnehmenden Frevelhaftigkeit der Bewohner hindernd dazwischentritt. 7 Sein Vater und seine Mutter waren die Edelsten ihrer Zeit, die, obwohl sie aus einem und demselben Stamme waren, doch mehr gleiche Gesinnung als die Verwandtschaft zueinander geführt hatte. Er gehört dem siebenten Geschlechte[2] an seit dem ersten, der als Einwanderer der Stammvater des ganzen Volkes der Juden wurde. 8 (3.) Königliche Erziehung aber ward ihm aus folgendem Anlass zuteil: da das Volk immer zahlreicher wurde, begann der König des Landes zu fürchten, dass die Eingewanderten infolge ihrer grösseren Anzahl mit stärkerer Hand mit den Einheimischen um die Herrschergewalt ringen könnten, und sann darauf, durch ruchlose Pläne ihnen ihre [p. 82 M.] Kraft zu rauben. Daher gebietet er, von den Neugeborenen nur die weiblichen aufzuziehen – denn das Weib hat infolge seiner physischen Schwäche Scheu vor dem Kriege –, die männlichen aber umzubringen, damit sie sich nicht überall in den Städten vermehrten; denn eine auf tüchtigen Männern beruhende Macht ist ein schwer zu bezwingendes und schwer


  1. Vgl. Ueber Abraham § 8 und die Anm. dazu. An unserer Stelle haben einige Hss. Ἑβραῖος für Χαλδαῖος.
  2. Dass Moses zur siebenten Generation nach Abraham gehörte, betonen auch Demetrius (Freudenthal a. a. O. S. 222 Z. 23) und Josephus Altert. II § 229.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/009&oldid=- (Version vom 1.8.2018)