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Leben schwer oder vielmehr überhaupt nicht aufzufinden. Und wenn er fragen sollte, ob es im ganzen Bereich des Schönen eine dirnenhafte Seele gäbe, so wird er wörtlich die Antwort hören, daß eine solche weder da ist noch früher da war; denn eine unzüchtige, unkeusche Gassendirne, welche die Blüte ihrer Jugend feilhält, die, während sie mit Reinigungsmitteln und Bädern ihr Äußeres säubert, in ihrem Innern schmutzig ist oder ihr Antlitz in Ermangelung natürlicher Schönheit gleich einem Gemälde mit Farben bemalt, die dem „Vielmännerei“ genannten Übel nachjagt, als wäre es ein Gut, vielfache Verbindung liebt und tausendfach geschwängert wird, mit der tausend Körper – und zugleich Dinge – ihr Spiel treiben und ihr Gewalt antun: die gibt es dort nicht. 154 Als das derjenige erfährt, der (ihn) hingeschickt hat, freut er sich nicht wenig, da er den Neid aus sich verbannt hat und von Natur gütig ist, [569 M.] und sagt: Es ist wahrlich nach meinem Wunsche, daß die Seele weise und wahrhaft gebildet ist, daß sie sich durch Anstand, Besonnenheit und die übrigen Tugenden auszeichnet, daß sie einem einzigen Manne[1] anhängt, eines Mannes Hause treu bleibt und an der Monarchie Gefallen hat. Wenn sie nun so geartet ist, dann soll sie behalten, was ihr gegeben worden ist: die Bildung, die Übereinstimmung der Rede mit dem Leben und des Lebens mit der Rede sowie das Wichtigste, Zuverlässigkeit und Treue. 155 Wenn wir aber nur nicht „Spott ernten“, weil wir den Anschein erweckt haben, eine unwürdige Gabe darzubieten, während wir doch meinten, der Seele ein sehr passendes Geschenk gemacht zu haben. Ich habe aber freilich getan, was derjenige tun muß, der einen Charakter auf die Probe stellen und prüfen will und habe einen Köder ausgeworfen und hingeschickt, jener (Charakter) aber hat bewiesen, daß sein Wesen nicht leicht zu fangen ist. 156 Es ist mir aber klar, warum es das nicht ist. Denn ich habe schon Tausende von den ganz Schlechten bisweilen dasselbe wie die vollkommenen Guten tun sehen, jedoch nicht aus derselben Gesinnung, da sich ja die einen der Wahrheit, die andern der Heuchelei befleißigen; die Unterscheidung beider ist aber schwierig; denn oft wird das Sein vom Schein überstrahlt. [28] 157 Ferner sucht der Tugendliebende das Böckchen, das (als Opfer dient) für die Sünde, findet es aber nicht; denn es war schon verbrannt worden, wie das Gotteswort offenbart (3 Mos. 10, 16). Wir müssen ermitteln, was (die Schrift) mit diesem Rätselwort meint.


  1. Nämlich dem göttlichen Logos: vgl. All. Erkl. III § 150.
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Philon: Über die Flucht und das Finden. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloFugGermanAdler.djvu/041&oldid=- (Version vom 21.5.2018)