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zurückkommen dürfen. 108 Dieser ausweglosen, kaum vertretbaren Auslegung werden wir entgehen, wenn wir nach der auf eine Naturwahrheit abzielenden, allegorischen Erklärung der Stelle forschen. Denn wir dürfen behaupten, daß mit dem Hohenpriester kein Mensch gemeint ist, sondern der göttliche Logos, der an keinen Vergehen, weder an freiwilligen noch an unfreiwilligen, teil hat. 109 Denn er kann weder durch seinen Vater, den Geist, noch durch seine Mutter, die Sinnlichkeit, befleckt werden, wie Moses sagt (3 Mos. 21, 11),[1] weil er, glaube ich, unvergängliche und ganz reine Eltern hat: sein Vater ist Gott, der auch der Vater des Alls ist, seine Mutter die Weisheit, durch die das All in die Erscheinung trat. 110 Ferner, weil „sein Haupt mit Öl gesalbt“ ist, das bedeutet: weil sein leitendes Organ in glänzendem Lichte ringsum erstrahlt, so daß er als würdig gilt, „die Gewänder anzulegen“ – der älteste Logos des Seienden hat nämlich die Welt zum Kleide[2] (er kleidet sich in Erde, Wasser, Luft, Feuer und das aus diesen Bestehende),[3] die Einzelseele den Körper,[4] der Geist des Weisen die Tugenden –; 111 und weil er von seinem Haupt „niemals die Mütze abnehmen“, nie das königliche Diadem ablegen wird, das Zeichen seiner wunderbaren, freilich nicht selbständigen, sondern untergeordneten Herrschaft[5] und auch „nicht seine Gewänder zerreißen


  1. Die Bibel meint: der Hohepriester darf sich auch an seinen Eltern (durch Berührung ihrer Leichen) nicht (kultisch) verunreinigen. Zur Deutung vgl. Reitzenstein, Poimandres 41; Die griech. Mysterienreligionen³ 272ff. I. H.
  2. Auch in den ausführlichen Darlegungen Ü. d. Einzelges. I § 84ff. Das Leben Mos. II § 109ff. Quaest. in Ex. II § 107ff. deutet Philo die Kleidung des Hohenpriesters auf die Teile des Weltalls; zu der sich konsequent weiter ergebenden Deutung des Hohenpriesters auf die Weltseele (unten § 112) vgl. Über die Pflanzung § 8 mit Anm.; Der Erbe d. Göttl. § 188 (Leben Mos. II § 133 deutet Philo das Logeion auf „die das All zusammenhaltende und ordnende Kraft“).
  3. Damit scheint Philo den Äther zu meinen; vgl. die von ihm De aetern. mundi § 102 angeführte stoische Lehre, daß sich bei der Ekpyrosis der gesamte Stoff des Kosmos in den Äther auflöse.
  4. Vgl. den von Posidonius überlieferten Satz (Comment. in Arat. S. 41, 2 Maass): nicht der Leib halte die Seele zusammen, sondern die Seele den Leib.
  5. Der Logos ist Unterstatthalter Gottes; vgl. Leop. Cohn in diesem Werk Bd. I S. 17.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Flucht und das Finden. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloFugGermanAdler.djvu/031&oldid=- (Version vom 21.5.2018)