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der Trennung von der Gemeinschaft des Körpers ewig fort, da ihnen das Los der Unsterblichkeit zuteil geworden sei[1]. [11] 56 Sie erhärtete ihre Behauptung auch durch Worte der Schrift, einmal durch das folgende: „Ihr alle, die ihr Gott dem Herrn anhangt, lebt am heutigen Tage“ (5 Mos. 4,4); die Schrift weiß nämlich, daß allein diejenigen leben, die sich schutzsuchend zu Gott flüchten, während die anderen tot sind; ja, sie bezeugt ihnen sogar, wie es scheint, die Unsterblichkeit, wenn sie hinzufügt: „lebt am heutigen Tage“. 57 Unter dem „heutigen Tag“ ist nämlich die grenzenlose, unfaßbare Ewigkeit zu verstehen; denn die Perioden von Monaten, Jahren und überhaupt aller Zeiten sind lediglich Einbildungen von Menschen, welche die Zahl überschätzen; die wahre Bezeichnung der Ewigkeit hingegen ist „der heutige Tag“. Denn die Sonne, durch die Tag und Nacht, die Maßeinheiten der Zeit, geschieden wurden,[2] bleibt bei ihrem Wege bald über, bald unter der Erde hin stets unveränderlich die gleiche. – 58 Ferner berief sie sich auf ein anderes Gotteswort: „Siehe, ich habe das Leben und den Tod, das Gute und das Schlechte vor dein Angesicht gestellt“ (5 Mos. 30, 15). Mithin sind, du Allwissende, das Gute und die Tugend das Leben, das Schlechte und die Schlechtigkeit der Tod. Und an einer dritten Stelle heißt es: „Dies ist dein Leben und die Länge deiner Tage: den Herrn, deinen Gott zu lieben“ (5 Mos. 30, 20). Die schönste Definition des unsterblichen Lebens ist: von unfleischlicher, unkörperlicher Liebe und Freundschaft zu Gott besessen sein.[3] 59 Auf solche Weise [555 M.] sterben die Priester Nadab und Abiud, um lebendig zu werden: sie tauschen für das sterbliche


  1. Dieselbe Erklärung der Septuagintaworte „des Todes sterben“ gibt Philo All. Erkl. I § 107 im Anschluß an ein Wort des Heraklit; vgl. die Anm. zu der Stelle. Ähnlich wie Philo redet Epiktet von einem geistigen Tode; vgl. Bonhöffer, Epiktet und das Neue Testament S. 50, 1.
  2. Vgl. Über die Weltschöpfung § 26. 61; All. Erkl. I § 2 und Anm.; III § 25. Nach Chrysipp ist die Zeit τὸ παρακολουθοῦν διάστημα τῇ τοῦ κόσμου κινήσει (Arnim SVF. II 509).
  3. LXX gibt אהב‎ als Bezeichnung der religiösen Liebesbeziehung durch ἀγαπᾶν wieder, obwohl der Grieche bei diesem Worte „nichts von der Gewalt und dem Zauber des ἐρᾶν, kaum etwas von der Wärme des φιλεῖν empfindet“ Stauffer in: Theol. Wörterbuch zum Ν. Τ. I 36. Es ist daher sehr beachtenswert, daß Philo diese beiden Worte zur Erläuterung der ἀγάπη heranzieht und, unter exegetischem Zwang, der Liebe hier und an wenigen anderen Stellen eine religiöse Bedeutung gibt, die ihr im Judentum (und Christentum), nicht aber im philosophischen Denken der Griechen zukommt. I. H.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Flucht und das Finden. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloFugGermanAdler.djvu/019&oldid=- (Version vom 21.5.2018)