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Namen erhalten infolge seiner Ähnlichkeit mit den übrigen Dingen. Denn stets hat das Männliche den Vorrang, das Weibliche ist mangelhaft und steht zurück. 52 Wir wollen also, ohne uns an den in den Namen zum Ausdruck kommenden Unterschied zu kehren, die Behauptung aufstellen, daß die Tochter Gottes, die Weisheit, männlich, und daß sie ein Vater sei, der in den Seelen Lernen, Bildung, Wissen, Einsicht und gute und lobenswerte Handlungen aussät und erzeugt. Von hier will der nach der Tugend Strebende, Jakob, ein Weib zur Ehe freien: denn wo [554 M.] anders als im Hause der Weisheit würde er die Gefährtin – eine untadelige Gesinnung – finden, mit der er sein ganzes Leben lang vereint sein soll? [10] 53 (Die Schrift) handelt eingehender von der Flucht, wo sie das Gesetz über die Mörder erläßt, in dem sie alle Arten des Mordes durchgeht: die Art des beabsichtigten und unbeabsichtigten Mordes und der planvollen Nachstellung.[1] Lies das Gesetz vor.[2] „Wer einen schlägt, so daß er stirbt, der soll des Todes sterben. Für den Fall aber, daß er ohne Absicht mordet, und Gott das Opfer in seine Hand gegeben hat, werde ich dir einen Ort geben, an den der Mörder fliehen soll. Wenn aber jemand seinem Nächsten nachstellt, um ihn hinterlistig zu töten, und sich dann flüchtet, so sollst du ihn vom Altar herabholen und ihn töten“ (2 Mos. 21, 12–14). 54 Da ich genau weiß, daß (die Schrift) kein Wort zu viel setzt, so war ich in dem unsäglichen Drang, die Dinge zu erklären, bei mir selbst im Ungewissen, warum sie gebietet, den freiwilligen Mörder nicht nur sterben, sondern des Todes sterben zu lassen; denn wodurch anders endigt der Sterbende sein Leben als durch den Tod? 55 Ich ging daher zu einer weisen Frau, deren Name ‘Überlegung’ ist[3] , und wurde vom Suchen befreit. Sie belehrte mich nämlich, daß manche, die noch leben, schon tot sind, andere noch nach dem Tode leben; denn die Schlechten seien, weil sie des tugendhaften Lebens beraubt sind, Tote, selbst wenn sich ihr Leben bis ins höchste Alter hinzöge; die Guten dagegen lebten auch nach


  1. Ich übersetze nach Wendlands Konjektur: τὸ ἐπιθέσεώς τε καὶ (für ἐπιθ. τὸ) βουλεύσεως.
  2. Die Wendung ist eine Reminiszenz aus attischen Rednern; vgl. Demosthenes, adv. Olympiod. 11; adv. Conon. 24.
  3. Eine der Prosopopoiien bei Philo im Stile der griechischen Popularphilosophie. [Die Lehre von den Zufluchtsstädten im allegorischen Sinne und die mit ihr zusammenhängende von den göttlichen Kräften § 95ff. bespricht Goodenough, By light light (1935) 248ff. I. Η.]
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Flucht und das Finden. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloFugGermanAdler.djvu/018&oldid=- (Version vom 21.5.2018)