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darum besorgt, daß der schlechtere Seelenteil auf der Lauer aus einem Hinterhalt heraus oder in offenem Kampfe den besseren niederwerfen und zu Boden strecken könnte. Der beste Rat ist nun der folgende, den die rechtgesinnte Geduld, Rebekka, gibt; 25 sie sagt: „Wenn du siehst, daß der Schlechte mit großer Macht gegen die Tugend vordringt, die Güter, die man gering achten sollte, Reichtum, Ruhm und Lust, hoch einschätzt und das Unrechttun als das Mittel zu jedem der Aufgezählten preist – denn reich an Silber und Gold und berühmt würden vor allem die Ungerechten – dann sollst du nicht unverzüglich den entgegengesetzten Weg einschlagen und ein besitzloses und einfaches, strenges und einsames Leben führen wollen. Denn du würdest dadurch den Gegner reizen und einen gefährlicheren Feind gegen dich herausfordern.[1] 26 Nun gib acht, auf welche Weise du seinen Ringerkunstgriffen entgehen kannst. Begib dich auf sein eigenes Gebiet, übe zwar nicht dieselben Handlungsweisen, aber befasse dich wie er mit den Dingen, aus denen jene genannten Güter (Reichtum, Ruhm und Lust) hervorgehen: mit Ehren und Ämtern, Silber und Gold, [550 M.] Besitztümern, Farben, mannigfachen Gestalten und Reizen der Schönheit, und wenn du mit ihnen zu tun bekommst, so präge wie ein guter Bildhauer den materiellen Stoffen eine edle Form auf und vollbringe ein lobenswürdiges Werk. 27 Oder weißt du nicht, daß, wenn ein Laie die Führung eines Schiffes übernimmt, das noch gerettet werden kann, er es zum


  1. Griech. ἀλεῖψαι. Reitzensteins Bemerkung Gött. Gel. Anz. 1924, 44, der Gebrauch dieses Wortes bei Philo sei nicht aus der agonalen Sprache, sondern aus der Mysterienterminologie herzuleiten, trifft für diese Stelle nicht zu (anders unten § 96).
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Philon: Über die Flucht und das Finden. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloFugGermanAdler.djvu/011&oldid=- (Version vom 21.5.2018)