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Philon: Über die Verwirrung der Sprachen (De confusione linguarum) übersetzt von Edmund Stein

alles zu richten und zu lenken. Denn die Worte: Nimmer Gedeihen bringt Vielherrschaft, nur Einer sei Herrscher, Einer nur Fürst[1] ... könnte man kaum mit größerem Rechte von Staaten und Menschen sagen, als von der Welt und Gott; denn die eine (Welt) hat notwendigerweise nur einen Schöpfer und Vater sowie (einen) Herrn. [34] 171 Nachdem dies eingeräumt wurde, ist es wohl folgerichtig, was damit in Zusammenhang steht, anzuschließen. Wir wollen nun sehen, was das sei.[2] Wenn es auch nur einen einzigen Gott gibt, so hat er doch um sich unsäglich viele Kräfte, die sämtlich dem Geschaffenen gegenüber hilfreich und heilbringend sind. Zu ihnen gehören auch die strafenden (Kräfte); denn auch die Strafe ist nichts Schädliches, insofern sie ein Verhindern und ein Wiedergutmachen der Fehler ist. 172 Durch diese Kräfte wurde die körperlose, geistige Welt, das Urbild dieser wahrnehmbaren, hergestellt, zusammengesetzt aus unsichtbaren Ideen, wie diese aus sichtbaren Körpern. 173 So (kam es, daß) manche, in Staunen versetzt über die Natur einer jeden von den beiden Welten, diese nicht nur als Ganzes vergöttern, sondern auch die schönsten ihrer Teile, die Sonne, den Mond und die ganze Welt, die sie Götter zu nennen sich nicht scheuten. Da Moses ihren Wahnsinn genau erkannte, sagt er: „Herr, Herr, König der Götter“ (5 Mos. 10, 17),[3] um den Unterschied zwischen Herrscher und Untertan klar darzutun. 174 Aber auch in der Luft gibt es einen hochheiligen Chor körperloser Seelen,[4] den Begleiter der himmlischen. Diese Seelen pflegt der Gottesspruch Engel zu nennen. So steht eben das ganze Heer der beiden (Welten),[5] das in einer entsprechenden Ordnung aufgestellt ist, zu Diensten des Führers, der sie aufstellte, und folgt ihm nach Recht und Gebühr als seinem Vorgesetzten. Denn unangemessen wäre (der Gedanke), daß das himmlische Heer sich je des Verlassens von Reih’ und Glied schuldig machte. 175 Dem König steht es wohl an, sich mit seinen Kräften zu unterhalten und sie zur Dienstleistung in solchen Dingen zu verwenden, die herzustellen Gott


  1. Homer, Ilias II 204. 205 (übers. von J. H. Voß). Posidonius (vgl. StVFr. II 1063) nannte τὸν Δία τὸν πάντα διοικοῦντα (διοικεῖν Philo).
  2. Zum folgenden vgl. Jakob Horovitz, Untersuchungen über Platos und Philos Lehre von der Weltschöpfung S. 71 und 114.
  3. Ungenau zitiert.
  4. Vgl. Über die Riesen § 6ff.
  5. ἑκατέρων mit Mangey.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Verwirrung der Sprachen (De confusione linguarum) übersetzt von Edmund Stein. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloConfGermanStein.djvu/047&oldid=- (Version vom 1.8.2018)