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Philon: Über die Verwirrung der Sprachen (De confusione linguarum) übersetzt von Edmund Stein

Denn wenn wir auch noch nicht tüchtig (genug) sind, als Söhne Gottes erachtet zu werden, so doch (wenigstens) seines formlosen Abbildes, des hochheiligen Logos; der ehrwürdige Logos ist nämlich das Ebenbild Gottes. 148 An vielen Stellen der Gesetzgebung werden sie eben wiederholt Söhne Israels genannt, die Hörenden als (Söhne) des Schauenden, insofern das Gehör des zweiten Preises nach dem Gesicht gewürdigt wurde und der Lernende den zweiten Platz einnimmt nach dem, der immer ohne Unterweisung klare Eindrücke von den Gegenständen empfängt. 149 Ich bin auch voller Bewunderung für die in den Büchern der Könige (befindlichen) Worte der Offenbarung, wonach solche, die viele Geschlechter später lebten und blühten, sehr richtig als Söhne des Sängers des göttlichen Preises, David, bezeichnet werden (1 Kön. 15, 11; 2 Kön. 18, 3 u. ö.), wiewohl vielleicht zu dessen Lebzeiten noch nicht einmal ihre Urgroßväter geboren geworden waren. Aber die Entstehung der durch die Tugend zur Unsterblichkeit gelangenden Seelen, nicht die der vergänglichen Körper, wird auf die Führer zur Rechtschaffenheit als die Erzeuger und Väter zurückgeführt.

[29] 150 Gegen diejenigen aber, die sich des Unrechttuns rühmen, wendet sich das Wort des Herrn: „Siehe, ein Volk ist es, und eine Sprache haben sie alle“ (1 Mos. 11, 5),[1] was soviel heißt als: eine Sippengemeinschaft,[2] sowie eine harmonische Übereinstimmung bilden sie allesamt, da kein Mensch abweichender Meinung ist noch einen Mißton hineinträgt, wie es sich auch[3] mit Leuten verhält, die von Musik nichts verstehen. Es kommt nämlich vor, daß ihr Stimmorgan in allen Lagen äußerst mißtönend und mißklingend ist, weil es zur Ungestimmtheit höchlichst gestimmt, auch nur zu einem mißklingenden Einklang führt. 151 Ähnliches kann man bei dem Fieberanfall[4] wahrnehmen. Denn die von den Adepten der Ärzte als „alltäglich“, „dritttäglich“ und „vierttäglich“ bezeichneten Wechselanfälle setzen bei Tag und Nacht zur selben Stunde ein,[5] immer dieselbe Ordnung einhaltend. 152 Die Worte: „Und dies begannen sie [428 M.] zu tun“ (1 Mos. 11, 6) sind mit starkem Unwillen


  1. Vgl. De somn. II § 284.
  2. Ebenso deutet Midrasch Tanchuma (z. St.) שפה אחת eine Sprache als משפחה אחתeine Familie.
  3. Eine „Symphonie“ gibt es nicht nur bei Guten, sondern auch bei Schlechten; s. o. § 15ff.
  4. Nach Wendlands Konj. καὶ επὶ τῆς πυρετοῦ καταβολῆς τὸ παραπλήσιον.
  5. κατασκῄπτειν nach Wendland.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Verwirrung der Sprachen (De confusione linguarum) übersetzt von Edmund Stein. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloConfGermanStein.djvu/041&oldid=- (Version vom 1.8.2018)