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Philon: Über die Verwirrung der Sprachen (De confusione linguarum) übersetzt von Edmund Stein

(des Viergespannes) richtig vor sich geht. Jedoch was mit Absicht gemacht wird, gelingt nicht nur selten, sondern, was mit menschlicher (Absicht), oft, was mit göttlicher aber, immer und ewig; denn das Fehlen ist anerkanntermaßen der göttlichen Macht fremd. Und dennoch lassen sie, die Verblendeten, der sinnbildlichen Deutung gemäß, wie einen Turm, das Wort der Schlechtigkeit sich erheben; in welcher anderen Absicht wohl, als daß sie einen ruhmlos berühmten Namen zurücklassen? [24] 116 Sie sagen nämlich: „wir wollen uns einen Namen machen“ (1 Mos. 11, 4). O der übermäßigen, schrankenlosen Schamlosigkeit! Was sagt ihr? Während ihr eure Missetaten in das tiefe Dunkel der Nacht hüllen und von der Scham, wenn nicht von der echten, dann mindestens von der geheuchelten bemänteln lassen solltet, um bei den Anstandsvolleren Beifall zu finden oder um der Strafe für die festgestellten Laster zu entgehen, geht ihr in euerer Verwegenheit so weit, daß ihr euch nicht nur vom hellen Tageslicht bescheinen lasset, ohne die Drohungen der Besseren und die unabwendbaren göttlichen Strafen, die solche Frevler treffen, zu fürchten, sondern ihr haltet es sogar für angemessen, überallhin Nachrichten als Boten euerer Freveltaten auszusenden, damit es keinen Menschen gebe, der in euer freches Treiben, ihr Elenden und Schändlichen, nicht eingeweiht wäre oder nicht davon Kunde hätte. 117 Welchen Namen begehrt ihr also? etwa den, der eueren Taten entspricht? gibt es denn einen? Dem Begriffe nach ist es vielleicht nur einer,[1] aber unzählig sind die Arten. Diese werdet ihr von anderen hören, wenn ihr auch still bleibt: Ungestüm und Unverschämtheit, Übermut und Gewalt, Gewalt und Mord, Schändung und Ehebruch, schrankenlose Begierde und maßlose Lüste, Wahnsinn und Tollkühnheit, Verbrechen und Verschlagenheit, Diebstahl und Raub, Meineid und Lüge, Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit. Das oder ähnlich sind die Namen solcher (Verbrechen). 118 Schön ist es also, sich damit prahlerisch zu brüsten und in solchen Sachen Ruhm zu suchen, derentwegen man sich das Gesicht aus Scham verhüllen sollte! Jedoch sind manche darauf sogar stolz, weil sie erwarten, eine unanfechtbare Macht bei allen zu erlangen, wenn sie für solche Menschen [423 M.] gelten. Diese wird die Gerechtigkeit, die Begleiterin Gottes, wegen der großen Verwegenheit züchtigen, sie, die den eigenen Untergang


  1. Sämtliche Laster fallen unter den gemeinsamen Begriff der Schlechtigkeit (κακία).
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Philon: Über die Verwirrung der Sprachen (De confusione linguarum) übersetzt von Edmund Stein. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloConfGermanStein.djvu/033&oldid=- (Version vom 1.8.2018)