§. 77. Durch mehrere Beispiele wird gezeigt, mit welcher Geschwindigkeit die Kometen sich bewegen.
Aus ähnlichen Berechnungen schliesse ich, dass der Komet von 1618 am 7. December gegen Sonnenuntergang in die sphärische Grenze der grossen Bahn getreten sei. Seine Conjunction mit der Sonne traf etwa auf den 9. oder 10. November; es liegen daher zwischen beiden etwa 28 Tage, wie bei dem vorhergehenden Kometen. Auch aus der Grösse des Schweifes, welche der des vorhergehenden gleich war, folgt mit Wahrscheinlichkeit, dass er den Sonnenkörper nabei berührt habe. Es glänzten in diesem Jahre 4 Kometen, von denen dieser der letzte war. Der zweite, welcher sich zuerst am 31. October nahe bei der auf gehenden Sonne zeigte und bald darauf in ihren Strahlen verschwand, war nach meiner Vermuthung derselbe, welcher um den 9. November aus den Sonnenstrahlen hervortrat. Der Komet von 1607 trat am 14. September alten Styls in die Sphäre der grossen Bahn, und gelangte am 19. October in sein Perihel, so dass zwischen beiden ein Zeitraum von 35 Tagen lag. Jener kleinste Abstand unterspannte an der Erde einen Winkel von etwa 23° und war daher beiläufig 390 Theile gross. So vielen Theilen entsprechen aber in Tabelle I. etwa 34d.[1] Ferner trat der Komet von 1665 am 17. März in die Sphäre der jährlichen Bahn und am 16. April in sein Perihel; die Zwischenzeit betrug also 30 Tage. Der Abstand zwischen dem Perihel und der Sonne unterspannte einen Winkel von etwa 7° an der Erde und war daher 122 Theile gross. Dem letzteren entsprechen aber in Tabelle I. 30 Tage.[2] Wiederum trat der Komet von 1682 um den 11. August in die Sphäre der grossen Bahn, und befand sich um den 16. September in seinem Perihel, wo sein Abstand von der Sonne etwa 350 Theile gross war. Diesen entsprechen in Tabelle I. 33⅓ Tage.[3]
Auch jener berühmte Komet von Regiomontanus, welcher im Jahre 1472 durch die Gegend des Nordpols ging und täglich 40° zurück legte, betrat die Grenze der grossen Bahn am 21. Januar, wo er am Pole vorüber ging und indem er von da vorwärts eilte, verbarg er sich Ende Februar in den Sonnenstrahlen. Es ist daher wahrscheinlich, dass 30 oder mehr Tage zwischen jenem Eintritt und dem Perihel des Kometen verflossen sind, und dass der letztere sich in der Wirklichkeit nicht geschwinder als andere Kometen bewegte. Die so grosse scheinbare Geschwindigkeit hat er aber wohl nur dadurch erlangt, dass er so nahe bei der Erde vorüberging.
§. 78. Es wird die Aufgabe vorgelegt, die Bahn der Kometen zu bestimmen.
Die Geschwindigkeit der Kometen, so weit sie durch derartige genäherte Rechnung bestimmt werden kann, ist diejenige, mit welcher Parabeln oder diesen nahe kommende Ellipsen beschrieben werden müssen, und dieselbe wird daher durch die gegebene Entfernung zwischen den
- ↑ [665] No. 366. S. 570. Aus dem Winkel von 23° folgt
der kleinste Abstand = 1000 sin 23° = 390,7. Den letztern Werthe entsprechen nach Tabelle I. nicht 34d wie im Text, sondern 37d.
Diese Tabelle ist offenbar die modificirte Barker’sche Tafel, mittelst welcher die mittlere Bewegung aus der wahren Anomalie gefunden wird. Diese Tafel ist in dem Werke von Olbers: „Abhandlung über die leichteste und bequemste Methode, die Bahn eines Kometen aus einigen Beobachtungen zu finden. Weimar 1797", wie auch in der zweiten, von Encke besorgten Ausgabe. Weimar 1847. enthalten.
Nach derselben fallen die im Texte enthaltenen Zahlenwerthe etwas verschieden aus, jedoch sind die Unterschiede nicht von Bedeutung; da nach des Verfassers Bemerkung die ganze Berechnung in diesem Paragraphen nur eine genäherte sein soll.
- ↑ [665] No. 367. S. 570. Dem Abstande von 122 Theilen entsprachen in Tab. I. 31½, nicht 30 Tage wie im Text.
- ↑ [665] No. 368. S. 570. Dem Abstande von 350 Theilen entsprechen 37,2, nicht 33½ Tage, und der erstere Unterschied kommt dem Sept. 16 — Aug. 11 = 36 Tage näher.
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 570. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/578&oldid=- (Version vom 6.2.2019)