Seite:NewtonPrincipien.djvu/403

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sei als die Materie der Erde. Je dichter nämlich die Materie ist, desto mehr Wärme ist erforderlich, damit erstere dieselben Wirkungen erleide.[1]

§. 11. Lehrsatz. Die Schwere nimmt im Innern der Planeten sehr nahe im Verhältniss des Abstandes vom Mittelpunkte ab.

Wäre die Materie des Planeten von gleicher Dichtigkeit, so würde dieser Satz, nach §. 115. des ersten Buches, genau wahr sein. Der Fehler ist daher so gross, als er aus der ungleichförmigen Dichtigkeit entspringen kann.

§. 12. Lehrsatz. Die Bewegung der Planeten im Himmelsraume kann sehr lange fortdauern.

In §. 61. des zweiten Buches haben wir gezeigt, dass eine gefrorene Wasserkugel, welche sich frei in unserer Luft bewegte, durch den Widerstand der letzteren 1/4586 ihrer Bewegung verlieren würde, während sie die Länge ihres Halbmessers zurücklegt. Dasselbe Verhältniss muss ungefähr bei viel grösseren Kugeln stattfinden, welche sich zugleich mit weit grösserer Geschwindigkeit als der dort ausgeführten, bewegen.

Die Erdkugel ist aber weit dichter, als wenn sie ganz aus Wasser bestände; dies zeige ich folgendermaassen. Bestände sie ganz aus Wasser, so würde es Körper geben, welche weniger dicht wären, und wegen ihres geringeren specifischen Gewichtes von selbst an die Oberfläche kommen und oben schwimmen müssten. Aus demselben Grunde würde eine ganz von Wasser umgebene Erdkugel an einer Stelle oben schwimmen, wenn sie lockerer als Wasser wäre, und jenes Wasser sich gänzlich an der entgegengesetzten Seite ansammeln. Eine gleiche Schlussfolgerung gilt für unsere Erde, welche grösstentheils vom Meere umgeben ist. Wäre sie nicht dichter als dasselbe, so würde sie oben schwimmen und nach Verhältniss der specifischen Leichtigkeit zum Theil aus dem Wasser heraustreten, welches sich gänzlich in den entgegengesetzten Gegenden ansammeln würde. Durch ein ähnliches Raisonnement kann man den Schluss liehen, dass die Sonnenflecken leichter seien, als die leuchtende Materie der Sonne, auf Welcher sie schwimmen.[2] Ferner muss bei jeder beliebigen Bildung eines Planeten, welchen man ursprünglich als flüssig annimmt, die schwerere Materie in der Mitte gelegen haben.

Da nun die Erde gewöhnlich zweimal so schwer als Wasser, und wenn man etwas weiter gräbt, 3, 4 und selbst 5 mal so schwer als letzteres gefunden wird; so hat die Erdkugel wahrscheinlich 5 oder 6 mal mehr Materie, als wenn sie nur aus Wasser zusammengesetzt wäre, besonders nachdem wir gezeigt haben, dass sie ungefähr 4 mal so dicht als der Jupiter ist (§. 10., Zusatz 3.). Ist also die Materie des letzteren etwas dichter als Wasser, so ist es klar, dass er in einem Zeitraum von 30 Tagen, in welchem er 459 seiner Halbmesser zurücklegt, etwa 1/10 seiner Bewegung in einem Mittel verlieren würde, welches dieselbe Dichtigkeit wie unsere Luft hätte.[3] Nun nimmt der Widerstand der Mittel mit ihrem Gewichte und ihrer Dichtigkeit ab. Wasser z. B.,


  1. [621] No. 208. S. 395. Der Inhalt dieses §. und seiner Zusätze muss in der neuesten Zeit bedeutend modificirt werden. Namentlich hat Encke in einer akademischen Abhandlung über die Massen und Dichtigkeiten sämmtlicher grösseren Planeten bemerkt, dass die der Sonne näheren Planeten Mercur, Venus, Erde und Mars nahebei dieselbe Dichtigkeit und [622] zwar eine grössere = 1. die drei entfernteren Jupiter, Saturn und Uranus wieder nahe einerlei und eine kleinere Dichtigkeit = ¼ besitzen.
    Was die, durch die Sonne auf den einzelnen Planeten hervorgebrachte Erwärmung betrifft[WS 1], so dürfte deren Grad auch von der chemischen Beschaffenheit dieser Weltkörper abhängen. Die in Zusatz 4. hierüber gemachten Bemerkungen können daher nur unter der Voraussetzung gelten, dass alle Planeten identische Bestandtheile haben.
  2. [622] No. 209. S. 395. Bis vor einigen Jahren erklärte man allgemein die Erscheinung der Sonnenflecken durch die Hypothese von Oeffnungen, welche sich in der, den dunkeln Sonnenkörper umgebenden Photosphäre befänden. Hiernach konnte von einem Schwimmen der Sonnenflecken, wie im Text, nicht die Rede sein. Nach den neuen spectroscopischen Untersuchungen der Sonne wird ein solches Schwimmen nicht nur möglich, sondern selbst wahrscheinlich.
  3. [622] No. 210. S. 395. Nach §. 47., Zusatz 7. des zweiten Buches ist der Verlust der Bewegung, welcher bei einem ungleichförmigen Widerstande stattfinden würde, während der Zeit t proportional wenn T die Zeit bezeichnet, in welcher die ganze Bewegung durch einen gleichförmigen Widerstand verloren gehen würde.
    Bezeichnet man nun den ersteren Widerstand durch R', den letzteren durch R, so ist ferner nach §. 57. des erwähnten Buches R' : R = Dichtigkeit des Jupiters : Dichtigkeit des Mittels = 860 : 1, nach dem Obigen R' : R = t : T + t; also t : T + t = 860 : 1. Während der Zeit T lege der Jupiter wirklich einen Bogen A zurück, ferner werde der von der Sonne aus gesehene Durchmesser des Jupiters = 37″ = D gesetzt; alsdann wird nach §. 57. R' : R = A : 8/3D = 860 : 1, woraus A = 23° 34′ 18″ folgt, zu dessen Durchlaufung der Jupiter 283 Tage braucht. Es ist also T = 283, t = 30 und daher nahe = .

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ketrifft
Empfohlene Zitierweise:
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 395. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/403&oldid=- (Version vom 1.8.2018)