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Eintritt ins Pfarramt.

    O schönes Loos, die Menschenseelen
    zu führen auf der Wahrheit Bahn;
    Daß sie zu ihrem Heile wählen
    Den, der für sie so viel gethan!
    

Es war eine aufrichtige Freude in der ganzen Stadt, als Karl Friedmann, der junge Kandidat, zum ersten Male in der Kapelle predigte. Er hatte dieselben Textesworte zu seiner Predigt gewählt, die ihm vor vielen Jahren hier so wichtig geworden waren, als sein Freund Heinrich auf den Wege zum Hügel sich von ihm trennte. Damals dachte er oft im Stillen, was wird aus mir werden? – Zu dem Handwerke seines Vaters fühlte er nicht viel Lust; er glaubte dazu nicht stark genug zu seyn; zu einem anderen Handwerke konnte er sich nicht bestimmen, und sah auch wohl ein, daß seine Eltern das ungern zugeben würden. Da hörte er die tröstenden Worte des Pfarrers, sie richteten sein Gemüth auf, und er erfuhr immer mehr, daß Gottes Vaterliebe mehr für die Menschen sorgt, als sie selbst begreifen können. Der gute Gott, der die Lilien des Feldes kleidet, hatte auch ihm bis hieher geholfen. Das, und die Erinnerung jener Stunde rührte sein Herz, und seine Rührung sprach sich in einer Rede aus, die mit allgemeinem Beifall aufgenommen wurde.

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Hermann Adam von Kamp: Natur und Menschenleben. G. D. Bädeker, Essen 1831, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Natur_und_Menschenleben_-_Hermann_Adam_von_Kamp.pdf/99&oldid=- (Version vom 15.9.2022)