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Kleider, als sie bei ihren Eltern je gehabt hatte; aber sie vergaß darüber ihre Eltern nicht. O, wię oft lief sie auf den Söller, und schaute in die blaue Ferne, wo der Odenwald seine Gipfel mit den Wolken vereinte! Wie oft stand sie an einem Fenster und blickte in den Rhein, der, mit seinen Wellen den Fuß der Burg bespülte! und mit ihren Gedanken war sie in dem Walde und in ihrer Eltern Hütte. Und als sie es vernommen hatte, daß Ewald mit in den Krieg gezogen wäre, da war sie wohl lange, lange still und traurig. Doch was sie einst sehr aufmunterte, war ein wilder Rosenstrauch, der auf der hohen Mauer der Burg stand, und den sie jetzt erst bemerkte. Er wurde ihr ein Gegenstand der angenehmsten Erinnerung und der süßesten Hoffnung. Bis die Rose blüht! Hatten sie sich ja beim Scheiden zugerufen und sie sang leise durchs hohe Fenster ein Liedchen. Hier ist es:

Die Rose blüht, die Welle glüht
Im sanften Abendrothe.
Der Abendstern scheint mir so fern,
Ach! in die Heimath zög’ ich gern,
Wo bleibst du, Friedensbote?

Die Ros’ verblüht, die Welle zieht
Dahin, und kommt nicht wieder,

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Hermann Adam von Kamp: Natur und Menschenleben. G. D. Bädeker, Essen 1831, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Natur_und_Menschenleben_-_Hermann_Adam_von_Kamp.pdf/39&oldid=- (Version vom 4.8.2020)