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beschwor ihn, daß er ihn vor seinem Lebensende, das von den Gerichten bestimmt war, noch einmal besuchen möchte. „Komme doch, lieber Karl, vielleicht rettest du noch eine Seele.“ – war der Schluß.

Diese beiden Briefe brachten große Bewegung in die Gemüther der Pfarrfamilie. Der Prediger fühlte sich zwar geneigt der Einladung zu folgen; aber seine Gattin und Kinder konnten sich nicht drein ergeben. Nach vielem Besprechen darüber trat endlich der Großvater mit Ernst und Würde auf und sagte: Möchtet ihr nicht wünschen, daß eine Seele gerettet würde? Und möchtet ihr den aufhalten, der es vielleicht könnte? – Da gaben sie es zu. –

Der Prediger reisete ab. Er fand seinen Jugendfreund in einem engen Kerker und in tiefem Kummer, der in quälende Gewissensangst überging. Das Zusammentreffen war erschütternd,

Der Prediger hat viel mit ihm geweint und gebetet, und durch Ringen und Kämpfen ward es ruhiger in der Seele seines Freundes.

Die Gerechtigkeit übergab ihn dem höheren Richter. Möchte ihm die ewige Barmherzigkeit dort das Wort geredet haben: Gnade!

Für die hinterlassene Frau und ihre Kinder sorgte der Prediger nach dem Versprechen, das er seinem Jugendfreunde gab. Sie wurden einer wohlthätigen Anstalt übergeben, die sich solcher Unglücklichen annahm.

Oft erzählte mit inniger Rührung der Pfarrer diese Geschichte den Kindern seines Ortes.

Da- oder dorthin? meine Kinder!



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Hermann Adam von Kamp: Natur und Menschenleben. G. D. Bädeker, Essen 1831, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Natur_und_Menschenleben_-_Hermann_Adam_von_Kamp.pdf/113&oldid=- (Version vom 15.9.2022)