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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

herausgegebenes Werk in 4 Bänden; García „Ensayo de una tipografía complutense“; Sbarbi, „Monografía sobre los refranes“, beide gleichfalls von der Nationalbibliothek gekrönt (1891).

Speidel, Ludwig, Schriftsteller, geb. 11. April 1830 zu Ulm, sollte, wie sein Bruder Wilhelm S., Direktor der Musikschule in Stuttgart, Musiker werden und gab auch schon in Ulm und München Klavierunterricht. Von dem Kunsthistoriker Ernst Förster in München in die Litteratur eingeführt, veröffentlichte S. Ende der 40er Jahre Aufsätze in der „Allgemeinen Zeitung“; ein Feuilleton: „Allerseelen“, lenkte zuerst die Aufmerksamkeit auf ihn. Später schrieb er über die Odeonkonzerte, 1855 schickte ihn Cotta als Musikreferenten nach Wien. Hier bürgerte sich S. vollständig ein. Er wurde Mitarbeiter verschiedener Tageszeitungen („Presse“, „Vaterland“, „Fremdenblatt“), schrieb über künstlerische Erscheinungen aller Art, aber auch Stimmungsbilder, Plaudereien u. dgl., stand mit den hervorragendsten Männern der Wiener Kunstwelt in freundschaftlichem Verkehr und gewann durch die Meisterschaft seines Stiles immer mehr an Ansehen. Bei Begründung der „Deutschen Zeitung“ übernahm er die Redaktion ihres Feuilletons, das er 1871 mit dem bekannten „Offenen Briefe an Dr. Speidel“ von Fr. Vischer (wieder abgedruckt in dessen „Kritischen Gängen“, neue Folge) eröffnen konnte. Weihnachten 1872 trat er zur „Neuen Freien Presse“ über, deren Feuilletonredaktion er übernahm, und stieg in dieser Stellung zum maßgebenden Theaterkritiker Wiens empor. Er schreibt regelmäßig über das Burgtheater, mit dem er alt geworden ist, aber auch zuweilen über andre Bühnenaufführungen von litterarischer Wichtigkeit. 1887, nach dem Rücktritt Adolf Wilbrandts von der Leitung des Burgtheaters, wurde ihm diese Stellung angeboten, die er jedoch nicht annahm; er ist eine beschauliche Natur. Zu gleicher Zeit ist er als Musikreferent des Wiener „Fremdenblattes“ thätig. Seine Feuilletons, noch nicht gesammelt, sind eine Fundgrube ebenso einsichtsvoller wie schön gefaßter Urteile. Größere Beiträge hat er zur Festschrift „Wien 1848–1888“ und zum Kronprinzenwerk: „Die österreichisch-ungarische Monarchie“ geliefert, Übersichten über das Wiener Theater im letzten Halbjahrhundert; auch eine Schrift über Karl Rahl ist von ihm vorhanden. Gemeinsam mit Hugo Wittmann hat er die „Bilder aus der Schillerzeit“ (Stuttg. 1884) herausgegeben.

Spermin, s. Piperazin.

Sperrgelder, s. Kirchenpolitik.

Spierentonnen, s. Seezeichen.

Spindelfasern, Spindelpole, s. Zelle.

Spinnen[WS 1] gelten im allgemeinen als recht häßliche Tiere, und doch gibt es unter ihnen auch sehr prachtvolle Erscheinungen, die nach Ansicht des amerikanischen Spinnenforschers Peckham besonders schlagende Beweise für die Darwinsche Theorie der geschlechtlichen Zuchtwahl abgeben. Nach dieser Erklärungsweise werden bekanntlich die glänzenden Farben und der sonstige Schmuck, den bei einer sehr großen Anzahl von Tieren die Männchen den Weibchen gegenüber zeigen, von dem Gefallen der letztern an diesen Auszeichnungen und von dem Vorzuge hergeleitet, den sie in dieser Weise hervortretenden Männchen angedeihen lassen, so daß immer die schönsten Männchen vorzugsweise zur Fortpflanzung gelangen. Gegen diese Theorie hat Wallace seit langen Jahren und auch wieder in seinem neuen Werke („Der Darwinismus“, Braunschw. 1891) energischen Widerspruch eingelegt. Er behauptet nämlich, die Entstehung der verschiedenen Färbungen bei den Tieren sei eine naturgemäße Erscheinung, die gar keiner besondern Erklärung bedürfe. Die prächtigere Färbung der Männchen bei vielen Tierarten müsse, wie schon Bacon von Verulam ausführte, der größern Kraft und Lebhaftigkeit dieses Geschlechtes zugeschrieben werden, und wenn während der Brunstzeit der Glanz der Farben sich erhöhe, so sei dies davon abzuleiten, daß die Lebhaftigkeit der Männchen zu dieser Zeit den höchsten Grad erreiche. Dagegen sei die dunklere Färbung der Weibchen keine unmittelbare, sondern eine sekundäre, wegen der größern Schutzbedürftigkeit derselben durch natürliche Auslese hervorgebrachte Erscheinung, weil die Weibchen (z. B. der Vögel) nötig hätten, während der Brutzeit weniger leicht gesehen zu werden. Obwohl in dieser Erklärung der Widerspruch hervortritt, daß die prächtige Farbe grundlos, die dunkle durch Zuchtwahl erworben sein soll, und solche Schutzerwerbungen doch auch in unzähligen Fällen bei den Männchen nachgewiesen sind, hat diese Auffassung doch in weiten Kreisen Beifall gefunden. Peckham zeigt nun an vielen Beispielen, daß sie für die S. jedenfalls nicht zutrifft. Denn bei diesen Tieren ist eine Beziehung zwischen besonderer Lebhaftigkeit und äußerm Schmuck keineswegs nachzuweisen, weil erstens das hier in der Regel meist kräftigere Weibchen viel weniger lebhaft gefärbt ist als das verhältnismäßig schwache Männchen, und zweitens, weil viele langsame und seßhafte Arten, z. B. unter den Kreuzspinnen (Epeiridae), viel glänzender als andre lebhafte und ruhelose Arten, z. B. die schnelllaufenden Wolfsspinnen (Lycosidae), gefärbt sind. Daß die Weibchen ihre Färbungen des Schutzbedürfnisses beim Nisten wegen abgeschwächt hätten, kann man hier nicht behaupten, denn gerade bei den Sprungspinnen (Attidae), bei denen die geschlechtlichen Farbenunterschiede am stärksten ausgesprochen sind, haben die Weibchen bedeckte Nester. Der männliche Schmuck bedarf daher einer besondern Erklärung. Bei den Attiden fällt sogleich auf, daß die Geschlechtsauszeichnungen der Männchen in Formänderungen der Klauen, der Taster, des ersten Beinpaares oder des Schildes bestehen, d. h. von lauter solchen Teilen der vordern Körperhälfte, welche sich am besten präsentieren, wenn das Männchen sich dem Weibchen nähert, und daß die begleitenden Formänderungen auf eine für die Entwickelung prachtvoller, oft stark irisierender Farben günstige Oberflächenvergrößerung hinauslaufen. So sind beim Weibchen unsrer Ameisensprungspinne (Salticus formicarius) die Klauen kurz, senkrecht, rötlichschwarz; beim Männchen horizontal, stark verbreitert, kupfergrün. Beim Männchen von Icius palmarum sind die Klauen groß, dunkel bronzerot mit weißen Fransen; den Weibchen fehlen dieselben. Was die Taster und Vorderbeine betrifft, so werden in Kayserlings „Arachniden Australiens“ 34 Attidenmännchen mit wohlentwickelten Fransen oder Haarbüscheln an den Tastern beschrieben, während solche bei Weibchen nur in fünf Fällen und auch dann nur in beschränktem Maßstabe auftreten. Bei den Männchen von Synageles picata und Phalaeus metallescens sind die Vorderbeine schön stahlblau mit Ringen, Flecken und Fransen verziert, während die Weibchen einfach erscheinen. Man könnte einen ganzen Band füllen, wenn man diesen Schmuck der männlichen Sprungspinnen genauer beschreiben wollte, allen gemeinsam ist, daß die lebhaft gefärbten Haare oder metallglänzenden Schuppen ebenso wie die plastischen Auszeichnungen entweder an der Vorderseite liegen oder derartig angebracht

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Im Hauptteil im Artikel Spinnentiere behandelt.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 860. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0874.jpg&oldid=- (Version vom 25.7.2024)