Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 1. Theil | |
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Nachdem er den ganzen Tag hiemit zugebracht hatte, kehrte er in der Dämmerung mit einigen Cocosschaalen voll verschiedener Tangspitzen zurück. Bei der Zubereitung derselben entfaltete er das ganze Gepränge eines eingebildeten Kochs, obgleich das Geheimniß hauptsächlich nur darin bestand, die gehörige Menge Wasser auf den schleimigen Inhalt der Gefäße zu gießen.
Als er mir zum ersten Male einen solchen salzigen Salat vorsetzte, glaubte ich natürlich, daß das, was mit so großer Mühe gesammelt sei, auch eigenthümliche Verdienste haben müsse; aber ein Mundvoll war eine hinreichende Dosis; und groß war die Bestürzung der Eingebornen über die Blitzesschnelle, mit welcher diese epikuräische Leckerei wieder zum Vorschein kam.
Wie wahr ist es doch, daß die Seltenheit einer Sache ihren Werth auf das Überraschendste steigert. In einer Gegend des Thales, wahrscheinlich an der See, pflegten die Mädchen zuweilen kleine Portionen Salz, etwa einen Fingerhutvoll zur Zeit zu gewinnen, wobei fünf bis sechs von ihnen beinahe einen ganzen Tag beschäftigt waren. Dieses werthvolle Product brachten sie in mannigfach gefalteten Blättern nach Hause, und breiteten, als besonderes Zeichen ihrer Hochachtung und Liebe, ein großes Blatt vor mir aus, auf welches sie jedes einzeln einige Körnchen des Salzes streuten, und forderten mich auf, es zu kosten.
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 1. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_1.djvu/231&oldid=- (Version vom 1.8.2018)